Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung des Angeklagten Wolfgang A wird nicht Folge gegeben, jener des Angeklagten Christian B wird Folge gegeben, die Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt und gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurden der am 7. September 1961 geborene Angeklagte Wolfgang A und der am 20. Dezember 1963 geborene Angeklagte Christian B des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 1. Fall StGB schuldig erkannt.
Wolfgang A und Christian B liegt zur Last, in Gesellschaft als Beteiligte am 4. Jänner 1982 in Innsbruck im Gelände des Hauptbahnhofes Adolf C mit Gewalt gegen seine Person und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag von S 140,-- mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt zu haben, durch dessen Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar Wolfgang A dadurch, daß er Adolf C am Kragen seiner Jacke erfaßte, hochzog und dann zurückstieß und ihm einen Schlag gegen den Hals versetzte sowie dadurch, daß er Adolf C androhte, ihm die Haare anzuzünden, und die Herausgabe des Geldes verlangte; Christian B dadurch, daß er Adolf C eine (weggenommene) Medizin über den Körper goß.
Die Geschwornen hatten die - für jeden Angeklagten gesondert gestellten - anklagekonform (ON 37) abgefaßten Hauptfragen 1) und 2), ob die Angeklagten schuldig seien, 4. Jänner 1982 in Innsbruck mit Gewalt gegen eine Person, nämlich dadurch, daß Wolfgang A den Adolf C am Kragen der Jacke erfaßte, hochzog und dann zurückstieß, sowie ihm einen Schlag gegen den Hals versetzte, und Christian B dem Adolf C Schläge gegen den Körper versetzte und mit den Füßen nach ihm trat, sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), nämlich dadurch, daß Wolfgang A dem Adolf C androhte, ihm die Haare anzuzünden, sowie sich äußerte, man solle ihm ein Messer geben, damit er das 'Schwein' (womit er Adolf C meinte) abstechen könne, dem Adolf C fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag von 140,-- S mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt zu haben, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie den Raub in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) verübten, mit der Einschränkung bejaht, daß die Bedrohung des Adolf C (durch den Angeklagten A) mit einem Messer, sowie die Gewaltanwendung durch Versetzen von Schlägen gegen den Körper sowie durch Fußtritte (seitens des Angeklagten B) in Wegfall zu kommen haben. Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, die sie, im wesentlichen gleichlautend, auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs. 1 Z 6 und 9 StPO, der Angeklagte Christian B auch auf den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z 12 StPO stützen.
Rechtliche Beurteilung
Den Beschwerden kommt Berechtigung nicht zu.
In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach der Z 9
des § 345 Abs. 1 StPO bemängeln beide Angeklagten, daß die Antwort der Geschwornen auf die gestellten Fragen infolge deren einschränkender Bejahung undeutlich, 'unvollständig' und in sich widersprechend sei, weil - nach dem Beschwerdevorbringen - durch die Einschränkung der Bejahung der Hauptfrage 2 in Ansehung des Angeklagten Christian B dessen (unmittelbarer) Tatbeitrag weggefallen, hingegen eine Fragestellung nach einem 'sonstigen Tatbeitrag' im Sinne des § 12 StGB aber unterblieben sei. Es bleibe daher zweifelhaft, ob die Geschwornen die (vorliegend einzige) Qualifikation zum schweren Raub, den Raub in Gesellschaft eines oder mehrerer Beteiligter, tatsächlich bejaht haben.
Demgegenüber haben jedoch die Geschwornen das Vorliegen eines Gesellschaftsraubes ausdrücklich und unmißverständlich bejaht, wobei sie ersichtlich den (für die Herstellung der Qualifikation gar nicht erforderlichen; /siehe auch die zutreffende diesbezügliche Rechtsbelehrung Aktenseite 323/) unmittelbaren Tatbeitrag (im Sinne des ersten Anwendungsfalles des § 12 StGB) des Angeklagten Christian B im übergießen des Opfers durch ihn mit einer Medizin, sohin in einer (im Einvernehmen mit dem anderen unmittelbaren Täter A gesetzten) Verstärkung der von diesem geäußerten Drohungen (mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben) erblickten und lediglich eine auf gewaltsame Abnötigung oder Wegnahme von Geld gerichtete unmittelbare Tathandlung durch B verneinten. Von Undeutlichkeit oder einem inneren Widerspruch des Wahrspruches kann daher insoweit keine Rede sein.
