Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Oktober 1940 geborene Vizeleutnant des Bundesheeres Anton A von der wider ihn erhobenen Anklage, in Linz 1. in der Zeit von Oktober 1980 bis Anfang Mai 1981 mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihrem Vermögen zu schädigen, seine Befugnis als Kochstellenleiter der Hillerkaserne in Linz-Ebelsberg, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht zu haben, indem er auf Namen und Rechnung des Bundesheeres bei einer Bäckerei insgesamt wenigstens 118 Torten je 120 S bestellte, diese jedoch privat verwertete und in den bezughabenden Unterlagen als Knödelbrot, Brösel und Brot für die Truppenverpflegung deklarierte, und 2. etwa Anfang Mai 1981 eine echte Urkunde, nämlich den Lieferschein der Bäckereifirma Franz B vom 4.Mai 1981, durch nachträgliche Abänderung des Lieferdatums auf den 29.April 1981 mit dem Vorsatz verfälscht zu haben, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise von Tatsachen gebraucht werde, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Nach den Urteilsfeststellungen oblag dem Angeklagten als Kochstellenleiter in der Hillerkaserne im Tatzeitraum die Organisation des Betriebes der Truppenküche. Er hatte nicht nur den Einkauf der Speisen zu kalkulieren, sondern auch die Ausgabe eingekaufter Lebensmittel an die Köche zu überwachen. In der Zeit von Oktober 1980 bis Anfang Mai 1981 bestellte und bezog er beim Bäckereibetrieb des Franz B, der damals regelmäßig Brotwaren an die Kaserne lieferte, eine nach Ansicht des Schöffensenates nicht mehr genau feststellbare Anzahl von Torten zu einem Stückpreis von 120 S. Die Verrechnung erfolgte derart, daß in den Lieferscheinen statt der Torten Knödelbrot und sonstige Brotwaren (in einem dem Wert der Torten entsprechenden Umfang) aufschienen, welche in der Truppenküche grundsätzlich Verwendung fanden. Zuletzt wurden seitens der Bäckerei am 4.Mai 1981 derart unrichtig als Brot deklarierte Torten geliefert. Diesen Lieferschein datierte der Angeklagte auf den 29.April 1981 zurück, 'um so die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten auf sich zu lenken, weil er einen Dienststellenwechsel oder Urlaubsantritt beabsichtigte'.
Nach Auffassung des Schöffensenates war nicht erweislich, 'welche Anzahl' der derart bezogenen Torten der Angeklagte an dritte Personen weiterverkaufte oder für den eigenen Gebrauch verwendete, sohin nicht dem Bundesheer zuführte. Darüber hinaus erachtete das Erstgericht die Erfüllung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des Mißbrauches der Amtsgewalt und der Urkundenfälschung als nicht erwiesen.
Die Staatsanwaltschaft, die mit ihrer auf die Z. 5
und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde das freisprechende Urteil seinem gesamten Umfang nach bekämpft, führt zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund zunächst aus, das Erstgericht habe sich mit den der Verantwortung des Angeklagten widersprechenden Aussagen der Zeugen Adolf C, Josef D, Hubert E und Johann F nicht auseinandergesetzt.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht hebt sie hiebei die Angaben des ersterwähnten Zeugen hervor, wonach gegen die 'Ausspeisung' von Torten sprechende Richtlinien für die Truppenverpflegung nicht bestünden (S. 204) und der vom Angeklagten behauptete Zweck der Falschdeklaration dieser Backwaren nicht klar sei, weil sich am vorgegebenen Budget hiedurch nichts ändere (S. 210). Tatsächlich ist diese Aussage mit der vom Erstgericht als unwiderlegbar angesehenen Verantwortung des Angeklagten, wonach er bestrebt gewesen sei, durch die Falschbezeichnung Schwierigkeiten bei der Abrechnung hintanzuhalten, nicht in Einklang zu bringen.
Sie hätte daher ebenso wie die in die gleiche Richtung gehende Behauptung des Zeugen Hubert E, wonach Torten sehr wohl zur Truppenverpflegung (in anderen Kasernen) gehören (S. 164 oben des lt. S. 212 in der letzten Hauptverhandlung verlesenen Verhandlungsprotokolles ON. 15) einer eingehenden Erörterung bedurft.
