Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung des Angeklagten Anton A wird nicht Folge gegeben.
Der Berufung des Angeklagten Walter B wird Folge gegeben und über diesen Angeklagten gemäß § 91 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit 90 (neunzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Der Tagessatz wird mit 150 (einhundertfünfzig) Schilling bestimmt.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Anton A und Walter B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 24.Jänner 1958 geborene Anton A und der am 10.September 1954 geborene Walter B wurden der Vergehen des Raufhandels nach § 91 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben am 1.April 1979 in Matrei in Osttirol Anton A und Walter B sowie sechs andere Verurteilte an einer Schlägerei tätlich teilgenommen, die eine schwere Körperverletzung eines anderen, nämlich die mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbundene Verletzung des Franz C (schwere Verstauchung des rechten oberen Sprunggelenks mit einer knöchernen Absprengung aus dem rechten Sprungbein) und des Gerhard D (starke Verstauchung bzw. Quetschung des linken Mittelfingergrundgelenks) zur Folge hatte (I).
Ferner hat Anton A den Franz C durch Versetzen von Schlägen gegen Kopf und Körper, die zu Hautabschürfungen an der rechten Stirngegend sowie über dem linken Jochbogen, eine Jochbeinprellung und Blutunterlaufungen der linken Augenlider führten (II 2), sowie Walter B den Martin E durch Versetzen eines Schlags mit einer Zaunlatte gegen den Kopf, der zu einer taubeneigroßen Abschürfung führte (II 5), am Körper verletzt.
Dieses Urteil bekämpfen der Angeklagte A mit einer auf die Z. 9 lit a und b des § 281 Abs 1
StPO, der Angeklagte B mit einer auf den letztbezeichneten Grund gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
A wendet in Ausführung des erstangeführten Nichtigkeitsgrunds gegen den Schuldspruch ob § 91 Abs 1
StGB ein, daß er zwar mit Franz C gerauft habe, jedoch eine tatbestandsmäßige Schlägerei erst im Anschluß an diese Auseinandersetzung entstanden sei. Daß er an dieser Schlägerei, die vor allem durch die an einer anderen Stelle vorgekommenen Tätlichkeiten dritter Personen geprägt gewesen sei, vorsätzlich teilgenommen habe, sei nicht festgestellt worden.
Rechtliche Beurteilung
Für die subjektive Tatseite des Vergehens des Raufhandels ist der Vorsatz erforderlich, in eine tätliche Auseinandersetzung zwischen zwei Personen tätlich einzugreifen. Das Schöffengericht ging bei seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß diese Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit Franz C der Beginn (und damit ein Teil) der Schlägerei war (S. 301). Einer ausdrücklichen Feststellung dahin, daß dem Angeklagten bewußt war, damit an einer Schlägerei teilzunehmen, bedurfte es im Hinblick auf die im Urteil konstatierten (dem Beschwerdeführer bekannten) Umstände betreffend die Vorgeschichte und den Beginn der Tätlichkeiten nicht. Darnach hatte A zunächst im Cafe 'D' mit C einen Wortwechsel; als er das Lokal verließ, folgte ihm der Genannte mit anderen Burschen nach, stellte den Nichtigkeitswerber zur Rede und drohte ihm Schläge an, wobei es nunmehr zu den oben geschilderten Tätlichkeiten kam. Daraus ergibt sich aber, daß dem Angeklagten ein tätliches Eingreifen dritter Personen in seinen Raufhandel mit C durchaus bewußt war, insbes. dann, wenn dieser in Bedrängnis geraten sollte. Unter Anrufung der Z. 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO
reklamiert A punkto Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) den Rechtfertigungsgrund der Notwehr.
Das Gericht hat zwar festgestellt, daß C dem A Schläge angedroht hat (S. 296), wobei es sich aber - wie an anderer Stelle des Urteils verdeutlicht wird (S. 298 und 301) - nicht um die Ankündigung eines Angriffs auf ein notwehrfähiges Gut, sondern um eine Aufforderung zum Raufen gehandelt hat, die von A auch als solche verstanden und angenommen worden ist. Der Beschwerdeführer, der im Rahmen seiner Verantwortung die aktive Mitwirkung an einer derartigen tätlichen Auseinandersetzung eingeräumt hat (S. 63 und 276), verkennt das Wesen des Notwehrrechts, wenn er den Rechtfertigungsgrund daraus ableiten will, daß der mit verbalen Provokationen verbundene Vorschlag zum Raufen von seinem späteren Gegner ausgegangen ist. Eine derartige Initiative stellt nämlich noch keinen gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriff in der Bedeutung des § 3 Abs 1 StGB dar, weshalb auch die auf die Annahme der Herausforderung folgende aktive Beteiligung an einer Rauferei kein als Notwehr einzustufendes Verteidigungsverhalten bildet und auch für den weiteren Verlauf der Auseinandersetzung eine Notwehr nur in Ausnahmsfällen, die hier nicht gegeben sind, in Betracht käme (JBl 1982 S. 101; SSt. 48/82, 49/39).
