OGH 10Os96/82

OGH10Os96/8228.9.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 1982

durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Schneider und Dr. Friedrich als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1; 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. April 1982, GZ 5 d Vr 10.375/81-50, nach am 13. Juli und 28. September 1982 durchgeführter öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Pöch sowie des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler - zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl A (I.1.-4.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1; 15 StGB sowie (II.) des Vergehens gemäß § 36 Abs 1 lit b WaffG schuldig erkannt.

Der nur gegen die Schuldsprüche nach den Punkten I.

1. und 2. sowie II. des Urteilssatzes gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Zum Faktum I.1. ist die Mängelrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie jegliche Anführung von Tatumständen, die den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund (Z 5) bilden sollen, vermissen läßt (§ 285 Abs 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Zum Faktum I.2. erblickt der Angeklagte eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z 4) darin, daß das Erstgericht seinen Antrag (S 222, 227) auf Einholung eines Gutachtens (auch) über die Untergruppen-Zugehörigkeit seines Blutes - ersichtlich gemeint:

sowie desjenigen von einer am Tatort vorgefundenen Blutspur - abwies.

Rechtliche Beurteilung

Insoweit ist ihm allerdings einzuräumen, daß er durch den mit diesem Beweismittel angestrebten Nachweis, die zuvor erwähnte Blutspur stamme trotz einer festgestellten übereinstimmung der Blutgruppen doch nicht von ihm, an dessen Daumen bei seiner Betretung kurz nach der Tat eine Schnittwunde festgestellt wurde, nicht bloß eines von mehreren der ihn belastenden Argumente, nämlich den Hinweis auf eben jene übereinstimmung der Blutgruppen (S 235 f.), zu entkräften, sondern darüber hinaus möglicherweise sogar einen ihn entlastenden Anhaltspunkt für die Täterschaft eines anderen zu liefern vermocht hätte. Die Ablehnung des in Rede stehenden Antrags mit der offensichtlich dessen Zielrichtung, das bereits vorliegende Gutachten über die Blutgruppen (ON 40) durch die Feststellung auch der Untergruppen noch näher zu präzisieren, verkennenden und dem Angeklagten zu Unrecht Bedenken gegen die Richtigkeit der schon vorgenommenen Blutgruppenbestimmung unterstellenden Begründung, sie sei ohnehin unbedenklich und bedürfe daher keiner Ergänzung, eine neuerliche Untersuchung durch ein anderes Institut würde nur eine unnötige Verzögerung des Verfahrens bringen (S 227), verstieß demnach gegen die (allen im Strafverfahren tätigen Behörden obliegende) Verpflichtung, die zur Belastung und die zur Verteidigung des Beschuldigten dienenden Umstände mit der gleichen Sorgfalt zu berücksichtigen (§ 3 StPO), also gegen einen jener Verfahrensgrundsätze, deren Beachtung durch das Wesen eines (auch) die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist. Eine vom Obersten Gerichtshof gemäß § 285 f StPO eingeholte Auskunft des Instituts für gerichtliche Medizin der Universität Wien hat aber ergeben, daß die sichergestellte Blutspur, die nach dem Antrag in die Begutachtung einzubeziehen gewesen wäre, nach ihrer Beschaffenheit und Menge für weitergehende Untersuchungen gar nicht mehr ausgereicht hätte, sodaß mit der begehrten Beweisaufnahme das damit angestrebte Ziel unter keinen Umständen hätte erreicht werden können. Der relevierte Nichtigkeitsgrund (Z 4) kann demnach zum Vorteil des Angeklagten nicht geltend gemacht werden (§ 281 Abs 3 StPO).

Gleichermaßen schlägt auch die Mängelrüge (Z 5) gegen die Begründung dieses Schuldspruchs nicht durch.

