Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf vier Jahre erhöht.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21. Dezember 1912 geborene Pensionist Johann A des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs. 1, 86 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Walddorf, Gemeinde Maria Saal, Rudolf B vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, und zwar I./ am 22. November 1981 durch Versetzen von wuchtigen Schlägen gegen den Kopf und dadurch, daß er den Genannten von einer Bettbank zu Boden stieß, leicht (wobei Rudolf B zahlreiche Prellungen, verbunden mit Blutunterlaufungen am Kopf, Rumpf und den Extremitäten erlitt) und II./ am 29. November 1981 durch Faustschläge, Fußtritte und Schläge mit einem Gürtel derart, daß die Tat den Tod des Rudolf B zur Folge hatte.
Nur den Schuldspruch wegen Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs. 1, 86
StGB bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er einleitend in Art einer Schuldberufung die Beweiskraft der (in der Hauptverhandlung verlesenen) Aussage des einzigen Tatzeugen bezüglich der Vorfälle vom 29. November 1981 (seines Neffen Wilhelm A) vor der Gendarmerie unter Hinweis auf dessen Aussageentschlagung nach § 152 Abs. 1 Z. 1 StPO in der Hauptverhandlung zu erschüttern versucht.
Rechtliche Beurteilung
Diese Ausführungen sind unbeachtlich, weil eine Anfechtung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) im Nichtigkeitsverfahren unzulässig und ein gegen den Ausspruch des Schöffengerichtes über die Schuld des Angeklagten gerichtetes Rechtsmittel im Gesetz nicht vorgesehen ist. Dies gilt jedoch auch für die Ausführungen des Angeklagten in seiner auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO gestützten Mängelrüge: Denn mit der Behauptung unzureichender Begründung in Ansehung der Urteilsannahme, daß der Angeklagte dem Rudolf B durch Faustschläge, Fußtritte und Schläge mit einem Gürtel Verletzungen zufügte, die später zum Tod des Genannten führten, übergeht er, daß das Erstgericht diese Feststellungen denkrichtig und mängelfrei auf die (durch die Aussage des erhebenden Gendarmeriebeamten Rudolf C und den Obduktionsbefund erhärteten) Angaben des Wilhelm A (im Urteil einmal unrichtig:
Wilhelm 'B'; siehe S. 204
Mitte) vor der Gendarmerie stützt; der Angeklagte bekämpft damit ebenso in unzulässiger Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung wie mit dem spekulativen Einwand, ein Teil der an Rudolf B festgestellten Verletzungen könne als Folge eines epileptischen Anfalles des Genannten entstanden sein, ein Teil könne 'genauso von Wilhelm A, der ebenfalls im Zimmer anwesend war, wie auch von dritten Personen stammen'.
Als logisch und auch hinreichend begründet erweist sich entgegen den weiteren Ausführungen der Mängelrüge der Schluß des Erstgerichtes auf die - noch zu erörternde - subjektive Vorhersehbarkeit der Todesfolge durch den Angeklagten im allgemeinen (eine Feststellung, wonach der Angeklagte auch den Eintritt einer Fettembolie als konkrete Todesursache vorhersehen konnte, traf das Erstgericht nicht) aus der Schwere des gegen den 41-jährigen betrunkenen Rudolf B, der keine Abwehrreaktion mehr zeigte, mit dem Gürtel geführten Angriffes des Angeklagten, dem bekannt war, daß B körperliche Verfassung nicht mehr die beste war; die Annahme objektiver Voraussehbarkeit von Erfolg und Kausalzusammenhang für die (strafrechtliche) Erfolgszurechnung wurde (vorliegend), weil dieser widersprechende Tatsachen nicht hervorgekommen waren, mit dem (zutreffenden) Hinweis auf die allgemeine Lebenserfahrung zureichend begründet (S. 206). Formelle Begründungsmängel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs.1 StPO liegen mithin nicht vor.
Soweit der Angeklagte in Ausführung seiner auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge meint, er habe auf Grund seiner Vorbildung und seiner (durch Alkoholkonsum zur Tatzeit noch stark herabgesetzten) geistigen Fähigkeiten nicht gewußt, daß als Folge von Schlägen mit einem Gürtel, der mit einer Metallschnalle versehen ist, beim Opfer eine Fettembolie auftreten kann, die zu dessen Tod führt, weshalb er nicht des Verbrechens nach § 86 StGB (gemeint: § 83 Abs. 1, 86 StGB), sondern lediglich des Vergehens nach § 84 StGB (gemeint: § 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB) hätte schuldig erkannt werden dürfen, womit er der Sache nach mangelnde subjektive Voraussehbarkeit der Todesfolge behauptet, ist ihm entgegenzuhalten:
Richtig ist, daß es für die subjektive Zurechenbarkeit einer qualifizierenden Tatfolge (im Sinne des § 7 Abs. 2 StGB) auf die individuellen Fähigkeiten des Täters ankommt, mithin darauf, ob der Täter nach seinen persönlichen geistigen Verhältnissen die Tatfolge bzw. ihre Herbeiführung in einer den Anforderungen des Adäquanz- und Risikozusammenhangs entsprechenden Weise vorhersehen konnte (Burgstaller in WK, Rz 22 zu § 7).
