Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Am 17. 7. 1980 ereignete sich in Innsbruck auf dem F***** ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin (geb 29. 9. 1963) mit der von ihr gelenkten und gehaltenen Vespa 50 Spezial, Kennzeichen *****, und der von Wolf-Dieter M***** gelenkte PKW, VW-Cabrio-Käfer, Kennzeichen *****, für den die beklagte Partei als Haftpflichtversicherer eintritt, beteiligt waren. Die Klägerin fuhr aus der damals unbenannten jetzt den Namen „C*****“ führenden Verkehrsfläche in den F***** ein.
Die Klägerin verlangt Schadenersatz mit der Behauptung des Alleinverschuldens des PKW-Lenkers am Unfall, der ihren Rechtsvorrang missachtet habe.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung, weil es sich beim „C*****“ um eine im Sinne des § 19 Abs 6 StVO nachrangige Verkehrsfläche handle und daher nicht der Klägerin, sondern dem PKW-Lenker der Vorrang zugekommen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Gegen den Beschluss des Berufungsgerichts erhebt die beklagte Partei Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Bestätigung des Ersturteils.
Der Rekurs - dessen Antrag verfehlt ist, weil im Falle einer inhaltlichen Berechtigung des Rechtsmittels vom Berufungsgericht nur eine neuerliche Sachentscheidung aufgetragen werden könnte; dies hindert aber nicht die sachliche Behandlung des Rekurses - ist nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht stellte den Sachverhalt fest, wie er auf den Seiten 3 bis 5 der Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses (= Seite 65 bis 67 des Aktes) wiedergegeben wird.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht im Wesentlichen die Auffassung, dass es sich bei der im Unfallszeitpunkt unbenannten Einfahrtsstraße um eine nachrangige Verkehrsfläche nach § 19 Abs 6 StVO handle. Dies ergebe sich besonders aus den unterschiedlichen Fahrbahnbreiten von 15,50 m für den F***** und 4,80 m für den C*****. Auch sei der F***** eine viel frequentierte Straße, daher der C***** als „Nebenfahrbahn“ zu bezeichnen, sodass die Vorrangregel des § 19 Abs 6 StVO Platz zu greifen habe.
Das Berufungsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass mangels einer anderen Vorrangregelung und sonstiger deutlicher Unterscheidungsmerkmale der Rechtsvorrang der Klägerin nach § 19 Abs 1 StVO zu gelten habe und ein Mitverschulden der Klägerin aus dem erhobenen Sachverhalt nicht ableitbar sei. In der Frage der Höhe des Klagsanspruchs sei die Rechtssache aber noch nicht spruchreif.
Die Rekurswerberin hält die Meinung des Erstgerichts in der Vorrangfrage für zutreffend, ohne indes darlegen zu können, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts verfehlt sei.
Das Berufungsgericht stützte sich auf den vom Obersten Gerichtshof in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochenen Rechtssatz, dass, weil die Bestimmung des § 19 Abs 6 StVO 1960 eine Ausnahme von der Grundregel des Rechtsvorrangs darstellt, im Zweifelsfall der Rechtsvorrang als gegeben anzunehmen ist. Die Beurteilung der Frage, ob eine Verkehrsfläche den in dieser Gesetzesstelle beispielsweise angeführten Verkehrsflächen gleichzuhalten ist, hängt von den konkreten Umständen ab und hat nach objektiven, für die Verkehrsteilnehmer während ihrer Fahrt deutlich erkennbaren Kriterien zu erfolgen; es ist weder die Verkehrsfrequenz einer solchen Verkehrsfläche, der Umstand, dass es sich um eine Sackgasse handelt, noch etwa die subjektive Auffassung von Verkehrsteilnehmern über die gegebenen Vorrangverhältnisse entscheidend und es kommt auch nicht auf die Ortskenntnisse der Beteiligten an; maßgebend ist, ob sich die in Betracht kommende Verkehrsfläche in ihrer gesamten Anlage deutlich von sonstigen öffentlichen Straßen unterscheidet (ZVR 1982/242; ZVR 1981/29 und 210 uva).
Nach dem festgestellten Sachverhalt (vgl die im Akt erliegenden Lichtbilder) handelt es sich beim C***** jedoch nicht um eine Verkehrsfläche, die den in § 19 Abs 6 StVO 1960 angeführten Verkehrsflächen gleichgesetzt werden kann. Die rechtliche Beurteilung der Vorrangfrage durch das Berufungsgericht wird daher gebilligt.
Dem Rekurs war demnach ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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