Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluss, der hinsichtlich der Nichtigerklärung des die Aufhebung und Einstellung der Exekution betreffenden Teils unangefochten geblieben war, wird dahin abgeändert, dass im Übrigen die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.499,80 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin sind 600 S an Barauslagen und 214,80 S Umsatzsteuer enthalten), binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Mehrere Versuche des Erstgerichts, die Klage dem Beklagten an seiner Wohnanschrift in P***** zuzustellen, scheiterten daran, dass sich der Beklagte jeweils für längere Zeit aus berufsbedingten Gründen im Ausland aufhielt. Mit Beschluss vom 3. November 1980, ON 9, trug das Erstgericht dem Beklagten gemäß dem § 95 ZPO auf, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses einen in Linz wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten dem Gericht namhaft zu machen. Es wies den Beklagten gleichzeitig darauf hin, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die für ihn bestimmten Schriftstücke mit der Wirkung der Zustellung bei Gericht hinterlegt würden. In der Begründung dieses Beschlusses ging das Erstgericht davon aus, dass der Beklagte unter seiner Wohnanschrift nicht erreichbar sei und sich ständig im Ausland aufhalte.
Dieser Beschluss wurde dem Beklagten gemeinsam mit einer Gleichschrift der Klage und der Ladung zur Tagsatzung für den 25. Februar 1981 im Rechtshilfeweg in Rumänien, wo er sich gerade aus beruflichen Gründen aufhielt, am 20. Mai 1981 zu eigenen Handen zugestellt. Nach fruchtlosem Ablauf der gestellten Frist ordnete das Erstgericht am 22. Juli 1981 für den 25. August 1981 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung an; die Ladung wurde dem Beklagten durch gerichtliche Hinterlegung zugestellt. Da der Beklagte zu der letztgenannten Tagsatzung nicht erschienen war, wurde gegen ihn am selben Tag über Antrag der klagenden Partei ein Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens gefällt, das dem Beklagten ebenfalls durch gerichtliche Hinterlegung zugestellt wurde. Am 12. Oktober 1981 erteilte das Erstgericht hinsichtlich dieses Versäumungsurteils die Vollstreckbarkeitsbestätigung.
Am 15. März 1982 beantragte der nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Beklagte die Aufhebung dieser Vollstreckbarkeitsbestätigung sowie die Aufschiebung der inzwischen bewilligten Fahrnisexekution bis zur Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses und die Einstellung der Exekution nach dessen Rechtskraft mit der Begründung, der Beschluss ON 9 sei ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 95 ZPO ergangen, so dass das Versäumungsurteil nicht vollstreckbar geworden sei. Das Erstgericht wies diesen Antrag aus der Erwägung ab, die Voraussetzungen der vorgenannten Gesetzesstelle lägen deshalb vor, weil der Kläger an seiner Wohnanschrift infolge seines ständigen Auslandsaufenthalts nicht erreichbar gewesen sei.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Vollstreckbarkeitsbestätigung aufhob und die abweisliche Entscheidung hinsichtlich des Antrags auf Aufschiebung und Einstellung der Exekution als nichtig aufhob. Es vertrat die Auffassung, der Beklagte habe seinen Wohnsitz in P***** durch die berufsbedingten Auslandsaufenthalte nicht verloren, so dass die Voraussetzungen des § 95 ZPO für die Bestellung eines Zustellbevollmächtigten nicht vorgelegen seien. Daraus ergebe sich die Gesetzwidrigkeit der Hinterlegung des Versäumungsurteils und die Bestätigung seiner Vollstreckbarkeit. Da das Erstgericht weder Bewilligungs- noch Exekutionsgericht sei, fehle ihm die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung und Einstellung der Exekution. Dieser Entscheidungsteil müsse daher als nichtig im Sinne des § 477 Z 3 EO aufgehoben werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Rekurs des Beklagten „zurück,- in eventu abgewiesen wird." Die klagende Partei erklärt zwar, den Beschluss des Berufungsgerichts zur Gänze anzufechten; sie führt aber den Rekurs ausschließlich hinsichtlich der Vollstreckbarkeitsbestätigung und nicht auch gegen den die Aufhebung der Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung und Einstellung der Exekution betreffenden Teil aus (vgl dazu auch die Bestimmung des § 30 ArbGG), so dass dieser Teil der Rekursentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Der klagenden Partei kann allerdings nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, das Rekursgericht hätte den Rekurs des Beklagten als unzulässig zurückweisen müssen. Der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung und der gegen die darüber getroffene Entscheidung des Erstgerichts vom Beklagten erhobene Rekurs sei nämlich, so führt die klagende Partei aus, der Sache nach eine Anfechtung des Beschlusses ON 9, gegen den jedoch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist; der Beklagte habe ein Rechtsmittel gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 515 ZPO nicht erhoben.
Die klagende Partei übersieht jedoch, dass der Beklagte den Beschluss ON 9 überhaupt nicht, auch nicht im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen eine folgende anfechtbare Entscheidung, bekämpft hat. Die nach der Erlassung des Beschlusses ON 9 nächste anfechtbare Entscheidung des Erstgerichts war die in der Sache ergangene Endentscheidung, nämlich das gegen den Beklagten gefällte Versäumungsurteil. Da der Beklagte weder das Versäumungsurteil noch - im Zusammenhang damit - den Beschluss ON 9 bekämpft hat, ist dieser Beschluss jedenfalls rechtswirksam. Daraus folgt, dass das Erstgericht an diesen Beschluss gebunden war und somit das Versäumungsurteil mangels Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten durch gerichtliche Hinterlegung zustellen musste (vgl Heller-Berger-Stix, 210 f, mit weiteren Hinweisen), gleichgültig, ob der - rechtswirksame - Beschluss ON 9 inhaltlich richtig war oder nicht. Ob gegen das bisher unbekämpft gebliebene Versäumungsurteil ein Rechtsmittel noch zulässig ist, ist hier nicht zu entscheiden. Entscheidend ist, dass die Zustellung der Aktenlage entsprechend erfolgte und das Versäumungsurteil innerhalb der darnach offen gewesenen Frist nicht angefochten wurde. Die Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung entsprach somit der Aktenlage und ist daher weder irrtümlich noch gesetzwidrig erfolgt. Das Rekursgericht hat daher zu Unrecht die Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung aufgehoben. Sein Beschluss war daher dahin abzuändern, dass der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung abgewiesen wird.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40, 41, 50 ZPO begründet.
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