OGH 9Os57/83

OGH9Os57/8312.4.1983

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 131 erster Fall sowie § 15 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.November 1982, GZ. 8 c Vr 6483/82-20, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem zu Punkt A/3 des Urteilsatzes enthaltenen Ausspruch, wonach der Angeklagte, bei dem Diebstahl (in der Nacht zum 10.Mai 1982) von Josef B betreten, diesen durch die Äußerung er habe einen Revolver bei sich und werde schießen, wenn er ihn nicht freilasse, mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben bedroht hat, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, und in der darauf beruhenden Unterstellung des Diebstahls (auch) unter die Qualifikation des § 131 erster Fall StGB., sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf obige Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, soweit sie den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffen, zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 21-jährige Installateurhelfer Franz A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren räuberischen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 131 erster Fall sowie § 15 StGB. schuldig erkannt und hiefür nach § 129 StGB. zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil in den Punkten A/2 und A/3 des Schuldspruchs mit einer auf die Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.

Nach dem Punkt A/2 des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, in der Nacht zum 21.Feber 1982 in Hainburg an der Donau dem Josef B durch Einsteigen in ein Gebäude, nämlich eine Gastwirtschaft, 12 Stangen Zigaretten im Wert von 2.400 S, 3 Sparbüchsen mit 1.150 S Bargeld und 1.240 S Wechselgeld gestohlen zu haben. Zu Punkt A/3 wird ihm angelastet, in der Nacht zum 10.Mai 1982 in Hainburg an der Donau dem Josef B durch Einsteigen in ein Gebäude, nämlich in eine Gastwirtschaft, 1.050 S Bargeld gestohlen zu haben, wobei er, von Josef B bei dem Diebstahl (auf frischer Tat) betreten, diesen durch die Äußerung, er habe einen Revolver bei sich und werde schießen, wenn er ihn nicht freilasse, mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben bedroht hat, um sich die weggenommene Sache zu erhalten. In Ausführung der Mängelrüge wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht zunächst in Ansehung des Schuldspruchs zu Punkt A/2 eine fehlende bzw. nur offenbar unzureichende und unvollständige Begründung vor, weil es insoweit seine leugnende Verantwortung in der Hauptverhandlung lediglich mit dem Hinweis, daß es sich hiebei um eine Schutzbehauptung handle, abgetan und nicht berücksichtigt habe, daß es - außer seiner Aussage vor der Gendarmerie - keinerlei Beweise für seine Täterschaft gebe; daß er sich vor der Gendarmerie dieses Diebstahls für schuldig bekannt habe, lasse nicht den Schluß zu, seine anderslautende Verantwortung in der Hauptverhandlung sei lediglich eine Schutzbehauptung, zumal es allgemein bekannt sei, daß ein Verdächtiger im Zuge eines langen Verhörs vor Polizei- oder Gendarmeriedienststellen auf Grund der Befragungsmethoden alle ihm vorgehaltenen Sachverhalte schließlich zugebe; die Feststellung über das angebliche Diebsgut sei überhaupt unbegründet geblieben.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer in Ansehung des bekämpften Schuldspruchs formale Begründungsmängel im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht darzutun. Das Schöffengericht hat seine Konstatierung über die Täterschaft des Beschwerdeführers im Faktum A/2 auf dessen geständige Verantwortung vor der Gendarmerie (S. 33/34 d.A.) gestützt (S. 103 d.A.) und seinen gegenteiligen Angaben in der Hauptverhandlung keinen Glauben geschenkt, wobei es bei seiner Beweiswürdigung zur überzeugung gelangte, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung - anders als vor der Gendarmerie - nur jene Fakten eingestanden hat, zu welchen Diebsbeute in seiner Wohnung sichergestellt worden war (S. 103/104 d.A.), weshalb es das Leugnen in der Hauptverhandlung als 'Schutzbehauptung' wertete. Entgegen den Beschwerdeausführungen hat sich das Erstgericht daher durchaus mit der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt und hinreichend begründet, aus welchen Erwägungen es nicht dieser Verantwortung, sondern dem Geständnis vor der Gendarmerie gefolgt ist. Dabei war das Gericht nicht verhalten, auf die in der Beschwerde nunmehr angestellten Spekulationen über die Vernehmungsmethoden von Polizei- oder Gendarmerieorganen einzugehen;

dies umso weniger, als der Beschwerdeführer selbst niemals behauptet hat, auf gesetzwidrige Weise zur Ablegung eines (falschen) Geständnisses veranlaßt worden zu sein (vgl. S. 81 d.A.). Was die Feststellung über das Diebsgut im Faktum A/2 betrifft, so wurden diese ersichtlich auf Grund der Angaben des Zeugen Josef B getroffen (vgl. S. 100 in Verbindung mit S. 21/23 und 86 d.A.), mithin gleichfalls hinreichend begründet.

Die Mängelrüge in Ansehung des Schuldspruchs zu Punkt A/2 des Urteilssatzes erweist sich demnach als offenbar unbegründet; die bezüglichen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich zum überwiegenden Teil bloß in einer unzulässigen und damit unbeachtlichen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung. Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. sofort zurückzuweisen.

Im Recht ist der Beschwerdeführer allerdings, soweit er sich - sowohl aus der Z. 5 als auch aus der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. - gegen die Annahme eines räuberischen Diebstahls im Punkt A/3 des Schuldspruchs wendet. Das Erstgericht begründet den bekämpften Ausspruch vor allem mit den geständigen Angaben des Angeklagten vor der Gendarmerie (S. 35 d.A.); wenn auch der Zeuge B sich an die festgestellte Drohung durch den Angeklagten nicht mehr zu erinnern glaube, so falle auf, daß dieser Zeuge in der Hauptverhandlung das Tatgeschehen - aus welchen Motiven immer -

auffallend verniedlicht habe (S. 103 d.A.), woraus das Schöffengericht offensichtlich ableitet, daß den Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung, er glaube, daß der Angeklagte, als er ihm zu entkommen trachtete, nichts gesagt habe, es wäre ihm aufgefallen, wenn er ihm gedroht hätte, er habe eine Drohung in der Aufregung vielleicht gar nicht gehört (S. 85/86 d.A.), nicht gefolgt werden könne. Dabei ließ das Schöffengericht aber unerörtert, daß B auch bei seiner Einvernahme durch die Gendarmerie (S. 19 ff.d.A.) nichts von drohenden Äußerungen erwähnt hat; lediglich in der in der Gendarmerieanzeige enthaltenen Zusammenfassung der Angaben der Auskunftspersonen heißt es, der Täter habe B 'unter dem Vorwand, daß er ihn mit einer Pistole erschießen werde, eingeschüchtert, wobei er sich losreißen und entfliehen konnte' (S. 13 d. A.), ohne daß ersichtlich wäre, auf wessen Angaben sich diese Passage stützt. Daß der Beschwerdeführer, wie er es vor der Gendarmerie eingeräumt hat, die inkriminierte Drohung geäußert hat, genügt für sich allein für die Annahme eines räuberischen Diebstahls und damit der Qualifikation des § 131 StGB. nicht; erforderlich ist hiefür vielmehr, daß der Bedrohte die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben auch wahrgenommen hat, weil diese erst dadurch als Mittel zur Erhaltung der weggenommenen Diebsbeute wirksam werden kann. Mit dieser Frage hat sich das Erstgericht aber nicht auseinandergesetzt, wiewohl dies angesichts der Angaben des (angeblich) Bedrohten sowohl vor der Gendarmerie als auch in der Hauptverhandlung erforderlich gewesen wäre.

Dem Ausspruch, wonach der Angeklagte, von Josef B (am 10.Mai 1982) bei dem Diebstahl (auf frischer Tat) betreten, den Genannten durch die Äußerung, er habe einen Revolver bei sich und werde schießen, wenn er ihn nicht freilasse, mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bedroht hat, um sich die weggenommene Sache zu erhalten, haften somit, wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend aufzeigt, sowohl Begründungs- als auch Feststellungsmängel an, sodaß in (teilweiser) Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 e StPO. der bezeichnete Ausspruch sowie die darauf beruhende Unterstellung des Diebstahls (auch) unter die Qualifikationsnorm des § 131 StGB. aufzuheben und dem Erstgericht insoweit die Erneuerung des Verfahrens aufzutragen war.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte im Hinblick auf die zugleich erfolgte Aufhebung des Strafausspruchs auf die getroffene Sachentscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO., § 390 a E.Nr. 11).

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