OGH 12Os9/83

OGH12Os9/8314.4.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.April 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Namik A u.a. wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 125 StG. (1945) und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.August 1972, GZ. 6 d Vr 1945/72-83, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michael Stern und des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der unter Punkt A II des Urteilssatzes bezeichneten Tathandlungen als Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit durch unbefugte Einschränkung der persönlichen Freiheit eines Menschen nach § 93 StG. (1945) sowie demgemäß ferner im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) sowie im Ausspruch nach § 25 StG.

aufgehoben und unter Ausschaltung des bezeichneten Schuldspruchs gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Namik A hat durch die zu Punkt A I und II bezeichneten Tathandlungen das Verbrechen der Notzucht nach § 125 StG. begangen und wird hiefür, sowie für die ihm nach dem aufrecht gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, und zwar die Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit durch Erpressung nach § 98 lit. b StG. (Punkt A III) und durch gefährliche Drohung nach § 99 StG. (Punkt A IV) sowie des Diebstahls nach §§ 171, 173, 174 I lit. d, II lit. a, 179 StG. (Punkt B), ferner das Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 467 b und 8 StG. (Punkte C und D) gemäß § 126 StG. (1945) unter Anwendung der §§ 28, 41, 323 Abs. 1 StGB. (1975) zu einer schweren Kerkerstrafe in der Dauer von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 (§ 323 Abs. 1) StGB. wird die Vorhaft vom 1. März 1972, 14,30 Uhr, bis 3.August 1972, 17,30 Uhr, auf die Strafe angerechnet.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht gemäß § 389 StPO. wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (u.a.) der am 17.Mai 1953 geborene jugoslawische Staatsangehörige Namik A der Verbrechen der Notzucht nach § 125

StG. (Punkt A I des Urteilssatzes), der öffentlichen Gewalttätigkeit durch unbefugte Einschränkung der persönlichen Freiheit eines Menschen nach § 93 StG. (Punkt A II), durch Erpressung nach § 98 lit. b StG. (Punkt A III) und durch gefährliche Drohung nach § 99 StG.

(Punkt A IV), ferner des Diebstahls nach §§ 171, 173, 174 I lit. d, II lit. a, 179 StG. (Punkt B) sowie schließlich des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 467 b und 8 StG. (Punkte C und D) schuldig erkannt und hiefür zu einer schweren verschärften Kerkerstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt.

Soweit der Schuldspruch (nämlich in Ansehung der Punkte A I bis III, B II 3 und B III) mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten wird, liegt ihm zugrunde, daß Namik A zu A I am 27.Februar 1972 in Ollern Maria B, sohin eine Frauensperson, dadurch, daß er sie an beiden Händen erfaßte, diese nach hinten über den Kopf zog und dort im Nacken festhielt, ihr mit seinen Beinen die Beine auseinanderdrängte, ihr die Strumpfhose herunterriß, sich mit seinem Körper über sie warf, sie würgte, schlug und ihr wiederholt ankündigte, er werde sie umbringen, wenn sie ihm nicht die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs erlaube, somit durch wirklich ausgeübte Gewalttätigkeit außerstande setzte, ihm Widerstand zu tun und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbrauchte; zu A II am 27.Februar 1972 während der Fahrt von Wien nach Ollern Maria B, sohin einen Menschen, über welchen ihm vermöge der Gesetze keine Gewalt zusteht und welchen er weder als einen Verbrecher zu erkennen noch als einen schädlichen oder gefährlichen Menschen mit Grund anzusehen Anlaß hatte, dadurch am Gebrauch ihrer persönlichen Freiheit hinderte, daß er gegen ihren Willen mit dem von ihm gelenkten PKW. in Richtung Riederberg fuhr, trotz ihrer mehrmaligen Aufforderung, sie aussteigen zu lassen, das Fahrzeug nicht anhielt und als es der Frau gelang, die Autotür zu öffnen und sie aus dem fahrenden PKW. springen wollte, sie wieder in den Wagen zurückzerrte, sodann bei Ollern in einen Waldweg fuhr, Maria B am Hals festhielt, sie an sich zog und, als sie aussteigen wollte, abermals in den PKW. zurückzerrte und mit diesem weiterfuhr; zu A III Maria B a) am 27.Februar 1972 in Ollern durch die wiederholte öußerung, er werde sie umbringen, wenn sie wegen der unter A I genannten Tathandlung etwas gegen ihn unternehme, insbesondere die Polizei verständige, unmittelbar mündlich und b) am 28. Februar 1972 in Wien durch die an Dusan C gerichtete Aufforderung, er möge Maria B ausrichten, daß er sie erschlagen werde, wenn sie ihn der Polizei preisgebe, mittelbar mündlich zumindest mit einer Verletzung am Körper in der Absicht bedrohte, um von der Bedrohten eine Unterlassung, nämlich die Unterlassung der Anzeigeerstattung zu erzwingen, wobei die Drohung geeignet war, der Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und die Wichtigkeit des angedrohten übels gegründete Besorgnisse einzuflößen. Das Verbrechen des Diebstahls liegt ihm (u.a.) deshalb zur Last, weil er in Wien in Gesellschaft des (bereits rechtskräftig abgeurteilten) Zvonko D am 29.Februar 1972 dem Johann E dessen versperrt abgestellt gewesenen PKW., Marke Simca 1501, Kennzeichen W 415.714, im Wert von ca. 20.000 S durch Einbruch und überwindung eines beträchtlichen, die Sache gegen Wegnahme sichernden Hindernisses, nämlich durch Einschlagen des Schwenkfensters und Kurzschließen der Zündung, entzog (Punkt B II 3) sowie außerdem (allein) Ende Februar 1972 dem Andre F einen Lodenmantel im Wert von ca. 350 S aus dessen (unversperrten) PKW. stahl (Punkt B III). Nur die bezeichneten Punkte des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit der auf die Z. 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, über die bisher nicht entschieden werden konnte, weil er am 29.August 1972 aus der Untersuchungshaft entwichen war (vgl. S. 187, 189, 197-207/II) und erst am 4.Jänner 1983

