OGH 13Os79/82

OGH13Os79/8216.9.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.September 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Korneuburg als Schöffengerichts vom 17.März 1982, GZ. 11 a Vr 71/82- 20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bruckner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens fallen gemäß § 390 a StPO dem Angeklagten zur Last.

Text

Gründe:

Der am 26.August 1951 geborene, zuletzt ohne Beschäftigung gewesene Angeklagte Ernst A wurde des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 und 15 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z. 4 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Vergehens des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 StGB

schuldig erkannt. Darnach hat er in der Nacht zum 29.Jänner 1982 in Seefeld 1. die Gendarmeriebeamten Leopold B und Franz C dadurch, daß er seine beiden Hunde mit dem Zuruf 'faß' gegen sie hetzte und Leopold B gegen eine Gangmauer drückte, durch Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme und Verbringung zum Gendarmerieposten Seefeld/Kadolz zu hindern gesucht, wobei die Vollendung der Tat nur durch den Umstand, daß (einerseits) lediglich einer der Hunde Leopold B ansprang, jedoch nicht zubiß, und (andererseits) anschließend zwei weitere Gendarmeriebeamte die Amtshandlung unterstützten, unterblieben ist;

2. den Leopold D dadurch, daß er bei seiner Flucht aus dem Gendarmerieposten Seefeld/Kadolz zwei Türen vor dem ihn verfolgenden Gendarmeriebeamten heftig zuschlug, wobei Leopold D von der Ausgangstür der Postenunterkunft am Kopf getroffen wurde, mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Bewachung und anschließenden überstellung A in das Gefangenenhaus Korneuburg, gehindert;

3. dadurch, daß er Leopold B gewaltsam gegen eine Gangmauer drückte, den Genannten vorsätzlich am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt, wobei die Tat an einem Gendarmeriebeamten während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben begangen worden ist und bei Leopold B eine Abschürfung am rechten Daumen zur Folge hatte;

4. Ernestine E durch die sinngemäßen Äußerungen, er werde alle aufschlitzen und mit dem Kopf gegen die Mauer hauen, sodaß das Hirn an der Wand picke, wobei er gegen ihre Schwester Maria F und deren Sohn Johann F tätlich wurde, sowie weiters auf dem Gendarmerieposten Seefeld den Leopold D durch die öußerung 'Wenn ich wieder herauskomme, bist du dran', gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

5. Johann F dadurch, daß er ihn am Hals erfaßte und ihm einige Schläge versetzte, wodurch F Hautabschürfungen an der linken Halsseite, über dem linken Auge und an einer Hand erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt;

6. dadurch, daß er während seiner vorläufigen Verwahrung auf dem Gendarmerieposten Seefeld/Kadolz einen Kanzleisessel mit dem Fuß gegen Leopold D schleuderte und mit dem Fuß gegen Heinrich G trat, Beamte während einer Amtshandlung tätlich angegriffen. Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a und lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung der Mängelrüge erblickt der Angeklagte eine Unvollständigkeit in dem Umstand, daß Widersprüche in den Angaben der Gendarmeriebeamten, so insbesonders zur Frage, wo dem Rechtsmittelwerber die Handschellen angelegt wurden bzw. ob, allenfalls mit wem, er vor den inkriminierten Tathandlungen Schäden an seinem Traktor besichtigte, mit Stillschweigen übergangen worden seien.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß der (von ihm gegenteilig zitierte) Zeuge Leopold D seine (auch nicht entscheidungswesentlichen) diesbezüglichen Angaben über den Ort des Anlegens der Handschellen am Ende seiner Vernehmung korrigiert hat (S. 118), sodaß die betreffenden Angaben der Beamten nach der Aktenlage übereinstimmen (vgl. S. 109, 111, 112, 119). Auch die Behauptung des Angeklagten, bezüglich der Besichtigung von Schäden an seiner Zugmaschine lägen widersprechende Angaben der Gendarmeriebeamten vor, hält einer überprüfung nicht stand (S. 112, 114, 118, 119).

