OGH 10Os138/82

OGH10Os138/8220.10.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 1982 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter, unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf A u.a. wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach § 12, zweiter Fall, 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Rudolf A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8. Juni 1982, GZ 9 Vr 626/82-82, nach öffentlicher Verhandlung, - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Stern und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Hauptmann -

zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt C des Urteilssatzes, jedoch nur, soweit sich dieses auch auf die Bestimmungstäterschaft des Genannten hinsichtlich der Straftaten A I 1 a cc und dd des Urteilssatzes bezieht, sowie im Ausspruch über die Unterstellung des vom Punkt C des Urteilssatzes erfaßten Verhaltens dieses Angeklagten auch unter § 129 Z 2 StGB und in dem ihn betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches nach § 38 StGB) aufgehoben sowie die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte A auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil in dem den Angeklagten Manfred B betreffenden Strafausspruch dahin ergänzt, daß diesem Angeklagten auch die vom 19. Jänner 1982, 18 Uhr, bis 15. Februar 1982, 10 Uhr 30, erlittene Verwahrungs- und Untersuchungshaft gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 StGB auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 2. Juni 1941 geborene Kellner (Schankbursche) Rudolf A des Verbrechens der Anstiftung (Bestimmung) zum schweren Diebstahl durch Einbruch nach § 12, 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1

und 2 StGB (Punkt C des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Darnach hat er im Oktober und November 1981 in Graz mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten hiedurch unrechtmäßig zu bereichern, die Mitangeklagten Manfred B und Siegfried C, welche in Graz in Gesellschaft als Beteiligte (unter anderem) am 20. Oktober 1981 der Brigitte D Stempelmarken, Zigaretten, Briefmarken und Feuerzeuge im Gesamtwert von S 127.796,50 (Punkt A I 1 a cc des Urteilssatzes), und der Franziska E Fotoartikel, Taschenrechner und zwei Fotoapparate im Gesamtwert von S 23.779 (A I 1 a dd), in der Nacht zum 10. November 1981 Berechtigten der Firma F Teppiche im Gesamtwert von S 2,560.000,-

(A I 1 a ee) sowie am 19. November 1981 dem Wilhelm G Zigaretten, Stempelmarken, Briefmarken und Feuerzeuge im Gesamtwert von S 249.000,- (A I 1 a ff) durch Einbruch in Gebäude gestohlen haben, zu diesen Straftaten angestiftet (bestimmt).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Mängelrüge eine Unvollständigkeit der Begründung hinsichtlich der Diebstähle zum Nachteil der Firma F und des Wilhelm G (A I 1 a ee und ff des Urteilssatzes) behauptet, kommt ihr keine Berechtigung zu.

Der Ansicht des Beschwerdeführers zuwider sind die Angaben des Mitangeklagten C über den Einbruch bei der Firma F (S 294 Band II 2. und 3. Absatz, 295 vorl und lt Absatz, 296 1. bis 3. Absatz) im hier maßgebenden Punkt (Beteiligung des Beschwerdeführers) insgesamt keineswegs widersprüchlich, sondern stimmen (zusammengefaßt) darin überein, daß der Beschwerdeführer zwar Einzelheiten des geplanten Einbruchsdiebstahls nur mit dem Mitangeklagten B besprochen, gleichwohl aber dem Angeklagten C zu verstehen gegeben hat, er (A) erteile den Auftrag zur Tat und erkläre sich zur Abnahme der gestohlenen Teppiche bereit, und daß er außerdem den von ihm zur Tat Bestimmten sogar ein vor ihren Augen von ihm geschliffenes Montiereisen mit der Bemerkung übergeben hat, sie würden dieses noch benötigen. Ein innerer Widerspruch, den der Beschwerdeführer darzutun sucht, indem er einzelne Passagen aus dem Zusammenhang reißt, findet sich in dieser Verantwortung nicht, zumal Siegfried C betont hat, den genauen Wortlaut der vom Angeklagten A ihm gegenüber gemachten Äußerungen nicht wiedergeben zu können (Band II S 296 ganz oben).

Gleiches gilt für die ebenfalls auf die Verantwortung des Siegfried C gegründeten Urteilsannahmen betreffend die Bestimmung der Täter zum Einbruch in die Trafik des Wilhelm G (Punkt A I 1 a ff des Urteilssatzes) durch den Angeklagten A. Ein der Erörterung in den Urteilsgründen bedürftiger Widerspruch zwischen der Behauptung des C, A habe direkt den Auftrag zum Einbruch gegeben, und seiner unmittelbar nachfolgenden Aussage, aus dem Gespräch sei klar gewesen, daß A dort einen Einbruch haben wolle, jener habe auch darauf hingewiesen, daß dort viel zu holen sei (Band II S 298 letzter Abs, 299 ganz oben), ist nicht gegeben, bezieht sich doch erstere Behauptung auf die Unmittelbarkeit der Auftragserteilung, letztere Aussage hingegen auf deren Formulierung.

Ebensowenig trifft es zu, daß der Angeklagte C mit seinen in der Beschwerde relevierten Angaben dazu (Band II S 302 letzter Absatz) im Gegensatz zu seinem früheren Eingeständnis (Band II S 301 Mitte) bestritten hätte, an A beim Kartenspiel einen erheblichen Geldbetrag verloren zu haben; im Zusammenhang (insbesondere mit Band II S 303 ganz oben) gesehen hat er nämlich damit nur in Abrede gestellt, bei A ein Feuerzeug und eine Herrenarmbanduhr als Pfand für ausgeliehenes Geld eingesetzt zu haben, und sogar hiezu behauptet, auch diese Gegenstände seien ihm von letzterem 'abgespielt' worden. Ein innerer Widerspruch in den Angaben des Angeklagten C liegt folglich auch in diesem Belang nicht vor.

