OGH 13Os163/82

OGH13Os163/8218.11.1982

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erwin A und Christine B wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Erwin A gegen das Urteil des Kreisgerichts Wr. Neustadt als Schöffengerichts vom 16.Juni 1982, GZ. 12 b Vr 184/82-15, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Der Akt wird zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Erwin A der Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er vom Juli bis November 1978 in Berndorf und Weißenbach/Tr. in wiederholten Angriffen mit der am 31.Jänner 1965 geborenen Helga B den außerehelichen Beischlaf unternommen (I 1) und im November 1981 in Berndorf eine unmündige Person, nämlich die am 4. Jänner 1969 geborene Silvia B dadurch zur Unzucht mißbraucht, daß er sie mit entblößtem Unterkörper photographierte, sie dabei zu verschiedenen unzüchtigen Stellungen veranlaßte und sie - um sich geschlechtlich zu erregen - verleitet, eine unzüchtige Handlung an sich selbst vorzunehmen, nämlich bei einer der Aufnahmen ihre Schamlippen mit den Fingern auseinanderzuziehen, wobei er eine Nahaufnahme ihres Geschlechtsteils anfertigte (I 2). Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Das Schöffengericht nahm auf Grund der Aussage der Zeugin Helga B als erwiesen an, daß der Angeklagte mit ihr vom Juli bis November 1978 wiederholt geschlechtlich verkehrte und erachtete dadurch seine Verantwortung, dazu sei es erst nach seiner Haftentlassung im Mai 1979

gekommen und somit (erst) zu einem Zeitpunkt, als die Zeugin das 14. Lebensjahr bereits vollendet hatte, als widerlegt.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge verweist unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit des Urteils auf die Aussage der Helga B vor der Gendarmerie (S. 19 - 21) und behauptet ohne nähere Begründung, daß die Genannte offensichtlich bestrebt sei, dem Angeklagten Beziehungen zu ihren beiden Schwestern anzudichten, was gegen ihre Glaubwürdigkeit spreche. Damit verkennt der Beschwerdeführer das Wesen der angerufenen Gesetzesstelle und der dort umschriebenen verschiedenen Arten von Begründungsmängeln einerseits und der dem Gericht durch § 258 Abs. 2 StPO eingeräumten Befugnisse andererseits, aber auch den Umfang der Begründungspflicht bei Urteilen gemäß § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO Ohne Substantiierung irgendeines Begründungsfehlers in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs. 1

StPO wird mit diesem Vorbringen eine Nichtigkeit nach dieser Gesetzesstelle nicht dargetan.

Im übrigen stellt die Beschwerde nicht auf die Entscheidungsgründe des Urteils ab. Die Behauptung, das Urteil enthalte keine Feststellungen über die Dauer der Strafhaft des Angeklagten, übersieht die ausdrücklichen Konstatierungen, daß der Beschwerdeführer vom November 1978 bis Mai 1979 in Haft war (S. 86). Soweit die Beschwerde zum Schuldspruch nach dem dritten Fall des § 207 Abs. 1 StGB dem Sinne nach eine unzureichende Begründung der Absicht des Beschwerdeführers, sich geschlechtlich zu erregen, behauptet (im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen ist dies für den ersten Fall nicht erforderlich), übergeht sie gänzlich, daß das Schöffengericht diese Vorsatzform (§ 5 Abs. 2 StGB) des Angeklagten deshalb als erwiesen annahm, weil es seine Verantwortung für unglaubwürdig hielt und aus der Tatsache, daß er das Kind zum Entkleiden, zur Einnahme unzüchtiger Stellungen und zur Vornahme einer unzüchtigen Handlung veranlaßte, durchaus denkrichtig und im Einklang mit der Lebenserfahrung die Schlußfolgerung gezogen hat, der Beschwerdeführer habe dabei seine geschlechtliche Erregung gesucht (S. 87).

Die Rechtsrüge erschöpft sich in der Behauptung, die Verurteilung nach § 207 StGB sei mit Nichtigkeit gemäß der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet. Der geltend gemachte Rechtsirrtum wird demnach nicht, wie dies das Gesetz für die Relevierung materieller Nichtigkeitsgründe erfordert, aus einem Vergleich des als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit den in Betracht kommenden Tatbeständen des materiellen Strafrechts abgeleitet. Folglich ist der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Mangels prozeßordnungsgemäßer Ausführung der angezogenen oder irgendeines anderen der im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe war die Beschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die Zuleitung des Akts zur Entscheidung über die Berufung an das Oberlandesgericht Wien beruht darauf, daß eine (die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung begründende) Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde entfällt (RiZ. 1970, S. 17, 18; 1973 S. 70 u. v.a.).

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