OGH 5Ob11/83

OGH5Ob11/8319.4.1983

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Elsa S*****, vertreten durch Dr. Hansjörg Czinglar, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Einverleibung von Pfandrechten auf den Liegenschaften EZ 8 und 557 KG Schruns infolge Revisionsrekurses der S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Eva Zahlbruckner, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 7. September 1982, GZ R 509/82‑5, womit infolge Rekurses des Richard B*****, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, der Beschluss des Bezirksgerichts Montafon vom 23. Jänner 1980, TZ 1376/79, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1983:0050OB00011.830.0419.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Rekurs des Richard B***** gegen die Bewilligung der Vormerkung des Pfandrechts der S***** GmbH von 185.000 S samt Zinsen und Nebengebührenkaution im Lastenblatt der Liegenschaften EZ 8 und 557 KG S***** zurückgewiesen wird.

Text

Begründung

Richard B*****, geboren am 2. 6. 1902, Sattlermeister und Kaufmann in S*****, war Hälfteeigentümer der Liegenschaften EZ 8 (mit dem Haus *****) und 557 (mit dem Haus *****) je KG S***** und eines in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen, als „Sporthaus B*****“ bezeichneten Handelsgeschäfts mit Sattler‑ und Tapeziererwerkstätte in S*****.

Mit Kaufvertrag vom 15. 4. 1969 verkaufte er seine Hälfteanteile an den genannten Liegenschaften und am „Sporthaus B*****“ an seine Tochter Elsa S***** (Punkt II). Als Kaufpreis hat die Käuferin dem Verkäufer ab 10. 1. 1969 auf dessen Lebensdauer monatlich einen Geldbetrag zu leisten, der zusammen mit seiner Rente wertgesicherte 7.000 S ergibt. Diese Rente sollte mit 5.000 S monatlich grundbücherlich sichergestellt werden. Für den Fall, dass der Verkäufer vor seiner Ehegattin, Sophie B*****, geboren am 1. 4. 1904, sterben sollte, sollte diese ab dem auf den Tod des Verkäufers folgenden Monatsersten einen monatlichen Betrag erhalten, der zusammen mit ihrer Rente 4.200 S ergibt. Diese Rente sollte mit 3.000 S monatlich grundbücherlich sichergestellt werden (Punkt II 1). Die Käuferin übernahm die Betreuung, Versorgung, Pflege und Wartung ihrer Eltern und die Verrichtung der Haushaltsarbeiten (Punkt II 2 und Punkt IX) sowie die nicht von einer Krankenkasse getragenen Kosten für ärztliche Behandlung, Medikamente, Spitalsaufenthalte und Operationen (Punkt II 3). Die Käuferin räumte ihren Eltern auch ein lebenslängliches unentgeltliches grundbücherlich sicherzustellendes Wohnungsrecht in der im ersten Stock des verkauften Hauses ***** gelegenen Wohnung ein (Punkt II 4). Die Vertragsparteien vereinbarten für beide Liegenschaften ein Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB zugunsten und auf die Lebensdauer des Verkäufers und seiner Ehegattin, das grundbücherlich sichergestellt werden sollte (Punkt II 5). Der Verkäufer und seine Ehegattin räumten einem allenfalls auf beiden Liegenschaften aufzunehmenden Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 1,5 Mio S den Pfandvorrang vor den für sie grundbücherlich sicherzustellenden Leistungen ein (Punkt II 6). Zur besseren Sicherung der zu Punkt II 1, 3, 4 und 5 vereinbarten Leistungen verpfändete die Käuferin, die damals laut Vertrag bereits Eigentümerin der anderen Liegenschaftshälften war, die gesamte Liegenschaft EZ 557 KG S*****, bzw bestellte sie diese Liegenschaft als Sicherheit. Eine Mitbelastung der Liegenschaft EZ 8 KG S***** hielten die Vertragspartner nicht für erforderlich (Punkt II 7). Die Kaufpreisleistungen der Käuferin sollten auch auf ihre Rechtsnachfolger übergehen, die Leistungen an den Verkäufer bzw an dessen Ehegattin mit deren Ableben endigen (Punkt II 8). Die Vertragsparteien bewilligten in EZ 8 und 557 KG S***** auf den Hälfteanteilen des Verkäufers die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Käuferin, sodass diese Alleineigentümerin wurde (Punkt VIII 1), in EZ 557 KG S***** die Einverleibung a) des Pfandrechts für die Leibrentenforderung des Verkäufers von 5.000 S monatlich und dessen Ehegattin von 3.000 S monatlich im Fall des Vorablebens des Verkäufers ab dessen Tod, b) der Reallast der ergänzenden Versorgung zugunsten des Verkäufers und seiner Ehegattin gemäß Punkt II 3 des Kaufvertrags und c) des lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsrechts zugunsten des Verkäufers und seiner Ehegattin (Punkt VIII 2).