Dem vor den gegenständlichen Tathandlungen gelegenen Vorfall kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weshalb das Erstgericht eine diesbezügliche Feststellung nicht treffen mußte. Die Mängelrüge läuft im übrigen insoweit ebenso auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus wie die nicht näher substantiierte Unterstellung, die Beamten hätten bei ihren Aussagen übertrieben. Gleiches gilt für die Behauptung des Angeklagten, die Drohung in der Wohnung (erster Fall des Urteilsfaktums 4) habe sich nur auf seine Lebensgefährtin Maria F und deren Sohn Johann F, nicht aber auf Ernestine E bezogen. Das Gericht habe nämlich, so führt der Beschwerdeführer aus, übersehen, daß sich zum Zeitpunkt seiner drohenden öußerung nicht nur Ernestine E und Maria F, sondern auch deren Sohn Johann F in der Küche aufgehalten haben. Demgegenüber hat das Erstgericht schon durch die (anklagekonforme) Formulierung des Urteilsspruchs, der Rückziehung der Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen gefährlicher Drohung durch Maria F (S. 52) Rechnung tragend, klar zum Ausdruck gebracht, daß den Gegenstand des Schuldspruchs allein die gefährliche Bedrohung der Ernestine E bildet, im übrigen aber in den Entscheidungsgründen dargelegt (S. 134 und 144), daß Ernestine E und Maria F von ihm bedroht wurden, wobei dann, 'in der Zwischenzeit', auch Johann F den Raum betrat, was zu Tätlichkeiten des Angeklagten diesem gegenüber führte. Die auf die Aussagen der Zeugin E in Verbindung mit der Würdigung der diesbezüglichen Verantwortung des Angeklagten gestützten Urteilsannahmen, die den eingeschränkten Schuldspruch decken, erweisen sich daher als mängelfrei.

Eine unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung stellt auch die Behauptung dar, der Zeuge Leopold D hätte durch die vom Angeklagten zugeschlagene Außentür der Gendarmeriepostenunterkunft, die den Beamten am Kopf traf, 'sicherlich Verletzungen erlitten'. Eine Beschränkung des Gerichts auf geradezu zwingende Beweise wäre mit dem im § 258 Abs 2 StPO statuierten Grundsatz freier richterlicher überzeugungsbildung unvereinbar. Auf die Behauptung, daß aus den vorliegenden Umständen auch andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse gezogen werden könnten und daß die des Urteils nicht zwingend seien, kann der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO nicht mit Erfolg gestützt werden.

Eine Undeutlichkeit des Urteils erblickt der Beschwerdeführer überdies bezüglich des Faktums 3 (Verletzung des Leopold B) im angeblichen Mangel an Feststellungen betreffend den Mißhandlungsvorsatz, bezüglich des Faktums 6

(tätlicher Angriff auf zwei Gendarmen) in der Erörterung der Vorgeschichte.

Hierauf ist zu erwidern, daß der Ausspruch über entscheidende Tatsachen nur dann undeutlich ist, wenn aus den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen ist, welche Handlungen der Angeklagte vorgenommen und mit welcher Schuldform er sie gesetzt hat, bzw. wenn nicht zu erkennen ist, was das Gericht feststellen wollte (EvBl 1972 Nr. 17). Ausgehend von den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen hat der Angeklagte mit dem Vorsatz, seine Eskortierung zum Gendarmerieposten Seefeld/Kadolz zu verhindern, im Hof des Anwesens seiner Lebensgefährtin Maria F seine beiden Hunde auf die Gendarmeriebeamten C und B gehetzt und letzteren derart heftig gegen die Gangmauer gedrückt, daß dieser Verletzungen leichten Grades erlitt.

Aus dieser Vorgangsweise schloß das Gericht im Einklang mit den Denkgesetzen auf den Mißhandlungsvorsatz des Angeklagten; die behauptete Undeutlichkeit liegt nicht vor.

Gleiches gilt für den tätlichen Angriff auf die Beamten G und D: Den Urteilsannahmen zufolge stieß der Angeklagte während seiner vorläufigen Verwahrung in einem Vorraum des Gendarmeriepostens Seefeld/

Kadolz 'unvermutet mit dem Fuß gegen einen Sessel, um damit Revierinspektor D zu treffen'; D konnte ausweichen (S. 136). Als Revierinspektor G den Sessel aufheben wollte, 'versuchte der Angeklagte auf den Beamten mit den Füßen hinzutreten', doch gelang es auch G, dem Tritt auszuweichen (ebendort). Aus diesem Geschehnisablauf zog das Erstgericht den zulässigen Schluß, daß der Beschwerdeführer in Kenntnis des Umstands, daß eine Amtshandlung im Gang war, 'zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat' (S. 145). Darnach schlägt die Mängelrüge zur Gänze fehl.