Soweit beide Angeklagte unter Hinweis auf den (mit Berufung /§ 283 Abs. 1 aE; 344 StPO/ nicht bekämpften) Zuspruch (auch) eines Betrages von S 260,-- an den Privatbeteiligten Adolf C, (dem insgesamt S 400,-- zugesprochen wurden) für die Reinigung dessen Kleidung infolge deren Beschmutzung durch übergießen mit einer Medizin durch den Angeklagten Christian B unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 345 Abs. 1 Z 6 StPO eine Fragestellung nach dem Vergehen der Sachbeschädigung monieren, ist ihnen entgegenzuhalten, daß Fragen nach rechtlich konsumierten Aspekten der (insgesamt angeklagten) Tat kraft positiver Norm (sh § 312 Abs. 2 StPO: '... ohne daß eine in der anderen aufgeht ...') zu unterbleiben haben (vgl Foregger-Serini, StPO3, Erl III zu § 312, mit Judikaturhinweisen). Vorliegend war nämlich der geringe Sachschaden von nur S 260,-- nach der Eigentümlichkeit des Angriffes der als Mittel einer Raubverwirklichung anzusehenden (scheinidealkonkurrierenden /vgl Leukauf-Steininger StGB2, RN 46 zu § 28/) Handlung des Angeklagten Christian B als typische Begleiterscheinung des Raubgeschehens zu werten, der durch die (einheitliche) Unterstellung auch dieser Tathandlung (nur) unter den Tatbestand des Raubes infolge seines erheblich geringeren Unrechtsgehaltes der Haupttat gegenüber nicht ins Gewicht fällt, sondern von dem des Raubes umfaßt wird (vgl 13 Os 4/82 = LSK 1982/102 = JBl 1982 S 438). Zutreffend beschränkten sich daher die Hauptfragen darauf, die Wegnahme oder Abnötigung eines Geldbetrages von 140,-- S (durch Raub) zu inkriminieren, was den Zuspruch eines darüber hinausgehenden Ersatzbetrages (als Folge der Beschädigung der Kleidung des Raubopfers /sh S 295 d.A/) in Höhe von S 260,-- durch das Geschwornengericht (§ 338 aE StPO) nicht hinderte.
Sofern die Beschwerdeführer aber mit ihren - im Zusammenhang mit der Regelung des § 312 Abs. 2 StPO - den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO beziehenden Beschwerdeausführungen unter Annahme echter Real- oder Idealkonkurrenz von Raub und Sachbeschädigung das Fehlen einer in der Richtung des letztgenannten Deliktes erfolgten (Haupt-)Fragestellung relevieren, sind die Beschwerden nicht zugunsten der Angeklagten ergriffen, und insoweit unbeachtlich (§ 282 Abs. 1 StPO).
Nicht dem Gesetz gemäß zur Darstellung gebracht ist schließlich die auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 12 StPO gestützte Rechtsrüge des Angeklagten Christian B, mit der er die Beurteilung seines Verhaltens als Vergehen der Sachbeschädigung verlangt, weil er insoweit die tatsächlichen Feststellungen im Wahrspruch über das Vorliegen eines Gesellschaftsraubes im Sinne der § 142 Abs. 1, 143 1. Fall StGB negiert.
Es war daher den Nichtigkeitsbeschwerden insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Das Geschwornengericht verurteilte beide Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB, B unter Anwendung des § 41 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar A in der Dauer von sechseinhalb Jahren, B in der Dauer von zweieinhalb Jahren.
Bei der Strafbemessung ging das Erstgericht von folgenden Strafzumessungsgründen aus:
Bei Wolfgang A waren erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, der außerordentlich rasche Rückfall, seine führende Beteiligung an der Tat und der Umstand, daß der Raub sowohl durch Gewaltanwendung wie auch durch gefährliche Drohung begangen wurde. Als mildernd hingegen wurde sein umfassendes und reumütiges Geständnis, das entscheidend zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sein Alter unter 21 Jahren, die erhebliche Milieuschädigung und der geringe Betrag der Beute gewertet. Bei Christian B nahm das Erstgericht als erschwerend nur den Umstand an, daß der Raub in den beiden geschilderten Begehungsformen begangen wurde, als mildernd berücksichtigte das Erstgericht das Alter von knapp über 18 Jahren, den ordentlichen Lebenswandel, die untergeordnete Beteiligung an der Tat sowie den geringen Betrag der Beute.
Von den Berufungen, welche Strafherabsetzung, jene des B auch bedingte Strafnachsicht begehren, ist allein die des Letztgenannten begründet.
Die Berufung des A vermag keine zusätzlichen, ins Gewicht fallenden Milderungsgründe aufzuzeigen, zumal die hervorgehobene Milieuschädigung in Verbindung mit Verwahrlosungserscheinungen vom Erstgericht ohnedies als mildernd berücksichtigt wurde. Wenn man in Betracht zieht, daß der Genannte unter anderem bereits einmal wegen Raubes verurteilt und er verhältnismäßig rasch nach Strafverbüßung rückfällig wurde, entspricht die an der Untergrenze orientierte Freiheitsstrafe durchaus dem Tat- und Schuldunwert und ist im Verhältnis zu der evident kriminellen Neigung nicht als überhöht anzusehen.
Anders gelagert ist die Beurteilung der Straffrage beim Zweitangeklagten B. Seine Beteiligung an der Tat und damit auch ihr Schuldgehalt muß nach der Aktenlage als gering angesehen werden. Auch kann ihm eine Verleitung zur Tat durch A und seine zur Wahrheitsfindung beitragende Verantwortung noch zusätzlich als mildernd angerechnet werden. Nach seinem persönlichen Eindruck im Gerichtstag und dem zur Schau getragenen Habitus entspricht er nicht dem Typus eines Gewalttäters, sondern eines verhemmten Mitläufers, der ohne Vorbedacht und überlegung in das Tatgeschehen eingebunden wurde. Aus Anlaß des Vorliegens solcher außergewähnlicher Umstände konnte ohne Präjudiz von der außerordentlichen Strafmilderung ein noch weitgehender Gebrauch gemacht, aber auch die Strafe gemäß § 43 Abs. 2 StPO bedingt nachgesehen werden, weil im Hinblick auf seinen bisher ordentlichen Lebenswandel, seine soziale Integration und die bestehende Familienbindung besondere Gründe Gewähr dafür bieten, daß er keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO
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