OGH 6Ob507/83

OGH6Ob507/8313.1.1983

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josefine K*****, vertreten durch Dr. Friedrich Staudacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1.) Theresia K*****, 2.) Robert K*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Hannes Zieger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 137.941 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Dezember 1981, GZ 6 R 195/81-18, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 14. Oktober 1981, GZ 22 Cg 322/80-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie unter Einschluss ihrer bereits rechtskräftig gewordenen Teile zu lauten haben:

„Die Erstbeklagte ist schuldig, der Klägerin den Betrag von 137.941 S samt 4 % Zinsen seit 19. 9. 1980 und die mit 17.279,42 S bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin enthalten 1.202,92 S USt und 1.040 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, der Zweitbeklagte sei schuldig, der Klägerin (zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten) einen Betrag von 137.941 S samt 4 % Zinsen seit 19. 9. 1980 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit 8.056,74 S bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (darin enthalten 547,53 S anteiligen USt und 665 S anteilige Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die Erstbeklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 5.625,44 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 397,44 S USt und 260 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit 1.071,61 S bestimmten Kosten eines angenommenen Kostenrekurses (darin enthalten 76,42 S USt und 40 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen“.

Die Erstbeklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 5.629,22 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 357,72 S USt und 800 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte ist seit 1966 Inhaberin einer Totoannahmestelle. Der Zweitbeklagte (der Gatte der Erstbeklagten) ist nicht bei der Erstbeklagten angestellt.

Die Klägerin, die seit vielen Jahren im Sporttoto spielt, pflegte die Totoscheine in der Trafik der Erstbeklagten zur Weiterleitung an die Österreichische Glücksspielmonopolverwaltung (ÖGMV) abzugeben. Dies geschah auch am 23. 7. 1980 gegen 7 Uhr früh mit dem Wettschein für die 30. Sporttotorunde 1980. Auf diesem Wettschein hatte die Klägerin im 30. Sporttotowettbewerb am 26. und 27. 7. 1980 einen Zwölfer getippt, auf den ein Gewinn von 137.941 S entfallen wäre.

Die Klägerin begehrte diesen Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes, weil der Zweitbeklagte den Wettschein zwar ordnungsgemäß übernommen, jedoch grob fahrlässig das für die Glücksspielmonopolverwaltung bestimmte Original mit dem Durchschlag und den neuen Wettscheinen samt Vorschau in einer für die Klägerin nicht erkennbaren Weise ihr wieder übergeben habe, sodass sie an dem Bewerb nicht teilgenommen habe.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, der Zweitbeklagte habe den Totoschein nach ordnungsgemäßer Abstempelung auf das Verkaufspult gelegt, von wo ihn die Klägerin - wegen der vielen Kunden in der Trafik vom Beklagten unbemerkt - wieder mitgenommen habe. Dies hätte der Klägerin auffallen müssen, die somit die Folgen ihrer Unaufmerksamkeit selbst zu tragen habe. Anlässlich der Abrechnung sei den Beklagten wohl aufgefallen, dass ein Wettschein fehle, doch habe der Spieler nicht ermittelt werden können. Den Beklagten sei vorher nie ein Totoschein abhanden gekommen.

Das Erstgericht erkannte die Erstbeklagte im Sinne des Klagebegehrens schuldig, wies das Klagebegehren gegen den Zweitbeklagten ab und hob die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf. Es traf folgende weitere Feststellungen, wobei bezüglich weiterer Einzelheiten auf die Wiedergabe im Urteil des Berufungsgerichts verwiesen wird:

