OGH 10Os184/82

OGH10Os184/8218.1.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Jänner 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mekis als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich S*** und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach ÖÖ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 bis 3 sowie Ö 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schßffengericht vom 6. Mai 1982, GZ 3 a Vr 4548/81-68, nach ßffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Anhßrung der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Mühl und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob - zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß Ö 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß die vom Angeklagten Erich S*** in der Zeit vom 13. Februar 1981, 14.00 Uhr, bis zum 14. Februar 1981, 18.45 Uhr, im Verfahren zum AZ 8 Vr 262/81 des Jugendgerichtshofes Wien erlittene Vorhaft gemäß Ö 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die über ihn verhängte Strafe angerechnet wird.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den genannten Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 (zweieinhalb) Jahre herabgesetzt.

Gemäß Ö 390 a StPO fallen dem Angeklagten S*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (unter anderem) Erich S*** (zu A.I.1.-5. und II. des Spruchs) des (in insgesamt sechs Fällen begangenen) Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch (mit einem Gesamtwert der gestohlenen Sachen von rund 75.000 S) nach ÖÖ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 bis 3 sowie Ö 15 StGB und der Vergehen der Hehlerei nach Ö 164 Abs. 1 Z 2 StGB (Pkt B.III.), der Veruntreuung (eines Radio-Recorders im Wert von 800 S) nach Ö 133 Abs. 1 StGB (Pkt C.), der schweren Sachbeschädigung nach ÖÖ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB (Pkt D.), der Kßrperverletzung nach Ö 83 Abs. 1 StGB (Pkt I.) sowie (zu J.) nach Ö 36 Abs. 1 lit a WaffG schuldig erkannt.

Als Hehlerei liegt ihm zur Last, gegen Ende August 1980 in Wien eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermßgen erlangt hatte, und zwar eine von Andreas S*** gestohlene und von Dieter E*** verhandelte Pistole, im Weg eines Tausches an sich gebracht zu haben (Faktum B.III.). Schwere Sachbeschädigung hat er zu verantworten, weil er im Oktober 1979 in Wien in einer ßffentlichen Telefonzelle, also an einer für ßffentliche Zwecke bestimmten Fernmeldeanlage, den Telefonhßrer vom Fernsprechkasten abzureißen versuchte, was ihm aber nicht gelang, wodurch er aber einen Schaden in der Hßhe von 350 S herbeiführte (Faktum D.).

Der auf Ö 281 Abs. 1 Z 9 lit a und 10 StPO gestützten, nur gegen die zuletzt bezeichneten Schuldsprüche gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Faktum B.III., bei deren Darstellung der Beschwerdeführer mit der Behauptung, das Erstgericht habe keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen, nicht vom tatsächlichen Inhalt der Entscheidungsgründe ausgeht, in denen zu den Fakten B.I.-III. das Wissen der jeweiligen Täter einer Hehlerei von der Herkunft der betreffenden Sachen mehrmals ausdrücklich konstatiert wird (US 24, 28); sein als Mängelrüge (Z 5) aufzufassender Hinweis darauf, daß im Urteil zur Beweiswürdigung auf seine bei der Polizei gemachten leugnenden Angaben verwiesen wurde, geht insoweit fehl, weil sich das Gericht in den Entscheidungsgründen diesbezüglich erkennbar auf die ihn belastenden Darstellungen von E*** und S*** (S 47, 59/I sowie 149/V) und auf sein uneingeschränktes (obgleich pauschales) Schuldbekenntnis in der Hauptverhandlung (S 109/V) berief (S 147/V), das sein Leugnen im Vorverfahren (S 377/II) als nicht mehr aktuell erscheinen ließ.

