Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erwin Josef B wird verworfen.
Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Eva Maria A teilweise Folge gegeben und das im übrigen unberührt bleibende angefochtene Urteil, gemäß § 290 Abs. 1 StPO. auch hinsichtlich des Angeklagten Erwin Josef B, in den zu A und B enthaltenen Aussprüchen der Gewerbsmäßigkeit, in der Unterstellung des Diebstahls unter den schwerer strafbaren Fall des § 130 StGB., ferner in der Unterstellung des Betrugs unter den schwerer strafbaren Fall des § 148 StGB. sowie in den Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO.
in der Sache selbst erkannt:
Eva Maria A und Erwin Josef B werden für die ihnen nach den unberührt bleibenden Schuldsprüchen weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB., das Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 und 2 StGB. und das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. gemäß § 129 StGB. unter Anwendung der §§ 28 und 29 StGB. zu folgenden Freiheitsstrafen verurteilt:
Eva Maria A 7 (sieben) Monate und Erwin Josef B 10 (zehn) Monate. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Eva Maria A verworfen.
Die Berufung des Angeklagten Erwin Josef B wegen Schuld wird zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen wegen Strafe werden die Angeklagten auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 27.Februar 1960 geborene Eva Maria A und der am 5.Juni 1946 geborene Erwin Josef B, beide deutsche Staatsangehörige, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1, 130 StGB. (A), des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2, 148 StGB. (B) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. (C) schuldig erkannt. Darnach haben sie A. am 10.Oktober 1982 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Adele C eine Handtasche, eine Brille und eine Geldtasche mit 2.000 S durch Einbruch in deren Personenkraftwagen weggenommen;
B. am 11.Oktober 1982 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schweren Betrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sechs der neunzehn, bei dem vorgenannten Diebstahl erbeuteten Scheckformulare, auf welchen Eva Maria A die Unterschrift der Kontoinhaberin Adele C nachgemacht hatte, unter Verwendung deren bei dem Diebstahl ebenfalls erbeuteten Scheckkarte bei drei Raiffeisenkassen eingelöst (Gesamtschaden 10.000 S) bzw. beim Kauf von Bekleidungsstücken zahlungshalber übergeben (Gesamtschaden 2.839 S);
C. vom 10.Oktober 1982 bis 19.Oktober 1982 die erwähnte Scheckkarte Adele C mit dem Vorsatz, zu verhindern, daß diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts bzw. einer Tatsache gebraucht werde, unterdrückt.
Mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpfen Eva Maria A alle Schuldsprüche aus den Gründen der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. und Erwin Josef B den Schuldspruch C unter Bezugnahme auf § 281 Abs. 1 Z. 10 und 11 StPO. (der Sache nach nur aus der Z. 9 lit. a).
Rechtliche Beurteilung
Begründet ist die Nichtigkeitsbeschwerde der Erstangeklagten, soweit sie sich gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung des Diebstahls und des Betrugs wendet (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.).
Die Entscheidungsgründe enthalten in keinem Fall die zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit erforderliche Tatsachenfeststellung, daß die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) der beiden Angeklagten darauf gerichtet war, sich durch die wiederkehrende Begehung sowohl eines (Einbruchs-) Diebstahls als auch eines schweren Betrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§§ 70, 130, 148 StGB.).
Die einzige, möglicherweise als Konstatierung der Gewerbsmäßigkeit gemeinte Passage der Urteilsbegründung lautet:
'Beide Angeklagten hätten, soferne sie nicht am 19.Oktober 1982 verhaftet worden wären, die restlichen, noch in ihrem Besitz befindlichen Schecks der Adele C ausgefüllt und sich dabei weitere Barmittel beschafft' (S. 222). Diese Begründungsstelle bezieht sich aber einerseits nur auf den Betrug und drückt andererseits nicht mehr aus als ein auf die schlichte Wiederholung dieses Delikts gerichtetes Vorhaben. Die für die Gewerbsmäßigkeit typische Absicht des Täters (siehe oben) kommt an der angeführten Stelle jedenfalls nicht zum Ausdruck.
