OGH 13Os168/82

OGH13Os168/822.12.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Dezember 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mangi als Schriftführers in der Strafsache gegen Christian A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten militärischen Diebstahls nach § 127 ff. StGB, § 31 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2

MilStG. und § 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 5.August 1982, GZ. 28 Vr 1199/82- 21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bernhauser und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten A die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht erkannte den am 18.Mai 1963

geborenen Hilfsarbeiter (zuletzt Präsenzdiener) Christian A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten militärischen, gewerbsmäßigen und schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130, zweiter Fall, StGB, § 31 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 MilStG. und § 15 StGB sowie des Verbrechens der Desertion nach § 9 Abs. 1 MilStG. schuldig. Darnach hat er von Ende November 1981 bis 28.März 1982 in verschiedenen Orten Österreichs und der Bundesrepublik Deutschland in insgesamt 24 Angriffen teils allein, teils in Gesellschaft eines oder zweier Diebsgenossen Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Gesamtwert, deren Bewachung ihm zum Teil als Soldat oblag, anderen, darunter auch Soldaten, zum Teil durch Einbruch und Einsteigen in Gebäude, Transportmittel und abgeschlossene Räume und durch Öffnen von abgeschlossenen Räumen und Behältnissen mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel gestohlen oder zu stehlen getrachtet, wobei er die vorwiegend durch Einbruch verübten Diebstähle in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung dieser Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (A I und II sowie B I bis III). Er hat ferner am 13.März 1982 in Absam sich als Wehrmann der Stabskompanie des Landwehrstammregiments 62 durch Verlassen seiner Truppe dem Dienst im Bundesheer für immer zu entziehen gesucht. Der Angeklagte A erhebt eine auf § 281 Abs. 1 Z. 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde. Darin wird der Rechtsstandpunkt vertreten, gewerbsmäßiges Handeln könne nur einem Berufsverbrecher zur Last gelegt werden, also demjenigen, der seinen Lebensunterhalt überwiegend aus Straftaten fristet und dessen Persönlichkeit solcherart durch eine asoziale Lebensführung gekennzeichnet ist (Leukauf-Steininger2 RN. 32 zu § 23 StGB).

Rechtliche Beurteilung

Dem kann nicht gefolgt werden: Nach § 70 StGB begeht eine Straftat gewerbsmäßig, wer sie in der Absicht unternimmt, sich durch ihre wiederkehrende Verübung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Damit wird nicht auf ein bestimmtes Verhältnis der kriminell angestrebten Einkünfte zum sonstigen Einkommen des Täters abgestellt, es genügt vielmehr, wenn er auf einen Zuschuß zu seinem sonstigen Einkommen abzielt, sofern dieses Nebeneinkommen die Bagatellgrenze übersteigt (SSt. 46/38). Nach den Urteilsfeststellungen hat A die überwiegend nach § 129 StGB qualifizierten Diebstähle, durch die er sich ein zusätzliches Einkommen weit über dem Bereich der Geringfügigkeit verschaffte, in der Absicht begangen, auch weiterhin für eine jedenfalls längere Zeit sein Einkommen, insbesondere den Taggeldbezug im Präsenzdienst aufzubessern (S. 251). Der hieraus gezogene Schluß auf die gewerbsmäßige Begehung dieser Diebstähle (§ 130, zweiter Fall, StGB) ist rechtlich einwandfrei und steht auch mit dem Vorhaben des Angeklagten, nach dem Militärdienst einem Arbeitserwerb nachzugehen, nicht im Widerspruch; denn die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, muß nur einen längeren, keineswegs aber einen unbegrenzten Zeitraum umfassen.

Das weitere, auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO bezogene Beschwerdevorbringen, daß es der Angeklagte nicht auf eine ständige Wiederholung der Einbruchsdiebstähle angelegt habe, sondern nur eine künftige Ausnützung besonders günstiger Diebsgelegenheiten nicht ausgeschlossen haben will, weicht vom Urteilssachverhalt ab (siehe oben). Daß sich der Angeklagte sinngemäß dahin verantwortet hätte, die Einbrüche begangen zu haben, weil er mit dem Taggeld nicht ausgekommen sei, und die eventuelle Begehung weiterer Einbrüche nur nicht auszuschließen vermocht habe, ist aktenwidrig (siehe S. 212 ganz unten, 213). Gleiches gilt für die urteilsfremde (S. 253 oben) Behauptung, der Nichtigkeitswerber habe als Deserteur erst nach dem Scheitern seiner Bemühungen um eine Arbeit in Lauterach weitere Einbruchsdiebstähle begangen. Inhaltlich der Gendarmerieangaben des Beschwerdeführers (insbes. S. 157) verübte er einen Teil der nach der Desertion (am 13.März 1982) begangenen Taten (A II 7 und 8) noch vor dem (für 26.März 1982) vereinbarten Termin einer telephonischen Rücksprache mit der als Arbeitgeber in Betracht kommenden Fima B, den er übrigens ungenützt verstreichen ließ.

In den Beschwerdeausführungen zur Straffrage unternimmt der Rechtsmittelwerber gar nicht erst den Versuch, vom Schuldspruch ausgehend eine überschreitung der dem Schöffensenat zustehenden Strafbefugnis aufzuzeigen und bringt somit den von ihm angerufenen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten. In ihrer Bemessung wurden erschwerend die (hinsichtlich beider Delikte) einschlägigen (insgesamt drei) Vorstrafen (richtig: Verurteilungen), die vielfache Qualifikation beim Diebstahl, das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die Begehung eines Teils der Straftaten während der Anhängigkeit eines Strafverfahrens sowie die Anstiftung der zwei Mitangeklagten, als mildernd hingegen das umfassende und reumütige Geständnis, das sehr wesentlich zur Aufklärung beitrug, das Alter unter 21 Jahren, daß es teilweise beim Versuch geblieben war und eine geringe Schadensgutmachung durch teilweise Sicherstellung der Diebsbeute gewertet.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte A eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe bis an die Untergrenze des Strafrahmens an. Auch der Berufung muß ein Erfolg versagt bleiben.

Wie der Berufungswerber selbst einräumt, liegen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung 'vielleicht' nicht vor. Die für eine Strafermäßigung vorgebrachten Argumente betreffen inhaltlich weitgehend nur die dem Angeklagten ohnedies zugebilligten Milderungsgründe, kamen daher schon in erster Instanz zum Tragen (S. 161). Die darüber hinaus als mildernd reklamierte Bereitwilligkeit zur weiteren Schadensgutmachung kann als bloß verbale Beteuerung ohne echten Restitutionseffekt ebensowenig Berücksichtigung finden wie der neben den erschwerend wirkenden, erst kurze Zeit zurückliegenden Verurteilungen nichtssagende Umstand, daß sich der Angeklagte 'seit seiner Verurteilung im Jahr 1979 keines weiteren Eigentumsdelikts schuldig gemacht hat'. Daß er während dieser Zeit durchgehend berufstätig war (S. 274) und seinen Unterhalt durch Arbeit erworben hat, wird als ein der Rechtsordnung entsprechendes Verhalten von jedermann vorausgesetzt.

Zieht man in Betracht, daß trotz zahlenmäßig überwiegenden und sehr gravierenden Erschwerungsgründen die Strafe ohnehin fast an der gesetzlichen Untergrenze (Strafsatz: ein Jahr bis zehn Jahre) geschöpft wurde, so versteht es sich, daß die Berufung das Schicksal der Beschwerde teilt.

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