Spruch:
I. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.
II. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Verhängung einer Geldstrafe nach § 12 Abs 1 und 2 SuchtgiftG aufgehoben und die Sache in diesem Umfang sowie zur Entscheidung nach § 12 Abs 4 SuchtgiftG zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
III. Der Berufung des Angeklagten wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt wird.
Im übrigen wird ihr, soweit sie die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, nicht Folge gegeben.
IV. Soweit sich die Berufung auf die verhängte Geldstrafe bezieht, wird sie auf die obige Entscheidung verwiesen.
V. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard A des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens (wider die Volksgesundheit) nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG, § 15 StGB schuldig erkannt und hiefür gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG zu einer Freiheits- und Geldstrafe verurteilt; gemäß § 12 Abs 3 SuchtgiftG wurden 507,56 Gramm Haschisch für verfallen erklärt.
Dem Angeklagten liegt zur Last, in den Jahren 1979 bis 1981 in Graz in einer Vielzahl von Fällen Haschisch und Heroin in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, in Verkehr gesetzt zu haben, und zwar:
1.) (mehrmals) jeweils geringe Mengen Haschisch an Regina B, 2.) mehrmals, in einem Falle 50 Gramm, insgesamt aber zumindest 150 Gramm Haschisch an Kurt C, 3.) mehrmals jeweils geringe Mengen Haschisch an Alfred D, 4.) mehrmals eine jeweils den Grammbereich übersteigende, insgesamt etwa 600 Gramm erreichende Menge Haschisch an 15 bis 20 unbekannt gebliebene drogenabhängige Personen im Cafe E sowie im Club F, 5.) zumindest drei Gramm Haschisch an Gerhard G,
6.) zumindest fünf Gramm Haschisch an Othmar H, 7.) mehrmals (insgesamt) zumindest 35 Gramm Haschisch und zehn Schuß Heroin an Peter I, 8.) etwa 100 Gramm Haschisch zum kommissionsweisen Verkauf an Helmut J, 9.) etwa 15 Gramm Haschisch an Werner K, 10.) eine nicht näher bekannte, den Grammbereich jedenfalls erreichende Menge Haschisch an Heinz L, 11.) etwa 100 Gramm Haschisch zum kommissionsweisen Verkauf an Sonja M, 12.) 19 Gramm Haschisch an Sebastian N, 13.) zumindest 100 Gramm Haschisch an Peter I zum kommissionsweisen Vekauf, 14.) in zumindest drei Vorgängen eine den Grammbereich überschreitende Menge Heroin an Gerhard O und Iveline P, 15.) zu mehreren Malen (insgesamt) 80 bis 100 Gramm Haschisch an Wolfgang Q (Punkt I) des Schuldspruches).
Dem Punkt II) des Schuldspruches zufolge hat der Angeklagte am 6. August 1981 weitere 507,56 Gramm Haschisch in Verkehr zu setzen versucht, indem er diese von Kurt C erworbene Menge zum Weiterverkauf erwarb und vorrätig hielt.
Dieses Urteil bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Als nichtig nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO rügt der Angeklagte das Urteil zunächst, weil seiner Berechnung nach die sich aus dem Spruche (Punkt I)) ergebende Gesamtmenge des Haschisch 1.227 Gramm betrage, sohin die Relevanzgrenze (bloß) um das 12 1/2-fache übersteige, wogegen das Erstgericht (in den Urteilsgründen) von einer diese Grenze um (mindestens) das 14-fache übersteigenden Gesamtmenge dieses Suchtgiftes ausgehe (Band II, S 232 d.A = Urteilsseite b).
Rechtliche Beurteilung
Der Einwand versagt.
Wird, wie vorliegend, die für das Tatbilderfordernis der Gemeingefahr im § 12 Abs 1 SuchtgiftG wesentliche sogenannte Grenzmenge (bei Haschisch: etwa 100 Gramm) überschritten, dann ist das Ausmaß dieser überschreitung ohne Relevanz für die rechtliche Subsumtion unter § 12 Abs 1
SuchtgiftG und den anzuwendenden Strafsatz, weil es insofern in bezug auf die Suchtgiftmenge nur darauf ankommt, ob die Grenzmenge erreicht wird (LSK 1982/184 zu § 12 Abs 1 SuchtgiftG ua).
Soweit der Beschwerdeführer ziffernmäßig unter der Z 9 lit a und b, der Sache nach jedoch der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO dem Erstgericht vorwirft, es stütze die Feststellung des Inverkehrsetzens jeweils geringer Mengen Haschisch (I) 1.) und 3.) des Schuldspruches) und einer den Grammbereich überschreitenden Menge Heroin (I) 14.)) auf 'reine Vermutungen', übersieht er, daß (auch) diese Annahmen auf seinem in der Hauptverhandlung abgelegten Geständnis beruhen (vgl Band II S 221 d.A in Beziehung auf die Anklage ON 95) und durch die darauf erfolgte Bezugnahme im Ersturteil mängelfrei begründet sind.