Dieser Feststellungsmangel macht ein Eingehen auf das ebenfalls nur die Frage der Gewerbsmäßigkeit betreffende Beschwerdevorbringen der Angeklagten A unter der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. zum Schuldspruch B entbehrlich. Das Ersturteil ist daher in bezug auf die Qualifikationen der Gewerbsmäßigkeit des Einbruchsdiebstahls (§ 130, höherer Strafsatz, StGB.) und des schweren Betrugs (§ 148, höherer Strafsatz, StGB.) gemäß § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. nichtig. Diese Nichtigkeit war gemäß § 290 Abs. 1 StPO. auch zugunsten des Mitangeklagten Erwin Josef B von Amts wegen wahrzunehmen. Der Oberste Gerichtshof vermag nach der Aufhebung der nichtigen Aussprüche in der Sache selbst zu erkennen, weil auf Grund der Aktenlage bereits erkennbar ist, daß sich auch in einem erneuerten Verfahren in erster Instanz die für die Gewerbsmäßigkeit erforderlichen Feststellungen nicht würden treffen lassen:
Weder die ersichtlich nicht mehr erweiterbaren Beweisgrundlagen noch die Verantwortung der Angeklagten lassen die für die Gewerbsmäßigkeit begriffswesentliche, zum charakterologischen Schuldbestand zählende und die besondere Tätergefährlichkeit prägende Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) der Angeklagten annehmen, sich mittels der Wiederholung von Einbruchsdiebstählen und schweren Betrügereien ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß bei allfälliger (von den Angeklagten beabsichtigter) Begebung der restlichen dreizehn Schecks unter Verwendung der Scheckkarte je mit dem von der Bank im Einzelfall garantierten Höchstbetrag von 2.500 S die Angeklagten sich um einen Gesamtbetrag von 45.339 S würden bereichert haben. Eine derartige Deliktsverwirklichung wäre auch nach dem Bewußtsein der Täter im Hinblick auf die nach der Einlösung des ersten Schecks zu erwartende alsbaldige Sperre des Kontos nur innerhalb kürzester Zeit möglich gewesen. Die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) der Angeklagten könnte sich daher nicht auf die Erzielung eines fortlaufenden Einkommens bezogen haben.
Nicht stichhältig sind die Beschwerden beider Angeklagten, soweit sie - der Sache nach aus dem Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. - die Subsumtion ihres Verhaltens unter den § 229 Abs. 1 StGB. (C) bekämpfen. Beide Beschwerdeführer übersehen zunächst, daß die Wegnahme der Scheckkarte nicht vom Schuldspruch wegen Diebstahls (A) umfaßt ist. Ihrem Einwand von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite des § 229 StGB. ist entgegenzuhalten:
Für die das Merkmal des Unterdrückens herstellende Entfremdung der Urkunde ist ein spezieller Gebrauchsverhinderungsvorsatz nicht nötig. Vielmehr genügt, daß sich der Täter bei der Entfremdung der Urkunde auch des Umstands bewußt ist, daß dadurch dem Berechtigten die Möglichkeit genommen wird, sich ihrer in Hinkunft (jedenfalls für die Dauer der Entfremdung) zu Beweiszwecken zu bedienen. Im Regelfall - wie er hier zutrifft - ist bei lebensnaher Betrachtung dieses Begleitwissen (Mitbewußtsein) schon durch die Entfremdung der Urkunde impliziert (SSt. 51/21 = ZVR. 1980 Nr. 243, EvBl. 1981 Nr. 106, LSK. 1982/112). Da die Angeklagten sowohl dieser Entfremdung als auch im Sinn des speziellen Anklagevorwurfs nach § 229 Abs. 1 StGB. geständig waren, schadet das Unterbleiben einer ausdrücklichen Feststellung des erwähnten Mitbewußtseins in den Urteilsgründen nicht.
Die Scheckkarte ist nicht Wertträger, ihre Entfremdung kann darum nicht Diebstahl sein. Eine Verdrängung der Urkundenunterdrückung durch den mittels der Scheckkarte verübten (insofern nicht unter die Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB. fallenden) Betrug ist nicht eingetreten, weil der Betrugstatbestand nicht das von § 229 StGB. geschützte Rechtsgut, nämlich den Bestandsschutz der Beweisfunktion von Absichtsurkunden, an denen ein rechtlich anerkanntes fremdes Beweisführungsinteresse besteht (Kienapfel im Wr. Kommentar, RZ. 5 zu § 229 StGB.), erfaßt.
Somit hat das Schöffengericht auf Grund ausreichender Tatsachenfeststellungen das soeben erörterte Verhalten der Beschwerdeführer rechtsrichtig unter § 229 Abs. 1 StGB. subsumiert. In bezug auf diesen Schuldspruch waren daher beide Nichtigkeitsbeschwerden, von denen jene des Angeklagten B übrigens in ihren auf die Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Einwendungen ein lediglich als Berufung zu wertendes Vorbringen enthält, zu verwerfen.
Im Rahmen der sohin vorzunehmenden Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof bei A die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen im Ausland (S. 87, 181, 183 - B ist zwar achtmal, aber nicht einschlägig vorbestraft), bei B die Verleitung der Angeklagten A, ferner bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen als erschwerend, hingegen das beiderseitige Geständnis und bei A auch die Einwirkung durch B als mildernd.
Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof die verhängten Freiheitsstrafen als angemessen. Infolge der Strafneubemessung wurden die Berufungen (wegen Strafe) gegenstandslos, weshalb die Angeklagten mit diesen Rechtsmitteln auf die nunmehr gefällten Strafaussprüche zu verweisen waren. Die vom Angeklagten B angemeldete Berufung wegen Schuld war zurückzuweisen, weil die Prozeßgesetze ein solches Rechtsmittel (u.a.) gegen Urteile des Schöffengerichts nicht vorsehen.
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