Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat der Klägerin die mit 4.829,22 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 357,72 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin erlitt als Mitfahrerin bei einem Verkehrsunfall, den ihr alkoholisierter Gatte (3,1 ‰ Blutalkoholgehalt) als Lenker eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKWs verschuldet hatte, schwere Verletzungen. Vor Antritt der Fahrt war ihr bekannt, dass ihr Gatte alkoholisiert war.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Frage, in welchem Ausmaß der Klägerin ein Mitverschulden anzulasten ist.
Die Klägerin legt ihrem Leistungs- und Feststellungsbegehren ein Mitverschulden von einem Drittel zugrunde.
Die Beklagte vertritt den Standpunkt, im Hinblick auf den außergewöhnlich hohen Grad der Alkoholisierung sei ein Mitverschulden der Klägerin von zwei Dritteln anzunehmen.
Beide Vorinstanzen gingen bei ihren Entscheidungen von einem Mitverschulden der Klägerin von einem Drittel aus.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und stellt einen, einer Verschuldensteilung im Verhältnis 2 : 1 zu Lasten der Klägerin entsprechenden Revisionsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin vertritt die Ansicht, im Hinblick darauf, dass die Klägerin vor dem Unfall keinen Alkohol getrunken habe, habe sie die Gefährlichkeit der Fahrt besser beurteilen können als ihr Gatte, bei dem aufgrund des hohen Blutalkoholgehalts - zum Zeitpunkt des Antritts der Fahrt sei der Blutalkoholgehalt noch höher gewesen als 3,1 ‰ - anzunehmen sei, dass er unzurechnungsfähig gewesen sei. Die Klägerin hätte auf ihren Gatten einwirken können, das Fahrzeug nicht in Betrieb zu nehmen, zumindest hätte sie an der Fahrt nicht teilnehmen dürfen. Ihr Mitverschulden sei daher höher zu werten als das ihres Gatten.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Soweit die Revision Ausführungen über einen höheren Blutalkoholgehalt als 3,1 ‰ enthält, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Auf diese Ausführungen ist daher nicht einzugehen.
Es wurde nicht festgestellt, dass der Fahrzeuglenker erkennbar so schwer alkoholisiert war, dass die Klägerin wissen musste, er befinde sich in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand. Die Frage der Verschuldensteilung in einem derartigen Fall muss daher nicht erörtert werden. Aufgrund der Feststellungen ist lediglich davon auszugehen, dass sich die Klägerin einem alkoholisierten Lenker anvertraute, weshalb ihr ein Mitverschulden anzulasten ist, dessen Ausmaß von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Umstände, die das Mitverschulden des Fahrzeuginsassen besonders schwer erscheinen lassen, hat die Beklagte zu beweisen. Im vorliegenden Fall stützt die Beklagte ihre Ansicht, das Mitverschulden der Fahrzeuginsassin sei mit zwei Dritteln zu bewerten, auf den besonders hohen Grad der Alkoholisierung. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Lenker in erster Linie selbst seine Fahrtüchtigkeit zu beurteilen hat und die Verantwortung für seine Fahrgäste trägt. Eine höhere (und daher leichter erkennbare) Blutalkoholmenge wirkt sich daher nicht zu Gunsten des Lenkers aus (ZVR 1980/155, S 156). Aus diesem Grund wäre es nicht gerechtfertigt, der Klägerin ein höheres Mitverschulden als ein Drittel anzulasten.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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