Gleiches gilt für die mit der Verantwortung des Angeklagten über den Verbleib der gegenständlichen Torten nicht zu vereinbarenden Bekundungen des Zeugen Josef D, wonach diese falsch deklarierten Backwaren nicht für besondere Feiern angeschafft worden und insbesondere nicht ins Offizierskasino gelangt sein können (S. 166 vorletzter und letzter Absatz, 167 oben in ON. 15), und des Zeugen Johann F, wonach bei Sonderveranstaltungen Speisen 'privat gereicht' worden sind (S. 194 unten).
Die Urteilsbegründung zur äußeren und inneren Tatseite des Anklagevorwurfs des Mißbrauchs der Amtsgewalt, die sich darauf beschränkt, die Verantwortung des Angeklagten als unwiderlegbar zu bezeichnen, ohne auf die erwähnten Belastungsbeweise einzugehen, ist mithin unvollständig.
Der weitere in der Mängelrüge aufgezeigte Widerspruch zwischen der Verantwortung des Angeklagten selbst und den darauf gestützten Urteilsannahmen liegt allerdings nicht vor; denn das Erstgericht bezeichnete keineswegs, wie die Staatsanwaltschaft behauptet, die Verwendung sämtlicher unrichtig deklarierten Torten für die Truppenverpflegung als möglich (welche Annahme tatsächlich zu den Angaben des Angeklagten über die Tortenlieferung vom 4.Mai 1981, /S. 183, 184 ganz oben, 185 / im Widerspruch stünde), sondern vermeinte lediglich, eine Feststellung des Inhalts, 'welche Anzahl' der unter falscher Bezeichnung gelieferten Torten der Angeklagte heeresfremden Zwecken zuführte, nicht treffen zu können (S. 218). Diese (negative) Annahme ist aber mit der Verantwortung des Angeklagten zu vereinbaren.
Hingegen ist der auf den Freispruch vom Anklagevorwurf der Urkundenfälschung bezogenen Mängelrüge dahin beizupflichten, daß die Negativfeststellung, die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen (auch) dieses Deliktes seien nicht nachweisbar, einer zureichenden Begründung entbehrt: Entgegen der vom Erstgericht ersichtlich vertretenen Ansicht kann diese Annahme auf die Verantwortung des Angeklagten, er habe durch das Rückdatieren des Lieferscheines vom 4. Mai 1981 (nur) die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten auf sich zu lenken gesucht, nicht ohne weiteres gestützt werden, schließt doch die behauptete Motivation einen auf Gebrauch der verfälschten Urkunde im Rechtsverkehr gerichteten Vorsatz nicht aus. Dieser Vorsatz muß weder auf eine Täuschung, welche über die im Gebrauch des Falsifikats im Rechtsverkehr gelegene Irreführung hinausgeht, noch auf eine Schädigung abzielen, sondern nur eine mit Rücksicht auf den Inhalt der Urkunde rechtserhebliche Verwendung (wenigstens bedingt) umfassen (Leukauf-Steininger2 /S. 1312 / RN. 38 zu § 223 StGB;
Kienapfel im Wiener Kommentar z. StGB, Rz. 223 ff. zu § 223). Sein Vorliegen wird im allgemeinen auch bei einem Täter, dem es letztlich auf das Auffallen der Verfälschung ankommt, zu bejahen sein (vgl. Kienapfel a.a.O., Rz. 237), sofern dieser nicht von der Vorstellung geleitet war, daß die Urkunde infolge der Veränderung ihrer äußeren Erscheinung gar nicht mehr der rechtserheblichen Verwendung zugeführt, ihr Inhalt also nicht mehr einem anderen im Rechtsverkehr zugänglich gemacht werden wird. Eine derartige Annahme des Angeklagten ist aber seiner vom Erstgericht verwerteten Verantwortung hinsichtlich des Motivs der Verfälschungshandlung nicht zu entnehmen (und ließe sich zudem mit dem Erscheinungsbild des rückdatierten Lieferscheins - siehe die letzte Beilage zur Niederschrift des Franz B S. 33 ff. - nicht in Einklang bringen). Der bloße Hinweis des Erstgerichtes auf die Unwiderlegbarkeit dieser Verantwortung stellt daher keine logisch haltbare Begründung der bekämpften Urteilsfeststellung zur subjektiven Tatseite dar. Sohin war der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch des Angeklagten - der im Rahmen des zur Hoheitsverwaltung des Bundes zählenden Heeresverwaltung als Beamter im Sinn des § 74 Z. 4
StGB tätig war (vgl. EvBl. 1979/195) - Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
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