Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate erhöht.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Dezember 1956 geborene Leopold A des Vergehens der (fahrlässigen) Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4
erstem Fall StGB (Punkt I des Urteilssatzes), des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB (Punkt II des Urteilssatzes), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z. 1 StGB (Punkt III des Urteilssatzes) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Punkt IV des Urteilssatzes) schuldig erkannt.
Darnach hat er (zu I./) am 1.Oktober 1981 in Krumpendorf in der Diskothek 'X' den Heinrich B fahrlässig am Körper schwer verletzt, indem er ein Bierglas auf den Thekentisch schleuderte, sodaß es zerbrach, wobei eine Absplitterung das linke Auge des Heinrich B traf und eine Schnittverletzung verursachte, die eine dauernde Reduktion der Sehkraft nach sich zog; weiters in Klagenfurt in der Zeit von Oktober 1981 bis 13.November 1981
(zu II./) seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Melitta C durch deren Ausbeutung zu gewinnen gesucht, (zu III./) die Genannte durch gefährliche Drohung und Gewalt, nämlich durch wiederholte Äußerungen, falls sie für ihn nicht mehr der Prostitution nachgehe, sei sie 'gemacht', dann werde sie 'verschickt werden', verbunden mit Einsperren und ständigen Mißhandlungen, zur Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht genötigt, wobei er ihr mit einer erheblichen Verstümmelung und mit einer Entführung drohte und (zu IV./) am 13.November 1981 in Klagenfurt Melitta C durch Versetzen von Faustschlägen und Fußtritten vorsätzlich am Körper leicht verletzt, was ein Hämatom am rechten äußeren Augenwinkel und am linken Oberarm, eine Schwellung und ein Hämatom im linken Jochbogenbereich sowie eine Hautrötung am rechten Oberschenkel zur Folge hatte.
Die Schuldsprüche wegen Zuhälterei (Punkt II des Urteilssatzes), schwere Nötigung (Punkt III des Urteilssatzes) und Körperverletzung (Punkt IV des Urteilssatzes) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 9
lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Ablehnung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung am 1.Juli 1982 (S. 228) gestellten Antrages auf neuerliche Vernehmung der Zeugin Elisabeth D und deren Gegenüberstellung mit der Zeugin Melitta C zum Nachweis dafür, daß die Zeugin Elisabeth D in 'der letzten Hauptverhandlung (am 8.April 1982, S. 197 f. d. A.) die Wahrheit gesagt habe' und 'daß hier ein Widerspruch bestehe' (offensichtlich gemeint zur Aussage der Zeugin Melitta C in der Hauptverhandlung am 1.Juli 1982). Eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte liegt nach Ansicht des Beschwerdeführers deshalb vor, weil die Aussagen dieser Zeugen einander widersprechen und Melitta C unterschiedliche Darstellungen gab, sodaß zur Wahrheitsfindung eine neuerliche Befragung und Gegenüberstellung dieser Zeugen erforderlich gewesen wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag ist deshalb zu Recht abgewiesen worden, weil sich das Erstgericht mit den Angaben dieser Zeugen im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt und begründet hat, weshalb es die Aussage der Zeugin Melitta C ungeachtet der Tatsache, daß sie in der Hauptverhandlung am 8.April 1982 ihre bisherige Darstellung zunächst als unrichtig hinstellte, Glauben schenkte und aus welchen Erwägungen es die damit unvereinbaren Depositionen der Elisabeth D für unglaubwürdig hielt (S. 252/253). Keine Anhaltspunkte bestehen aber für die Annahme, daß eine Wiederholung dieser Zeugenaussagen geeignet ist, die dem Schöffengericht durch die Gesamtheit der ihm vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage maßgebend zu verändern, insbesondere diese dem Urteil zugrunde liegenden Angaben der Zeugin Melitta C zu widerlegen und auf diese Weise die Entscheidung zu beeinflussen (vgl. 9 Os 152/73, 13 Os 46/82). Das Schöffengericht durfte daher davon ausgehen, daß durch die begehrte Beweisaufnahme für den Angeklagten nichts zu gewinnen war und dies umso mehr, als aus Anlaß der Antragstellung in der Hauptverhandlung vom Beschwerdeführer nicht dargetan wurde, aus welchen Gründen erwartet werden könne, daß die Durchführung der beantragten Beweise auch tatsächlich das vom Beschwerdeführer angestrebte Ergebnis haben werde.
