OGH 9Os40/83

OGH9Os40/8322.3.1983

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jackwerth als Schriftführer im Verfahren wegen Unterbringung des Sylvester A in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 14.Jänner 1983, GZ. 15 Vr 2187/82-32, den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 31.Dezember 1931 geborene Betroffene Sylvester A gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Dazu wurde festgestellt, daß der Genannte am 24.Juli 1982 in Saalbach unter dem Einfluß eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes seinen früheren

Dienstgeber Franz B durch die Äußerung: 'Rühr mich nicht an, sonst bringe ich Dich um!' und den Gendarmerierevierinspektor Klaus Peter

C durch die Äußerung: 'Rühr mich nicht an, sonst mache ich Dich kalt!', mit dem Tod gefährlich bedroht und dadurch, daß er auf den genannten Gendarmeriebeamten während der Erfüllung seiner Aufgaben mit einem Klappmesser mehrere Male einstach, wobei er ihm am rechten Oberarm und unterhalb des rechten Schulterblattes Schnittwunden zufügte, Taten begangen hatte, die ihm außer diesem Zustand als ein Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1

und Abs 2 StGB und als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 4 StGB zugerechnet würden und die mit ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafen bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Z. 3, 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, der Berechtigung nicht zukommt.

Wenn er mit Bezug auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund moniert, der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. D habe nicht der gesamten Hauptverhandlung beigewohnt und diese noch vor Stellung der Beweisanträge durch seinen ausgewiesenen Verteidiger verlassen, ist ihm zu erwidern, daß § 241 StPO auch im Verfahren nach §§ 429 ff. und 435 ff. StPO gilt und daß es daher keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z. 3 StPO

begründet, wenn der beigezogene Sachverständige aus dem Gebiet der Psychiatrie nicht während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung anwesend ist (9 Os 185/81).

In seiner auf die Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Verfahrensrüge bemängelt der Betroffene die Abweisung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Einholung einer Krankengeschichte, Einvernahme der Zeugen Dr. E, Dr. F und des Pflegers Hermann G sowie auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zum Beweise dafür, daß der Betroffene nicht gefährlich sei, daß er keinerlei Aggressionen zeige, obwohl er sich ungerechtfertigt festgehalten fühle, daß keinerlei Halluzinationen mehr bestünden, daß er an die Gemeinschaft angepaßt sei und sich auch in einer Aggressionsstimmung beherrschen könne. Da sämtliche angeführten Beweisthemen ersichtlich die Gefährlichkeitsprognose und nicht jene materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 21 Abs 1 StGB betreffen, deren Beurteilung richterlichem Ermessen entzogen ist, erweist sich die Beschwerde schon aus formellen Gründen als verfehlt, weil die Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose ausschließlich mit Berufung zu bekämpfen ist (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 17 zu § 21 StGB).

Die (erst) in der Rechtsmittelschrift aufgestellte Behauptung, die Beweisanträge hätten auch auf die Entkräftung der vom Sachverständigen diagnostizierten Geisteskrankheit abgezielt, findet im Wortlaut des zitierten Antrags keine Deckung, der schon durch den Gebrauch der Gegenwartsform eindeutig erkennen läßt, daß durch die beantragten Beweise der derzeitige psychische Zustand des Betroffenen und nicht jener geklärt werden sollte, der im Zeitpunkt der Begehung der Anlaßtaten bestand.

Fehl geht endlich auch die auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Mängelrüge, die eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung darin erblicken zu können vermeint, daß die Aussage des Zeugen B: 'Ein Paar Nussen hat ihm (dem Betroffenen) C hinten im Auto schon gegeben' unerörtert geblieben sei. Denn die Depositionen des genannten Zeugen in ihrer Gesamtheit lassen keinen Zweifel daran bestehen, daß die Anlaßtaten vom Betroffenen gesetzt wurden, bevor C aktiv wurde, daß also - so die Worte des Zeugen B (vgl. S. 130) -

'überhaupt nichts war', bevor der Betroffene äußerte, er mache C kalt. Daß unter diesem Aspekt die erwähnte Aussagepassage als irrelevant keiner speziellen Erwähnung bedurfte, muß nicht weiter begründet werden.

Nach dem Gesagten erweist sich mithin die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weshalb sie gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO bzw. nach der Z. 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.

über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden.

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