OGH 9Os75/83

OGH9Os75/8314.6.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juni 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kathrein als Schriftführer in der Strafsache gegen Susan Delphin A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und 148 (zweiter Fall) StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Dezember 1982, GZ 3 b Vr 10.378/82-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 18. April 1957 geborene, beschäftigungslose und nur zum Zwecke der Begehung der gegenständlichen Straftaten nach Österreich eingereiste Susan Delphin A des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und 148 StGB schuldig erkannt. Danach hat sie in der Zeit vom 20. bis 23. September 1982 in Wien in zahlreichen Angriffen im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem inzwischen geflüchteten (als internationaler Scheckbetrüger gesuchten) Reginald B gewerbsmäßig mit Bereicherungsvorsatz zahlreichen Geldinstituten einen Vermögensschaden von insgesamt ca 91.500 S dadurch zugefügt, daß sie durch Vorlage von mindestens 61 zur Gänze nachgemachter Schecks der C, in die sie jeweils einen Betrag von 50 englischen Pfund einsetzte und die sie mit dem Falschnamen Emily G als Ausstellerin unterfertigte, wobei sie sich mit einer gefälschten Scheckkarte und einem falschen Visitor-Paß auswies, den jeweiligen Bankbediensteten die Beträge herauslockte.

Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die Angeklagte mit einer auf Z 5 und 10 (der Sache nach auch Z 11) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit ihrer Mängelrüge behauptet die Angeklagte, die Feststellungen des Erstgerichtes, sie habe 'ausschließlich von Beuteerlösen' gelebt und ihr Mittäter Reginald B sei 'keiner ordnungsgemäßen Tätigkeit nachgegangen', seien unzureichend begründet.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rüge betrifft indessen keine entscheidenden Tatsachen im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, weil es für die Beurteilung einer Tat als gewerbsmäßig rechtlich ohne Belang ist, ob die Einkünfte aus der wiederkehrenden Tatbegehung die Lebenshaltungskosten des Täters zu einem wesentlichen oder bloß zu einem geringen Teil decken sollen und ob der Täter auf die Einnahme aus dem beabsichtigten deliktischen Verhalten angewiesen ist, um seinen Unterhalt bestreiten zu können, oder diesen Einnahmen bloß der Charakter von Nebeneinkünften (sofern diese nur die Bagatellgrenze übersteigen) zukommt (vgl hiezu auch Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 5 zu § 70, S 489, 490). Daß die Angeklagte die ihr angelasteten schweren Betrugshandlungen in der Absicht vorgenommen hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), konnte das Erstgericht im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung ohne Verstoß gegen die Denkgesetze aus den von ihm aktentreu festgestellten näheren Tatumständen (Vorleben der Angeklagten, große Zahl von gleichartigen und professionell vorbereiteten Betrugshandlungen) erschließen.

Der Mängelrüge kann daher kein Erfolg beschieden sein. Soweit die Angeklagte mit ihrer Rechtsrüge, gestützt auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO, die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der Tat schlechthin bekämpft, bringt sie diesen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da sie von der urteilsfremden Annahme ausgeht, sie habe bei Begehung der Betrügereien bloß in der Absicht gehandelt, einem Dritten durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hingegen die gegenteiligen Urteilsfeststellungen - wonach nämlich 'auch bei ihr die Absicht unzweifelhaft zu erkennen ist, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine ständige Einnahmsquelle zu verschaffen' (S 318), mit Stillschweigen übergeht. Von den letzteren Feststellungen ausgehend hat das Erstgericht die Betrugshandlungen der Angeklagten aber zu Recht als 'gewerbsmäßig' begangen beurteilt.

