OGH 12Os122/82

OGH12Os122/827.10.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon. Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stortecky als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und Z 3, 128 Abs. 1 Z 4, 130 StGB über die vom Angeklagten Andreas B gegen das Urteil des Kreigerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 2. April 1982, GZ 10 Vr 334/81-35, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Breuer, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I/ Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und in Ansehung des Angeklagten Andreas B das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch, daß der Wert der verhehlten Sachen ca 126.000 S betrug (sohin 100.000 S überstieg), und in der darauf beruhenden Unterstellung der Tat (auch) unter § 164 Abs. 3 erster Fall StGB sowie demgemäß auch in dem den genannten Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Andreas B hat zu Punkt II/B des Urteilssatzes das Verbrechen der (gewerbsmäßig betriebenen) Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 zweiter Fall StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm zu Punkt II/A des Urteilssatzes zur Last fallende Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls als Beteiligter nach § 12 zweiter und dritter Fall, 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 StGB gemäß § 28, 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/4 (zweieinviertel) Jahren verurteilt.

Die den Angeklagten Andreas B betreffenden Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft, die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens erster Instanz und den Zuspruch an die Privatbeteiligte werden aus dem angefochtenen Urteil übernommen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. II/ Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Andreas B auf die zu I/ getroffene Entscheidung verwiesen.

III/ Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird der den Verurteilten Johann C betreffende erstgerichtliche Ausspruch über die Anrechnung der von diesem erlittenen Vorhaft dahin ergänzt, daß ihm auch die Zeit vom 26. Jänner 1981, 19,30 Uhr, bis zum 27. Jänner 1981, 17,15 Uhr, gemäß § 38 Abs. 1 Z 1

StGB auf die Strafe angerechnet wird.

IV/ Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Andreas B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben weiteren neun Angeklagtel) der am 18. September 1944 geborene Kraftfahrer (und im Altwarenhandel seiner Ehefrau tätige) Andreas B der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls als Beteiligter nach § 12, 2. und 3. Fall, 127 Abs. 1, 128

Abs. 1 Z 4, 130 StGB (Punkt II/A des Schuldspruchs) und der (gewerbsmäßig an Sachen im Wert von ca 126.000 S begangenen) Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB (Punkt II/B des Schuldspruchs) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, vom Frühjahr 1977 bis Ende 1980 in Wiener Neustadt I./ an den von Johann C, Rudolf D, Manfred E, Karl F, Ernst G, Josef A und Horst H zum Nachteil der Firma I begangenen Diebstählen von Aluminium im Wert von ca 86.400 S dadurch mitgewirkt zu haben, daß er die angeführten Täter zur Begehung der Diebstähle bestimmte bzw zur Tatausführung beitrug, indem er einen VW-Bus zum Abtransport der Beute bereitstellte (Punkt II/A) und II./ gewerbsmäßig Sachen, nämlich Aluminium und Rotguß im Wert von ca 126nn0` S, die andere, und zwar Josef A, Johann C, Horst H, Rudolf D, Manfred E und Karl F durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich durch schweren Diebstahl erlangt hatten, dadurch verhandelt zu haben, daß er das Aluminium kaufte und an die Firma Manfred J weiterverkaufte (Punkt II/B).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 2. Dezember 1981 gestellten Beweisantrages (S 298) auf Beiziehung eines Sachverständigen aus der Metallbranche zur Ermittlung des Wertes des sogenannten 'Sammel'- und 'ungarischen' Materials (das ist durch Verunreinigungen und andere Beimengungen geringerwertiges Aluminium).

Rechtliche Beurteilung

Dabei übersieht die Beschwerde, daß dieser Beweisantrag in der Hauptverhandlung vom 2. Dezember 1981 gestellt (und abgewiesen) worden war (S 208, 299) und daß er in der (gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 2. April 1982 nicht wiederholt oder neu gestellt worden ist.