Bei der Beurteilung der individuellen Fähigkeiten des Täters haben jedoch Mängel im emotionellen Bereich, wie Aggressivität und Alkoholmißbrauch, außer Betracht zu bleiben und können deshalb den Täter nicht entlasten (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/321; ebenso auch 11 0s 26/80). Damit kann sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg darauf berufen, daß seine geistigen Fähigkeiten infolge des seit Jahren und auch zur Tatzeit betriebenen übermäßigen Alkoholgenusses (S. 214, 215) reduziert gewesen seien und ihm dadurch in relevanter Weise die Einsicht in die Folgen seines (in complexu zu betrachtenden) Verhaltens (Faustschläge, Fußtritte und Schläge mit einem mit einer Metallschnalle versehenen Gürtel) verwehrt war. Im übrigen muß der Täter lediglich allgemein voraussehen können, daß die qualifizierende Tatfolge in einer Weise zustande kommt, die den Anforderungen des Adäquanz- und Risikozusammenhangs genügt; Vorhersehbarkeit des konkreten Kausalverlaufs (hier: Eintritt des Todes infolge einer Fettembolie) innerhalb dieses Rahmens ist hingegen nicht erforderlich (Burgstaller a.a.0., Rz 94 zu § 6). Da nach den Urteilsannahmen für den Beschwerdeführer (subjektiv) der Eintritt des Todes des Rudolf B als Folge seiner Handlungsweise - wenn auch nicht in der konkreten Form einer Fettembolie - voraussehbar war, was für die subjektive Zurechenbarkeit des Erfolgs genügt, haftet dem angefochtenen Urteil der behauptete Rechtsirrtum nicht an.
Auch der Hinweis der Verteidigung im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung, daß der Angeklagte im Hinblick auf die am 22. November 1981 verübten tätlichen Mißhandlungen des Rudolf B, die nur leichte Verletzungen zur Folge hatte, bei den Mißhandlungen vom 29. November 1981 nicht damit zu rechnen gehabt habe, daß nunmehr wesentlich andere Folgen eintreten würden, kann zu keiner anderen Betrachtung führen, denn dabei wird übergangen, daß die Tätlichkeiten am 22. November 1981 in Schlägen mit der Hand und einem Herauszerren aus einem Bett bestanden, dagegen am 29. November 1981 zahlreiche Hiebe mit einem Gürtel geführt wurden, was die Wucht und damit die Auswirkungen der Tätlichkeiten ganz erheblich vergrößerte, ein Umstand, der auch voraussehbar war. Es kommt daher auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zu. Soweit der Angeklagte meint, das Erstgericht hätte 'auch ohne darauf hinzielenden Antrag' - ersichtlich zum Nachweis dafür, daß für ihn der konkrete Kausalablauf (nämlich der Eintritt einer Fettembolie als Todesursache) nicht vorhersehbar war - ein psychiatrisches Sachverständigengutachten über 'seine geistigen Fähigkeiten und Kenntnisse' einholen müssen, womit er der Sache nach den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO geltend macht, ist ihm entgegenzuhalten, daß es dafür entgegen der Meinung des Beschwerdeführers schon an der formellen Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages des anwaltlich vertretenen Angeklagten fehlt (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO, ENr. 1 und 25 zu § 281 Z. 4).
Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 86 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Wiederholung der Tätlichkeiten (bei jedem der beiden Delikte), als mildernd dagegen keinen Umstand.
Der Strafausspruch wird sowohl vom Angeklagten, der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt, als auch von der Staatsanwaltschaft bekämpft, die eine Erhöhung des Strafausmaßes anstrebt.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu. Auch unter Berücksichtigung des Milieus, in dem Täter und Opfer sich bewegten, des Umstandes, daß das Opfer durch sein Verhalten in seiner schweren Alkoholisierung auslösende Ursache für die Mißhandlungen war und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß eine Freiheitsstrafe den Angeklagten in seinem Alter bereits härter trifft als einen jüngeren Menschen, erscheint das vom Erstgericht gewählte Strafausmaß angesichts der besonders brutalen Tatbegehung gegen einen praktisch wehrlosen Menschen nicht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen. Es war daher in Stattgebung der Berufung der Anklagebehörde eine entsprechende Erhöhung des Strafausmaßes vorzunehmen. Die Berücksichtigung der aufgezeigten Umstände führte dazu, daß die Freiheitsstrafe mit vier Jahren ohnedies noch in der unteren Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt wurde.
Der Angeklagte war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
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