Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Februar 1935 geborene Kellner Kurt A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287, 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG. schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Urteils hat er in Wien 1.) am 13. April 1982 sich fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und in diesem Zustand eine Handlung begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zugerechnet würde, indem er im Kaffeehaus B einen geladenen Trommelrevolver mit den Worten, er werde den Hund erschießen, zog, die Waffe gegen den Kriminalbeamten Wolfgang C sowie etwa 20 Gäste richtete und sie kreisen ließ, diese Personen demnach mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;
2.) am 12. und 13.April 1982 unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich einen Trommelrevolver samt Munition, besessen und geführt. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.
Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund wirft der Beschwerdeführer dem Urteil unvollständige Begründung vor. Nach seiner Meinung hätte die Äußerung des Angeklagten, er werde 'den Hund erschießen' erörtert werden müssen, weil nicht auszuschließen sei, daß der Beschwerdeführer damit bloß die Tötung eines im Kaffeehaus befindlichen Hundes gemeint habe. Weiters lasse sich aus der Aussage des Zeugen D entnehmen, daß der Beschwerdeführer mit der Drohung, zu schießen, den Wunsch nach Ruhe (Beendigung der im Kaffeehaus stattfindenden Rauferei) verbunden habe; hierin könne auch eine straflose milieugemäße Unmutsäußerung erblickt werden. übergangen habe das Schöffengericht schließlich die Aussage der Zeugen E und F, die eine Bedrohung durch den Beschwerdeführer verneint hätten.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge schlägt jedoch nicht durch.
Welchen Sinngehalt eine gefährliche Drohung hat, ist eine Feststellung tatsächlicher Art; daß der Drohende das angefochtene übel verwirklichen wolle, ist nicht erforderlich, es genügt, daß die Drohung ernst gemeint erscheint (Leukauf-Steininger2, Komm. zum StGB, RN. 18 und 20 zu § 74). Die Eignung einer Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen, ist objektiv zu beurteilen. Maßgeblich ist, ob der Bedrohte bei unbefangener Betrachtung der Situation die Verwirklichung des angedrohten übels erwarten, d.h. den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei in der Lage und willens, diese Folgen tatsächlich herbeizuführen. Daß wirklich Besorgnis erweckt wurde, ist hingegen nicht erforderlich (ÖJZ-LSK. 1976/192 zu § 74 Z. 5 StGB). Dies aber hat das Schöffengericht auf Grund des von ihm mängelfrei festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers, der zu seinen verbalen Drohungen auch noch eine Schußwaffe kreisen ließ, durchaus zutreffend angenommen; die Äußerung des Täters richtete sich nicht bloß gegen 'den Hund' sondern gegen die gesamten Gäste des Lokales ('ich schieß euch alle nieder, wenn sich einer dreinmischt', 'euch mach ich alle nieder', S. 353, 354, 358). Daß dieses Verhalten objektiv geeignet war, in den Gästen des Lokals Furcht und Unruhe zu erwecken, und somit nicht mehr als bloße Unmutsäußerung angesehen werden konnte, liegt auf der Hand und ergibt sich auch aus den vom Erstgericht verwerteten (S. 345, 351) Zeugenaussagen D und G (S. 157, 154). Ob sich im Lokal tatsächlich ein Hund befunden hat, brauchte das Erstgericht bei der festgestellten Sachlage nicht weiter zu erörtern, ebensowenig den Umstand, daß sich andere Personen - aus welchen Gründen immer - nicht bedroht fühlten. Das Gericht brauchte sich daher auch nicht weiter mit dem eine Erregung von Furcht und Unruhe negierenden Zeugenaussagen E und F auseinanderzusetzen.
Ein Begründungsmangel im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes haftet dem Urteil jedenfalls nicht an.
In seiner auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO gestützten Rechtsrüge bringt der Beschwerdeführer vor, das Urteil leide an mehreren Feststellungsmängeln. Es fehle nämlich eine Konstatierung darüber, daß sich der Beschwerdeführer zumindest fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt habe und daß jemand in einen nachhaltigen, das ganze Gemüt ergreifenden, peinvollen Seelenzustand versetzt worden sei, wie dies für die Annahme von Furcht und Unruhe beides Tatbestandsvoraussetzungen des § 107 StGB, gefordert werde. Auch insoweit ist die Nichtigkeitsbeschwerde, mit der der Sache nach auch § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO geltend gemacht wird, unberechtigt.
Daß sich der Angeklagte durch den über den ganzen Tag verteilten Genuß beträchtlicher Alkoholmengen in Verbindung mit der Einnahme von 3 Tabletten Valium zumindest fahrlässig voll berauscht hat, wurde vom Schöffengericht ausdrücklich konstatiert (S. 353, 358). Dieser Feststellung haftet im Hinblick auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen und auf den Umstand, daß dem Angeklagten die Wirkung von Alkohol auf ihn bekannt war, kein Mangel an, sodaß die rechtliche Beurteilung des Täterverhaltens ohne Fehler geblieben ist.
