Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird demzufolge, darüber hinaus aber auch gemäß § 290 Abs. 1 StPO im Schuldspruch zu Punkt 2) mit Ausnahme des Vorwurfes, der Angeklagte habe den unmündigen Bernhard B am 17.Juli 1981 durch die Aufforderung, mit ihm auf die Toilette zu gehen, zu weiteren Unzuchtshandlungen auf andere Weise als durch Beischlaf zu mißbrauchen versucht, sowie demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Der Angeklagte Richard A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 16. und 17.Juli 1981
in Wien versucht, den unmündigen Bernhard B dadurch, daß er ihn zu einem Eis einlud, eine Schallplatte kaufte, zu einem Cola einlud, wiederholt mit seinem Knie schupfte, ihm 20 S schenkte, weitere 200 S versprach, wenn er es mit ihm treiben würde, da er schon so geil ausschaue, zu weiteren Unzuchtshandlungen auf andere Weise als durch Beischlaf zu mißbrauchen, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen. Richard A wird für das ihm nach den unberührt bleibenden Teilen des Schuldspruches weiterhin zur Last liegende Verbrechen der teils vollendeten und teils versuchten Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 erster Fall, 15 StGB nach § 207 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Gemäß § 38 Abs. 1 StGB wird die Verwahrungs- bzw. Untersuchungshaft vom 17.Juli 1981, 14,30 Uhr, bis 17.Juli 1981, 20,30 Uhr, und vom 7.April 1982, 22 Uhr, bis 20.April 1982, 13,30 Uhr auf die Strafe angerechnet.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Juli 1939 geborene Filialleiter Richard A des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 (erster Fall), 15 StGB schuldig erkannt.
Dem Angeklagten liegt zur Last, in Wien am 16.Juli 1981 den am 20. November 1968 geborenen, sohin unmündigen, Gerhard B durch Betasten am Geschlechtsteil über der Kleidung zur Unzucht mißbraucht (Punkt 1) und den Genannten am 16. und (bzw.) 17.Juli 1981 dadurch, 'daß er ihn zu einem Eis einlud, mit seinem Knie stupste, ihm 20 S schenkte und weitere 200 S versprach, wenn er es mit ihm treiben würde, da er schon so geil ausschaue, und ihn aufforderte, mit ihm auf die Toilette zu gehen', zu weiteren Unzuchtshandlungen zu mißbrauchen versucht (Punkt 2) zu haben.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrüge ist insoweit begründet, als sie sich gegen die Zurechnung des von Punkt 2) des Schuldspruches erfaßten, der Deliktsvollendung laut Punkt 1) vorangegangenen Verhaltens vom 16. Juli 1981 als Versuch des Deliktes nach § 207 Abs. 1 StGB wendet.
Den Urteilsgründen nach steht insgesamt folgender Sachverhalt fest:
Der Angeklagte sprach am 16.Juli 1981 die damals 12-jährigen Schüler Bernhard B und Albert C in der Wiener Mariahilferstraße an, lud sie in ein Eisgeschäft ein, bestellte beiden Knaben einen Eisbecher, rieb sodann, neben B sitzend, sein Knie an dessen Knie, steckte ihm eine 20 S-Note zu und erklärte, nachdem ihm dieser sein Alter mitgeteilt hatte, er habe ihn für älter gehalten, da er 'schon so geil ausschaue'. Nach Verlassen des Eisgeschäftes begab sich der Angeklagte mit den zwei Unmündigen in ein ebenfalls in der Mariahilferstraße gelegenes Schallplattengeschäft und griff dort, während C abseits stand, B über der Jeanshose am Geschlechtsteil ab. Weil er sich genierte, machte B zunächst niemanden auf diese Berührungen aufmerksam. Auf dem folgenden Weg zum Westbahnhof forderte der Angeklagte A B auf, am nächsten Tag wieder in die Mariahilferstraße zu kommen, und versprach ihm eine Schallplatte. Außerdem bot er ihm 200 S, falls er es 'mit ihm treibe', und vereinbarte mit beiden Knaben ein Treffen für den nächsten Tag, 13,00 Uhr, beim 'Generali-Center'.
B erzählte jedoch seiner Mutter von dem Vorfall, und es wurden die beiden Knaben am nächsten Tag von zwei Polizeibeamten zum vereinbarten Treffpunkt begleitet, wobei vereinbart war, daß die Beamten eingreifen sollten, wenn einer der Knaben einen Schlüsselbund fallen ließe. Am 17.Juli 1981 trafen B und C tatsächlich am vereinbarten Ort mit dem Angeklagten zusammen und gingen mit ihm auf dessen Anregung durch die Mariahilferstraße spazieren. Dabei verloren die Polizeibeamten die Genannten aus den Augen. Der Angeklagte suchte mit den Knaben ein Cafe auf. Nachdem sich C unter dem Vorwand, er wolle noch etwas besorgen, entfernt hatte, um in Wahrheit die Polizeibeamten zu suchen, fragte A B, ob er mit ihm auf die Toilette gehen wolle. Er hatte hiebei den Vorsatz, den Umündigen dort (neuerlich) zur Unzucht zu mißbrauchen.
