OGH 5Ob18/83

OGH5Ob18/8310.5.1983

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Emanuel S*****, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei DI Walter H*****, vertreten durch Dr. Franz Josef Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.100.327,62 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Dezember 1982, GZ 12 R 107/82‑41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Mai 1982, GZ 9 Cg 99/80‑37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1983:0050OB00018.830.0510.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 16.206,86 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.200 S an Barauslagen und 1.111,62 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach dem Grundbuchsstand sind der Kläger zur Hälfte und der Beklagte sowie seine Gattin je zu einem Viertel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 606 KG ***** mit dem Haus *****. Die Liegenschaft wird vom Beklagten zumindest seit Mai 1961 verwaltet.

Der Kläger begehrte vom Beklagten als Verwalter der gemeinsamen Liegenschaft die Zahlung der ihm als deren Hälfteeigentümer zustehenden halben Erträge der Liegenschaft aus den Jahren 1965 bis 1979 in der Höhe von 1.100.327,62 S sA.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete ‑ soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist ‑ ein: Der Kläger sei nicht mehr Miteigentümer der Liegenschaft. Die Streitteile hätten im Jahre 1947 die F***** GmbH gegründet. Zur Sicherung der Finanzierung dieser Gesellschaft und zur Bildung einer Rücklage für die allenfalls notwendig werdende Beschaffung von Betriebsräumlichkeiten für die GmbH sei ein als Gesellschaft bürgerlichen rechts zu beurteilender Fonds gebildet worden, an dem die Streitteile ‑ wie an der GmbH ‑ je zur Hälfte beteiligt gewesen seien. Aus den Fondsmitteln seien im Jahre 1955 60 % und im Jahre 1959 die restlichen Anteile an dem kriegs‑ und besatzungsgeschädigten Haus *****, erworben worden. Die Liegenschaft sei in das Vermögen des Fonds (der Gesellschaft bürgerlichen Rechts) gefallen. Als gegen Ende des Jahres 1961 der Gesellschaftszweck weggefallen sei und der Kläger Einwendungen gegen die Renovierung des Hauses gehabt habe, hätten die Streitteile die Auflösung des Fonds vereinbart. Der Beklagte habe den Liegenschaftsanteil des Klägers übernommen, und zwar habe er ihn um den Preis des Fondsanteils des Klägers samt eventuellen weiteren Zahlungen des Klägers mit 7%iger Verzinsung gekauft. Nach Auflösung des Fonds, nachdem die Fassadenarbeiten am Haus beendet gewesen seien, habe der Kläger wieder Interesse an dem Haus gezeigt. Es sei im Herbst 1962 zu einer Vereinbarung der Streitteile dahin gekommen, dass der Kläger Hälfteeigentümer der Liegenschaft werden solle, aber „endgültig und wirksam“ nur unter bestimmten (im Schriftsatz ON 9 und Punkt 5 dargelegten) Bedingungen, die der Kläger in der Folge nicht erfüllt habe. Deshalb stehe zumindest seit 1972 fest, dass der Kläger seinen Anspruch auf die Haushälfte vereinbarungsgemäß verloren habe. Sei aber der Beklagte gemeinsam mit seiner Gattin, abweichend vom Grundbuchsstand, Eigentümer der Liegenschaft, schulde er dem Kläger keine Rechnungslegung. Er habe daher die jährlichen Abrechnungen ab 1. 1. 1973 eingestellt. Seine Fondseinlage samt Zinsen habe der Kläger bereits vollständig ausbezahlt erhalten. Der Beklagte habe seit dem Jahre 1962 alle Aufwendungen zur Renovierung des Hauses und überhaupt alle zur Instandhaltung erforderlichen Aufwendungen allein getragen, wozu er auch infolge der Übernahme des Miteigentumsanteils des Klägers verpflichtet gewesen sei. Er habe seit dem Frühjahr 1962 aus seinem Vermögen Aufwendungen auf das Haus in einem solchen Umfang vorgenommen, dass ihm jedenfalls selbst dann eine Forderung gegenüber dem Kläger zustünde, wenn man den Bestand der Vereinbarung aus dem Jahre 1962 nicht als gegeben annehmen würde. Schließlich wendete der Beklagte unter Vorlage eines „Wohnungseigentumsvertrages“ vom 10. 12. 1956 (Beilage 11) noch die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.

Das Erstgericht gab der Klage mit Ausnahme der rechtskräftigen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte hat seit dem Erwerb der gemeinsamen Liegenschaft mit Zustimmung des Klägers als Hälfteeigentümers die gesamte Liegenschaft verwaltet; er hat die Einnahmen aus der Liegenschaft inkassiert und daraus die Ausgaben bestritten. Er verfasste für die Gemeinschaft der Eigentümer die Erklärung der Einkünfte nicht gewerbesteuerpflichtiger Personengesellschaften und reichte sie beim zuständigen Finanzamt ein; an ihm wurden die entsprechenden Feststellungsbescheide zugestellt. Sämtliche Belege über die Einnahmen und Ausgaben betreffend das gemeinsame Gut befinden sich beim Beklagten.

