OGH 5Ob6/83

OGH5Ob6/8315.3.1983

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Helga N*****, vertreten durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hedwig M*****, vertreten durch Dr. Christiane Deuretzbacher, Rechtsanwältin in Wien, wegen Duldung (Streitwert 13.605,40 S) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Oktober 1982, GZ 45 R 594/82-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 21. Juli 1982, GZ 30 C 236/82-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der am 14. 5. 1982 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten, das Betreten und die Benutzung von deren Eigentumswohnung top Nr 18 im Hause W*****, zur Durchführung von Sanierungsarbeiten an der Feuermauer zwischen der vorgenannten Wohnung und der der Klägerin gehörenden Wohnung top Nr 32 im Hause W*****, zu gestatten. Sie brachte vor, sie und die Beklagte seien Eigentümerinnen der einander benachbart gelegenen Wohnungen top Nr 32 und top Nr 18 im Hause W*****. An der Mauer, die das Schlafzimmer der Klägerin von der Terrasse der Wohnung der Beklagten trenne, seien Feuchtigkeitsschäden aufgetreten, die auf eine zu geringe Wärmedämmung des Mauerwerks zurückzuführen seien. Es bestehe die Gefahr eines Schadens an Verputz und Fußboden in der Wohnung der Klägerin und bei einer Verstärkung des Feuchtigkeitsschadens auch die Gefahr einer Durchnässung der darunterliegenden Wohnung. Die Sanierung dieses Mauerschadens könne nur durch eine neue Außendämmung der gegenständlichen Feuermauer erfolgen. Die Beklagte weigere sich, das für die Sanierungsarbeiten an dieser Mauer unbedingt notwendige Betreten ihrer Wohnung, insbesondere der Terrasse, zu gestatten. Die Weigerung der Beklagten sei gemäß § 13 Abs 3 (Satz 2) WEG rechtswidrig.

Die Beklagte wendete in der ersten Tagsatzung Unzulässigkeit des Rechtswegs ein.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzuständigkeit (richtig: Unzulässigkeit des Rechtswegs) zurück. Es begründete seine Entscheidung damit, dass gemäß § 26 (Abs 1 Z 2) WEG über Anträge, welche die Duldung oder Unterlassung von Änderungen einschließlich der Entschädigung eines hiedurch beeinträchtigten Wohnungseigentümers (§ 13 Abs 2 WEG) beträfen, im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen werde. Es führte aus:

Für die Beurteilung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts seien, da die Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhoben habe, gemäß § 41 Abs 2 JN die Klageangaben heranzuziehen. Dabei sei das Gericht an eine von der Klägerin getroffene rechtliche Qualifikation des Sachverhalts nicht gebunden (vgl Fasching III 20 f). Zutreffend verweise die Klägerin darauf, dass der hier geltend gemachte Anspruch nicht, wie das Erstgericht rechtsirrig vermeine, ein solcher nach § 13 Abs 2 Z 3 WEG sei, da es sich bei der Sanierung von Mauerwerk nicht um eine Änderung des bisherigen Bauzustands, sondern um die Herstellung eines möglicherweise von allem Anfang an nicht konsensmäßigen oder in der Zwischenzeit schadhaft gewordenen Bauzustands handle. Da somit keine Änderung des konsensmäßigen Bauzustands begehrt werde, beinhalte das Begehren auf Isolierung der Trennmauer keine Verbesserung. Der Klägerin sei auch grundsätzlich darin beizupflichten, dass Ansprüche nach § 13 Abs 3 WEG mangels Erwähnung in der taxativen Aufzählung des § 26 (Abs 1) WEG im streitigen Verfahren geltend zu machen seien (vgl Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 335). Für die Geltendmachung des vorliegenden Anspruchs sei daher, allein vom Gesichtspunkt der Zuständigkeit aus beurteilt, der ordentliche Rechtsweg zulässig.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Dem Rekursgericht ist entgegen der Auffassung der Beklagten darin zu folgen, dass die Klägerin nach ihrem Sachvorbringen und Begehren - gestützt auf § 13 Abs 3 (Satz 2) WEG - einen Anspruch geltend macht, der auf den streitigen Rechtsweg gehört. Die von der Klägerin beabsichtigten Sanierungsarbeiten an der Feuermauer sind nicht als Änderungen an ihrer Eigentumswohnung, für welche auch Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden sollen, die im Wohnungseigentum der Beklagten stehen (§ 13 Abs 2 Z 3 WEG), sondern als der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft einschließlich der baulichen Änderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, dienende Maßnahmen (§ 14 Abs 1 Z 1 WEG) zu beurteilen. Zu diesen Maßnahmen gehören auch jene Vorkehrungen, die dazu erforderlich und geeignet sind, von solchen Teilen und Anlagen ausgehende Gebrauchsbeeinträchtigungen einzelner Wohnungseigentümer abzustellen, weil gemeinsame Teile und Anlagen einer Liegenschaft so ausgeführt werden müssen, dass der einzelne Wohnungseigentümer bei der bestimmungsgemäßen Benützung seiner Eigentumswohnung nicht ungebührlich beeinträchtigt wird (vgl MietSlg 31.065/22). Die im § 13 Abs 3 Satz 2 WEG normierte Verpflichtung des Wohnungseigentümers, das Betreten und die Benutzung seiner Wohnung zu gestatten, soweit dies für Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft erforderlich ist, ist im streitigen Rechtsweg durchzusetzen (Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 335), da die Entscheidung hierüber weder durch § 26 Abs 1 Z 2 WEG noch durch § 26 Abs 1 Z 3 zweiter Fall WEG in das außerstreitige Verfahren verwiesen wird (vgl auch Meinhart, WEG 1975, 207).

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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