(wieder) festgenommen werden konnte.

Den Verfahrensmangel (Z. 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Einvernahme des Zeugen Nedelka G (vgl. S. 131, 132, 165/II). Die Vernehmung des Zeugen hatte er zum Beweis dafür beantragt (S. 131/II), daß Maria B 'mit mehreren Männern Verkehr hatte', woraus sich ergebe, daß 'er keine Schwierigkeiten gehabt habe, mit ihr einen Verkehr durchzuführen'. Das Schöffengericht hielt die begehrte Beweisaufnahme deshalb für entbehrlich (S. 165/II), weil der Sachverhalt völlig geklärt erscheine und selbst für den Fall, daß die Zeugin schon mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe, daraus nicht abgeleitet werden könne, daß ihre stets gleichlautenden Angaben, durch Drohungen und Gewaltakte vom Angeklagten geschlechtlich mißbraucht worden zu sein, unrichtig waren (S. 165/II).

Die Vernehmung des Zeugen G konnte schon deshalb ohne nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung unterbleiben, weil - wie das Schöffengericht zu Recht erkannte - aus dem Umstand, daß Maria B allenfalls auch mit anderen Männern geschlechtlichen Umgang gepflogen hat, keine Rückschlüsse darauf gezogen werden könnten, wie sie sich zur Tatzeit gegenüber dem Beschwerdeführer verhalten hat. Für den Ablauf der Ereignisse am Tatort standen vielmehr - außer der Verantwortung des Angeklagten - nur die Bekundungen der Zeugin B als Beweismittel zur Verfügung, wobei das Schöffengericht beweiswürdigend der bezüglichen Aussage der Zeugin gefolgt ist, die es als glaubwürdig wertete (S. 158 ff./II).

Die Verfahrensrüge versagt somit zur Gänze.

Insoweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang noch ins Treffen führt, seinen Vernehmungen im Vorverfahren (gemeint: durch die Gendarmerie - vgl. S. 41 ff./I =

S. 231 ff./I) sei kein beeideter Dolmetscher beigezogen worden, genügt, abgesehen davon, daß selbst die Nichtbeiziehung eines Dolmetschers nicht mit Nichtigkeit bedroht ist (vgl. EvBl. 1948/352, 1972/139, 1974/119 u.a.), der Hinweis, daß sich der Angeklagte entgegen seinem nunmehrigen Beschwerdevorbringen, es könnte im Vorverfahren 'leicht zu unrichtigen Protokollierungen' gekommen sein, in der Hauptverhandlung - wie auch schon zuvor vor dem Untersuchungsrichter (vgl. insbesondere S. 35/I) - niemals auf sprachlich bedingte Verständigungsschwierigkeiten berufen und dementsprechend nicht nur keinerlei in diese Richtung zielenden Beweisanträge gestellt, sondern sich überdies auch in keiner Weise gegen die Verlesung der (Gendarmerie-) Protokolle verwahrt hat (vgl. hiezu 10 Os 131/82).

