Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz Josef A wird verworfen.
Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Franz B und Kurt C wird teilweise Folge gegeben, das im übrigen unberührt bleibende angefochtene Urteil - gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Franz Josef A - in seinem Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Begehung der (Diebstahls-) Tat und in der rechtlichen Unterstellung des Diebstahls unter den § 130 StGB, sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Für das ihnen weiterhin zur Last fallende Vergehen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128
Abs. 1 Z. 4 StGB werden die Angeklagten gemäß dem § 128 Abs. 1 StGB zu folgenden Freiheitsstrafen verurteilt:
Franz Josef A zu 8 (acht) Monaten, Franz B zu 10 (zehn) Monaten und Kurt C zu 1 (einem) Jahr.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaftzeiten wird aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.
Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Franz B und Kurt C verworfen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 28. Februar 1943 geborene Franz Josef A, der am 11. Juni 1929 geborene Franz B und der am 7. August (im Urteil unrichtig: März) 1933 geborene Kurt C des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 Abs.1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 StGB schuldig erkannt, weil sie in Wien zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt im November 1982 in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, nämlich (zu ergänzen: Schuhe) in einem jedenfalls 5.000 S übersteigenden Wert der Firma D Handelsges.m.b.H. oder unbekannten Einbruchsdieben mit dem Vorsatz wegnahmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten, die in der Hauptverhandlung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet haben (S. 243), jeweils mit - vom Erstangeklagten Franz A allerdings als 'volle Berufung' (S. 277;
278) bezeichnete - Nichtigkeitsbeschwerde, welche Franz A nur allgemein auf '§ 281 StPO' und Franz B und Kurt C auf die Z. 5, '9' und 10 dieser Gesetzesstelle stützten. Die Strafaussprüche fechten die drei Angeklagten mit Berufung an.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A:
Dieser Beschwerdeführer unterläßt es, einen der im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen, sondern beschränkt sich mit dem unsubstantiierten Hinweis, 'es liege Nichtigkeit nach § 281 StPO vor', darauf, in Art einer - als Rechtsmittel gegen ein schöffengerichtliches Urteil nicht vorgesehenen - Schuldberufung die erstgerichtlichen Feststellungen zu bekämpfen, wonach er erkannt habe, daß sich die weggenommenen Gegenstände in fremdem Gewahrsam befanden und nicht derelinquiert waren. Hiebei verweist der Beschwerdeführer noch darauf, daß er am Abtransport (Wegschaffen) der Beute (rechtlich gesehen damit noch an der Begehung des Diebstahls), nicht aber an der späteren Verwertung (Verkauf) beteiligt gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten erweist sich mithin als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz B:
Die Mängelrüge dieses Beschwerdeführers wendet sich gegen die erstgerichtliche Feststellung, die von ihm und seinen Mittätern weggenommenen Schuhe seien kein herrenloses Gut gewesen und sie hätten dies auch erkannt. Der Beschwerdeführer macht vor allem eine Unvollständigkeit der Urteilsgründe dahin geltend, daß gegen diese Annahme sprechende Verfahrensergebnisse nicht erörtert worden seien. Das Erstgericht stützte die bekämpfte Annahme jedoch auf die insofern im wesentlichen geständige Verantwortung der Angeklagten, vor allem des Beschwerdeführers selbst, aus der klar hervorgeht, daß die Sachen nicht für verlassenes (derelinquiertes) Gut gehalten wurden (S. 254). Tatsächlich gab gerade der Beschwerdeführer an, sie (die Angeklagten) hätten zuerst angenommen, die Schuhe habe ein Eisenbahner gestohlen (S. 233), und er wiederholte diese Erklärung in der Folge auf Befragen des Staatsanwaltes (S. 235). Die Frage seines Verteidigers, ob er, weil einige Schachteln angesengt waren, nicht vielleicht angenommen hätte, die Schuhe seien weggeworfen worden, verneinte er (S. 235).