Wenn die Angeklagte in weiterer Ausführung ihrer Rechtsrüge (inhaltlich im Sinne der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO) die ihrer Meinung nach unrichtige Anwendung des höheren (zweiten) Strafsatzes des § 148 StGB moniert, ist ihr wohl zuzugeben, daß dieser Strafsatz wegen der sich im vorliegenden Fall nur durch die Zusammenrechnung (§ 29 StGB) der einzelnen (jeweils nur mit zweimal 50 Pfund = etwa 3.000 S zu beziffernden) Schadensbeträge ergebenden Qualifikation nach § 147 Abs. 2 StGB nicht heranzuziehen wäre (vgl hiezu SSt 47/63 und 73). Die Beschwerdeführerin übersieht aber, daß ihre Tathandlungen (auch) nach § 147 Abs. 1 Z 1 StGB als 'schwerer' Betrug zu beurteilen sind, wobei diese Qualifikation jeder einzelnen ihrer Betrugshandlungen (Scheckeinlösungen) anhaftet, hat sie doch zum Zwecke der Täuschung jeweils einen, mittels eines nachgemachten Scheckformulars durch Unterfertigung mit einem Falschnamen ausgestellten Scheck vorgelegt und die vorgegebene Legitimität und Identität durch Vorweisung einer gefälschten Scheckkarte und eines falschen Passes glaubhaft gemacht, somit jeweils falsche Urkunden zum Betrug benützt. Das Erstgericht hat daher aus diesem Grunde völlig zu Recht gewerbsmäßigen schweren Betrug angenommen und die Freiheitsstrafe nach dem höheren Strafsatz des § 148 StGB bemessen (vgl Liebscher im Wiener Kommentar, Rz 5 zu § 148 StGB). Es erweist sich demnach auch die Rechtsrüge als unbegründet, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Erstgericht verhängte nach dem genannten, bis zehn Jahre Freiheitsstrafe reichenden Strafsatz über die Angeklagte eine 2 1/2- jährige Freiheitsstrafe und wertete hiebei die einschlägigen Vorstrafen (wegen Diebstahls) und den hohen (nahe der Wertgrenze von 100.000 S liegenden) Schaden als erschwerend, das Teilgeständnis und die Bestimmung durch Reginald B hingegen als mildernd. Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Strafe auf ein 'angemessenes Maß' an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Nach der Aktenlage und der Tatrekonstruktion unter Mitwirkung von Polizeiorganen Großbritanniens, wo die Angeklagte und ihr Komplize ihren Wohnsitz haben, kann davon ausgegangen werden (vgl ON 9), daß die Taten von dem internationalen Scheckbetrüger Reginald B professionell vorbereitet wurden, der jedoch selbst im Hintergrund zu bleiben trachtete und sich der Angeklagten zur unmittelbaren Tatausführung bediente, ohne jedoch besonderen Druck auf sie ausüben zu müssen, um sich ihrer Mitwirkung zu versichern, während er für seine Flucht unter gezielter Zurücklassung des Reisepasses der Angeklagten (vgl S 67, 69) vorgesorgt hatte. Der Berufung ist daher zuzugeben, daß die Angeklagte ersichtlich unter dem Einfluß des B gehandelt hat. Ihrem Geständnis, das sich jeweils nur im Rahmen der durch die Erhebungen ohnehin erwiesenen Tatsachen hielt, kommt allerdings keine besondere Bedeutung zu. Das Erstgericht hat diese Milderungsumstände aber ohnehin berücksichtigt. Eine untergeordnete Tatbeteiligung kann der Berufungswerberin hingegen nicht zugestanden werden, weil sie die (wenn auch von einem anderen Beteiligten geplanten und vorbereiteten) Taten unmittelbar ausgeführt hat, somit das letzte, zum Gelingen des Tatplanes aber unerläßliche Glied innerhalb der verbrecherischen Organisation war. Gemessen an der Gefährlichkeit dieses unmittelbaren Tatbeitrags (§ 32 Abs. 2 und 3 StGB) erscheint daher die verhängte Freiheitsstrafe durchaus schuldangemessen und nicht überhöht.

Es war daher auch der Berufung der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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