Die im Rahmen der Mängelrüge (Z. 5) zum Schuldspruch wegen Notzucht gegen die Feststellung der Widerstandsunfähigkeit der Maria B unter dem Gesichtspunkt einer unvollständigen Begründung des Urteils gerichteten Beschwerdeausführungen erschöpfen sich in grundsätzlicher Verkennung des Wesens der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.) sowie der Art und des Umfangs der gesetzlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) überwiegend in der Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vom Schöffengericht verwerteten Beweismittel, aus denen der Angeklagte - bei gleichzeitiger übergehung bedeutsamer Verfahrensergebnisse und Darlegungen des Urteils - andere, für ihn günstigere Schlußfolgerung zieht. Sie münden letztlich in einen unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung, in deren Rahmen das Gericht insbesondere auf Grund der 'immer gleichbleibenden Angaben der Zeugin B' (vgl. S. 158/II), zur überzeugung gelangte (S. 160/ II), daß B zum Zeitpunkt als der Angeklagte den Geschlechtsverkehr vollzog, auf Grund der vorangegangenen Gewaltakte widerstandsunfähig war.

Keine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft der in diesem Zusammenhang erhobene Beschwerdeeinwand, das Schöffengericht habe die Frage unerörtert gelassen, ob der in Rede stehende PKW., so wie dies die Zeugin B behauptet, mit Liegesitzen ausgestattet gewesen war, oder ob der Wagen der Darstellung des Angeklagten gemäß keine derartige Vorrichtung enthielt. Denn abgesehen davon, daß das Erstgericht der Zeugin B vollen Glauben schenkte (S. 158/II) und hiedurch (ersichtlich) ohnedies zum Ausdruck brachte, daß es auch insoweit ihren stets gleichbleibenden Bekundungen sowohl im Vorverfahren (vgl. S. 9. 29/I) als auch in der Hauptverhandlung (vgl. S. 128/II) folgt, wonach der PKW. eine Liegesitzvorrichtung enthielt, könnte angesichts der Verantwortung des Angeklagten vor der Gendarmerie (S. 234 f./I), derzufolge es ihm gelang, Maria B 'quer über die Vordersitze .... gänzlich gefügig zu machen', keineswegs ein stichhältiges Indiz gegen die Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit in einem nicht mit Liegesitzen ausgestatteten PKW. erblickt werden.

Allfällige Begründungsmängel hiezu betreffen daher keine entscheidenden Tatsachen.

Damit, daß dem Schuldspruch wegen Notzucht die vom Angeklagten behaupteten Verfahrens- und Begründungsmängel nicht anhaften, erledigen sich auch jene (nicht näher substantiierten) formell gleichfalls auf die Z. 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Beschwerdeeinwände, mit denen er hinsichtlich der Urteilsfakten A II und A III a) unter Bezugnahme auf das Vorbringen zum Schuldspruch wegen Notzucht (Punkt A I) lediglich zum Ausdruck bringt, daß 'wenn sich die Zeugin B freiwillig zum Verkehr mit dem Angeklagten bereiterklärte, auch eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit auszuschließen ist' und 'wenn der Tatbestand nach § 125 StG. nicht als erwiesen angenommen wird, es den Denkgesetzen widerspricht, daß A Maria B für den Fall gedroht haben soll, daß sie etwas wegen der unter A I genannten Handlung unternehme'.

Solcherart werden jedoch weder die angezogenen noch sonst im § 281 Abs. 1 StPO. umschriebene Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.