Am Mittwoch, den 23. 7. 1980, betrat die Klägerin gegen 7 Uhr die Tabaktrafik der Erstbeklagten, um ihren Totoschein für die 30. Sporttotorunde 1980 abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt waren ungefähr drei bis vier weitere Kunden im Lokal. Der Wettschein, bei welchem sechs Tippreihen von der Klägerin vollständig ausgefüllt waren, wurde vom Zweitbeklagten entgegengenommen, abgestempelt, das Original vom Durchschlag getrennt und der Durchschlag der Klägerin am Ladentisch entgegengeschoben. Die Klägerin nahm den Durchschlag nicht sofort vom Ladentisch, sondern wartete, bis ihr die von ihr gewünschten neuen Totoscheine für die 31. Sporttotorunde ebenfalls ausgefolgt wurden. Die neuen Totoscheine, ungefähr drei, entnahm der Zweitbeklagte aus einem Fach, das sich unter dem Ladentisch befindet. In einem Zuge nahm er den Spielplan für die 31. Sporttotorunde heraus, faltete ihn, legte in den gefalteten Spielplan die neuen Totoscheine und legte den Spielplan mit den eingelegten neuen Totoscheinen ebenfalls auf das Pult. Da die Klägerin noch die „Neue Post“ wünschte, suchte der Zweitbeklagte die gewünschte Illustrierte aus den noch am Boden liegenden Illustrierten heraus und legte sie ebenfalls neben die Totoscheine. Erst dann bezahlte die Klägerin den erforderlichen Betrag für den Totoschein und die „Neue Post“. Sie legte daraufhin den Durchschlag auf die neuen Scheine und steckte den Durchschlag und die neuen Wettscheine in ihre Tasche. Die Zeitung nahm die Klägerin extra, weil sie in das Seitenfach ihrer Arbeitstasche neben den Totoscheinen nicht hineinging. Als die Klägerin die Trafik der Erstbeklagten verließ, waren ungefähr zwei Kunden im Geschäftslokal.

Nachdem die Klägerin nach Hause gekommen war, gab sie den Durchschlag des Wettscheines sowie die Wettscheine für die nächste Sporttotorunde in die Ablage in ihrer Küchenkredenz, wobei sie den Durchschlag unmittelbar neben die neuen Scheine legte. Dort blieben sie unberührt bis Sonntag den 27. 7. 1980 liegen.

Da die Originale der abgestempelten Totoscheine am jeweiligen Freitag bis 13:30 Uhr bei der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung in Wien eingelangt sein müssen, weil sie sonst ohne Ausnahme von der Teilnahme am entsprechenden Wettbewerb ausscheiden, machte die Erstbeklagte am Donnerstag abends die Abrechnung. Sie bemerkte dabei zum ersten Mal, dass ein Originalwettschein fehlte. Wenn eine Annahmestelle feststellt, dass ein Wettschein fehlt, ist es ihr nicht möglich, zu eruieren, von wem dieser fehlende Wettschein abgegeben wurde.

Beim 30. Sporttotowettbewerb wurden von der Annahmestelle der Erstbeklagten 181 Wettscheine an die Österreichische Glücksspielmonopolverwaltung übersendet. Im beiliegenden Beteiligungsnachweis, der von der Erstbeklagten ausgefüllt worden war, war ersichtlich, dass ein Originalwettschein fehlte. Von der Erstbeklagten wurde auch die entsprechende Kontrollnummer angeführt, die Nummer, die die Registriermaschine auf den Wettschein druckt.

Am 25. 7. 1980 rief die Erstbeklagte in der Früh die Glücksspielmonopolverwaltung in Wien an und teilte der Sekretärin mit, dass eine Kundschaft das Original des Wettscheins irrtümlich mitgenommen habe. Die Sekretärin wies darauf hin, dass der Schein nicht mitspiele.

Im Zuge der Reklamationen der Klägerin und ihrer Tochter nach der Feststellung, dass die Klägerin zwar einen Zwölfter getippt hatte, jedoch nicht in der Gewinnliste aufschien, fand die Tochter der Klägerin nach mehrmaligem Suchen das Original des Wettscheines in der Kredenz, wo auch die neuen Totoscheine aufbewahrt waren. Feststellungen darüber, wie das Original des Wettscheines wieder in die Hände der Klägerin gekommen ist, konnten nicht getroffen werden. Der Erstbeklagten ist noch nie ein Wettschein abhanden gekommen.