Demnach fehlt es - mangels entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung - (schon) an den formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4

des § 281 Abs. 1 StPO, zumal die bloße Verlesung des Protokolls über die frühere Hauptverhandlung (S 319) nicht die Wiederholung seinerzeit gestellter Beweisanträge ersetzt (SSt 30/29 uam). Abgesehen davon hat das Gericht seine Feststellungen über den Wert des Aluminiums (S 351, 352, 354, 355) auf die Aussagen des insoweit sachverständigen Zeugen Dr. Franz K (S 311-316) gestützt, gegen die auch vom Angeklagten (oder seinem Verteidiger) nichts eingewendet wurde;

weitere Beweisaufnahmen hiezu waren daher nicht indiziert. Dem Urteil haftet sohin der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO nicht an.

Einen Begründungsmangel (Z 5) in bezug auf den Schuldspruch wegen Hehlerei, begangen durch den Ankauf von ca 100 kg Rotguß, der durch den Angeklagten Johann C gestohlen worden war (Faktum II/B) in Verbindung mit Faktum I/7), erblickt die Beschwerde darin, daß der Ausspruch des Erstgerichtes, der Angeklagte B habe 'von der diebischen Herkunft des Rotgusses aus verschiedenen Gesprächen und der Beschaffenheit des Materials Kenntnis' gehabt (S 349), in den Beweisergebnissen keine Deckung finde. Dies jedoch zu Unrecht. Denn der bekämpfte Ausspruch ist in den bezüglichen Aussagen des Mitangeklagten Johann C (S 145 und 280) gedeckt, auf die sich das Erstgericht ersichtlich stützte (S 354). Daß C in der Hauptverhandlung versuchte, den Beschwerdeführer zu entlasten und behauptete, dieser habe von der diebischen Herkunft des Rotgusses nichts gewußt (S 289), vermag hieran nichts zu ändern, ist es doch ein - im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unbekämpfbarer - Akt freier richterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO), welcher von mehreren Aussagen das Gericht schließlich Glauben schenkt.

Im Recht ist die Beschwerde hingegen, soweit sie sich (ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützt) gegen die Annahme eines 100.000 S übersteigenden Wertes der vom Beschwerdeführer verhehlten Metallmengen und solcherart gegen die ihm angelastete Qualifikation nach § 164 Abs. 3

erster Fall StGB wendet (Faktum II/B des Urteilsspruchs). Wenn auch der in diesem Zusammenhang (zunächst) relevierte Widerspruch zwischen dem Urteilssatz und den Urteilsgründen, wonach in ersterem der Wert des verhehlten Gutes mit 'cirka 126.000 S' (S 338) beziffert wird, während es in den Gründen heißt, daß der (qualifizierende) Betrag von 100.000 S mit über 120.000 S erheblich überschritten sei (S 533), nicht erheblich ist, weil beide Aussprüche erkennen lassen, daß das Schöffengericht den Wert der verhehlten Sachen jedenfalls mit einem 100.000 S übersteigenden Betrag festgestellt hat, so ist doch die Annahme der bekämpften Qualifikation als solche, weil im Schuldspruch nicht gedeckt, verfehlt.