Unbegründet ist die Mängelrüge aber auch, soweit der Angeklagte zum Schuldspruch laut Punkt A III b) ins Treffen führt, das Schöffengericht habe bei der Feststellung, daß der Angeklagte dem Dusan C auftrug, Maria B auszurichten, daß er sie erschlagen werde, wenn sie ihn der Polizei preisgebe, mit Stillschweigen übergangen, daß diese mit der Aussage (gemeint: Verantwortung) des C in der Hauptverhandlung 'im Widerspruch steht'. Denn abgesehen davon, daß der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, worin der behauptete Widerspruch in den Angaben des (bereits rechtskräftig abgeurteilten) Dusan C bestehen soll, der vor dem Untersuchungsrichter ausdrücklich erklärte (vgl. S. 349 b und verso/I), daß der Angeklagte die öußerung machte, er werde B umbringen, wobei er Maria B ausrichten sollte, daß der Angeklagte sie erschlagen werde, die er bei der Hauptverhandlung (vgl. S. 124/II) lediglich dahin modifizierte, der Angeklagte habe gesagt, er solle der B sagen, 'wenn er zurückkommt, hätte sie es schwer', stützte das Schöffengericht den bezüglichen Schuldspruch auf die auch in diesem Punkt für vollkommen glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin B, die zudem insoweit mit den Angaben des Angeklagten im Vorverfahren (vgl. S. 35 b, 237/I) im Einklang steht.

In Ansehung des Schuldspruchs wegen Diebstahls eines Lodenmantels hinwieder hat das Erstgericht - entgegen dem Beschwerdevorbringen - durch die ausdrückliche Bezugnahme (vgl. S. 153/II) auf die Anzeige (ON. 68) und die Konstatierung, daß der Mantel aus dem (unversperrten) PKW. des Andre F gestohlen wurde, jedenfalls mit zureichender Begründung dargelegt, daß es der Darstellung des F, wonach er in den vom Angeklagten genannten Lokalen nicht verkehre und der Mantel aus seinem PKW.

gestohlen worden sei, Glauben geschenkt und solcherart (im Ergebnis) die Verantwortung des Angeklagten, der Mantel sei ihm beim Verlassen des 'jugoslawischen Clubs' (in der Garderobe) von einem Jugoslawen zugeworfen worden, für widerlegt erachtete.

Die behaupteten Begründungsmängel (Z. 5) haften dem Urteil demnach nicht an.

Unberechtigt ist aber auch die Rechtsrüge (Z. 10), mit welcher der Beschwerdeführer die Beurteilung der Entziehung des PKW. aus der Verfügungsgewalt des Johann E (Faktum B/II./3.) nicht als Diebstahl, sondern (bloß) als Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 467 b StG. mit dem Argument anstrebt, er habe nicht die Absicht gehabt, mit dem Auto Österreich zu verlassen. Bei einem innerhalb des Bundesgebietes abgestellten PKW. sei aber die Wiederauffindung nicht erschwert und Diebstahl schon darum ausgeschlossen.

Denn der Unterschied zwischen unbefugtem Gebrauch eines Fahrzeuges und Diebstahl liegt entgegen dem Beschwerdevorbringen darin, daß im ersten Fall die Sachentziehung auf einen kurzen Zeitraum beschränkt und auf eine solche Weise beendet werden soll, daß dem Berechtigten die alsbaldige Wiederausübung der Herrschaft über das Fahrzeug ermöglicht wird (vgl. ZVR. 1966/ 232, 1969/273 u.a.). Hiebei ist das Gesamtverhalten des Täters, insbesondere die (zum Zeitpunkt der Entziehung) beabsichtigte Dauer und Art der Benützung des Fahrzeugs sowie die Möglichkeit der Rückstellung an den Berechtigten zu berücksichtigen (vgl. SSt. 28/6; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 9 zu § 136, welcher der Bestimmung des § 467 b StG. entspricht).

Vorliegend hat das Schöffengericht festgestellt (S. 161, 162, II. Band), daß es den Tätern zum Zeitpunkt der Besitzentziehung nicht auf den bloß vorübergehenden Gebrauch des Fahrzeugs für eine kurze Zeitspanne ankam, sondern daß sie damit nach Deutschland flüchten wollten, wodurch sich der Beschwerdeführer der in Österreich befürchteten Strafverfolgung (wegen der an Maria B verübten Notzucht) zu entziehen hoffte; diese Konstatierungen finden in der Verantwortung des Beschwerdeführers und des Mittäters D (S. 35 b und c, 46 f. = 178 f., 133 a/I) ihre Deckung. Ob der Angeklagte, der den PKW.

