Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Wochen herabgesetzt wird. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. November 1945 geborene, zuletzt arbeitslos gewesene Kraftfahrer Franz A des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 4. Oktober 1982 in Ried/Innkreis dadurch, daß er sich nach einem Verkehrsunfall gegenüber dem Unfallsbeteiligten Herbert B als 'Gerhard D' ausgab und ein schriftliches Schuldanerkenntnis mit dem Namen 'Gerhard D' unterfertigte, eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz herstellte, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache seines alleinigen Verschuldens an diesem Verkehrsunfall gebraucht werde.
Vom weiteren Anklagevorwurf wegen (des am 8. Oktober 1982 in Ried/Innkreis an Johann C begangenen) Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB wurde Franz A mit demselben Urteil gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Seinen Schuldspruch wegen Vergehens der Urkundenfälschung bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Unter Anrufung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes (welcher der Sache nach zum Teil auch in dem Beschwerdevorbringen zur Rechtsrüge behauptet wird) macht der Angeklagte dem Ersturteil Unvollständigkeit, inneren Widerspruch sowie offenbar unzureichende Begründung zum Vorwurf:
Seine Verantwortung, das Schuldanerkenntnis deshalb unter einem falschen Namen abgegeben und unterfertigt zu haben, damit es 'nichts nützt' (S. 68 d.A.), sei im Ersturteil unberücksichtigt geblieben; weiters sei die Annahme, sein Vorsatz bei der Herstellung dieser falschen Urkunde sei darauf gerichtet gewesen, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache seines alleinigen Verschuldens an diesem Verkehrsunfall gebraucht werde, angesichts der Urteilsfeststellung, wonach er dieses schriftliche Schuldanerkenntnis unter falschem Namen und unter Angabe einer erfundenen Adresse abgegeben habe, mit den Denkgesetzen nicht vereinbar, sohin unzureichend begründet und überdies mit einem inneren Widerspruch behaftet.
Die Mängelrüge schlägt nicht durch.
Schon die (unbestritten gebliebene) Tatsache, daß er - wenngleich unter falschem Namen und unter Angabe einer erfundenen Adresse - ein schriftliches Schuldanerkenntnis zum Verkehrsunfall vom 4. Oktober 1982 unterfertigte, an welchem er durch Auffahren mit dem von ihm gelenkten PKW.
auf das Fahrzeug des Herbert B beteiligt war, und dieses schriftliche Schuldanerkenntnis Herbert B aushändigte, läßt im Einklang mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens den vom Erstgericht gezogenen Schluß auf den bei der Herstellung dieser falschen (im Sinn von 'unechten', weil nicht von dem vorgegebenen Aussteller stammenden) Urkunde vorgelegenen Vorsatz zu, daß diese Urkunde zu Beweiszwecken gebraucht werde, sie also nach dem Tätervorhaben einer mit Rücksicht auf ihren Inhalt rechtserheblichen Verwendung zugeführt werden sollte (S. 88 d.A.). Entgegen der in der Mängelrüge vertretenen Auffassung schließt aber die - im übrigen im Ersturteil ohnedies berücksichtigte (vgl. S. 89 d. A.) - Verantwortung des Angeklagten, deshalb dieses Schuldanerkenntnis mit falschem Namen und unter Angabe einer erfundenen Adresse unterfertigt zu haben, 'damit es nichts nützt', ein Handeln mit dem zur Verwirklichung des Vergehenstatbestandes nach dem § 223 Abs 1 StGB erforderlichen Gebrauchsvorsatz keineswegs aus, behauptete doch der Angeklagte gar nicht, eine Benützung dieser (falschen) Urkunde etwa durch den Unfallsbeteiligten Herbert B zum Nachweis des Alleinverschuldens (des Angeklagten) an dem in Rede stehenden Verkehrsunfall nicht in Erwägung gezogen zu haben. Er brachte damit vielmehr ersichtlich nur zum Ausdruck, daß ein - von ihm hier sogar vorausgesetzter - Gebrauch dieser Urkunde dem Unfallsbeteiligten Herbert B nichts 'nützen' werde (weil es sich um das Schuldanerkenntnis einer nicht existierenden Person handelte).