Näherer mengenmäßiger Feststellungen bedurfte es - den bezüglichen, teils unter der Z 5, teils unter der Z 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO, sachlich jedoch der Z 10 leg cit geltend gemachten Beschwerdeeinwendungen zuwider - für die rechtliche Unterstellung des Verhaltens des Angeklagten und den anzuwendenden Strafsatz nicht, weil bei der nach Lage des Falles gegebenen, von einem umfassenden Tätervorsatz, der auch den Effekt der Addition der einzelnen Suchtgiftmengen in sich schloß, getragenen Verwirklichung des Tatbildes des § 12 Abs 1 SuchtgiftG in einem Fortsetzungszusammenhang der einzelnen Weitergabe von Suchtgift im Rahmen des gesamten Suchtgifthandels keine selbständige tatsächliche und rechtliche Bedeutung zukommt.
Da sohin das Ersturteil weder mit der vom Angeklagten behaupteten formellen noch materiellen Nichtigkeit behaftet ist, war seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Diese wendet sich aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO zu Recht gegen das Unterbleiben einer Verfallsersatzstrafe gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG für das laut dem Schuldspruch I) verhandelte Suchtgift oder dessen Erlös, die nicht ergriffen werden konnten.
Der Verfallsersatz nach § 12 Abs 4 SuchtgiftG ist - im Gegensatz zu der vom Angeklagten in seiner Gegenausführung herangezogenen Verfallsbestimmung des § 20 StGB - zwingend und bietet Billigkeitserwägungen keinen Raum (EvBl 1980/
212; LSK 1981/16 zu § 6 Abs 4 /jetzt 12 Abs 4/ SuchtgiftG ua). Da dem Ersturteil Feststellungen über den Wert oder den Erlös des Suchtgiftes nicht zu entnehmen sind, kann eine sofortige Entscheidung in der Sache selbst nicht erfolgen.
Deshalb war wegen des Zusammenhanges (§ 289 StPO) zwischen dem auf § 12 Abs 1 und 2 SuchtgiftG beruhenden Ausspruch einer Geldstrafe und der als Nebenstrafe (EvBl 1981/186 verstärkter Senat) zu verhängenden Verfallsersatzgeldstrafe nach § 12 Abs 4 SuchtgiftG der Strafausspruch insoweit aufzuheben und in diesem Umfang die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Im zu erneuernden Verfahren wird zu beachten sein, daß, falls der tatsächlich erzielte Erlös des Suchtgiftes nicht feststellbar sein sollte oder Momente der Schenkung überwiegen, die Verfallsersatzstrafe sich nach dem (illegalen Handels-)Wert des Suchtgiftes richtet (Mayerhofer-Rieder, E Nr 57 f zu § 6 SuchtgiftG aE; EvBl 1982/99). In letzterem Fall wäre - soweit dies aus dem bisherigen Urteil nicht hervorgeht (I) 1.), 3.) und 14.) des Schuldspruches) - die Menge der nicht ergriffenen Drogen näher zu spezifizieren, weil die Festsetzung einer Verfallsersatzstrafe für mengenmäßig völlig ungeklärt gebliebenes Suchtgift unzulässig ist (EvBl 1981/153). Bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe für den Verfallsersatz wird zu berücksichtigen sein, daß die Summe aus dieser Ersatzfreiheitsstrafe und jener für die neben der Freiheitsstrafe verhängte Geldstrafe nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG nicht mehr als 18 Monate betragen darf (§ 12 Abs 5 SuchtgiftG). Schließlich ist die Vorhaft auch auf den Verfallsersatz anzurechnen (Mayerhofer-Rieder E Nr 67 zu § 6 SuchtgiftG aF uva).
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 12 Abs 1 (erster Strafsatz) SuchtgiftG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten und gemäß § 12 Abs 1
und 2 SuchtgiftG eine Geldstrafe in der Höhe von 80.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 4 Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Hiebei wertete es als erschwerend die Tatsache, daß der Angeklagte mit einer relativ großen Menge des Suchtgiftes Haschisch gehandelt und einen großen Personenkreis beliefert habe, wogegen es als mildernd das Geständnis, die Unbescholtenheit sowie ferner in Betracht zog, daß es in e6nem Faktum beim Versuch geblieben war. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Reduzierung dieser Strafen und bezüglich der Freiheitsstrafe die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.
Da der Ausspruch einer Geldstrafe (siehe oben) aufgehoben wurde, erübrigen sich diesbezüglich weitere Erörterungen und war der Angeklagte mit seinem Berufungsbegehren insoweit auf die kassierende Entscheidung zu verweisen.
Im übrigen kommt seiner Berufung teilweise Berechtigung zu. Zwar hat das Erstgericht die gegebenen Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend erfaßt und auch den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten ausdrücklich als mildernd hervorgehoben. Bei der Würdigung dieser Umstände hat es aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs dem letztangeführten Umstand und dem Geständnis des Angeklagten zu geringes Gewicht beigelegt. In Stattgebung der insoweit berechtigten Berufung wurde daher das Strafausmaß auf das aus dem Spruch ersichtliche, tat- und tätergerechte Ausmaß reduziert.
Angesichts der steigenden Suchtgiftkriminalität und der doch recht erheblichen Rauschgiftmenge, die der Angeklagte in Verkehr setzte, konnte hingegen seinem Begehren um bedingte Strafnachsicht namentlich aus generalpräventiven Erwägungen nicht näher getreten werden und mußte in diesem Punkt seiner Berufung ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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