In einer Erklärung vom 24. 4. 1973 erteilte die Käuferin aufgrund des Punktes II 5 des Kaufvertrags ihre ausdrückliche Zustimmung, dass auf den ihr nach Durchführung dieses Kaufvertrags alleingehörigen Liegenschaften EZ 8 und 557 KG S***** das Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB zugunsten des Verkäufers und seiner Ehegattin einverleibt werde.

Zu TZ 580/73 wurden in der EZ 8 unter BOZ 10 und in der EZ 557 unter BOZ 9 das Eigentumsrecht für Elsa S*****, geborene B*****, sowie in der EZ 8 unter COZ 8 und in der EZ 557 unter COZ 21 das Veräußerungsverbot zugunsten des Richard und der Sophie B*****, in der letztgenannten EZ darüber hinaus unter COZ 18 das Pfandrecht für die Leibrentenforderung des Richard B***** von monatlich 5.000 S und der Sophie B***** von monatlich 3.000 S im Fall des Vorablebens des Richard B*****, unter COZ 19 die Reallast des Ausgedinges zugunsten des Richard und der Sophie B***** und unter COZ 20 die Dienstbarkeit des lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechts zugunsten der beiden vorgenannten Personen einverleibt.

Am 10. 12. 1979 begehrte Elsa S*****, geborene B*****, aufgrund der am 6. 3. 1979 in Feldkirch ausgestellten Schuld‑ und Pfandbestellungsurkunden in den Lastenblättern der ihr gehörenden Liegenschaften EZ 8 und 557 KG S***** 1) die Einverleibung der Pfandrechte untereinander gleichrangig für die Forderungen der Firmen a) F***** GmbH im Betrage von 65.000 S, b) S***** GmbH im Betrage von 185.000 S, c) A***** KG im Betrage von 93.000 S, d) C***** GmbH im Betrage von 35.000 S, e) Paul B***** im Betrage von 104.000 S, f) M*****gesellschaft mbH im Betrage von 48.000 S und g) W***** & Co im Betrage von 125.000 S je samt Zinsen und Nebengebührenkautionen sowie 2) die Anmerkung der Verpflichtung der Eigentümerin den oben genannten Pfandgläubigern gegenüber bei den unter COZ ... eingetragenen Pfandrechten, diese im Tilgungsfalle vorbehaltlos löschen zu lassen, zu bewilligen, wobei die Simultanhaftung mit der EZ 2932 KG A***** als Haupteinlage anzumerken und in den EZ 8 und 557 KG S***** die Bezeichnung „Nebeneinlage“ ersichtlich zu machen ist.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Bewilligung der Einverleibung der Pfandrechte für die Firmen A***** KG und W***** & Co (und auf Anmerkung der Löschungsverpflichtung) ab und bewilligte hinsichtlich der übrigen Pfandrechte unter Abweisung des Mehrbegehrens nur deren Vormerkung. Die Zustimmung des Richard B***** zur Vormerkung der Pfandrechte war nicht nachgewiesen worden. Eine Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an Richard B***** wurde weder verfügt noch durchgeführt.

Am 28. 10. 1981 erhob Richard B***** gegen die Bewilligung der Vormerkung der Pfandrechte ob den Liegenschaften EZ 8 und 557 KG S***** mit der Begründung Rekurs, dass das mit der Antragstellerin, seiner Tochter, vereinbarte Veräußerungsverbot ein Belastungsverbot in sich schließe und daher die Pfandrechtsbegründung hindere.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss, soweit er angefochten wurde, dahin ab, dass auch der Antrag auf Bewilligung der Vormerkung der Pfandrechte abgewiesen werde. Es bejahte die Rekurslegitimation des Richard B***** sowie die Rechtzeitigkeit seines Rechtsmittels und trat der Auffassung des Rekurswerbers bei, dass das gegenständliche Veräußerungsverbot ein Belastungsverbot in sich schließe. Aus dem Kaufvertrag vom 15. 4. 1969 ergebe sich nicht, dass die Vertragsparteien ein Belastungsverbot hätten ausschließen wollen; dem Vertragspunkt II 6 sei eher das Gegenteil zu entnehmen.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der S***** GmbH mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss (hinsichtlich der sie betreffenden Pfandrechtsvormerkung) wiederherzustellen.