Denn der Schuldspruch gegen den Beschwerdeführer wegen Hehlerei erfaßt, wie sich aus der Anführung der Namen der Vortäter ergibt, nur die unter I/1, 4, 5, 7 und 9 des Urteilssatzes bezeichneten Diebstähle, bei denen der Wert der Beute nach den Urteilsfeststellungen 99.000 S betrug. In den Fakten I/2, 3 und 6 (Gesamtwert 86.400 S) wurde dem Beschwerdeführer die Beteiligung am Diebstahl selbst vorgeworfen (Punkt II/A), sodaß diese Fakten für eine Beurteilung als Hehlerei ausscheiden. Das Faktum I/8 (Diiebstahl von Aluminium im Wert von 3.000 S durch Gottfried L) war hingegen, wie sich aus Punkt II/B des Urteilssatzes ergibt, nicht Gegenstand des Hehlereivorwurfs, wurde somit dem Beschwerdeführer schuldspruchmäßig nicht angelastet; es war im übrigen auch nicht Gegenstand der Anklage gegen den Beschwerdeführer (S 176, 177, 288), obwohl Gottfried L den Verkauf des gestohlenen Metalles an Andreas B zugegeben hatte (S 136, 256) und auch der Beschwerdeführer dieser Tat geständig war (S 285). Da sohin die Verhehlung des von L gestohlenen Aluminiums im Wert von 3.000 S dem Beschwerdeführer (weder anklagemäßig noch) schuldspruchmässig gar nicht angelastet wird, durfte der Betrag von 3.000 S auch nicht der Berechnung des Gesamtwerts der (nach dem Schuldspruch) verhehlten Sachen zugrundegelegt werden. Der schuldspruchmäßig gedeckte Gesamtwert der vom Beschwerdeführer verhehlten Sachen beträgt somit lediglich 99.000 S, übersteigt demnach nicht 100.000 S, womit die Qualifikation des § 164 Abs. 3 erster Fall StGB nicht gegeben ist. Tatbegehung im Fortsetzungszusammenhang wurde aber dem Beschwerdeführer nach den Urteilsannahmen nicht angelastet. Die Qualifikation des § 164 Abs. 3 erster Fall StGB hat somit zu entfallen; allerdings fällt dem Beschwerdeführer (weiterhin) jene des § 164 Abs. 3 zweiter Fall StGB zur Last, weil er (nach den insoweit unbekämpften Urteilskonstatierungen) die Hehlerei gewerbsmäßig betrieben hat.

Im bezeichneten Umfang war daher der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben; im übrigen war sie zu verwerfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil in bezug auf den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung in Ansehung des Verurteilten Johann C mit einer (von dem Genannten nicht gerügten) materiellen Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 11 StPO) behaftet ist.

Dem Angeklagten Johann C wurde nämlich nur die in (polizeilicher) Vorhaft zugebrachte Zeit vom 16. Jänner 1981, 10 h 45, bis zum 17. Jänner 1981, 18 h 15, gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die (bedingt nachgesehene) Strafe angerechnet, wiewohl sich der Genannte in der gegenständlichen Strafsache auch vom 26. Jänner 1981, 19 h 30, bis zum 27. Jänner 1981, 17 h 15, in polizeilicher Verwahrungshaft befunden hat (S 111). Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung war daher entsprechend zu ergänzen. Bei der durch die getroffene Sachentscheidung erforderlichen Strafneubemessung in Ansehung des Angeklagten Andreas B wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die mehrfachen einschlägigen Vorstrafen dieses Angeklagten, die mehrfache Qualifikation des Diebstahls sowie das Zusammentreffen zweier Verbrechen und den hohen Wert der verhehlten Sachen, der nur geringfügig unter 100.000 S liegt, als mildernd hingegen das Teilgeständnis und die insgesamt nunmehr beträchtliche Schadensgutmachung, zumal nach den im Gerichtstag vorgelegten Bestätigungen über die weitere Schadensgutmachung von dem von der Privatbeteiligten gegen B geforderten Betrag von insgesamt 80.000 S (vgl S 287) bisher 70.000 S bezahlt wurden.

Bei der Ausmessung der verwirkten Strafe fiel einerseits zu Lasten des Angeklagten B ins Gewicht, daß er mehrfach einschlägig vorbestraft ist und die vorangegangenen, zum Teil empfindlichen Abstrafungen offenbar wirkungslos geblieben sind, und daß er durch seine Zusage, das Diebsgut abzunehmen, die Verübung der gegenständlichen Diebstähle erst ermöglicht und darüber hinaus diese teilweise sogar initiiert hat; andererseits stellt die von diesem Angeklagten sowohl in erster Instanz als auch während des Rechtsmittelverfahrens geleistete beträchtliche Schadensgutmachung einen wesentlichen Milderungsgrund dar, der es rechtfertigt, noch mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Strafausmaß der Schuld des Täters und seiner Täterpersönlichkeit gerecht zu werden. Der Entfall der Qualifikation des § 164 Abs. 3

erster Fall StGB vermag sich vorliegend auf das Strafmaß nicht entscheidend auszuwirken.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu

verweisen.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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