Zwischen der Glücksspielmonopolverwaltung und der Bundesländerversicherung besteht eine Haftpflichtversicherung zugunsten der Annahmestellen. Die Versicherung haftet jedoch nicht, wenn das Original des Wettscheines an den Spieler zurückgegeben wird. Dies stellt einen Schutz der Versicherung gegen Manipulationen dar, bei denen die Annahmestelle mit den Spielern zusammenarbeiten könnte. Die Versicherung haftet unter der genannten Ausnahme, dass der Schein nicht an den Spieler zurückgegeben wird, für das Nichteinlangen des Wettscheines bei der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung und dann für den entgangenen Gewinn.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, das Verhalten des Zweitbeklagten stelle eine auffallende Sorglosigkeit iSd § 1324 ABGB dar, weil er es unterlassen habe, „den Originalwettschein sorgsam seperat zu hinterlegen“. Auch unter der Annahme, das Begehren sei auf Ersatz des entgangenen Gewinns gerichtet, habe die Erstbeklagte der Klägerin für das Verschulden des Zweitbeklagten als ihres Erfüllungsgehilfen zu haften. Der Zweitbeklagte sei dagegen als Erfüllungsgehilfe nicht passiv legitimiert. Die Klägerin treffe kein Mitverschulden, weil sie darauf habe vertrauen dürfen, dass der Zweitbeklagte seine Tätigkeit ab der Entgegennahme des Totoscheines ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen werde.

Während die Klägerin die Abweisung des Klagebegehrens gegen den Zweitbeklagten unbekämpft ließ, erhoben gegen dieses Urteil die Erstbeklagte Berufung in der Hauptsache und der Zweitbeklagte im Kostenpunkt.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht der Berufung der Erstbeklagten zur Gänze und dem Kostenrekurs des Zweitbeklagten teilweise Folge. Es änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren gegen beide Beklagte zur Gänze abwies und die Klägerin schuldig erkannte, den Beklagten die mit 16.113,47 S bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Überdies sprach es dem Zweitbeklagten die Kosten eines angenommenen Kostenrekurses und der Erstbeklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts, welche seiner Ansicht nach auf einem mangelfreien Verfahren beruhten und führte rechtlich aus, die Erstbeklagte hätte gemäß § 1298 ABGB beweisen müssen, dass weder sie noch den Zweitbeklagten ein Verschulden daran treffe, dass der ordnungsgemäß übernommene Totoschein nicht an die Glücksspielmonopolverwaltung weitergeleitet worden sei. Dieser Nachweis sei der Erstbeklagten nicht gelungen. Die Beweislastumkehr gelte aber nur für das Vorliegen leichter Fahrlässigkeit. Auffallende Sorglosigkeit habe dagegen die Klägerin zu beweisen. Da von der Totoannahmestelle übernommene Wettscheine am Wettbewerb nicht teilnähmen, wenn der Originalwettschein nicht zeitgerecht bei der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung eingelangt sei, müsse der Schaden, den die Klägerin durch die unterbliebene Weiterleitung ihres Originalwettscheines erlitten habe, als entgangener Gewinn angesehen werden. Entgangener Gewinn sei aber gemäß § 1324 ABGB nur dann zu ersetzen, wenn er aus böser Absicht oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursacht worden sei. Im Verhalten des Zweitbeklagten, der durch andere Kundenwünsche offenbar abgelenkt gewesen sei, könne eine auffallende Sorglosigkeit jedoch nicht erblickt werden. Selbst wenn man aber eine grobe Fahrlässigkeit annehmen wollte, hätte sich die Klägerin ein Mitverschulden anrechnen lassen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Umfang der derzeit noch vorliegenden Streitanhängigkeit abzuändern und dem Klagebegehren zur Gänze Folge zu geben oder es aufzuheben und die Rechtssache zur allfälligen Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Die Erstbeklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gerechtfertigt.

Als Verfahrensmangel rügt die Klägerin, dass das Berufungsgericht ihrem Antrag auf Veranlassung einer Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB hinsichtlich der Art 11 Abs 2 und 12 der Spielbedingungen für den Sporttoto nicht nahegetreten ist.

Einer diesbezüglichen Überprüfung dieser Bestimmungen, wonach die Annahmestelle bei der Einreichung der Wettscheine als Bevollmächtigter des Teilnehmers tätig ist und die Gefahr für das rechtzeitige Einlangen der Wettscheine bei der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung der Teilnehmer trägt, bedurfte es jedoch nicht, weil diese Frage nur für eine (nicht geltend gemachte) Haftung des Bundes, nicht aber eine solche der Erstbeklagten von Bedeutung sein könnte.