Der Angeklagte B behauptet unter Anziehung des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO gleichfalls eine Notwehrlage sowohl beim Raufhandel (§ 91 Abs 1 StGB) als auch bei der Körperverletzung (§ 93 Abs 1 StGB). Dabei geht er allerdings nicht von den Urteilsfeststellungen aus, sondern legt seiner Rechtsrüge seine vom Schöffengericht abgelehnte Verantwortung zugrunde, nur notwendige Verteidigungshandlungen gesetzt zu haben.
Nach den diesbezüglichen Sachverhaltsannahmen haben sich die Begleiter des Beschwerdeführers, nämlich Anton A und Josef F, in eine Schlägerei mit einer ihnen zahlenmäßig überlegenen Gruppe eingelassen, worauf B, der bis dahin weder angegriffen worden war noch einer unmittelbaren Angriffsdrohung gegenüberstand, zwei Zaunlatten abriß, mit welchen er den in diesem Zeitpunkt noch unbeteiligt gewesenen Martin E attackierte und verletzte (S. 297 und 300). Diese Konstatierungen, welche für die Annahme einer Notwehrausübung keine Grundlage bieten, werden vom Beschwerdeführer übergangen, wenn er unterstellt, daß ein unmittelbarer Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit vorgelegen sei und er sich nur maßhaltend verteidigt habe, um nicht geschlagen zu werden. Daraus folgt, daß der angerufene materielle Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil hiefür ein Festhalten an dem gesamten Urteilssachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Darlegung erforderlich wäre, daß dem Gericht bei der Beurteilung ebendieses Sachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei. Mit den von urteilsfremden Annahmen ausgehenden Ausführungen bekämpft der Beschwerdeführer im Ergebnis bloß in unzulässiger Weise die in freier Beweiswürdigung gewonnene überzeugung der Richter der Tatsacheninstanz.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über Anton A nach § 28, 91 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB
auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 18.März 1980, AZ. 16 E Vr 2528/79 (richtig: vom 8.Jänner 1980, AZ. 16 Vr 2518/79) eine Zusatzgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 130 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe und über Walter B - hier zu Unrecht unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9.April 1979, AZ. 18 E Vr 2497/78 (richtig 13.November 1978, 18 E Vr 2487/78), eine zusätzliche Freiheitsstrafe von drei Monaten. Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen, ferner der Umstand, daß zwei Personen schwer verletzt wurden, mildernd hingegen war das Geständnis, der Umstand, daß die Tat schon lang zurückliegt, und daß die Angeklagten selbst leicht verletzt worden sind.
Mit seiner Berufung strebt Anton A eine Herabsetzung der Zahl der Tagessätze, Walter B die Verhängung einer Geldstrafe, allenfalls Strafermäßigung an.
Lediglich die Berufung des Walter B ist berechtigt. Der Angeklagte Anton A zeigt in seiner Berufung nichts auf, was eine Minderung der Strafe begründen könnte. Das von den Tatrichtern geschöpfte Strafmaß wird seiner Täterpersönlichkeit und seinen Vorstrafen durchaus gerecht und nimmt auch auf den Unrechtsgehalt der Tat gebührend Bedacht.
Da § 91 StGB eine alternative Androhung von Freiheits- und Geldstrafe enthält und mithin auch die Verurteilung zu einer Geldstrafe primär möglich ist, ging das Erstgericht bei Walter B zu Unrecht davon aus, daß die Verhängung einer Geldstrafe lediglich unter Anwendung des § 37 StGB zulässig sei (vgl. LSK. 1978/182). Der Berufungswerber wurde zwar mehrfach wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt, aber weder sein Vorleben, noch seine Schuld noch die Unwertbedeutung der gegenständlichen Straftaten fallen so ins Gewicht, daß nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung (§ 32 Abs 1 und 2 StGB) eine Geldstrafe nicht mehr angemessen wäre. Es war daher in Stattgebung der Berufung des Angeklagten B eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu verhängen. Auf Grund der aktenkundigen persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Berufungswerbers, den keine Sorgepflicht trifft und der etwa 6.000 S monatlich verdient (S. 26, 274), wurde der Tagessatz mit 150 S bestimmt. Die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe ergibt sich aus dem Gesetz.
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