auch noch in (der Stadt) Salzburg benützte, in der Folge das Fahrzeug allenfalls wegen befürchteter Schwierigkeiten beim Grenzübertritt in Österreich (Salzburg) stehen lassen wollte, ändert daran nichts. Die Beurteilung der Tat als Diebstahl erfolgte sohin frei von Rechtsirrtum.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus deren Anlaß hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil in Ansehung des Schuldspruchs wegen des Verbrechens nach § 93 StG. (Punkt A II) mit einem Subsumtionsirrtum (Z. 10) behaftet ist, der dem Angeklagten zum Nachteil gereicht, von diesem allerdings nicht gerügt wurde, und darum von Amts wegen wahrgenommen werden muß.

Nach den Konstatierungen des Erstgerichts (vgl. S. 153 ff.) verfolgte der Angeklagte durch die in Rede stehende Freiheitsbeschränkung von vornherein den Zweck, das bereits in Wien geplante und in Ollern zur Ausführung gelangte Notzuchtsverbrechen an Maria B zu ermöglichen, welches ohne weitere Zwischenstadien vollendet wurde.

Ist aber der Tätervorsatz solcherart schon von Anfang an auf die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs gerichtet, so stellen sich die einzelnen Vorakte, wie beispielsweise das Einladen des Opfers zur gemeinsamen Autofahrt und die Gewalttätigkeiten während dieser als Teilakte des Notzuchtsverbrechens dar, auch wenn der eigentliche Notzuchtsangriff nicht unmittelbar darnach, sondern erst nach Beendigung der Fahrt zu einem für den Geschlechtsverkehr günstigeren Zielort erfolgte. Diese Vorakte können daher dem Beschwerdeführer nicht gesondert nach § 93 StG. zugerechnet werden (vgl. JBl. 1973, 98, 481, Leukauf/Steininger Kommentar zum StGB.2 RN. 27 zu - dem nahezu unverändert der Bestimmung des § 125 StG. entsprechenden - § 201 StGB.). Der Schuldspruch in Richtung (auch) des Verbrechens nach § 93 StG.

war somit rechtlich verfehlt; das Gesamtverhalten des Angeklagten ist vielmehr als Einheit, nämlich insgesamt als Verbrechen der Notzucht zu beurteilen. Der Subsumtionsfehler war daher gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wie im Spruch ersichtlich zu beheben.

Im Hinblick auf die Teilaufhebung des Urteils war die Freiheitsstrafe neu zu bemessen. Da die von der Teilaufhebung nicht berührten Schuldsprüche nach dem StG. 1945 erfolgten und eine Mischung von Schuldsprüchen nach altem und Strafausspruch nach neuem Recht unzulässig ist (vgl. ÖJZ-LSK. 1975/15 = EvBl. 1975/234 = RZ. 1975/

20 = JBl. 1975, 269; RZ. 1975/31 u.a.), war die Strafe gemäß §§ 28, 323 Abs. 1 StGB. und § 126 StG. zu verhängen, wobei jedoch im Hinblick auf Art. IX Abs. 2 StRAG. keine Strafverschärfungen auszusprechen waren.

Bei der Strafbemessung wertete der Oberste Gerichtshof als mildernd den Umstand, daß der Angeklagte die Straftaten nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen hat, ferner den bisher ordentlichen Lebenswandel, den Umstand, daß es in einigen Fällen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen beim Versuch blieb, das (Teil-)Geständnis und den Umstand, daß der Angeklagte die Straftaten schon vor längerer Zeit (nämlich vor ca. 11 Jahren) begangen und sich seither (zumindest in Österreich) wohlverhalten hat. Erschwerend war hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen teils derselben, teils verschiedener Art und die mehrfache Qualifikation beim Diebstahl.

Die aufgezeigten Milderungsgründe rechtfertigen eine weitgehende Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung (§§ 41, 323 Abs. 1 StGB.). Demzufolge erschien eine Strafe von achtzehn Monaten (die als schwere Kerkerstrafe auszusprechen war), der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§§ 32, 323 Abs. 1 StGB.) des Angeklagten entsprechend.

Der Ausspruch über die Landesverweisung (§ 25 StG. 1945) war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage auszuschalten (Art. IX Abs. 2 StRAG.).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Sachentscheidung zu verweisen.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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