Hingegen ist die Rechtsrüge gerechtfertigt.

Dem Berufungsgericht ist zunächst beizupflichten, dass es Sache der Erstbeklagten gewesen wäre, gemäß § 1298 ABGB zu beweisen, sie sei an der Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Verbindlichkeit, nämlich den übernommen Totoschein an die Glücksspielmonopolverwaltung ordnungsgemäß weiter zu leiten, ohne ihr Verschulden verhindert worden. Einen solchen Beweis hat die Erstbeklagte nicht erbracht. Denn es konnte nicht festgestellt werden, wie es dazu gekommen ist, dass das Original des vom Zweitbeklagten als Erfüllungsgehilfen der Erstbeklagten übernommenen und ordnungsgemäß abgestempelten Totoscheines wieder in die Hände der Klägerin gelangen konnte.

Hingegen kann dem Berufungsgericht nicht beigepflichtet werden, wenn es den durch die Nichtweiterleitung des Totoscheines der Klägerin entstandenen Schadens als entgangenen Gewinn qualifizierte.

Für die Entscheidung der Frage, ob positiver Schaden oder entgangener Gewinn vorliegt, kommt es darauf an, ob eine Gewinnmöglichkeit bestand, die im Geschäftsverkehr als selbständiger Wert anzusehen ist. Die Vernichtung einer solchen Chance ist nicht als entgangener Gewinn, sondern als positiver Schaden zu werten (Koziol, Österreichisches Hafpflichtrecht2 I 16 f; SZ 40/2 ua). Eine Gewinnchance ist dann selbständiges Gut, das im Handelsverkehr steht, wenn jemand eine rechtlich gesicherte Position hat, den Gewinn zu erzielen (Koziol, aaO; EvBl 1977/140, S 301 ua). Lehre und Rechtsprechung haben daher einen positiven Schaden etwa dann angenommen, wenn ein Spieler aufgrund einer falschen Eintragung einer Lottokollektantin seinen Einlageschein zerrissen hat und sich dann herausstellte, dass die von ihm gesetzten Nummern gezogen wurden (Koziol, aaO 17 und 21; ZBl 1929/267). Die Rechtsprechung hat jedoch darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass dann, wenn der Lottokollektant irrtümlich andere als die vom Spieler gesetzten Zahlen in die Spielliste eingetragen hat, der Schaden, den der Kläger hiedurch erlitten hat, nicht der ist, dass er um einen nur möglicherweise eintretenden Gewinn gekommen ist, sondern er um den Erfolg seines Wettkontraktes gebracht wurde (DREvBl 1938/526; GlUNF 2864, GlUNF 6346; anderer Ansicht Wolff im Klang Kommentar2 V, 1005 und VI, 3 und GlU 13.509). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die im Sporttoto spielende Partei will, sobald sie in der Totoannahmestelle den ausgefüllten Wettschein übergibt, dass ihr, wenn sie die Spiele richtig getippt hat, der auf den entsprechenden Gewinnerrang nach der Zahl der richtigen Einsendungen entfallende Gewinn ausbezahlt wird. Sobald die Spielresultate entsprechend der eingegangenen Wette feststehen, hat der Spieler ein Recht gegen die Glücksspielmonopolverwaltung auf Auszahlung seines Gewinnes. Um dieses Recht wurde die Klägerin durch Verschulden des Zweitbeklagten, der als Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten tätig war, gebracht. Ist aber objektiv betrachtet, eine Gewinnmöglichkeit, eine Chance gegeben, so ist ihre Vernichtung oder Minderung ein positiver Schaden. Vom Entgang eines Gewinnes kann dagegen nur dann gesprochen werden, wo ein Recht auf den Gewinn noch nicht besteht.