Unter Anrufung des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO, der Sache nach eine Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z. 10 StPO

behauptend, stellt der Beschwerdeführer die Qualifikation des tätlichen Angriffs gegen Beamte als Deliktsvollendung in Frage und meint, sein Verhalten könne als Versuch beurteilt werden. Der Wortlaut des § 270 Abs 1 StGB spricht nur von einem tätlichen Angriff, er bezeichnet aber keinen Erfolg des Angriffs. Daraus folgt, daß das Vergehen nach § 270

StGB schon mit dem Angriff vollendet ist, ohne daß ein Erfolg eingetreten sein muß. 'Angriff' ist ein dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommener, jedermann verständlicher und darum keiner Erklärung bedürftiger Begriff, ein sogenanntes deskriptives Tatbestandsmerkmal, dessen Umschreibung sich erübrigt, weil sie sich nur in Synonyma erschöpfen könnte (siehe EvBl 1971 Nr. 157 m.w.N., ferner LSK. 1980/81). Die Beurteilung des Schleuderns eines Sessels und des Tretens nach einem Beamten als vollendete tätliche Angriffe in der Bedeutung des § 270 StGB

ist darnach ungeachtet des Umstands, daß die beiden Beamten den Angriffen ausweichen konnten, irrtumsfrei.

In seiner auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO gestützten Rechtsrüge meint der Beschwerdeführer, die Verletzung des Gendarmeriebeamten Leopold B (3) gehe jedenfalls im Schuldspruch wegen des Widerstands gegen die Staatsgewalt auf, weil es 'bei solchen Amtshandlungen nicht ohne Verletzungen abgeht'; überdies seien die im Zug einer einzigen Amtshandlung gegen Beamte des Gendarmeriepostens Seefeld/Kadolz gesetzten Tathandlungen als Einheit zu sehen, sodaß ihm allenfalls das Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt, nicht aber 'vier verschiedene Fakten' (Schuldsprüche 1, 2, 3 und 6) zur Last fielen. Außerdem habe das Gericht keine gefährliche Drohung als Mittel der Hinderung eines Beamten an einer Amtshandlung festgestellt, sodaß die Subsumierung des Tatverhaltens unter § 269 Abs 1 StGB verfehlt sei.

Der Beschwerdeführer übersieht hiebei, daß das Erstgericht das den Schuldsprüchen 1 und 2 zugrundeliegende Verhalten nur als ein Vergehen, nämlich das des teils versuchten (Faktum 1), teils vollendeten (Faktum 2) Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1

und 15 StGB beurteilt hat (§ 260 Abs 1 Z. 2 StPO).

Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus das Vorliegen von Gesetzeskonkurrenz (scheinbare oder unechte Idealkonkurrenz) behauptet und ersichtlich den Unterfall der Konsumtion ins Treffen führt, ist ihm folgendes zu erwidern:

Konsumtion liegt vor, wenn durch eine Tathandlung zwar die Merkmale mehrerer Tatbestände verwirklicht (in der Außenwelt hergestellt) sind, das Geschehen aber materiell nur einem der in Betracht kommenden Deliktstypen zu unterstellen ist, weil eine Wertabwägung ergibt, daß dieser eine Tatbestand den gesamten Unwertgehalt des Sachverhalts abgilt. Von den drei Fallgruppen der Konsumtion (der sogenannten typischen Begleittat, der sogenannten straflosen Vortat und der sogenannten straflosen Nachtat) hat der Beschwerdeführer vorliegend ersichtlich die der Begleittat (als Fall einer scheinbaren Idealkonkurrenz in bezug auf die Schuldsprüche 1 und 3) und die straflose Vortat (als Fall scheinbarer Idealkonkurrenz in bezug auf die Schuldsprüche 1, 2, 3 und 6, inhaltlich der Beschwerdeausführungen auch teilweise Punkt 4) im Auge. Unter der typischen Begleittat werden im wesentlichen solche Delikte verstanden, die regelmäßig mit der Begehung eines anderen Delikts verbunden sind, wobei die Begleittat im Vergleich zur anderen Tat einen wesentlich geringeren Unrechtsgehalt aufweist, sodaß sie (kraft des zwischen den beiden Taten nach dem regelmäßigen Verlauf der Geschehnisse bestehenden inneren Zusammenhangs) dieser gegenüber nicht ins Gewicht fällt und insoweit kein weiteres Strafbedürfnis besteht. Voraussetzung für die Konsumtion der Vortat ist aber, daß sie gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die nachfolgende Tat und daß die Folgen der vorangehenden Tat ganz in jener der ihr sogleich folgenden aufgehen (SSt. L/6 am Ende u.a.). Nach den Urteilsannahmen hat der Beschwerdeführer in der Nacht zum 29. Jänner 1982 in Seefeld zunächst im Anwesen seiner Lebensgefährtin dadurch versucht, seine Eskortierung zum Gendarmerieposten Seefeld/Kadolz zu verhindern, daß er seine beiden Hunde gegen die Gendarmeriebeamten C und B hetzte und letzteren sodann - zur Erreichung seines Ziels, aber auch mit sich aus dem Tatverhalten ergebenden Mißhandlungsvorsatz - gegen eine Hausmauer drückte, wodurch B 'während und wegen der Vollziehung seiner Aufgabe' (fahrlässig) am rechten Daumen verletzt wurde (1 und 3). Auf dem Gendarmerieposten Seefeld/Kadolz bedrohte der Beschwerdeführer sodann zunächst den Gendarmeriebeamten D mit den Worten 'Wenn ich wieder herauskomme, bist du dran', um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (4), griff in der Folge während seiner vorläufigen Verwahrung im Vorraum des Gendarmeriepostens die Beamten G und D tätlich an (6), schleuderte mit dem Vorsatz, seine überstellung in das Gefangenenhaus Korneuburg zu verhindern, die Ausgangstür der Postenunterkunft gegen den ihn verfolgenden Gendarmeriebeamten D (2) und ergriff die Flucht.

Der Beschwerde ist einzuräumen, daß der Widerstand gegen die Staatsgewalt im vorliegenden Fall durch die Ausübung von Gewalt gekennzeichnet ist und daß nicht jede dabei dem Beamten zugefügte körperliche Beschädigung zwangsläufig den § 83, 84 Abs 2 Z. 4 StGB unterzuordnen ist. Es muß vielmehr zur Gewaltausübung als solchen Verletzungs- bzw. Mißhandlungsvorsatz im Sinn des § 83 Abs 1 bzw. Abs 2 StGB hinzutreten, wie aus dem Vergleich dieser Gesetzesstellen mit dem subjektiven Tatbestand des § 269 StGB klar hervorgeht. Soweit der Beschwerdeführer nun in diesem Zusammenhang die Urteilskonstatierung negiert, er habe Leopold B auch mit Mißhandlungsvorsatz gegen eine Mauer gedrückt und dadurch (fahrlässig, d.h. vorhersehbar) verletzt, entbehrt die Nichtigkeitsbeschwerde einer gesetzmäßigen Darstellung. Sofern er aber etwa meint, es läge insoweit nur scheinbare Idealkonkurrenz (Gesetzeskonkurrenz) vor, ist ihm entgegenzuhalten, daß die vorsätzliche Mißhandlung eines Beamten weder mit dem gewaltsamen Widerstand gegen eine Amtshandlung regelmäßig verbunden ist noch daß diese Tat im Vergleich zum Delikt des § 269 Abs 1 StGB einen wesentlich geringeren Unrechtsgehalt aufweist (vgl. die Strafdrohung gemäß § 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z. 4 StGB

und den ersten Strafsatz des § 269 Abs 1 StGB). Von einer 'typischen Begleittat' kann deshalb keine Rede sein, vielmehr liegt bei Verletzungs- bzw. Mißhandlungsvorsatz echte ungleichartige Idealkonkurrenz der Körperverletzung mit dem Tatbestand des § 269 StGB vor.

Verfehlt ist auch die Behauptung, es sei insgesamt nur eine einheitliche, auf die Herbeiführung bloß eines strafrechtlich verpönten Erfolgs gerichtete Tathandlung gegeben. Selbst wenn das Motiv des Angeklagten durchgehend dasselbe gewesen sein sollte, so handelte er doch, den Urteilsannahmen zufolge, zunächst mit dem Vorsatz, eine Amtshandlung zu verhindern, zu dem Mißhandlungsvorsatz trat. Bei den drohenden öußerungen gegenüber Leopold D hinwiederum war die Absicht des Angeklagten darauf gerichtet, den Beamten in Furcht und Unruhe zu versetzen. Dann folgte ein tätlicher Angriff gegen die Gendarmeriebeamten G und D (indes nach den Urteilskonstatierungen ohne einen auf Hinderung der Beamten an einer Amtshandlung in dieser Phase des Geschehens gerichteten Vorsatz, womit § 269 StGB hier ausscheidet) und schließlich die (auf einem neuen Willensentschluß beruhende) Gewaltanwendung gegen D, die in die Flucht des Angeklagten mündete und damit die Amtshandlung (Anhaltung und anschließende überstellung in das Gerichtsgefängnis) gezielt verhinderte. Die auch zeitlich und örtlich getrennten sowie hinsichtlich der angegriffenen Personen und des Handlungsziels ohne weiters unterscheidbaren Angriffe des Angeklagten gegen Gendarmeriebeamte waren weder gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet noch gingen etwa die Folgen der 'Vortat' in jenen irgendeiner Nachtat auf. Damit kommt auch die Rechtsfigur der Konsumtion wegen sogenannter strafloser Vortat nicht in Betracht.

Soweit der Beschwerdeführer Feststellungen betreffend eine gefährliche Drohung (§ 74 Z. 5 StGB) als Mittel der Hinderung eines Beamten an einer Amtshandlung vermißt und darauf hinweist, daß das Anspringen eines Hundes nicht geeignet sei, einen 'Uniformträger' in Furcht und Unruhe zu versetzen, übersieht er, daß § 269 Abs 1 StGB für das Hindern an einer Amtshandlung zwei Begehungsformen normiert und zwar die Anwendung von Gewalt und die gefährliche Drohung. Zutreffend hat das Erstgericht das Hetzen der beiden Hunde auf die Beamten B und C als Gewalt und nicht als gefährliche Drohung (Kienapfel BT. I RN. 785; Rittler2 II S. 67) beurteilt.

Den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO führt der Beschwerdeführer dahin aus, es sei nicht festgestellt, daß die gefährliche Drohung (4) nur seiner Lebensgefährtin Maria F und deren Sohn, nicht aber auch Ernestine E gegolten habe. Da die beiden Erstgenannten die Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückgezogen haben, sei der Schuldspruch verfehlt.

Damit bringt der Rechtsmittelwerber auch diesen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er die Urteilskonstatierung mißachtet, daß sich die inkriminierte öußerung auch auf Ernestine E bezog.

Eine Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Bedrohung seiner Lebensgefährtin Maria F oder deren Sohn Johann F ist aber, wie bereits aufgezeigt wurde, infolge der Rückziehung bzw. Nichterteilung (S. 53 unten) der Ermächtigung zur Strafverfolgung ohnehin unterblieben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sonach zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 269 Abs 1 StGB zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Bei deren Bemessung waren die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen erschwerend, mildernd hingegen der Umstand, daß es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, das reumütige Geständnis hinsichtlich des Faktums 5, der Erregungszustand zur Tatzeit und die geistige Primitivität des Angeklagten. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Die Berufung scheitert an der Eigenart der Täterpersönlichkeit. Zunächst vermag der Berufungswerber keine weiteren Milderungsgründe aufzuzeigen. Die im Ersturteil festgestellte leichte bis mittelstarke Alkoholisierung wird durch den Vorwurf aufgewogen, daß der Angeklagte auf Grund seiner bisherigen Straftaten damit rechnen konnte, er werde im berauschten Zustand strafbare Handlungen begehen. Im Hinblick auf nicht weniger als neun auf der gleichen schädlichen Neigung (Aggressivität) beruhende Vorstrafen und die Tatsache, daß die bisherigen Abstrafungen keine resozialisierende Wirkung zeigten, wird die vom Kreisgericht verhängte Freiheitsstrafe der Sozialschädlichkeit des vom Angeklagten verkörperten Tätertyps durchaus gerecht. Erweist sich der Berufungswerber sonach auf Grund seines kriminellen Vorlebens als hartnäckiger Gewalttäter, so ist zugleich dargetan, daß er im Interesse seiner Eingliederung in die rechtlich geordnete Gesellschaft einer längeren Nacherziehung bedarf, wie sie in den § 20 Abs 2 Ende, 56 u.a. StVG. vorgesehen ist.

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