Mit dem Umstand, daß sich der Beschwerdeführer bei seiner Festnahme kurze Zeit nach dem Diebstahl nicht (mehr) im Besitz der Beute befand, hat sich das Schöffengericht ohnehin auseinandergesetzt (S 236); warum es nichtsdestoweniger seine Täterschaft als erwiesen annahm, hat es ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder die allgemeine Lebenserfahrung dargelegt (S 235 f.). Eine Erörterung der Aussage des Zeugen B, daß er nach der Tat einmal ein Auto habe vorbeifahren gehört (S 224), war dabei im Interesse einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) durchaus entbehrlich, zumal sich aus dieser Wahrnehmung auch keineswegs ein konkreter Anhaltspunkt für die (rein hypothetische) Annahme ergibt, der Diebstahl könnte vom Angeklagten nur versucht und sodann von einem unbekannten 'Nachtäter' vollendet worden sein. Mit seinen Gegenargumenten unternimmt der Beschwerdeführer lediglich einen unzulässigen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, ohne einen formellen Begründungsmangel des Urteils (Z 5) darzutun. Zum Faktum II. schließlich ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten gleichfalls nicht zielführend. Die Qualität eines 23 cm langen Springmessers als verbotene Waffe im Sinn des § 11 Abs 1 Z 6 WaffG wird bloß dadurch, daß dessen Spitze abgebrochen ist, keinesfalls in Frage gestellt. Zur subjektiven Tatseite des § 36 Abs 1

lit b WaffG jedoch nahm das Erstgericht durch den mehrfachen Hinweis (S 234, 236) auf das Geständnis des Beschwerdeführers (S 134, 221 f.) deutlich genug als erwiesen an, daß letzterer die in Rede stehende Waffe vorsätzlich besaß; indem er dies außer acht läßt, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der nur durch einen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz aufgezeigt werden kann, nicht zu prozeßordnungsgemässer Darstellung. Zu speziellen Konstatierungen über seine (im Urteil ersichtlich vorausgesetzte) Verbotskenntnis hinwieder war das Schöffengericht - wie im Hinblick darauf klargestellt sei, daß die (im Zusammenhang mit der zuvor erörterten Rüge vorgebrachte) Bezugnahme auf eine angebliche Verantwortung des Angeklagten, wonach er nicht angenommen habe, das Führen eines solchen Messers könnte strafbar sein, allenfalls als Geltendmachung von Feststellungsmängeln in Ansehung eines Verbotsirrtums (sachlich Z 9 lit b) gedacht sein könnte - bereits deshalb nicht verhalten, weil der Beschwerdeführer (abgesehen davon, daß eine irrige Annahme bloßer Straflosigkeit nicht auch schon dem Fehlen eines Unrechtsbewußtseins im Sinn des § 9 Abs 1 StGB gleichkommt) in Wahrheit die Kenntnis des betreffenden Verbots (gleichwie sogar der Strafbarkeit des ihm zuwidergelaufenen Waffenbesitzes) bei der Polizei letzten Endes ausdrücklich zugegeben hat (S 17- 25 in ON 22).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 129 StGB zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine (neunzehn einschlägigen, zum Teil schweren) Vorstrafen und die (mehrfache) Tatwiederholung als erschwerend, sein teilweises Geständnis, die teilweise Sicherstellung der Diebsbeute sowie den Umstand, daß die Diebstähle zum Teil (nur) versucht worden sind, hingegen als mildernd.

Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Eine allfällige Enthemmung durch Alkohol bei einzelnen Fakten kann dem Berufungswerber schon im Hinblick auf seine mehreren Vorstrafen wegen der Begehung von Diebstählen im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) nicht als mildernd zugute gehalten werden (§ 35 StGB). Bei den vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen aber und unter Bedacht auf den äußerst raschen Rückfall des Angeklagten nach seiner Entlassung aus mehr als zweijähriger Strafhaft erscheint die über ihn verhängte Freiheitsstrafe in dieser Dauer ungeachtet des nicht allzu großen Wertes der Diebsbeute nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus als angemessen.

Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

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