Handelt es sich jedoch bei dem durch das Verschulden des Zweitbeklagten vereitelten Spielerfolg der Klägerin und dem ihr daraus erwachsenen Nachteil um einen positiven Schaden und nicht um entgangenen Gewinn, dann bedarf es nicht des von der Klägerin zu erbringenden Nachweises eines groben Verschuldens des Zweitbeklagten, sondern es genügt für die Haftung der Erstbeklagten nach § 1313a ABGB, dass ihr nicht der Beweis ihrer Schuldlosigkeit iSd § 1298 ABGB gelungen ist. Daher bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob auf Seite des Zweitbeklagten eine auffallende Sorglosigkeit vorgelegen war.

Aber auch ein Mitverschulden der Klägerin liegt nicht vor.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Klägerin nicht verpflichtet, darauf zu achten, ob der Zweitbeklagte den Originalwettschein sofort gesondert aufbewahrte und sie musste auch den ausgefolgten Durchschlag des Wettscheines und die neuen Wettscheine nicht durchsehen. Es ist davon auszugehen, dass der Zweitbeklagte nach den getroffenen Feststellungen den Wettschein entgegengenommen, abgestempelt, das Original vom Durchschlag getrennt und den Durchschlag der Klägerin am Ladentisch entgegengeschoben hat. Damit war der Vorgang der Einreichung des Wettscheines aus der Sicht der Klägerin heraus abgeschlossen. Es war nicht mehr ihre Sache, darauf zu achten, ob der Zweitbeklagte den übernommenen Originalwettschein seinerseits ordnungsgemäß verwahrte. Sie konnte vielmehr darauf vertrauen, dass der Zweitbeklagte seine Tätigkeit ab der Entgegennahme des Wettscheines so sorgfältig ausführen würde, dass das Original rechtzeitig bei der Glücksspielmonopolverwaltung einlangen werde. Damit erübrigte es sich aber für die Klägerin auch, die ausgefolgten neuen Wettscheine und den Durchschlag des eingereichten Wettscheines noch in der Richtung zu überprüfen, ob ihnen vielleicht irrtümlich auch das Wettscheinoriginal beigelegt worden sei. Dafür, dass die Klägerin bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass ihr auch der Originalwettschein ausgefolgt wurde, wäre die Erstbeklagte beweispflichtig gewesen. Dieser Beweis wurde jedoch nicht erbracht, da keine Feststellungen darüber getroffen werden konnten, wie das original des Wettscheines wieder in die Hände der Klägerin gelangt ist.

In Stattgebung der Revision war daher das Urteil des Erstgericht in der Hauptsache wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die §§ 41, 50 ZPO. Für den Vertagungsantrag vom 18. 5. 1981 gebührt kein Kostenersatz. Die für die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 9. 9. 1981 verzeichneten Barauslagen konnten nicht zugesprochen werden, weil Gerichtskostenmarken nicht beigebracht wurden und im Akt kein Beleg erliegt, dass der diesbezügliche Betrag an das Gericht überwiesen oder bei diesem eingezahlt worden wäre. Der Kostenvorschuss von 1.500 S wurde am 5. 11. 1981 an den Klagevertreter rücküberwiesen. Ein Streitgenossenzuschlag gebührt der Klägerin nicht, weil sie im Verfahren erster Instanz gegenüber dem Zweitbeklagten unterlegen ist und ihr im Rechtsmittelverfahren nur mehr Theresia K***** als Beklagte gegenüberstand. Die Beklagten hatten in ihrer Berufung die Anordnung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt. Da die von der Klägerin erstattete Berufungsmitteilung kein Vorbringen iSd § 482 Abs 2 ZPO enthielt, waren für diesen Schriftsatz keine Kosten zuzusprechen.

Da das Berufungsgericht das Klagebegehren gegen beide Beklagte abgewiesen hat, enthält das Urteil keinen gesonderten Ausspruch über die dem Zweitbeklagten zustehenden Verfahrenskosten erster Instanz. Es war daher bei der Neufassung des Urteils im Sinne der Ausführungen in der diesbezüglich rechtskräftigen Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich des Zweitbeklagten auszusprechen, dass diesem der Ersatz der halben der Klägerin vom Berufungsgericht zur Bezahlung an beide Beklagte vorgeschriebenen Verfahrenskosten erster Instanz zusteht.

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