Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Rekurs des Richard B***** gegen den erstgerichtlichen Beschluss zurückgewiesen wird.
Text
Begründung
Richard B*****, geboren am *****, Sattlermeister und Kaufmann in S*****, war Hälfteeigentümer der Liegenschaften EZ ***** (mit dem Haus J*****) und ***** (mit dem Haus J*****) je KG ***** und eines in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen, als „Sporthaus B*****“ bezeichneten Handelsgeschäfts mit Sattler- und Tapeziererwerkstätte in S*****.
Mit Kaufvertrag vom 15. 4. 1969 verkaufte er seine Hälfteanteile an den genannten Liegenschaften und am „Sporthaus B*****“ an seine Tochter Elsa S*****, geborene B***** (Punkt II). Als Kaufpreis hat die Käuferin dem Verkäufer ab 10. 1. 1969 auf dessen Lebensdauer monatlich einen Geldbetrag zu leisten, der zusammen mit seiner Rente wertgesicherte 7.000 S ergibt. Diese Rente sollte mit 5.000 S monatlich grundbücherlich sichergestellt werden. Für den Fall, dass der Verkäufer vor seiner Ehegattin, Sophie B*****, geboren am *****, sterben sollte, sollte diese ab dem auf den Tod des Verkäufers folgenden Monatsersten einen monatlichen Betrag erhalten, der zusammen mit ihrer Rente 4.200 S ergibt. Diese Rente sollte mit 3.000 S monatlich grundbücherlich sichergestellt werden (Punkt II 1). Die Käuferin übernahm die Betreuung, Versorgung, Pflege und Wartung ihrer Eltern und die Verrichtung der Haushaltsarbeiten (Punkt II 2 und Punkt IX) sowie die nicht von einer Krankenkasse getragenen Kosten für ärztliche Behandlung, Medikamente, Spitalsaufenthalte und Operationen (Punkt II 3). Die Käuferin räumte ihren Eltern auch ein lebenslängliches unentgeltliches grundbücherlich sicherzustellendes Wohnungsrecht in der im ersten Stock des verkauften Hauses J***** gelegenen Wohnung ein (Punkt II 4). Die Vertragsparteien vereinbarten für beide Liegenschaften ein Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB zugunsten und auf die Lebensdauer des Verkäufers und seiner Ehegattin, das grundbücherlich sichergestellt werden sollte (Punkt II 5). Der Verkäufer und seine Ehegattin räumten einem allenfalls auf beiden Liegenschaften aufzunehmenden Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 1,5 Mill S den Pfandvorrang vor den für sie grundbücherlich sicherzustellenden Leistungen ein (Punkt II 6). Zur besseren Sicherung der zu Punkt II 1, 3, 4 und 5 vereinbarten Leistungen verpfändete die Käuferin, die damals laut Vertrag bereits Eigentümerin der anderen Liegenschaftshälfte war, die gesamte Liegenschaft EZ ***** KG *****, bzw bestellte sie diese Liegenschaft als Sicherheit. Eine Mitbelastung der Liegenschaft EZ ***** KG ***** hielten die Vertragspartner nicht für erforderlich (Punkt II 7). Die Kaufpreisleistungen der Käuferin sollten auch auf ihre Rechtsnachfolger übergehen, die Leistungen an den Verkäufer bzw an dessen Ehegattin mit deren Ableben endigen (Punkt II 8). Die Vertragsparteien bewilligen in EZ***** und ***** KG ***** auf den Hälfteanteilen des Verkäufers die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käuferin, sodass diese Alleineigentümerin wurde (Punkt VIII 1), in EZ ***** KG ***** die Einverleibung a) des Pfandrechts für die Leibrentenforderung des Verkäufers von 5.000 S monatlich und dessen Ehegattin von 3.000 S monatlich im Fall des Vorablebens des Verkäufers ab dessen Tod, b) der Reallast der ergänzenden Versorgung zugunsten des Verkäufers und seiner Ehegattin gemäß Punkt II 3 des Kaufvertrags und c) des lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsrechts zugunsten des Verkäufers und seiner Ehegattin (Punkt VIII 2).
In einer Erklärung vom 24. 4. 1973 erteilte die Käuferin aufgrund des Punktes II 5 des Kaufvertrags ihre ausdrückliche Zustimmung, dass auf den ihr nach Durchführung dieses Kaufvertrags allein gehörigen Liegenschaften EZ ***** und ***** KG ***** das Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB zugunsten des Verkäufers und seiner Ehegattin einverleibt werde.
Zu TZ 580/73 wurden in der EZ ***** unter BOZ 10 und in der EZ ***** unter BOZ 9 das Eigentumsrecht für Elsa S*****, geborene B*****, sowie in der EZ ***** unter COZ 8 und in der EZ ***** unter COZ 21 das Veräußerungsverbot zugunsten des Richard und der Sophie B*****, in der letztgenannten EZ darüber hinaus unter COZ 18 des Pfandrecht für die Leibrentenforderung des Richard B***** von monatlich 5.000 S und der Sophie B***** von monatlich 3.000 S im Fall des Vorablebens des Richard B*****, unter COZ 19 die Reallast des Ausgedinges zugunsten des Richard und der Sophie B***** unter COZ 20 die Dienstbarkeit des lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechts zugunsten der beiden vorgenannten Personen einverleibt.
Am 26. 9. 1978 begehrte Elsa B*****, geborene W*****, aufgrund der in Feldkirch am 16. 8. 1978 ausgestellten und in S***** am 13. 9. 1978 angenommmen Schuld- und Pfandbestellungsurkunde in den Lastenblättern der Elsa S*****, geborene B*****, gehörenden Liegenschaften EZ ***** und ***** KG ***** und EZ ***** KG ***** 1) die Einverleibung des Pfandrechts für ihre restliche Kaufschillingsforderung im Betrag von 833.246 S samt 7 % Zinsen und einer Nebengebührenkaution im Höchstbetrag von 165.000 S sowie 2) die Anmerkung der Verpflichtung der Eigentümerin ihr gegenüber bei den unter COZ 13, 15, 22 und 25 für die Forderungen der Sparkasse der Stadt B***** im Betrag von 156.000 S, 870.000 S, 390.000 S und 754.000 S eingetragenen Pfandrechten, diese im Tilgungsfalle vorbehaltlos löschen zu lassen, zu bewilligen, wobei die Simultanhaftung anzumerken ist und die EZ ***** KG ***** als Haupteinlage und die EZ ***** KG *****, die EZ ***** KG ***** und die EZ ***** KG ***** als Nebeneinlagen zu bezeichnen sind.
Das Erstgericht entschied noch am 26. 9. 1978 antragsgemäß. Die Zustimmung des Richard B***** zur Einverleibung des Pfandrechts war nicht nachgewiesen worden. Eine Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an Richard B***** wurde weder verfügt noch durchgeführt. Der Antragstellerin und der Liegenschaftseigentümerin wurde der erstgerichtliche Beschluss am 16. 1. 1979 zugestellt.
Am 28. 10. 1981 erhob Richard B***** gegen die Bewilligung der Einverleibung des Pfandrechts der Antragstellerin auf den Liegenschaften EZ ***** und ***** KG ***** mit der Begründung Rekurs, dass das mit seiner Tochter vereinbarte Veräußerungsverbot ein Belastungsverbot in sich schließe und daher die Pfandrechtsbegründung hindere.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss, soweit er angefochten wurde, im Sinne der Abweisung des Antrags der Antragstellerin ab. Es bejahte die Rekurslegitimation des Richard B***** sowie die Rechtzeitigkeit seines Rechtsmittels und trat der Auffassung des Rekurswerbers bei, dass das gegenständliche Veräußerungsverbot ein Belastungsverbot in sich schließe. Aus dem Kaufvertrag vom 15. 4. 1969 ergebe sich nicht, dass die Vertragsparteien ein Belastungsverbot hätten ausschließen wollen; dem Vertragspunkt II 6 sei eher das Gegenteil zu entnehmen.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Sinne der nachstehenden Ausführungen gerechtfertigt:
Entscheidend ist die Frage, ob das zwischen Richard B***** und Elsa S***** hinsichtlich der Liegenschaften EZ ***** und ***** KG ***** vereinbarte und in der Folge verbücherte Veräußerungsverbot das Belastungsverbot in sich schließt. Diese Frage ist im Grundbuchsverfahren durch Auslegung der die Entscheidungsgrundlage bildenden Urkunden, hier also insbesondere der die Vereinbarung des Veräußerungsverbots enthaltenden Kaufvertragsurkunde, zu beantworten (vgl Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 364c; SZ 8/355; ZBl 1934/350 ua). Das führt im Fall des gegenständlichen Kaufvertrags, den der Oberste Gerichtshof schon in mehreren, zwangsweise Pfandrechtsbegründungen betreffenden Entscheidungen auszulegen hatte (3 Ob 37/83 ua), zu dem Ergebnis, dass das Veräußerungsverbot nicht auch das Belastungsverbot mitumfasst.