B verneinte jedoch, vertröstete den Angeklagten auf später, und beide verließen das Lokal, worauf der Angeklagte verhaftet wurde. Das vom Schuldspruch zu Punkt 2) wegen versuchten Mißbrauches zur Unzucht erfaßte Verhalten des Angeklagten vom 16.Juli 1981, welches zeitlich der (anschließenden) Deliktsvollendung (durch Betasten des Geschlechtsteils über der Kleidung) vorangegangen war, tritt, weil insofern ein durch einen einheitlichen Willensentschluß des Angeklagten, die Identität des Opfers und den engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang gekennzeichnetes, einheitliches Tatgeschehen vorlag, hinter die nachfolgende Deliktsvollendung zurück (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 24 zu § 15, RN. 59, 61 zu § 28 StGB u.a.) und durfte daher dem Angeklagten nicht gesondert neben der Deliktsvollendung als Versuch zugerechnet werden.
In diesem Umfang macht der Beschwerdeführer somit zu Recht materielle Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) geltend. Der Schuldspruch zu Punkt 2) ist aber, soweit er (Versuchs-) Handlungen des Angeklagten vom 16.Juli 1981
betrifft, die nach dem vollendeten Mißbrauch zur Unzucht gelegen sind, darüber hinaus mit derselben, insoweit zwar vom Angeklagten nicht gerügten, jedoch gemäß § 290 Abs. 1
StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit behaftet:
Es entbehrt nämlich die nach der Deliktsvollendung am 16.Juli 1981 unter dem gleichzeitigen Anbot eines Betrages von 200 S und einer Schallplatte getroffene Verabredung eines Zusammentreffens für den nächsten Tag der für die Annahme eines Versuches des Deliktes nach § 207 Abs. 1 StGB erforderlichen zeitlichen Ausführungsnähe (§ 15 Abs. 2 StGB letzter Teil), sodaß sie sich nicht als Versuch, sondern als (straflose) Vorbereitungshandlung darstellt.
Es verbleibt sohin als dem Angeklagten anzulastender Versuch des Mißbrauches des Unmündigen zur Unzucht lediglich die am 17.Juli 1981 geschehene Aufforderung des Angeklagten an Gerhard B, mit ihm auf die Toilette zu gehen.
In Ansehung dieses Verhaltens versagt indes der weitere Beschwerdeeinwand, es läge deshalb absolut untauglicher Versuch vor, weil zum Zusammentreffen am 17.Juli 1981 bereits Polizisten an Ort und Stelle bestellt wurden, die den Angeklagten hätten verhaften sollen, wenn ihnen mit dem Schlüsselbund ein Zeichen gegeben worden wäre. Der Beschwerdeführer läßt in diesem Zusammenhang die Urteilsfeststellung außer acht, wonach er sich zum Zeitpunkt der Einladung an den Unmündigen mit diesem allein befand und sonach eine Möglichkeit der Polizisten, welche den Angeklagten und die beiden Unmündigen ja auf dem Weg durch die Mariahilferstraße aus den Augen verloren hatten, die Tatausführung zu verhindern, gar nicht gegeben war. Der Versuch ist vielmehr nur deshalb, weil das Opfer sich weigerte, (zum Zwecke der Unzuchtshandlung) auf die Toilette zu kommen, somit nur zufolge der zufälligen Umstände des Falles gescheitert. Die Annahme absolut untauglichen Versuches (§ 15 Abs. 3 StGB), welche unter Heranziehung des vom Täter beabsichtigten weiteren Verhaltens und unter Anlegung eines generalisierenden und abstrahierenden Maßstabes, d.h. losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalles, voraussetzen würde, daß die Tatvollendung wegen Unzulänglichkeit des Subjektes, Objektes oder der Handlung unter keinen wie immer gearteten Umständen möglich wäre, scheidet daher aus.
Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer - der in der Nichtigkeitsbeschwerde das geplante Vorgehen des Unmündigen, mit einem Schlüsselbund ein Zeichen zu geben, 'gleichsam' als das eines 'agent provocateur' bezeichnet -, daß auch das Auftreten eines unter der Aufsicht der Sicherheitsbehörde handelnden Lockspitzels grundsätzlich für die Frage der Versuchstauglichkeit ohne Bedeutung ist (Mayerhofer-Rieder, Nr. 15 zu § 25 StPO).
Aus den angeführten Gründen war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und auch gemäß 290 Abs. 1 zweiter Satz 1. Fall StPO der Schuldspruch im Punkt 2, mit Ausnahme des Vorwurfs der Aufforderung mit ihm auf die Toilette zu gehen, aufzuheben und der Angeklagte von diesen Anklagepunkten freizusprechen. Die teilweise Aufhebung des Schuldspruches hatte auch zur Folge, daß der Strafausspruch und der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft aufzuheben war.
Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Die Strafe war nach § 207 Abs. 1 StGB neu zu bemessen. Erschwerend waren die mehrfachen einschlägigen Vorstrafen und die Wiederholung der strafbaren Handlung, mildernd, daß es am 17.Juli 1981 beim Versuch geblieben ist.
Weil der Angeklagte trotz mehrfacher und zum Teil empfindlicher Vorstrafen immer wieder rückfällig geworden ist, mußte eine spürbare Strafe verhängt werden, auch wenn man berücksichtigt, daß die Unzuchtshandlungen am 16.Juli 1981 nicht sehr intensiv waren. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten entspricht dem Unrechtsund Schuldgehalt der Tat. Eine bedingte Strafnachsicht kam bei dem Vorleben des Angeklagten und seiner gefährlichen Neigung nicht in Betracht.
Die Entscheidung über die Anrechnung der Untersuchungshaft gründet sich auf § 38 Abs. 1 StGB Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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