Die bekämpfte Feststellung einer im voraus erklärten Bereitschaft des Beschwerdeführers zur übernahme der Beute schließlich (S 4 verso - in der Beschwerde irrig: S 5 -

Abs. 3 des Urteils = S 325/II) bezieht sich nicht auf die Fakten F und G, sondern auf die noch zu erörternden Fakten D und E. Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zu verwerfen. Hinsichtlich der Diebstähle zum Nachteil der Brigitte D und der Franziska E (A I 1 a cc und dd des Urteilssatzes) liegt hingegen der vom Beschwerdeführer behauptete Begründungsmangel vor. Das Schöffengericht stützte die Feststellung, der Angeklagte A habe die Mitangeklagten B und C zu den erwähnten Einbruchsdiebstählen angestiftet und ihnen die Abnahme der Beute ausdrücklich zugesagt (Band II S 326 Mitte), primär auf die Angaben des Siegfried C. Aus der Aussage des Genannten in der Hauptverhandlung (Band II S 293 unten und vso) - die im wesentlichen mit seinen Angaben vor der Polizei übereinstimmt (Band I S 357 unten, 359) - ergibt sich aber lediglich, daß nach den Einbrüchen die Diebsbeute zum Großteil zum Beschwerdeführer gebracht und diesem überlassen wurde. Aus dieser Aussage läßt sich hingegen keinesfalls entnehmen, daß der Nichtigkeitswerber die Mitangeklagten B und C zu diesen Diebstählen bestimmt hat.

Den bezüglichen Feststellungen fehlt daher die im Urteil angenommene Deckung im Beweisverfahren. Da insoweit eine Verfahrenserneuerung unumgänglich ist, war der Schuldspruch in diesem Umfang aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Beizupflichten ist dem Beschwerdeführer auch, soweit er in der Rechtsrüge (Z 10) die (anklagekonforme) Annahme der Z 2 des § 129 StGB bekämpft. Die Unterstellung auch unter diese Qualifikation - die nur bei den Mitangeklagten Manfred B und Siegfried C im Hinblick auf andere Fakten zutreffend angenommen wurde - findet nämlich beim Beschwerdeführer (in Ansehung der ihm als Anstifter zur Last fallenden Fakten) in den im Tenor des Schuldspruchs (gleichwie in den Urteilsgründen) konstatierten Sachverhalt keine Deckung, sodaß das Ersturteil auch mit dieser zutreffend geltend gemachten Nichtigkeit behaftet ist, weshalb auch diesbezüglich mit einer Aufhebung vorzugehen war.

Da die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs auch die Aufhebung des Strafausspruchs (einschließlich jenes nach § 38 StGB) zur Folge hatte, war der Angeklagte A mit seiner Berufung darauf zu verweisen. Auf seine von ihm selbst verfaßte, als Ergänzung der Nichtigkeitsbeschwerde (und Berufung) bezeichnete, direkt beim Obersten Gerichtshof eingebrachte Eingabe vom 31. August 1982 war nicht Bedacht zu nehmen, weil das Gesetz (§ 285 Abs. 1 StPO) nur eine - einzige - Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht (SSt 39/37; EvBl 1975/235 ua) und auf die Berufung zufolge der Teilaufhebung des Urteils (einschließlich des Strafausspruchs) nicht einzugehen war.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A hat sich der Oberste Gerichtshof ferner davon überzeugt, daß dem Angeklagten Manfred B, der gegen das Urteil kein Rechtmittel erhoben hat und sich bereits in Strafhaft befindet (Band II S 355), nur die Vorhaftzeiten vom 15. Februar 1982, 10,30 Uhr, bis 22. Februar 1982, 11,00

Uhr, und vom 16. Mai 1982, 0,45 Uhr, bis 8. Juni 1982, 12,30 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 38 StGB angerechnet worden sind. Eine Anrechnung der vom 19. Jänner 1982, 18,00 Uhr bis 15. Februar 1982, 10,30 Uhr, vom Genannten erlittenen Verwahrungs- und Untersuchungshaft (Band I S 69, Band II S 177) unterblieb dagegen im gegenständlichen Urteil erkennbar wegen der erfolgten Anrechnung dieser Haftzeit im (infolge Rückziehung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung hinsichtlich Manfred B am 9. Juni 1982 in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 15. Februar 1982, AZ 10 Vr 110/82.

Da jedoch Manfred B diese weitere Haft erst nach Begehung der im gegenständlichen Verfahren abgeurteilten Straftaten erlitten hat und die betreffende Haftzeit faktisch noch nicht angerechnet worden ist (der Vollzug der vom Kreisgericht Leoben verhängten Strafe ist erst im Anschluß an die derzeit für das Landesgericht für Strafsachen Graz in Vollzug befindliche Strafe vorgesehen), verstößt die Unterlassung der urteilsmäßigen Doppelanrechnung gegen die Vorschrift des § 38 StGB und begründet Nichtigkeit nach Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO (ÖJZ-LSK 1976/122, 1977/6, 94). Diese war gemäß § 290 Abs. 1 StPO wie im Spruch zu beheben.

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