Auch die gegen den Schuldspruch wegen Körperverletzung (Punkt IV des Urteilssatzes) erhobene Mängelrüge (Z. 5) ist nicht berechtigt. Das Erstgericht hat die Konstatierungen über die Täterschaft des Angeklagten und über die von Melitta C erlittenen Verletzungen denkrichtig und lebensnah aus den Angaben der Verletzten sowie aus einem polizeiärztlichen Befund (S. 75 f. d.A.) abgeleitet. Entgegen der Behauptung in der Beschwerde hat es die einen tätlichen Angriff des Angeklagten auf Melitta C negierende Aussage des Peter E keineswegs mit Stillschweigen übergangen, sondern dieser im Rahmen freier Beweiswürdigung den Glauben versagt. Mit dem Vorbringen, daß die Verletzungen der Zeugin C dann, wenn ihr der Angeklagte wie vom Erstgericht angenommen tatsächlich Faustschläge und Fußtritte versetzt hätte, keineswegs so wie festgestellt gewesen wären (gemeint:
dies dann nicht zu diesen, sondern zu gravierenderen Folgen geführt hätte), wird lediglich unzulässig die Beweiswürdigung bekämpft. Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ficht der Angeklagte den Schuldspruch wegen Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB (Punkt II des Urteilssatzes) mit der Behauptung an, das Urteil enthalte keine Feststellungen darüber, daß er mit dem Vorsatz gehandelt habe, die der gewerbsmäßigen Unzucht nachgehende Melitta C auszubeuten. Er übersieht dabei aber, daß sich ein derartiger aus dem objektiven Sachverhalt abzuleitender Ausbeutungsvorsatz, der einer besonderen Hervorhebung gar nicht mehr bedurft hat, eindeutig aus den Feststellungen des Erstgerichts ergibt, wonach der Angeklagte von Melitta C jeweils den gesamten Schandlohn verlangt, ihr kein Geld gelassen und sie mißhandelt hat, wenn ihm die abgelieferten Einkünfte zu gering erschienen (S. 250 d. A.).
Diese massiven Eingriffe in die wirtschaftliche Lage der Prostituierten stellen jedenfalls eine bewußt rücksichtslose Ausnützung und damit eine vorsätzliche Ausbeutung im Sinne des § 216 StGB dar (vgl. Leukauf-Steininger, StGB 2, § 216 RZ. 7 und die dort angeführte Entscheidung). Das der Sache nach eine Nichtigkeit im Sinne der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO relevierende Vorbringen, durch den Schuldspruch wegen Vergehens nach § 216 StGB sei die schwere Nötigung der Melitta C zur Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht (Punkt III des Urteilssatzes) konsumiert, ist unberechtigt, weil - wie im vorliegenden Falle - eine Konkurrenz des § 216 StGB mit §§ 105, 106 StGB dann anzunehmen ist, wenn der Täter durch Gewalt oder Drohung die Frau zur Ausübung der Prostitution nötigt (siehe hiezu Pallin im WK., Rz. 6 zu § 216; Leukauf-Steininger Komm. zum StGB2, RN. 12 zu § 216 und die dort zitierte Judikatur).
Das Erstgericht hat die Verantwortung des Angeklagten, seinen Unterhalt nicht aus dem von Melitta C eingenommenen Schandlohn gezogen und von der Genannten nur zur Abdeckung in ihrem Interesse getätigter Wohnungsinvestitionen Geld entgegengenommen zu haben, ausdrücklich als unrichtig angesehen (S. 251 d.A.). Soweit der Beschwerdeführer nunmehr im Rahmen der Rechtsrüge unter dem Gesichtspunkt eines Feststellungsmangels geltend macht, daß demgegenüber andere, seiner Darstellung entsprechende Konstatierungen zu treffen gewesen wären und hiebei auch die Finanzierung seines Unterhaltes aus dem Bezug einer Arbeitslosenunterstützung - die übrigens nach der Aktenlage im Deliktszeitraum gar nicht ausbezahlt worden ist (s. S. 75 k d.A.) - hätte festgestellt werden müssen, führt er den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO) nicht prozeßordnungsgemäß aus, wofür ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt erforderlich wäre, sondern unternimmt solcherart lediglich einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung.
Die demnach zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Leopold A war somit zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 106 Abs 1 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Bei deren Bemessung waren die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen erschwerend, mildernd hingegen das Teilgeständnis und die Bereitschaft zur Schadensgutmachung bei Heinrich B. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an, während der öffentliche Ankläger deren Erhöhung begehrt.
Lediglich dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.
Bei entsprechender Berücksichtigung der zu Gewaltdelikten neigenden Täterpersönlichkeit des Angeklagten, der Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen und des nicht unbeträchtlichen Schuldund Unrechtsgehalts der gegenständlichen Taten ist eine Erhöhung der Freiheitsstrafe geboten. Erst die aus dem Spruch ersichtliche Strafe trägt den im § 32 StGB normierten Grundsätzen für die Strafbemessung Rechnung und nimmt auch auf die Sozialschädlichkeit des vom Angeklagten verkörperten Tätertyps gebührend Bedacht.
Der Angeklagte war mit seiner (sonach unbegründeten) Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)