Ebenso sind auch die gegen die Annahme der Qualifikation nach Ö 126 Abs. 1 Z 5 StGB erhobenen Beschwerdeeinwände (Z 10) zum Faktum D. nicht stichhältig: nicht der wirkliche Eintritt einer Funktionsstßrung bei einer der dort bezeichneten Anlagen (Einrichtungen oder Sachen) als Folge der inkriminierten Beschädigung ist hiezu erforderlich, sondern bloß eine abstrakte Eignung des Schadens, die Betriebssicherheit als solche zu beeinträchtigen (vgl ÖJZ-LSK 1978/364 ua; Leukauf-Steininger, StGB2, RN 25 zu Ö 126; Kienapfel BT II, RN 21 f. zu Ö 126). Daß die beim Versuch des Abreißens verursachte Beschädigung eines Verbindungskabels zwischen dem Fernsprechkasten und dem Telefonhßrer in einer ßffentlichen Telefonzelle in diesem Sinn an sich geeignet ist, dessen (solcherart besonders geschützte) Zweckbestimmung abstrakt zu gefährden - sodaß es sich dabei keineswegs nur um einen zweckindifferenten Schaden handelt - kann aber füglich nicht bezweifelt werden. Dementsprechend ist es für den objektiven Tatbestand ohne Belang, ob die vom Angeklagten beschädigte Telefonanlage allenfalls gerade zur Tatzeit vorübergehend gestßrt war und ob die Beschädigung des Kabels durch ihn in concreto tatsächlich zu einer Funktionsstßrung geführt hat oder nicht. Auf der subjektiven Tatseite hinwieder genügt es, daß sich der Vorsatz des Täters auch auf jene Umstände erstreckt, welche objektiv die zuvor erßrterte abstrakte Gefährdung (der Betriebssicherheit) ausmachen: gerade das aber hat das Schßffengericht mit der Konstatierung, daß der Beschwerdeführer den Telefonhßrer aus Zorn gewaltsam abzureißen versuchte (US 25), ohnehin als erwiesen angenommen, daß er der Meinung war, die Anlage funktioniere infolge einer äStßrungä bloß im Augenblick - also nur vorübergehend - nicht, ändert daran nach dem Obengesagten nichts.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Dabei wurde jedoch von Amts wegen wahrgenommen, daß das angefochtene Urteil insofern zum Nachteil des Angeklagten mit einer von ihm nicht geltend gemachten Nichtigkeit im Sinn des Ö 281 Abs. 1 Z 11 StPO behaftet ist, als ihm die im einbezogenen Verfahren zum AZ 8 Vr 262/81 des Jugendgerichtshofes Wien in der Zeit von seiner Verhaftung am 13. Februar 1981 um 14.00 Uhr (S 289/I) bis zum Antritt der Strafhaft im Verfahren zum AZ 3 a Vr 6873/80 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 14. Februar 1981 um 18.45 Uhr (s. dort unter ON 20) erlittene Vorhaft entgegen Ö 38 Abs. 1 Z 1 StGB nicht auf die über ihn verhängte Strafe angerechnet worden ist; diese Unterlassung war gemäß Ö 290 Abs. 1 StPO wie im Spruch zu beheben.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten S*** nach ÖÖ 28, 129 StGB unter Bedachtnahme gemäß ÖÖ 31, 40 StGB auf das Urteil desselben Gerichtes vom 14. April 1981, AZ 7 c E Vr 3410/81 - mit dem jedoch gleichfalls gemäß ÖÖ 31, 40 StGB schon seinerzeit auf ein weiteres Urteil vom 10. Dezember 1980 Bedacht genommen worden war, sodaß die nunmehrige Rücksichtnahme auf das spätere der beiden miteinander verknüpften Vor-Urteile verfehlt war, weil ein Teil der im vorliegenden Verfahren abgeurteilten Taten (zwar vor dem zweiten, aber) erst nach dem ersten Vor-Urteil verübt wurde (vgl ÖJZ-LSK 1980/51 ua) -, zu drei Jahren (Zusatz-) Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine (sechs einschlägigen) Vorstrafen, die Verleitung anderer zu Straftaten, die oftmaligen Angriffe (gemeint wohl: die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art - Ö 33 Z 1 StGB) sowie den hohen Schaden, sein Geständnis und sein Alter unter 21 Jahren (gemeint offenbar: zu den Tatzeiten) hingegen als mildernd.

Der Berufung des genannten Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Zwar vermag seine (bloße) Bereitschaft zur Schadensgutmachung durch das Anerkenntnis der zu einem Faktum geltend gemachten Entschädigungsansprüche allein noch keinen Milderungsumstand (Ö 34 Z 14 oder 15 StGB) zu begründen (vgl ÖJZ-LSK 1978/276), und umgekehrt remonstriert er nach Lage des Falles durchaus zu Unrecht gegen seine Beurteilung als Anstifter von Mitangeklagten und als Rädelsführer bei der Ausführung von Straftaten.

Im Hinblick auf sein Alter von jetzt 22 Jahren und darauf, daß er nunmehr erstmalig einem längerdauernden, unmittelbar an den Vollzug von nahezu 16 Monaten Freiheitsstrafe aus früheren Verurteilungen anschließenden (und darum sicherlich noch nachhaltiger wirksamen) Freiheitsentzug unterworfen wird, hat aber das Schßffengericht die über ihn verhängte Strafe selbst bei gebotener Bedachtnahme auf sein nicht unerheblich getrübtes Vorleben und auf die Vielzahl der ihm im vorliegenden Verfahren neuerlich zur Last fallenden Straftaten doch etwas zu hoch ausgemessen. Nach seiner tat- und persßnlichkeitsbezogenen Schuld (Ö 32 StGB) ist darnach eine Herabsetzung auf die nach Lage des Falles als zur Erreichung eines Resozialisierungserfolgs angemessen erscheinende Dauer von zweieinhalb Jahren gerechtfertigt.

In diesem Sinn war der Berufung wie im Spruch Folge zu geben.

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