Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Gemäß § 290 Abs. 1, 344 StPO wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß nach § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auch die Vorhaft vom 29. September 1981, 11,30 Uhr, bis zum 12. November 1981, 11,00 Uhr, auf die über den Angeklagten Johannes B verhängte Strafe angerechnet wird.
Der Berufung des Angeklagten A wird nicht Folge gegeben.
Der Berufung des Angeklagten B wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 5 1/2
(fünfeinhalb) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden (A) Gilbert A und Johannes B des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 (erster und dritter Fall) StGB sowie (B) B überdies des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (mit einem Beutewert von 16.200 S) schuldig erkannt.
Als Raub liegt ihnen zur Last, am 3. September 1981 in Innsbruck vorsätzlich in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) dem August C durch Schläge und Fußtritte, also mit Gewalt gegen seine Person, sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB), nämlich durch die Androhung, ihn umzubringen, fremde bewegliche Sachen, und zwar etwa 3.000 S Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Genannte durch die ausgeübte Gewalt schwer verletzt wurde (§ 84 Abs. 1 StGB).
Rechtliche Beurteilung
Den (auch von B nur) gegen diesen Schuldspruch erhobenen, auf § 345 Abs. 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Der Angeklagte B vermeint, den Geschwornen hätte zu der dem bekämpften Schuldspruch zugrunde liegenden, ihn betreffenden (gesonderten) Hauptfrage (4) nach (schwerem) Raub eine Eventualfrage (§ 314 Abs. 1 StPO) nach Diebstahl vorgelegt werden müssen, weil seiner Verantwortung zufolge die (ausschließlich von A) gegen C ausgeübte Gewalt nicht auf eine Geldwegnahme (oder -abnötigung) gerichtet gewesen sei und er das ihm anschließend daran von letzterem angebotene Geld (zwar) vorerst als ein ihm aus freien Stücken gegebenes Geschenk entgegengenommen, dann aber mit dem Bemerken, daß er nur seinen Paß wolle, wieder auf den Schreibtisch zurückgelegt sowie (erst) anläßlich seiner letztlichen Flucht, jetzt allerdings doch im Bewußtsein des Fehlens einer Zustimmung des Berechtigten hiezu, neuerlich an sich genommen habe. Dieses Beschwerdevorbringen findet indessen in bezug auf die für die vermißte Fragestellung maßgebenden Belange in der Aktenlage keine Deckung.
Daß seine ursprüngliche Geldübernahme von C nach der in Rede stehenden Tatversion infolge dessen (angeblich) freier Einwilligung hiezu nicht einmal als Diebstahl zu beurteilen wäre, wird vom Beschwerdeführer ohnedies richtig erkannt. In keinem Verfahrensstadium aber hat letzterer sinngemäß eingewendet, daß er das von ihm bereits angenommene Geld - mit der Erklärung, er wolle nur seinen Paß - wieder in den Gewahrsam des Tatopfers zurückgestellt und jenem erst später mit Bereicherungsvorsatz (wieder) weggenommen hätte.
Denn in Wahrheit hatte er nach seiner Verantwortung (S 276/ II) die soeben relevierte, seinen Paß betreffende Bemerkung schon vor dem vorausgegangenen Empfang des Geldes gemacht, welches er nichtsdestoweniger annahm, und damit, daß er letzteres nachher auf den Schreibtisch legte, als er sich um den erheblich verletzten C kümmerte, der auf einem Notbett lag, verfolgte er darnach bloß die Absicht, jenen zu beruhigen (S 278 f, 281/II; 325/I); schon die Behauptung einer Rückgabe des ihm ausgefolgten Geldbetrages in den Gewahrsam des Berechtigten kann darin nicht erblickt werden. Davon abgesehen aber hat der Beschwerdeführer, seiner nunmehrigen Prozeßbehauptung abermals zuwider, auch keineswegs zugestanden, beim anschließenden Wieder-an-sich-Nehmen des Geldes sei ihm bewußt gewesen, daß er dieses (erst) hiedurch unberechtigt an sich bringe; nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls hat er sich vielmehr - neben beschönigenden Erklärungen, wie etwa, er wisse nicht, warum er das Geld mitgenommen habe, das müsse im Unterbewußtsein passiert sein, uö (S 279, 281/II; 227, 325/I) - ebenso wie schon im Vorverfahren (S 223/I) ausdrücklich wieder auf das (angeblich) schon der ursprünglichen Geldannahme zugrunde gelegene Motto 'Einem geschenkten Gaul schaut man nicht in das Maul' berufen (S 279 f/II), wobei er von seiner damit verbundenen bisherigen Verantwortung (S 229/I), er sei überzeugt gewesen, sich dadurch in keiner Weise strafbar zu machen, nicht im mindesten abrückte.
