OGH 12Os176/82

OGH12Os176/822.12.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Dezember 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof.

Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143, zweiter Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgerichtfür Strafsachen Wien vom 3.Februar 1982, GZ. 20 g Vr 10018/81-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Meindl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 24.Februar 1963

geborene beschäftigungslose Autolackierer Gerhard A des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt, weil er 'am 13.September 1981 in Wien dem Wendelin B mit Gewalt, indem er ihm mehrere Schläge mit einem Holzknüppel oder dem Griffstück einer Luftdruckpistole versetzte, somit unter Verwendung einer Waffe, sowie ihm den Gegenstand nach Art einer Faustfeuerwaffe an die Schläfe hielt, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, verbunden mit der Aufforderung 'Du hast noch 500 S einstecken, gib sie her', sowie 'Du hast noch mehr Geld als 500 S', eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in der Höhe von 620 S, mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern'.

Die Annahme der Qualifikation der Tat nach dem zweiten Fall des § 143 StGB (Verübung des Raubes unter Verwendung einer Waffe) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs 1 Z. 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Er bringt vor, es wäre notwendig gewesen, eine Eventualfrage - gemeint (uneigentliche) Zusatzfrage nach § 316 StPO - zu stellen, ob er B die (mehreren) Schläge (allenfalls nur) mit einem Stück Holz versetzte.

Denn - anders als das in der Frage erwähnte Griffstück einer Luftdruckpistole - sei ein 'Stück Holz' keine Waffe. In der Hauptfrage sei zudem von einem Holzknüppel die Rede, was zur Meinung verleiten könne, es habe sich um ein speziell zur Waffe umgearbeitetes Holzstück gehandelt.

Die Rüge versagt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 317 Abs 2 StPO ist es der Beurteilung des Schwurgerichtshofes anheimgestellt, ob ein strafsatzändernder Umstand in die Hauptfrage ('komplexe' Fragestellung) aufzunehmen oder zum Gegenstand einer besonderen (Zusatz-) Frage zu machen ist. Denn § 316 StPO normiert nur die Voraussetzungen, unter denen Erschwerungs- oder Milderungsumstände überhaupt den Gegenstand einer Fragestellung bilden können; das Gesetz schreibt aber nicht vor, daß nach einem eine önderung des Strafsatzes begründenden Erschwerungs- (oder Milderungs-)umstand eine selbständige (Zusatz-) Frage an die Geschwornen gerichtet werden muß. Die Aufnahme eines strafsatzändernden Umstands in eine Haupt- oder Eventualfrage ist daher nach dem Gesetz zulässig, zumal auch hier den Geschwornen die ihnen in der (allgemeinen) Rechtsbelehrung ausdrücklich eröffnete Gelegenheit zu einer einschränkenden Bejahung der (komplexen) Hauptfrage offen stand (Mayerhofer-Rieder, StPO II/2, E.Nr. 8 zu § 316).

Nach der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe die bei Leukauf-Steininger Kommentar2 § 143 RN. 10 zitierte oberstgerichtliche Judikatur) normiert § 143 StGB einen erweiterten Waffenbegriff, unter welchen nicht nur Waffen im technischen Sinn fallen, sondern jeder Gegenstand, der als ein zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Instrument gebraucht wird (ÖJZ-LSK. 1976/285; vgl. 10 Os 177/76 betr. eine kantige Zaunlatte, 13 Os 124/80 betr. einen Spatenstiel, 13 Os 29/81 betr. eine Holzlatte u.a.). Im Lichte dieser Rechtsprechung wurde daher der nach der Darstellung des Beschwerdeführers (S. 19, 25, 37 verso, 37 a verso, 109) verwendete Holzknüppel, den er selbst als Ast von ca. 1 m Länge und 5 cm Dicke beschreibt (S. 37 a verso), zu Recht dem Waffenbegriff des § 143 StGB unterstellt.

Einer von der Beschwerde ins Treffen geführten besonderen Bearbeitung dieses Holzstückes bedurfte es hiefür nicht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 41 (Abs 1 Z. 3), 143 erster Strafsatz StGB zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es das Alter unter 21 Jahren, das Geständnis in Richtung einer Gewalteinwirkung auf das Opfer, die Enthemmung durch Alkohol und den geringen Wert des geraubten Gutes als mildernd, zwei Vorstrafen wegen Vermögensdelikten und den Umstand, daß der Raub sowohl mit Gewalt als auch durch Drohung verübt wurde, jedoch als erschwerend.

Den Berufungen, mit denen der Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, die Staatsanwaltschaft dagegen eine Erhöhung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe beantragt, kommt keine Berechtigung zu. Weitere, vom Geschwornengericht noch nicht berücksichtigte Milderungsgründe vermag der Berufungswerber nicht aufzuzeigen. Demgegenüber ist der Anklagebehörde allerdings einzuräumen, daß der konkrete Unrechtsgehalt des Raubes angesichts der Tatsache, daß es sich beim Opfer um eine schwerfällige und unbeholfene, zur Tatzeit zudem stark alkoholisierte Person handelte, und des Umstands, daß Wendelin B durch die Gewalteinwirkung des Angeklagten verletzt wurde, als relativ hoch zu veranschlagen ist. Zieht man aber andererseits in Betracht, daß den (bisherigen) Verurteilungen des Angeklagten nicht allzu schwerwiegende Straftaten zugrundelagen, sodaß er dementsprechend vor der gegenständlichen Tat das Strafübel des Freiheitsentzuges noch nicht zu verspüren bekam, dann kann insbesondere unter Bedacht auf die noch unausgereifte Persönlichkeit des Angeklagten, der zur Tatzeit erst etwa 18 1/2 Jahre alt war, doch noch gesagt werden, daß die mildernden Umstände die Erschwerungsgründe (beträchtlich) überwiegen und daß im Hinblick auf den erstmaligen Vollzug einer Freiheitsstrafe in jedenfalls fühlbarer Dauer auch dann begründete Aussicht auf sein künftiges Wohlverhalten besteht, wenn die Strafdauer das gesetzliche Mindestmaß von fünf Jahren (erheblich) unterschreitet. Im Rahmen der sohin doch noch gerechtfertigten außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB) erscheint die vom Geschwornengericht über den Angeklagten verhängte Strafe nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) als vertretbar, sodaß (auch) den Berufungen ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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