Diese im Ersturteil ausdrücklich wiedergegebene und sohin keineswegs mit Stillschweigen übergangene Verantwortung in der Hauptverhandlung steht daher der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung zuwider mit der Urteilsannahme, wonach der Angeklagte mit dem nach § 223 Abs 1 StGB erforderlichen Vorsatz handelte, daß dieses schriftliche Schuldanerkenntnis im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache seines alleinigen Verschuldens an dem in dieser Urkunde näher bezeichneten Verkehrsunfall (allenfalls erfolglos) gebraucht werde, keineswegs in Widerspruch; ebensowenig liegt nach dem Vorgesagten eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO bewirkende Unvollständigkeit oder unzureichende
Begründung vor.
Auch die Rechtsrüge des Angeklagten versagt.
Soweit er in Ausführung dieser Rüge davon ausgeht, es habe ihm der Vorsatz gefehlt, daß diese (falsche = unechte) Urkunde im Rechtsverkehr zu Beweiszwecken gebraucht werde, setzt er sich über die gegenteilige Urteilsannahme hinweg und bringt somit die Rechtsrüge, deren prozeßordnungsgemäße Darstellung stets ein Festhalten an dem im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt (hier: an der Urteilsfeststellung zur subjektiven Tatseite) erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.
Der Beschwerdeführer vermag aber auch mit den weiteren im Rahmen seiner Rechtsrüge vorgebrachten Einwänden, daß das unter Angabe eines falschen Namens und unter Anführung einer erfundenen Adresse abgegebene Schuldanerkenntnis zum Nachweis seines Alleinverschuldens an dem in dieser Urkunde näher bezeichneten Verkehrsunfall 'in keiner Weise brauchbar' gewesen und gerade dies von ihm bei der Herstellung dieser falschen Urkunde auch bezweckt worden sei, zumal der in Wahrheit gar nicht existente angebliche Urkundenaussteller 'Gerhard D' nicht individualisiert werden könnte, einen dem Erstgericht bei der Tatbeurteilung als Vergehen der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 1 StGB unterlaufenen Rechtsirrtum nicht aufzuzeigen.
Daß der Angeklagte Franz A durch die Unterfertigung dieses Schuldanerkenntnisses (vgl. S. 15 d.A.) eine im Sinn des § 223 Abs 1 StGB falsche, d.h. unechte, aber der Begriffsbestimmung des § 74 Z 7 StGB entsprechende Urkunde herstellte, wird von ihm in der Rechtsrüge an sich nicht in Frage gestellt, erweckte er doch durch sein Auftreten unter dem falschen Namen 'Gerhard D' und durch die Unterfertigung dieser Urkunde mit diesem falschen Namen den Anschein, als stamme dieses Schuldanerkenntnis von einer anderen Person (nämlich von dem nicht existenten Gerhard D und nicht vom Angeklagten als dem tatsächlichen Aussteller dieser Urkunde), und verschleierte solcherart die Identität des wirlichen Urkundenausstellers (vgl. dazu: Kienapfel, WK, RN 147, 149 und 156 zu § 223 StGB ). Für diese Identitätstäuschung ist es aber gleichgültig, ob der angebliche Aussteller ermittelt werden kann und ob er überhaupt existiert (Kienapfel, WK, RN 149 zu § 223 StGB ). Die Unmöglichkeit der Individualisierung des vom Angeklagten vorgegebenen Urkundenausstellers 'Gerhard D' ist daher im vorliegenden Fall bedeutungslos. Es kommt der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider aber auch nicht darauf an, ob die von ihm hergestellte falsche (= unechte) Urkunde zu dem ihr zugedachten Beweiszweck, nämlich zum Nachweis des darin eingestandenen Alleinverschuldens (an dem