In der Zeit vom 1. 1. 1965 bis zum 31. 12. 1972 haben die Miteigentümer Mietzinszahlungen der Bestandnehmerin im Haus, der Firma S*****, in der Höhe von 1.748.996 S bereits entsprechend ihren Miteigentumsanteilen untereinander aufgeteilt. Darüber hinaus leistete der Beklagte an nachgewiesenen Zahlungen an den Kläger am 16. 10. 1974 60.000 S, am 2. 1. 1975 50.000 S und am 19. 9. 1975 100.000 S. Weitere Zahlungen des Beklagten an den Kläger mit dem eindeutigen Zweck, damit Überschüsse aus der Hausverwaltung auszuschütten, sind nicht nachgewiesen.

Unter Berücksichtigung der vom Beklagten für das gemeinsame Gut getätigten Aufwendungen und der von ihm an den Kläger bereits geleisteten Zahlungen ergibt sich für die Jahre 1965 bis 1979 ein Anspruch des Klägers aus dem Titel der Hausverwaltung durch den Beklagten in der Höhe des Klagebetrags.

Zwischen den Streitteilen, die noch immer gemeinsam an der F***** GmbH beteiligt sind, ist es etwa seit dem Jahre 1973 im Gegensatz zu dem davor jahrelang bestandenen guten Verhältnis zu Unstimmigkeiten und in der Folge zu zahlreichen Prozessen gekommen. Es kann nicht festgestellt werden, dass es im Zuge dieser Auseinandersetzungen oder vorher zwischen den Streitteilen eine Vereinbarung des Inhalts gegeben hat, dass der Kläger den ihm grundbücherlich zugeschriebenen Anteil an der Liegenschaft *****, dem Beklagten übertrage; es kann auch nicht festgestellt werden, dass zwischen den Streitteilen später die Vereinbarung einer Rückübertragung unter Bedingungen stattfand, die der Kläger dann nicht eingehalten hätte.

Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht folgender rechtlichen Beurteilung:

Die Klageforderung bestehe in der geltend gemachten Höhe zu recht und sei auch fällig. Dass der Beklagte als kassierender Verwalter für die vorliegende Klage passiv legitimiert sei, bedürfe ebensowenig einer Erörterung wie die Tatsache, dass der Kläger als bücherlicher Hälfteeigentümer aktiv legitimiert sei, seinen Anteil an den Erträgnissen zu verlangen. Ein Fall des § 16 Abs 3 WEG liege nicht vor, da eine Einverleibung von Wohnungseigentum nach § 12 Abs 1 WEG nicht erfolgt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es erachtete die Einwendung der Unzulässigkeit des Rechtswegs gleich dem Erstgericht als unberechtigt, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen, aktengetreuen Beweiswürdigung und trat auch dessen rechtlicher Beurteilung bei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise wird die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Erstgericht, in eventu die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne der Klageabweisung beantragt. Letztlich begehrt der Beklagte die Aufhebung des bisher durchgeführten Verfahrens als nichtig und die Klagezurückweisung.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Auf die Frage, ob über das vorliegende Begehren im streitigen oder im außerstreitigen Rechtsweg zu entscheiden ist, ist im Revisionsverfahren nicht mehr einzugehen, weil die vorinstanzen diese Frage ‑ wenn auch nur in den Entscheidungsgründen ‑ übereinstimmend, und zwar im ersteren Sinn, gelöst haben (7 Ob 184/73, 4 Ob 404/81 ua).

Dass das Berufungsverfahren wegen nicht ausreichender Behandlung der Beweisrüge mangelhaft geblieben wäre, trifft nicht zu (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO idF der Zivilverfahrensnovelle 1983 BGBl 135).

In der Rechtsrüge führt der Beklagte ‑ Feststellungsmängel behauptend ‑ aus, er habe in erster Instanz ein Sachvorbringen erstattet, das ‑ losgelöst von der Übertragung/(nicht wirksam gewordenen) bedingten Rückübertragung der dem Kläger grundbücherlich zugeschriebenen Liegenschaftshälfte ‑ als Behauptung eines bürgerlich‑rechtlichen gesellschaftsverhältnisses zwischen den Streitteilen zu qualifizieren sei, bei dessen Bestand dem Klagebegehren nicht stattgegeben werden könne. Nach seinem diesbezüglichen Vorbringen sei die gegenständliche Liegenschaft Teil des gesellschaftsrechtlich gebundenen Sondervermögens (des von den Streitteilen gebildeten Fonds), über das nur nach der gesellschaftsrechtlichen Regelung verfügt werden dürfe, und er der Geschäftsführer dieser Gesellschaft; dem Kläger stehe daher nicht ein Anteil an den Mietzinserträgnissen des Hauses, sondern nur ein solcher am Ertrag der bürgerlich‑rechtlichen Gesellschaft zu. Darüber hinaus habe er in erster Instanz auch noch auf die Verfelchtung des prozessgegenständlichen Anspruchs des Klägers mit den gesellschaftsrechtlichen Absprachen zwischen den Streitteilen in Bezug auf die F***** GmbH hingewiesen. Über all das Fehle es an Feststellungen in den Urteilen der Vorinstanzen.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass dem Vorbringen des Beklagten in erster Instanz konkrete Tatsachen, aus denen sich ergeben würde, dass dem Kläger ein fälliger Anspruch auf die halben Ertragsüberschüsse des Hauses auch dann nicht zustünde, wenn die vom Beklagten behauptete Übertragung/(nicht wirksam gewordene) bedingte Rückübertragung der dem Kläger grundbücherlich zugeschriebenen Liegenschaftshälfte nicht erweislich sein sollte, nicht entnommen werden können. Den Vorinstanzen sind daher auch die gerügten Feststellungsmängel nicht unterlaufen.

Der Revision war mithin ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte