OGH 6Ob535/83

OGH6Ob535/833.2.1983

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj S***** I*****, gesetzlich vertreten durch das Bezirksjugendamt für den 21. Wiener Gemeindebezirk, im Rechtsstreit vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Rechtsanwalt in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf der Seite der klagenden Partei E***** K*****, vertreten durch Dr. Margarethe Scheed-Wiesenwasser, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei F***** S*****, vertreten durch Dr. Gerd Hartung, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Vaterschaft und Leistung des gesetzlichen Unterhalts (Teilstreitwert 126.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 21. September 1982, GZ 43 R 2116/82-79, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Bezirksgerichts Döbling vom 3. Mai 1982, GZ 4 C 1509/77-73, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das klagende Kind wurde am 24. 3. 1977 von E***** K***** außer der Ehe geboren.

Das Kind begehrte mit der am 31. 5. 1977 erhobenen Klage die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und - nach wiederholten Klagsausdehnungen - die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 2.500 S ab Klagstag bis 30. 11. 1981, von 3.000 S ab 1. 12. 1981 bis 2. 5. 1982 und von 3.500 S ab 3. 5. 1982.

Das Prozessgericht hat das Verfahren im zweiten Rechtsgang „auf den Grund des Anspruches“, offensichtlich gemeint auf das Feststellungsbegehren eingeschränkt.

Dazu behauptete das klagende Kind, der Beklagte habe seiner Mutter in der Zeit zwischen 26. 5. und 25. 9. 1976 beigewohnt.

Der Beklagte wendete zunächst, als er noch ohne anwaltlichen Prozessbevollmächtigten am Verfahren teilnahm, unter formeller Bestreitung des Klagevorbringens ein, dass die Mutter des klagenden Kindes während der angegebenen Zeit „auch“ mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe. Als solche bezeichnete der Beklagte in der Folge namentlich einen Wiener Beamten, einen italienischen Buslenker und im zweiten Rechtsgang überdies den geschiedenen Ehemann der Mutter des klagenden Kindes. Später bestritt der Beklagte mit der Behauptung am 13. oder 14. 5. 1976 das letzte Mal mit der Mutter des klagenden Kindes geschlechtlich verkehrt zu haben, jede Beiwohnung innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist des § 163 Abs 1 ABGB.

Nachdem das im ersten Rechtsgang gefällte klagsstattgebende Urteile (ON 17) und auch das im zweiten Rechtsgang gefällte, dem Statusbegehren stattgebende, Teilurteil (ON 64) jeweils der Aufhebung durch das Berufungsgericht anheimgefallen waren, gab das Erstgericht im dritten Rechtsgang dem Feststellungsbegehren mit Teilurteil abermals statt (ON 73).

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Es legte dabei die erstrichterlichen Feststellungen zugrunde. Aus diesen ist hervorzuheben:

Der Beklagte hat der Mutter des am 24. 3. 1977 außer der Ehe geborenen Kindes in der Zeit zwischen 26. 5. und 25. 9. 1976 beigewohnt. Während dieses Zeitraums hatte die Mutter des klagenden Kindes mit keinem anderen Mann außer dem Beklagten geschlechtlichen Verkehr. Nach den in serologischer Untersuchung geprüften 19 Erbmerkmalsystemen ist die Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Beklagten zum Kind bei einer Ausschlusschance von 99 % mit mehr als 99,9 % anzunehmen. Darauf gründete das Erstgericht die positive Feststellung, dass der Beklagte der Vater des klagenden Kindes ist.

Das Erstgericht folgerte in rechtlicher Beurteilung, dass die den Beklagten nach § 163 Abs 1 ABGB treffenden Vermutung iSd § 163 Abs 2 ABGB nicht entkräftet worden sei.

Das Berufungsgericht erachtete mit Rücksicht auf die konkreten Ergebnisse des serologischen Gutachtens und dem allgemeinen Verhältnis des Aussage- und Beweiswerts von antropologisch-erbbiologischen Gutachten sowie von Tragzeitgutachten gegenüber einem serologischen Gutachten mit dem vorliegenden Ergebnis die Einholung ergänzender Beweise als entbehrlich. Es legte den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt auch seiner Entscheidung zugrunde und teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts.

Der Beklagte ficht das bestätigende Teilurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Z 2 und 4 ZPO mit dem Abänderungsantrag im Sinne der Klageabweisung und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Das klagende Kind hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber führt die beiden geltend gemachten Revisionsgründe gemeinsam aus. Dabei macht er zunächst geltend, ihm müsse die Möglichkeit offenstehen, „durch die Tatsache des Beweises der Nichtbeiwohnung, die Vaterschaftsvermutung des § 163 ABGB zu entkräften“. Aus diesem Grund bemängelt er, dass das Berufungsgericht von der Einholung eines Tragzeitgutachtens abgesehen habe.

Die Beweislast für die Beiwohnung innerhalb des im § 163 Abs 1 ABGB bezeichneten Zeitraums trifft das klagende Kind. Die Tatsache der Beiwohnung haben die Vorinstanzen aber nach der Vernehmung des Beklagten und der Mutter des klagenden Kindes als erwiesen angenommen. Es mag sein, dass sich die Vorinstanzen bei ihrer diesbezüglichen Beweiswürdigung vom Ergebnis des serologischen Gutachtens mitbestimmen ließen; sie mochten auch das oben wiedergegeben Einwendungsvorbringen des Beklagten in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 21. 6. 1977, die Mutter des klagenden Kindes habe während der sogenannten kritischen Zeit auch mit anderen Männern verkehrt, mit berücksichtigt haben. Die vom Beklagten vermisste Beweiserhebung mochte eine taugliche Beurteilungsgrundlage für die Frage der Zeugung des klagenden Kindes durch ihn abgegeben haben, aber keinerlei schlüssige Argumente für die vom Beklagten im Zug des Rechtsstreits eingewendete Nichtbeiwohnung erbringen. Den Vorinstanzen unterlief daher keinesfalls insoweit ein Verstoß gegen die nach Art V Z 5 UeKindG gebotene Stoffsammlungspflicht, als sie bei der Würdigung der einander widersprechenden Aussagen zum Tatumstand der strittigen Beiwohnung auf ein Tragzeitgutachten verzichteten. Im Übrigen liegt aber ein im Revisionsverfahren unanfechtbarer Akt der Beweiswürdigung vor.

Gewannen aber die Vorinstanzen auf der erwähnten Grundlage die Überzeugung davon, dass der Beklagte der Mutter des klagenden Kindes während des in § 163 Abs 1 ABGB genannten Zeitraums beigewohnt hat, auch wenn die näheren Umstände, die Häufigkeit und insbesondere der oder die Zeitpunkte nicht erhoben wurden, dann knüpft sich an die getroffene Tatsachenfeststellung die Vermutung einer Zeugung des Kindes durch den Beklagten und diesem oblag der Entkräftungsbeweis iSd § 163 Abs 2 ABGB.

Das in diesem Sinne zur Entkräftung der Zeugungsvermutung eingeholte serologische Gutachten führte aber im konkreten Fall zu einer solchen Bekräftigung der gesetzlichen Vermutung, dass die Einholung weiterer Gutachten, deren abstrakte Aussagemöglichkeiten gegenüber dem vorliegenden Ergebnis der serologischen Begutachtung vom Berufungsgericht ohne erkennbaren Verstoß gegen die Denkgesetze als vernachlässigungswert veranschlagt wurden, ohne Verstoß gegen den erwähnten Stoffsammlungsgrundatz des Art V Z 5 UeKindG unterbleiben durfte (vgl EFSlg 34.525; so auch 5 Ob 508/82 ua).

Die gerügten Verfahrensmängel, aber auch Unrichtigkeiten des vom Berufungsgericht unter Zitierung der den herrschenden Wissensstand zusammenfassenden Literaturstellen zugrundegelegten Zwischensatzes über das Verhältnis der Aussagekraft von Tragzeitgutachten und anthropologisch-erbbiologischem Gutachten gegenüber einem serologischen Gutachten, das einem positiven Zeugungsnachweis wie im vorliegenden Fall nahekommt, liegen nicht vor.

Der Revision war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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