Der Auffassung des Schwurgerichtshofs, die reklamierte Eventualfrage nach Diebstahl sei durch die Verantwortung des Angeklagten B nicht indiziert, weil dieser gar nicht zugegeben habe, dem C das Geld mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (S 308 f/II), ist daher beizupflichten. In Ansehung der Qualifikation des (schweren) Raubes (auch) nach § 143 dritter Fall StGB bemängeln beide Angeklagten, daß den Geschwornen - ersichtlich gemeint: zu den betreffenden (gesonderten) Hauptfragen (Nr 1 bezüglich A sowie Nr 4 bezüglich B) - nicht jeweils auch noch eine weitere Frage dahin vorgelegt wurde, ob die dem August C bei der Tat zugefügten Verletzungen bloß leichter Natur gewesen seien; insoweit vermißt B eine 'entsprechende' Zusatzfrage nach dem Vorliegen einer leichten Verletzung bei C, wogegen A die Auffassung vertritt, der Schwurgerichtshof hätte im Hinblick auf die vorgelegenen, einander in der Beurteilung des Verletzungsgrades widersprechenden Gutachten entweder ein medizinisches Obergutachten einholen oder eine 'auf leichte Verletzung des Opfers im Zuge des Raubes' zielende Eventualfrage stellen müssen.
Auch diese Einwände gehen jedoch fehl.
Bei einem mit Gewalt ausgeführten Raub (§ 142 StGB) ist nämlich eine leichte Körperverletzung (§ 83 StGB) des Opfers als typische Begleittat anzusehen und deshalb nicht als ein selbständiges Delikt zuzurechnen, sondern bloß bei der Strafzumessung (als ein nicht strafsatzändernder Erschwerungsumstand) zu berücksichtigen (SSt 46/66, RZ 1976/
19 ua); dementsprechend geht es bei der Erfassung einer Tatversion, nach der C beim Raub nur leichte Verletzungen erlitten hätte, lediglich um die Ausschaltung der in der (notwendigerweise anklagekonformen) Hauptfrage (§ 312 StPO) - dementsprechend zwangsläufig - relevierten Annahme, der Genannte sei bei der Tat schwer verletzt worden.
Von vornherein nicht in Betracht kam zu diesem Zweck die Stellung einer Zusatzfrage, die ja nur auf das Vorliegen von Strafaufhebungs- oder (im weiteren Sinn) Strafausschließungsgründen zu einem bestimmten Grundtatbestand (§ 313 StPO) oder aber auf das Vorliegen von den letzteren qualifizierenden oder privilegierenden zusätzlichen Tatsachen (§ 316 StPO) gerichtet sein kann, nicht jedoch auf das Fehlen solcher qualifikationsbegründender Tatumstände (hier: einer schweren Verletzung), die noch dazu durch die (für die Beantwortung einer Zusatzfrage vorauszusetzenden - § 317 Abs. 3 StPO) Bejahung dieser Hauptfrage (hier: nach einem durch eine schwere Verletzung des Opfers qualifizierten Raub) ganz im Gegenteil gerade als erwiesen angenommen wurden.
Ebensowenig bedurfte es aber auch einer Eventualfrage (§ 314 StPO) nach nicht durch eine schwere Verletzung des August C - sondern bloß durch die Tatbegehung in Gesellschaft eines Beteiligten - qualifiziertem Raub. Denn der Annahme des Fehlens einer schweren Verletzung des Tatopfers hätten die Geschwornen durch einen einschränkenden Beisatz im Sinn des § 330 Abs. 2 StPO - wie etwa 'Ja, aber ohne daß August C durch die ausgeübte Gewalt eine schwere Verletzung erlitt' - ohne jegliche Schwierigkeit Rechnung tragen können, worauf sie nicht nur in der (ihnen übergebenen und zudem im Beratungszimmer angeschlagenen) allgemeinen Rechtsbelehrung (StPO-Form RMB 1) sowie im Vordruck für die an sie gerichteten Fragen (StPO-Form Prot 15), sondern auch in der besonderen Rechtsbelehrung (S 1) ausdrücklich hingewiesen worden waren. In Ansehung einer derartigen Möglichkeit wird die vom Angeklagten B relevierte Vorschrift des § 317 Abs. 1 StPO, wonach die an die Geschwornen zu richtenden Fragen so zu fassen sind, daß sie sich mit Ja oder Nein beantworten lassen, ihrerseits durch die vorerwähnte Verfahrensbestimmung eingeschränkt; davon aber, daß die Laienrichter durch einen solchen Vorgang im Vergleich zur Beantwortung einer gesonderten Eventualfrage des zuvor dargelegten Inhalts (dem Sinn des § 317 Abs. 2 StPO zuwider) überfordert worden wären, kann nach Lage des Falles keine Rede sein. Der Eventualeinwand des Angeklagten A schließlich, daß der Schwurgerichtshof zur Einholung eines 'Obergutachtens' verpflichtet gewesen wäre, womit er der Sache nach eine Nichtigkeit nach § 345 Abs. 1 Z 5 StPO geltend macht, scheitert schon am Fehlen der hiezu erforderlichen formellen Voraussetzung eines vom Beschwerdeführer dahingehend gestellten und vom Schwurgerichtshof abgewiesenen oder unerledigt gelassenen Antrags.
Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Aus diesem Anlaß hat sich aber der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten Johannes B insoweit unrichtig angewendet wurde, als dem Genannten, der Vorschrift des (zwischen inländischen und ausländischen Vorhaftzeiten nicht unterscheidenden - vgl ÖJZ-LSK 1978/41) § 38 Abs. 1 Z 1 StGB zuwider, nicht auch jene Vorhaft auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe angerechnet worden ist, die er in der Zeit von seiner Verhaftung in Zürich am 29. September 1981, 11,30 Uhr, wegen des im vorliegenden Verfahren am 3. September 1981 gegen ihn erlassenen Haftbefehls (ON 3) bis zu seiner übernahme in (definitive) Auslieferungshaft am 12. November 1981, 11,00 Uhr, erlitten hat (ON 7 und 12 in ON 60). Diese vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Urteilsnichtigkeit (§ 345 Abs. 1 Z 13 StPO) war daher gemäß § 290 Abs. 1, 344 StPO von Amts wegen wahrzunehmen und durch die gebotene Ergänzung des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung zu beheben.
Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB, B überdies unter Bedacht auf § 28 StGB, zu je sieben Jahren Freiheitsstrafe.
Dabei wertete es bei beiden die zweifache Qualifikation des Raubes, dessen Begehung mit Drohung und Gewalt sowie auf eine für das Opfer qualvolle Weise, ihre - bei A zehn (richtig elf) und bei B drei (richtig vier) -
einschlägigen Vorstrafen, weiters bei B außerdem das Zusammentreffen zweier Verbrechen und seinen raschen Rückfall, als erschwerend, hingegen bei A sein Teilgeständnis (zum Raub) sowie bei B sein Geständnis zum Diebstahl und seine Bereitschaft zur (beim Raub allerdings nur teilweisen) Schadensgutmachung als mildernd. Von den Berufungen, mit denen die Angeklagten jeweils eine Strafherabsetzung anstreben, kommt nur jener des B Berechtigung zu. Daß A (nach seiner Darstellung) von Kindheit an einem negativen sozialen Milieu ausgesetzt war und bereits in frühester Jugend zu einem Außenseiter der Gesellschaft wurde, kann diesem Angeklagten bei seinem Alter von 31 Jahren zur Tatzeit und dem Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für bis dahin von ihm unternommene ernsthafte Sozialisierungsbemühungen jedenfalls nicht als mildernd zugute gehalten werden. Mit Recht hat das Erstgericht ferner auch seiner bei der Tat vorgelegenen Alkoholisierung keinen Milderungswert beigemessen, weil die dadurch bedingte Herabsetzung seiner Zurechnungsfähigkeit durch den Vorwurf aufgewogen wird, der ihm wegen des vorausgegangenen Alkoholgenusses im Hinblick auf seine (von ihm selbst zugestandene) Neigung zur Begehung von Straftaten in alkoholisiertem Zustand zu machen ist (§ 35 StGB), mag auch seine darauf zurückzuführende Enthemmung vordem nicht gerade zur Verübung von Raubtaten geführt haben. Gleichermaßen schließlich kommt weder dem Umstand, daß dem Raubüberfall keine spezielle Planung voranging, noch dem Verhalten des Tatopfers, welches bei seiner Gegenwehr den Berufungswerber in den Finger biß, nach seiner Darstellung aber den Angeklagten das Geld keineswegs unaufgefordert anbot, noch den durch die vorerwähnte, selbst provozierte Verletzung des A ausgelösten Schmerzen und dessen hiedurch ausgelöster Gemütsverfassung, noch der Unterlassung eines zielstrebigeren Fluchtversuchs durch letzteren die Bedeutung von ins Gewicht fallenden Milderungsgründen zu. Die mit der Tat verbundenen Qualen des Opfers dagegen wurden dem Berufungswerber, der übrigens nach seiner letzten Haftentlassung ebenfalls rasch rückfällig wurde, durchaus zu Recht als erschwerend angelastet.
Bei den sohin vom Geschwornengericht in Ansehung des Angeklagten A im wesentlichen richtig angenommenen Strafzumessungsgründen wird die Dauer der über ihn verhängten siebenjährigen Freiheitsstrafe, insbesondere im Hinblick auf sein schwer belastetes Vorleben, seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus gerecht. Seiner Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. In bezug auf den zur Tatzeit immerhin erst 23 Jahre alt gewesenen Angeklagten B hingegen ist doch mit zu berücksichtigen, daß er (zum einen) weit weniger gravierende Vorstrafen als A, insbesondere aber noch kein Freiheitsstraf-übel erlitten hat und daß (zum anderen) auch im vorliegenden Fall die Intensität seiner Tatbeteiligung hinter jener seines Komplizen deutlich zurückblieb. Bei ihm erscheint dementsprechend ungeachtet dessen, daß ihm auch ein Einbruchsdiebstahl mit einem Beutewert von rund l6.000 S zur Last fällt, (schon) eine Freiheitsstrafe in der (geringeren) Dauer von fünfeinhalb Jahren nach dem Grad seiner Schuld als angemessen. Die über ihn verhängte Strafe war daher in Stattgebung seiner Berufung auf dieses Maß zu reduzieren.
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