Verkehrsunfall) 'brauchbar', d.h. bei dem vorgesehenen Gebrauch durch den Unfallsbeteiligten Herbert B aus Anlaß der Geltendmachung von Ersatzansprüchen aus diesem Verkehrsunfall (etwa gegenüber dem Haftpflichtversicherer des vom Angeklagten zur Unfallszeit gelenkten Fahrzeuges oder vor Gericht) als Beweismittel zum Nachweis des Alleinverschuldens des Angeklagten Franz A an diesem Verkehrsunfall konkret geeignet war; betrifft dies doch nur die Frage des (positiven) Beweiswertes dieser (falschen) Urkunde, nicht aber die objektive Tauglichkeit als Beweisurkunde an sich, also nicht die Beweisfunktion, die für jede Urkunde im Sinn der Begriffsbestimmung des § 74 Z 7 StGB vorausgesetzt wird. Daß dem hier in Rede stehenden, wenn auch unter falschem Namen unterfertigten schriftlichen Schuldanerkenntnis angesichts des Inhalts, demzufolge der Urkundenaussteller sein Alleinverschulden an dem darin bezeichneten Verkehrsunfall erklärt, überhaupt keine für den Urkundenbegriff des § 74 Z 7 StGB essentielle Beweisfunktion zugedacht gewesen wäre, kann keinesfalls gesagt werden. Zur Verwirklichung der subjektiven Tatseite des Vergehenstatbestandes nach dem § 223 Abs 1 StGB genügt es nämlich, wenn der Täter irgendeinen Einfluß auf das Rechtsleben bezweckt (13 0s 130/82). Dies trifft auch vorliegend zu, wollte doch der Angeklagte nach seinem eigenen Geständnis erreichen, daß das Falsifikat (bei Gebrauch) 'nichts nützt', somit einen negativen Beweiseffekt erzielen. Hingegen ist ein besonderer, über die im Gebrauch der falschen Urkunde gelegene Irreführung über die Person des Ausstellers hinausgehender Täuschungsvorsatz (ebenso wie ein Schädigungsvorsatz) oder ein sonstiges 'Täuschungsmoment' nicht erforderlich (13 0s 130/82, 11 0s 120/82).
Mit den Ausführungen zu dem weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit c (richtig: lit b) des § 281 Abs 1 StPO, mit denen an sich zutreffend aufgezeigt wird, daß eine Tatbeurteilung als Vergehen der Täuschung im Sinn des § 108 Abs 1 StGB schon mangels der hiezu nach dem Abs 2 dieser Gesetzesstelle erforderlichen Ermächtigung des in seinen Rechten Verletzten nicht in Betracht käme, will der Beschwerdeführer vorsorglich nur einer solchen Tatbeurteilung im Rechtsmittelverfahren entgegentreten. Da aber das Ersturteil einen Schuldspruch wegen dieses Deliktes (§ 108 Abs 1 StGB) nicht enthält, kommt der Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO (abgeleitet aus dem Fehlen einer Ermächtigung des Verletzten) von vornherein nicht in Betracht. Der Nichtigkeitsbeschwerde war sohin ein Erfolg zu versagen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 223 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, während es die bisherige Unbescholtenheit Franz A als mildernd ansah.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe gemäß dem § 37 StGB, allenfalls die Herabsetzung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe.
Die Berufung ist teilweise begründet.
Wenn auch nach Lagerung des vorliegenden Falles die Anwendung des § 37 StGB vom Erstgericht im Ergebnis mit Recht nicht in Betracht gezogen wurde, so rechtfertigte doch vor allem die Unbescholtenheit des Angeklagten die Reduktion der verhängten Freiheitsstrafe auf das tatschuldadäquate Ausmaß von sechs Wochen.
In diesem Sinn war der Berufung teilweise Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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