Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. August 1942 geborene Heinrich A des Verbrechens des versuchten Totschlages nach §§ 15, 76 StGB schuldig erkannt.
Darnach hatte er sich am 18. Juli 1982 in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, zu versuchen, Astrid B (richtig: D) durch Versetzen mehrerer Messerstiche gegen den Oberkörper zu töten. Dieser Schuldspruch erging auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen, welche die in Richtung des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB gestellte Hauptfrage I (im Verhältnis von vier Ja- gegen 4 Nein-Stimmen) verneint und die nach dem Verbrechen des versuchten Totschlages nach §§ 15, 76 StGB gestellte Eventualfrage stimmeneinhellig bejaht hatten. Die Beantwortung einer weiteren, in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB gestellten Eventualfrage (III) entfiel demgemäß.
Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit jeweils allein auf die Z 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Beschwerde des Angeklagten:
Auszugehen ist davon, daß selbst die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes in der Rechtsbelehrung diese nur dann zu einer unvollständigen macht, wenn sie zu Mißverständnissen und Irrtümern Anlaß geben könnte (SSt 41/61) und daß Rechtsbegriffe, die auch im täglichen Sprachgebrauch vorkommen, keiner näheren Erläuterung bedürfen (EvBl 1952/193; SSt 26/
32). Vorliegend hat sich aber - der Beschwerde zuwider - der Schwurgerichtshof gar nicht auf eine Wiedergabe des Gesetzeswortlautes beschränkt, sondern zusätzlich erläutert, in welche Richtung die Gedankengänge des Täters gehen müssen, um die Schuldform des bedingten bösen Vorsatzes zu verwirklichen. Der vom Angeklagten vermißten Belehrungen darüber, daß mit 'ernstlich für möglich halten' zum Ausdruck gebracht werden soll, daß der Täter das Risiko der Tatbildverwirklichung für so gewichtig gehalten haben müsse, daß er es in seine Erwägungen einbezogen hat und er sich mit dem 'Abfinden' dafür entscheide, diese Verwirklichung hinzunehmen, bedurfte es daher - als überflüssig - nicht; denn daß jemand etwas 'ernstlich für möglich hält', setzt nach den Denkgesetzen zwingend voraus, daß er daran gedacht, es also in seine Erwägungen miteinbezogen hat und der Ausdruck 'sich mit etwas abfinden' sagt bereits nach seinem Begriffsinhalt aus, daß der Betreffende die innerliche Entscheidung gttroffen hat, ein bestimmtes zukünftiges Ereignis hinzunehmen, ohne versuchen zu wollen, dessen Eintritt abzuwenden.
Die vom Angeklagten behaupteten Unrichtigkeiten haften daher der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung nicht an, weshalb seine Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
II. Zum Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft:
Die Anklagebehörde vermeint, die den Geschwornen zuteil gewordene Rechtsbelehrung sei deshalb im Sinne einer Unrichtigkeit unvollständig geblieben, weil sie des Hinweises ermangle, daß Stimmungslabilität, leichte Erregbarkeit, mangelnde Beherrschung, gesteigerte Aggressivität, Rachsucht und dergleichen die allgemeine Begreiflichkeit einer heftigen Gemütsbewegung ausschlössen. Auch dieser Rüge kann nicht gefolgt werden. Denn indem die Geschwornen darüber instruiert wurden, das Merkmal der 'allgemeinen Begreiflichkeit' einer heftigen Gemütsbewegung nach § 76 StGB sei dann nicht gegeben, wenn die Ursachen dieser Bewegung in einem psychisch abnormen Persönlichkeitsbild des Täters, in seinem Charakter, seinen Leidenschaften oder Neigungen liegen (vgl S 192), wurde in einer für jedermann - also auch für juristisch nicht vorgebildete Laien - klar erkennbaren Weise zum Ausdruck gebracht, daß die von der Beschwerdeführerin im einzelnen aufgezählten Umstände, die sich sämtlich als Charaktereigenschaften, Leidenschaften und innere Neigungen darstellen, der Annahme des privilegierten Gemütszustandes entgegenstehen. Infolge der Evidenz dieses Zusammenhanges waren daher die vermißten Detailbelehrungen nicht vonnöten, weshalb auch der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft keine Berechtigung zukommt.
Das Geschwornengericht verhängte über Heinrich A nach § 76 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren. Dabei wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Berufungswerbers, das Tatsachengeständnis, seinen mittelgradigen Schwachsinn und den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben war.
Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung begehrt, ist nicht begründet.
Daß er sich bei der Tat in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung - bewirkt durch Astrid D - befand, findet ohnehin in der Annahme des privilegierten Tatbestandes nach § 76 StGB gebührenden Niederschlag und kann nicht bei der Strafbemessung abermals herangezogen werden.
Der Annahme hinwieder, der Angeklagte habe die Tat weder überlegt noch sorgfältig vorbereitet, stehen seine, dieser vorausgegangenen Drohungen gegenüber Astrid D (S 186) und der Umstand entgegen, daß er sein Messer - das er sonst immer daheim aufbewahrte (S 185) - zum Treffen mitnahm.
Zusätzliche Milderungsgründe kommen daher dem Angeklagten nicht zustatten. Auf der Basis der vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe jedoch und angesichts der lebensgefährlichen Verletzungen, die er Astrid D zufügte, erweist sich die geschöpfte Unrechtsfolge als durchaus tat- und tätergerecht und daher nicht reduktionsbedürftig.
Es mußte mithin auch der Berufung des Angeklagten ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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