Bei dieser Sach- und Beweislage bestand für das Erstgericht, das die Urteilsgründe in gedrängter Form (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO) abzufassen hat, keine Veranlassung, noch näher (vgl. S. 256/257) darzulegen, warum ungeachtet der Lagerung der zum Teil angesengten Schuhe unter freiem Himmel, allfälligem Regen ausgesetzt, nicht eine Dereliktion durch den Eigentümer, sondern - auch für die Angeklagten ersichtlich - ein Verstecken durch unbekannte Täter zum Zweck des späteren Abtransports vorlag. Die behauptete Mangelhaftigkeit der Begründung liegt daher nicht vor. In der Rechtsrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO - der ziffernmäßig ebenfalls herangezogene Nichtigkeitsgrund der 'Z. 9' der genannten Gesetzesstelle ist nicht substantiiert - strebt der Beschwerdeführer einerseits die Beurteilung der Tat als Fundunterschlagung nach dem § 134 Abs.1
(erster Fall) StGB, anderseits die Ausschaltung der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach dem § 130 (erster Strafsatz) StGB an. Nur mit letzterem Vorbringen ist er im Recht.
Der angestrebten Subsumtion nach § 134 Abs. 1 StGB steht entgegen, daß die weggenommenen Schuhe nach den (mängelfreien) erstgerichtlichen Feststellungen in objektiver Beziehung nicht verloren, also nicht gewahrsamsfrei waren, sondern im Gewahrsam anderer standen (S. 256 f.), mutmaßlich unbekannter Diebe, die sie zum späteren Abtransport verborgen hatten. In subjektiver Beziehung gingen die Angeklagten von der beschriebenen Sachlage aus; sie hielten ihre Beute zwar im unrechtmäßigen Besitz anderer stehend, glaubten aber eben doch nicht, daß es sich nur um verlorene Sachen handle. Von diesen erstgerichtlichen Feststellungen weicht die Rechtsrüge in diesem Punkt ab, sodaß sie durch die spekulativen überlegungen, was der Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage hätte glauben können, nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Zu Unrecht aber wurde vom Erstgericht die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach § 130 StGB herangezogen. Gewerbsmäßig handelt, wer die Absicht hat, durch wiederkehrende Begehung der Tat ein fortgesetztes Einkommen zu erzielen (§ 70 StGB). Dies liegt nun nicht schon dann vor, wenn - wie die Anklage argumentiert (S. 188) - Diebe sich durch den Verkauf des Diebsgutes ein Einkommen verschaffen, was lediglich der dem Diebstahl wesentlichen Bereicherungstendenz entspricht, noch wenn die Beute fortgesetzt, 'stückweise' verkauft wird, wie es nach den Urteilsfeststellungen in der Absicht der Angeklagten lag (S. 258). Die Art der Verwertung der Diebsbeute nach vollendeter Tat ist für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht entscheidend. Von einer solchen, nach § 130 StGB erforderlichen wiederkehrenden Begehung der Tat kann deshalb, weil die Diebsbeute vorliegend (mangels besserer Transportmöglichkeit) in mehreren Fuhren auf einem Handwagen weggeschafft wurde, nicht gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr insgesamt um ein einheitliches Tatgeschehen, bei dem in der Absicht der Angeklagten, sich die gesamte Beute zuzueignen und sie durch stückweisen Verkauf zu verwerten, nicht schon die für die herangezogene Qualifikation essentielle Absicht einer wiederkehrenden Tatbegehung liegt. Der Umstand schließlich, daß die Angeklagten bestrebt waren, die von ihnen entdeckte günstige (lukrative) Diebstahlsgelegenheit weitestgehend auszunützen, gestattet bei richtiger Beurteilung keinen Schluß auf eine in die Zukunft weisende Absicht wiederkehrender Begehung weiterer Diebstähle. Solche Schlüsse wurden letztlich auch vom Erstgericht in seinen - in diesem Punkt allerdings eher undeutlichen Ausführungen - nicht gezogen (vgl. S. 258), somit die herangezogene Qualifikation rechtfertigende Feststellungen nicht getroffen; diese Qualifikation war deshalb aus dem Ersturteil durch ersatzlose Aufhebung auszuschalten.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt C:
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Mängelrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO zunächst ebenfalls gegen die Feststellungen des Erstgerichtes, er und seine Mittäter hätten gewußt, daß es sich nicht um herrenloses, sondern um nur zufällig gerade nicht bewachtes Gut gehandelt habe. Diese Feststellung habe in den Verfahrensergebnissen keine Grundlage und sei offenbar unzureichend begründet. Die bekämpfte Feststellung wurde vom Erstgericht jedoch, wie schon ausgeführt, zutreffend auf die Verantwortung der Angeklagten, und zwar nicht nur die in der Beschwerdeschrift zitierten Angaben des Angeklagten B, sondern ebenso auf die des Beschwerdeführers selbst gestützt. Dieser Angeklagte gab nämlich in der Hauptverhandlung an, er habe vermutet, daß ein Frächter oder Lastkraftwagenfahrer die Schuhe am Aufbewahrungsort versteckt habe und sie später abholen wollte; daß diese Schuhe jemandem gehörten, habe er gewußt (S. 237). Damit äußerte er in gleich eindeutiger Weise wie der Angeklagte B die - bei lebensnaher Betrachtung auch ganz unumgängliche - Erkenntnis, daß die von ihm und seinen Mittätern weggenommenen Schuhe nicht etwa unbeabsichtigt verloren, sondern mit Wissen und Willen des letzten Inhabers am Auffindungsort vorübergehend deponiert worden waren.
Die bekämpfte Feststellung findet somit auch in Ansehung dieses Beschwerdeführers in den Beweisergebnissen ihre zureichende Deckung, sodaß die Mängelrüge versagt.
Der Beschwerdeführer wendet weiter, damit der Sache nach bereits die Rechtsrüge ausführend, ein, selbst bei Annahme eines solchen Sachverhalts sei ein Gewahrsam des Diebes nicht gegeben gewesen, sodaß diesem Dieb die Sachen nicht weggenommen werden konnten. Dem ist zu erwidern, daß Gewahrsam tatsächliche Sachherrschaft, die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird, voraussetzt. Dabei ist 'greifbare' Nähe zur Sache nicht erforderlich, sondern es genügt 'gelockerter Gewahrsam' (vgl Kienapfel, BT II, RN 54, 59 und 60 zu § 127 mit zahlreichen Beispielen aus der Judikatur). Eben dies trifft auch vorliegend zu: Die Schuhkartons waren - der Beschreibung des Beschwerdeführers folgend - in einem Gebüsch hinter einer durch eine Plakatwand abgetrennten Böschung versteckt. Der Beschwerdeführer 'fand' sie dort deshalb, weil er einen abgelegenen Platz zur Verrichtung der Notdurft suchte (S. 236). Daß derjenige, der die Schuhe derart deponierte, somit nach dem normalen Lauf der Dinge die begründete Erwartung haben konnte, die Schuhe fremdem Zugriff entrückt zu haben und daher wieder darüber verfügen zu können, so daß sie in seinem - auch jedem Entdecker des Verstecks erkennbaren - Gewahrsam standen, kann nicht bezweifelt werden. Für diesen Gewahrsam ist auch, wie der Vollständigkeit halber noch erwähnt sei, kein Rechtstitel erforderlich; auch einem Dieb kann die Diebsbeute gestohlen werden.
Der Sache nach die Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO ausführend, bekämpft der Beschwerdeführer die Meinung des Erstgerichtes, der allfällige Irrtum der Angeklagten über die strafrechtliche Natur ihrer Tat (Diebstahl oder Unterschlagung), sei kein Rechtsirrtum. In Wahrheit sei die Tat der Angeklagten nach § 9 StGB straflos, weil es sich um eine so diffizile Rechtsfrage handle, daß ihre unrichtige Lösung nicht vorwerfbar wäre.
