OGH 11Os67/83

OGH11Os67/8325.5.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Mai 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr.Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Eier als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerald A und andere wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 3, 130 StGB und andere Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Gerald A und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 10. Februar 1983, GZ 11 a Vr 732/82-54, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Egger und Dr. Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Gerald A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde neben seiner Ehegattin, der am 29. März 1962 geborenen, zuletzt beschäftigungslosen Elisabeth A, und dem am 27. Dezember 1959

geborenen Hilfsarbeiter Adolf B, der am 15. August 1957 geborene, beschäftigungslose Gerald A zu I des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 3 und 130 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 14. Juni bis 9. September 1982 in verschiedenen Orten Niederösterreichs, in einem Fall (D) allein, sonst (zu I A bis C) in wechselnder Beteiligung (mit den eingangs Genannten), in insgesamt elf Fällen Fahrräder in einem Gesamtwert von etwa 24.800 S, teilweise (und zwar in den Fakten zu I A 1 bis 4 und C/4 /aber nicht, wie das Gericht im Widerspruch zu den Urteilsfeststellungen im Spruch seiner Entscheidung, offenbar der Anklage folgend, anführt, in den Fakten B und C 3/) durch Aufbrechen von Sperrvorrichtungen mit Bereicherungsvorsatz und in der Absicht, durch wiederkehrende Begehung der Diebstähle (zu ergänzen: durch Einbruch) eine fortlaufende Einnahme zu erzielen, den Verfügungsberechtigten wegnahm.

Darüber hinaus liegen dem Angeklagten Gerald A das Vergehen des Betruges nach dem § 146 StGB (2 Fakten, Gesamtschadensumme 3.700 S) und seiner Ehegattin das Vergehen der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2 StGB (bezüglich eines von ihm gestohlenen Fahrrades im Wert von mindestens 1.500 S) zur Last.

Nur hinsichtlich der Annahme des zweiten Falles des § 130 StGB bekämpft Gerald A den ihn betreffenden Schuldspruch wegen Diebstahls mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Er wendet gegen die Heranziehung des höheren Strafsatzes des § 130 StGB ein, dieser würde vorausetzen, daß seine Absicht auf die wiederkehrende Begehung von 'in jedem Einzelfall für sich allein schweren Diebstählen gerichtet' war. Tatsächlich sei aber der Großteil der gestohlenen Fahrräder unversperrt gewesen und habe jeweils der Wert der Beute des einzelnen Angriffes den Betrag von 5.000 S nicht überschritten.

Rechtliche Beurteilung

Der Auffassung des Beschwerdeführers, der höhere Strafsatz des § 130 StGB sei nur anzuwenden, wenn die Absicht des Täters ausschließlich auf die Begehung schwerer oder durch Einbruch oder bewaffnete Begehung qualifizierter Diebstähle gerichtet war, kann jedoch nicht gefolgt werden.

Wohl trifft es zu, daß die Absicht des Täters auf eine wiederkehrende Begehung von im Einzelfall schweren bzw durch Einbruch qualifizierten Diebstählen gerichtet sein muß, ist doch mit 'Tat' im zweiten Satz des § 130 StGB eine im vorangehenden Halbsatz bezeichnete, den §§ 128 oder 129

StGB zu unterstellende Tat gemeint. Das Erstgericht stellte nun vorliegend ausdrücklich fest, daß der Beschwerdeführer (und seine Mitangeklagten) auf den Diebstahl von (erfahrungsgemäß jedenfalls häufig versperrten) Fahrrädern spezialisiert war(en), und leitete die Absicht der Täter, sich 'immer wieder auch versperrte Fahrräder' anzueignen, (einleuchtend) daraus ab, daß sie stets ein (zur überwindung einer Sperrvorrichtung) geeignetes Werkzeug (wie zB eine Säge) bei sich hatten. Dazu verwies es ausdrücklich noch darauf, daß gerade neuwertige (also für die Diebe größeren Vorteil versprechende) Fahrräder in der Regel versperrt abgestellt werden (S 329 f d.A). Diese Feststellung deckt die Heranziehung des höheren Strafsatzes des § 130 StGB

Der Umstand, daß der Beschwerdeführer auch mehrere Diebstähle von Fahrrädern beging, die unversperrt waren, steht dieser Beurteilung nicht entgegen (s 9 Os 144/77; Wegscheider, ÖJZ 1979, 69 f; ebenso Bertel, WK RN 10 und Kienapfel, BT II, RN 12, jeweils zu § 130 StGB).

Die Rechtsrüge versagt daher, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagten jeweils nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB, bei Gerald und Elisabeth A unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB, Freiheitsstrafen, und zwar über Gerald A im Ausmaß von zwei Jahren, über Adolf B und Elisabeth A im Ausmaß von je einem Jahr. Die über Elisabeth A verhängte Freiheitsstrafe wurde gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend bei allen Angeklagten die einschlägige Vorstrafenbelastung, die bei Gerald A bereits den Voraussetzungen des § 39

StGB genügt, bei Gerald und Elisabeth A überdies das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd aber jeweils das Geständnis sowie bei Gerald A die teilweise Schadensgutmachung und bei Elisabeth A das Alter unter 21 Jahren gewertet. Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der über die Angeklagten A und Adolf B verhängten Freiheitsstrafen und die Ausschaltung des Ausspruches nach dem § 43 Abs 1 StGB bei Elisabeth A, der Angeklagte Gerald A hingegen eine Strafermäßigung an.

Den Berufungen kommt insgesamt keine Berechtigung zu. Zwar ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten, daß die Erschwerungsgründe in erster Instanz nicht vollzählig erfaßt wurden. So ist allen Angeklagten auch die mehrfache Qualifikation des Diebstahls, Gerald A zudem die Wiederholung beim Betrug und der Umstand, daß er während eines durch Flucht unterbrochenen Strafvollzuges rückfällig wurde, anzulasten. Dennoch kann das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafen bei den Angeklagten Gerald A und Adolf B, insbesondere bei Berücksichtigung des Wertes der Diebsbeute, als noch ausreichend angesehen werden, weswegen eine Anhebung dieser Strafen nicht geboten erscheint.

Andererseits kann aber auch - wie sich schon aus dem Vorgesagten ergibt - an eine Strafermäßigung bei Gerald A nicht gedacht werden. Seinem Geständnis und der teilweisen Schadensgutmachung wurde mit dem Ausspruch einer (bloß) zweijährigen Freiheitsstrafe hinreichend Rechnung getragen.

Schließlich ist mit Rücksicht auf den nunmehr arbeitsamen Lebenswandel und den Umstand, daß sie für ein Kleinkind sorgt, bei der Angeklagten Elisabeth A noch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß sie sich - trotz ihres den Gegenstand dieses Strafverfahrens bildenden Rückfalles - künftig wohlverhalten werde. Dies umso mehr, wenn man bedenkt, daß sie augenscheinlich durch das Verhalten ihres Ehegatten wieder zur Delinquenz verleitet wurde. Der Ausspruch der bedingten Strafnachsicht durch das Erstgericht war deshalb nicht verfehlt. Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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