Die Rechtsmittellegitimation der Revisionsrekurswerberin ist mit Rücksicht darauf zu bejahen, dass sie durch den angefochtenen Beschluss in ihren bücherlichen Rechten verletzt worden sein kann (5 Ob 5/82).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Sinne der nachstehenden Ausführungen gerechtfertigt:

Entscheidend ist die Frage, ob das zwischen Richard B***** und Elsa S***** hinsichtlich der Liegenschaften EZ 8 und 557 KG S***** vereinbarte und in der Folge verbücherte Veräußerungsverbot das Belastungsverbot in sich schließt. Diese Frage ist im Grundbuchsverfahren durch Auslegung der die Entscheidungsgrundlage bildenden Urkunden, hier also insbesondere der die Vereinbarung des Veräußerungsverbots enthaltenden Kaufvertragsurkunde, zu beantworten (vgl Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 364c; SZ 8/355; ZBl 1934/350 ua). Das führt im Fall des gegenständlichen Kaufvertrags, den der Oberste Gerichtshof schon in mehreren, zwangsweise Pfandrechtsbegründungen betreffenden Entscheidungen auszulegen hatte (3 Ob 37/83 ua), zu dem Ergebnis, dass das Veräußerungsverbot nicht auch das Belastungsverbot mitumfasst.

Im Kaufvertrag vom 15. 4. 1969 wurde nämlich vereinbart, dass die der Versorgung des Verkäufers und seiner Ehegattin dienenden dinglich abzusichernden Rechte (Leibrente, Versorgungsleistungen und Wohnrecht) nicht nur durch das auf beiden Liegenschaften einzutragende Veräußerungsverbot, sondern auch durch die Einverleibung des Pfandrechts für die Leibrentenforderung, der Reallast des Ausgedinges und der Dienstbarkeit des lebenslänglichen unentgeltlichen Wohnungsrechts auf der Liegenschaft EZ 557 KG S***** dinglich sichergestellt werden sollten. Es würde daher eine doppelte Absicherung der genannten Rechte des Verkäufers und seiner Ehegattin bedeuten, wenn diese Rechte bücherlich und damit insbesondere auch rangmäßig sichergestellt und überdies nachrangige Belastungen, die wegen des Veräußerungsverbots nicht realisiert werden könnten, ausgeschlossen worden wären. Der Kaufvertrag enthält auch keinerlei Hinweis darauf, dass die Vertragspartner, etwa wegen eines Anwartschaftsrechts, nachrangige Belastungen der beiden Liegenschaften verhindern wollten. Der vom Veräußerungsverbotsberechtigten und vom Rekursgericht zur Begründung der gegenteiligen Vertragsauslegung herangezogene Vertragspunkt II 6, in dem der Verkäufer und seine Ehegattin einem allenfalls auf beiden Liegenschaften aufzunehmenden Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von 1,5 Mio S den Pfandvorrang vor den für sie grundbücherlich sicherzustellenden Leistungen einräumten, spricht ebenfalls dafür, dass die Vertragspartner nur ein Veräußerungsverbot wollten. Zur besseren Belehnbarkeit der beiden Liegenschaften sollte eben ein Pfandrecht bis zu diesem Höchstbetrag vor dem Rang des Verkäufers einverleibt werden können. Dem Rang des Verkäufers nachfolgende Belastungen der Liegenschaften konnten im Hinblick auf das Veräußerungsverbot dessen Rechte in keiner Weise gefährden; ferner konnte ein Belastungsverbot im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch nicht im Interesse der Käuferin liegen, weil sie die beiden Liegenschaften dann nicht mehr als Sicherheit für weitere Kredite oder Darlehen hätte heranziehen können (ähnlich schon 3 Ob 94/81).

Enthält aber das hier vereinbarte und verbücherte Veräußerungsverbot nicht auch das Belastungsverbot, dann wurde durch die Bewilligung des gegenständlichen Antrags in bücherliche Rechte des Richard B***** nicht eingegriffen. Der erstgerichtliche Beschluss war ihm demzufolge auch nicht zuzustellen. Richard B***** hätte gegen diesen Beschluss ‑ selbst wenn man seine Rekurslegitimation ungeachtet dessen nach § 9 AußStrG bejahen wollte ‑ nur innerhalb der den Parteien des Grundbuchsverfahrens offenstehenden Frist Rekurs erheben können (RPflSlg 651 und 1061, abgedruckt in MGA 253 unter Nr 12 zu § 123 GBG). Da dies nicht geschehen ist, hätte das Rekursgericht seinen Rekurs als verspätet zurückweisen müssen.

Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der rekursgerichtliche Beschluss dahin abzuändern, dass der Rekurs des Richard B***** gegen die Bewilligung der Vormerkung des Pfandrechts zugunsten der Revisionsrekurswerberin durch das Erstgericht zurückgewiesen wird.

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