Davon abgesehen, da selbst bei Zugrundelegung der Meinung des Beschwerdeführers die Tat nicht straflos, sondern nach § 134 Abs. 1 StGB (als Unterschlagung) strafbar wäre, geht die Beschwerde jedoch von einem unrichtigen Verständnis des § 9 StGB aus: Das Unrechtsbewußtsein im Sinn dieser Gesetzesstelle fehlt (nur) dem Täter, dem nicht bewußt ist, daß sein Verhalten gegen die Rechtsordnung verstößt. Aktuelles Unrechtsbewußtsein liegt vor, wenn der Täter weiß, daß seine Tat gegen die Rechtsordnung verstößt, wobei es genügt, daß er laienhaft den Verstoß gegen 'irgendwelche Rechtsvorschriften' erkennt, ohne daß es einer genauen juristischen Kenntnis und Bewertung bedürfte. Ein - hier nach der Verantwortung des Beschwerdeführers anzunehmender - Subsumtionsirrtum, bei welchem der Täter zwar das Unrecht der Tat erkennt, aber über die rechtliche Beurteilung (oder ihre Strafbarkeit) irrt, ist grundsätzlich unbeachtlich.
Das weitere, der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO relevierende Vorbringen, wenn man von der Verantwortung des Angeklagten B ausgehe, er habe in Erwägung gezogen, daß es sich um gestohlenes Gut gehandelt haben könnte, so liege das Tatbild der fahrlässigen Hehlerei nach § 165 StGB vor, ist nicht nur unschlüssig, sondern weicht auch von den erstgerichtlichen Feststellungen in einer bei Ausführung der Rechtsrüge unzulässigen Art ab.
Diesen Feststellungen zufolge nahmen die Angeklagten die Schuhe dem unbekannten Dieb weg, der sie versteckt hatte;
sie brachten die Ware nicht etwa - wie es dem Tatbild der Hehlerei entspräche - mit Einverständnis des Diebes an sich (§ 164 Abs. 1 Z. 2 StGB).
Zur weiteren Subsumtionsrüge, es liege im für den Beschwerdeführer ungünstigsten Fall das Tatbild der Unterschlagung nach § 134 Abs. 1 StGB vor, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Im Recht ist die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als auch der Beschwerdeführer C im Rahmen der Rüge nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO die vom Erstgericht angenommene Qualifikation der Tat nach § 130 StGB bekämpft. Dazu sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B verwiesen.
Eben dieser Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO) haftet aber auch dem Schuldspruch des Angeklagten A hinsichtlich der Qualifikation nach § 130 StGB an. Diesbezüglich war daher nach § 290 Abs. 1 StPO vorzugehen.
Zur Strafbemessung:
Bei der infolge teilweiser Aufhebung des Schuldspruches erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof bei allen Angeklagten als erschwerend: die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen und die zweifache Deliktsqualifikation, überdies bei B die führende Tatbeteiligung, bei A und C den raschen Rückfall; hingegen wurde als mildernd berücksichtigt: die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes (S. 253/254), die wesentlichen Beiträge zur Wahrheitsfindung, der Umstand, daß die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangen wurde, und eine gewisse Notlage, bei A darüber hinaus die untergeordnete Tatbeteiligung.
Auf der Basis dieser (besonderen) Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Strafbemessungsnormen (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof - ausgehend vom Strafsatz des § 128 Abs. 1 StGB - die aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Freiheitsstrafen für tat- und tätergerecht. Die Differenzierung der Freiheitsstrafen erklärt sich aus der unterschiedlichen Tatbeteiligung, Vorstrafenbelastung und Rückfälligkeit.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilssruch zitierte Gesetzesstelle.
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