Eine Äußerung, mit der das Umbringen angedroht und die durch das Zücken eines Revolvers unterstrichen wird, ist aber durchaus geeignet, Furcht und Unruhe in der vom Beschwerdeführer umschriebenen Intensität zu erwecken.
Tatsächlich haben, worauf das Erstgericht ersichtlich Bedacht genommen hat, mehrere Personen erklärt, sich vor dem Angeklagten gefürchtet zu haben. Im übrigen genügt, wie bereits erwähnt, die objektive Eignung der Drohung, Furcht und Unruhe zu erregen; daß sich jemand wirklich gefürchtet hat, ist für den Tatbestand gar nicht erforderlich. Es haftet somit auch der Annahme des Erstgerichtes, das Verhalten des Beschwerdeführers sei geeignet gewesen, Furcht und Unruhe zu erwecken, ein Fehler nicht an. Schließlich wird in der Nichtigkeitsbeschwerde unter Berufung auf § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO ohne nähere Begründung ausgeführt, daß nach Ansicht des Beschwerdeführers auf ihn die Bestimmung über die Strafschärfung bei Rückfall (§ 39 StGB) gar nicht angewendet werden dürfe. Insoweit genügt es, darauf hinzuweisen, daß nach der herrschenden Rechtsprechung die Anwendung oder Nichtanwendung des § 39 StGB mit Berufung zu bekämpfen ist.
Nichtigkeitsbeschwerde ist nur zulässig, wenn die Grenzen der durch § 39 StGB ermöglichten Strafschärfung überschritten wurden (EvBl. 1975/268). Im übrigen hat vorliegend das Erstgericht zwar die theoretische Möglichkeit einer Anwendung des § 39 StGB auf den Angeklagten erörtert, diese Gesetzesstelle aber tatsächlich gar nicht zur Strafbemessung herangezogen. über den Angeklagten ist nämlich bloß eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten verhängt worden, die innerhalb des gesetzlichen, nicht durch § 39 Abs. 1 StGB erweiterten Strafrahmens der § 287 Abs. 1 und 107 Abs. 2 StGB liegt. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt A war daher zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend den raschen Rückfall, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und als mildernd das Geständnis.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.
Auch die Berufung ist nicht berechtigt.
Entgegen der in der Berufung ausgedrückten Meinung beruhen schwere Körperverletzung, Erpressung und das vorliegende, im Zustand der vollen Berauschung begangene Delikt der gefährlichen Drohung auf der gleichen schädlichen Neigung. Bei diesen Straftaten handelt es sich kriminologisch gesehen um ein gleichartiges Verhalten des Täters, das auf einen Charaktermangel (Aggressionsneigung) zurückzuführen ist (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 2 bis 7 zu § 71 und RN. 2 zu § 39 StGB). Nicht maßgeblich ist, daß jede der Taten im Zustand voller Berauschung begangen wurde. Im übrigen war beim Angeklagten, der zu Alkoholexzessen neigt, vielfach Alkohol auslösendes Moment seiner strafbaren Handlungen. Keinen Unterschied macht, ob die Tat nach dem Strafgesetzbuch oder nach dem Strafgesetz bestraft wurde, weil es nur auf die kriminelle Neigung, nicht aber auf das angewendete Gesetz ankommt.
Die Voraussetzungen der Rückfallsverjährung nach § 39 Abs. 2 StGB liegen nicht vor. Denn die Zeit der Untersuchungshaft und des gerichtlichen Strafvollzuges (vom 10.Dezember 1979 bis 28. Mai 1980 und vom 17.Juli 1980
bis 6.November 1981, 5 e Vr 10856/79 und 5 e Vr 3450/79 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) war in die fünfjährige Verjährungszeit (26.Jänner 1977, Vollzugsende der zu 20 Vr 1034/74 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verhängten Strafe, bis 12. April 1982, Tatzeit im vorliegenden Fall) nicht einzurechnen. Das Erstgericht hat somit zu Recht die Voraussetzungen des Rückfalls nach § 39 StGB als gegeben angesehen.
Weil es tatsächlich von der außerordentlichen Strafschärfung keinen Gebrauch machte, liegt der angenommene Erschwerungsgrund vor. Auch die übrigen Strafbemessungsgründe wurden richtig und vollständig gewürdigt. Der Zustand voller Berauschung ist schon durch die Unterstellung der Tat unter § 287 StGB berücksichtigt. Ein Milderungsgrund ist der ständige Alkoholmißbrauch des Angeklagten nicht.
Die vom Erstgericht verhängte Strafe ist somit nicht zu hoch bemessen, sodaß der Berufung ein Erfolg zu versagen war. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)