OGH 10Os140/82

OGH10Os140/829.11.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 1982 durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr.Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. April 1982, GZ 29 Vr 1980/79-52, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gohn-Mauthner und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob - zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe gemäß § 31, 40 StGB mit Rücksicht auf das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 26. August 1982, GZ 14 U 1244/82-3, auf 5 (fünf) Monate (als Zusatzstrafe) herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann A des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in der Zeit vom 24. August 1978 bis zum Juli 1981 in Schlatten als Schuldner mehrerer Gläubiger in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung zumindest eines Teiles seiner Gläubiger vereitelte oder schmälerte, indem er insbesondere neue Schulden einging, alte Schulden zahlte und das Ausgleichsverfahren oder die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte.

Von der darüber hinausgehenden Anklage hingegen, er habe in der Zeit vom 1. Februar 1978 bis zum August 1979

in insgesamt neun Fällen durch das Herauslocken von Darlehen, Vorschußzahlungen und Warenlieferungen das Verbrechen des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB verübt, wurde er - in Ansehung jener Fakten, die nach der Tatzeit von der zuvor angeführten Verurteilung mitumfaßt sind, allerdings formell verfehlt (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 92 zu § 262) - freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist dieses Rechtsmittel, soweit der Beschwerdeführer dabei (Z 9 lit a) nicht, wie dies zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wäre, von dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt, sondern von der Annahme ausgeht, er sei ab dem 24. August 1978 keine neuen Schulden mehr eingegangen; hat doch das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, daß der Angeklagte als Einzelkaufmann - und nicht etwa (nur) im Rahmen seiner (im vorliegenden Verfahren nicht inkriminierten) Tätigkeit als Geschäftsführer der 'Fa B und C A Gesellschaft mbH - bei der Weiterführung seines Unternehmens im Tatzeitraum trotz Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit (S 227) sehr wohl auch neue Schulden einging (S 229), indem er (unter anderem) Geschäfte auf Kreditbasis abschloß (S 228).

Formelle Begründungsmängel des Urteils (Z 5) in Ansehung dieser Konstatierung vermag der Beschwerdeführer - der übrigens bei seiner Rüge selbst einräumt, in jenem Zeitraum private Bürgschaften (für die Gesellschaft) übernommen (sowie teils zur Gänze und im übrigen teilweise beglichen zu haben) - mit seiner Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten (ON 17 und 46) jedenfalls nicht aufzuzeigen, weil letzteres in seiner Sachaussage (vgl insbes S 63- 67, 73) ungeachtet der in der Beschwerde relevierten mißverständlichen Zusammenfassung (S 75, 83) die bekämpfte Feststellung vollauf deckt.

Gleichermaßen nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist außerdem der weitere Einwand (Z 9 lit a), aus der relativ geringen Höhe der vorerwähnten (drei) Bürgschaftsverbindlichkeiten des Angeklagten habe sich für ihn noch nicht die Notwendigkeit zur Stellung eines Konkursantrags ergeben; denn bei der Annahme dieser Verpflichtung hat das Schöffengericht unmißverständlich auch seine alten Schulden miteinbezogen (S 227, 229).

Darin aber liegt, der Beschwerdeauffassung (Z 9 lit b) zuwider, keineswegs ein Verstoß gegen die materielle Rechtskraft des Urteils vom 23. August 1978 (GZ 7 E Vr 1318/78-8 des Landesgerichtes Klagenfurt), mit dem er des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt worden war. Jenes erstreckte sich nämlich (nur) auf die vor diesem Zeitpunkt gesetzten Tathandlungen des Beschwerdeführers, das nunmehr angefochtene hingegen (ausschließlich) auf nachher verübte; dabei sowohl seine schon ab der Rechtskraft des ersten Urteils (weiterhin) vorgelegene Zahlungsunfähigkeit als auch seine alten Schulden mitzuberücksichtigen, war dem Erstgericht durch die Sperrwirkung jenes Schuldspruchs keineswegs verwehrt, weil letzterer bloß die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit und die bis dahin vorgenommene Gläubigerbenachteiligung erfaßte, der nunmehrige hingegen ausschließlich die danach begangene.

Verfehlt schließlich ist auch die Rechtsansicht des Angeklagten (Z 9 lit a), das Tatbestandsmerkmal einer Vereitelung oder Schmälerung der Befriedigung zumindest eines einzigen der mehreren Gläubiger des Täters in § 159 Abs 1 Z 2

StGB könne dann nicht verwirklicht worden sein, wenn durch dessen darin (demonstrativ) angeführte Tathandlungen sein Schuldenstand insgesamt keine Veränderung oder sogar eine Verminderung erfahre. Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinn dieser Strafbestimmung liegt nämlich nicht nur dann vor, wenn durch Eingehen neuer und Bezahlung alter Schulden insgesamt eine weitere Verschlechterung der Vermögenslage des Gemeinschuldners eintritt, sondern auch schon dann, wenn - wie im vorliegenden Fall unangefochten festgestellt - durch willkürliche Zahlungen an einzelne Gläubiger eine Veränderung des allen Gläubigern gemeinsamen Befriedigungsfonds erfolgt und durch die Tathandlungen die Stellung und Beziehung der Gläubiger zueinander zum Nachteil eines Teiles von ihnen verschoben wird (vgl ÖJZ-LSK 1976/147, RZ 1973/95 ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 159 Abs 1 StGB zu neun Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine drei einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, sein Geständnis hingegen als mildernd; überdies nahm es auf 'den doch beträchtlichen Schaden' Bedacht. Zur Anwendung der § 37, 43 StGB fand es mit Rücksicht auf das Vorleben des Angeklagten keinen Anlaß.

Der Berufung, mit der dieser die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe oder allenfalls eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und/oder deren bedingte Nachsicht anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu.

Zwar hat das Erstgericht die Strafzumessungsgründe richtig festgestellt, doch hat es die Strafdauer nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Berufungswerbers, der immerhin den Gesamtschuldenstand zu verringern vermochte, schon an sich etwas zu hoch ausgemessen. Dazu kommt noch, dgemäß § 31, 40 StGB auf das mittlerweile ergangene, im Spruch bezeichnete Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt Rücksicht zu nehmen war, mit dem er wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB, begangen durch das im September und Oktober 1981 in zwei Angriffen unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit verübte Herauslocken von Treibstoff im Gesamtwert von rund 4.500 S zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt wurde. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs wäre bei einer gemeinsamen Aburteilung dieses Delikts mit dem ihm im vorliegenden Verfahren zur Last fallenden eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten angemessen gewesen, sodaß die hier über ihn verhängte auf fünf Monate zu reduzieren war.

Insoweit war daher der Berufung stattzugeben.

Die Verhängung einer Geldstrafe statt der Freiheitsstrafe oder die Gewährung bedingter Strafnachsicht kamen jedoch schon aus Gründen der Spezialprävention nicht in Betracht (§ 37 Abs 1, 43 Abs 1 StGB). In diesem Umfang mußte daher der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

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