Im Kaufvertrag vom 15. 4. 1969 wurde nämlich vereinbart, dass die der Versorgung des Verkäufers und seiner Ehegattin dienenden dinglich abzusichernden Rechte (Leibrente, Versorgungsleistungen und Wohnrecht) nicht nur durch das auf beiden Liegenschaften einzutragende Veräußerungsverbot, sondern auch durch die Einverleibung des Pfandrechts für die Leibrentenforderung, der Reallast des Ausgedinges und der Dienstbarkeit des lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechts auf der Liegenschaft EZ ***** KG ***** dinglich sichergestellt werden sollten. Es würde daher eine doppelte Absicherung der genannten Rechte des Verkäufers und seiner Ehegattin bedeuten, wenn diese Rechte bücherlich und damit insbesondere auch rangmäßig sichergestellt und überdies nachrangige Belastungen, die wegen des Veräußerungsverbots nicht realisiert werden könnten, ausgeschlossen worden wären. Der Kaufvertrag enthält auch keinerlei Hinweis darauf, dass die Vertragspartner, etwa wegen eines Anwartschaftsrechts, nachrangige Belastungen der beiden Liegenschaften verhindern wollten. Der vom Veräußerungsverbotsberechtigten und vom Rekursgericht zur Begründung der gegenteiligen Vertragsauslegung herangezogene Vertragspunkt II 6, in dem der Verkäufer und seine Ehegattin einem allenfalls auf beiden Liegenschaften aufzunehmenden Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 1,5 Mill S den Pfandvorrang vor den für sie grundbücherlich sicherzustellenden Leistungen einräumten, spricht ebenfalls dafür, dass die Vertragspartner nur ein Veräußerungsverbot wollten. Zur besseren Belehnbarkeit der beiden Liegenschaften sollte eben ein Pfandrecht bis zu diesem Höchstbetrag vor dem Rand des Verkäufers einverleibt werden können. Dem Rang des Verkäufers nachfolgende Belastungen der Liegenschaften konnten im Hinblick auf das Veräußerungsverbot dessen Rechte in keiner Weise gefährden; ferner konnte ein Belastungsverbot im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht im Interesse der Käuferin liegen, weil sie die beiden Liegenschaften dann nicht mehr als Sicherheit für weitere Kredite oder Darlehen hätten heranziehen können (ähnlich schon 3 Ob 94/81).
Enthält aber das hier vereinbarte und verbücherte Veräußerungsverbot nicht auch das Belastungsverbot, dann wurde durch die Bewilligung des gegenständlichen Antrags in bücherliche Rechte des Richard B***** nicht eingegriffen. Der erstgerichtliche Beschluss war ihm demzufolge auch nicht zuzustellen. Richard B***** hätte gegen diesen Beschluss - selbst wenn man seine Rekurslegitimation ungeachtet dessen nach § 9 AußStrG bejahen wollte - nur innerhalb der den Parteien des Grundbuchsverfahrens offenstehenden Frist Rekurs erheben können (RPflSlg 651 und 1061, abgedruckt in MGA 253 unter Nr 12 zu § 123 GBG). Da dies nicht geschehen ist, hätte das Rekursgericht seinen Rekurs als verspätet zurückweisen müssen.
Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der rekursgerichtliche Beschluss dahin abzuändern, dass der Rekurs des Richard B***** gegen den erstgerichtlichen Beschluss zurückgewiesen wird.
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