OGH 11Os111/82

OGH11Os111/828.9.1982

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführer in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den § 146, 148 (erster Fall) StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. April 1982, GZ 5 e Vr 509/82-31 zu Recht erkannt bzw den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung und in der rechtlichen Qualifikation der Tat als gewerbsmäßiger Betrug nach dem § 148 (erster Fall) StGB sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der unterstands- und beschäftigungslose, am 11. Dezember 1922 geborene Adolf A des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den § 146, 148 (erster Fall) StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, 'wiederholt gewerbsmäßig' mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Vorgabe, zahlungsfähig und zahlungswillg zu sein, nachgenannte Personen zu Handlungen verleitet zu haben, die sie am Vermögen schädigten, wobei der Gesamtschaden 5.000 S nicht überstieg: 1.) am 30. November 1981 und am 1. Dezember 1981 Karl B zur Durchführung von Taxifahrten (Schaden 1.600 S); 2.) am 3. und 4. Dezember l981

Angestellte des Hotels C zur Vermietung eines Zimmers und zur Ausfolgung von Speisen und Getränken (Schaden 864 S); 3.) am 4. Dezember 1981 Seyed Jalaleddin Hadjy Seyed E zur Durchführung von Taxifahrten (Schaden 486 S); 4.) am 4. und 5. Dezember 1981 Angestellte des Parkhotels F zur Vermietung eines Zimmers sowie zur Ausfolgung von Speisen und Getränken (Schaden 1.910 S). Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Adolf A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit Berufung gegen das Strafausmaß.

Rechtliche Beurteilung

Zur Verfahrensrüge:

Der Antrag des Angeklagten auf Einholung eines medizinischen Gutachtens über seinen Gesundheitszustand (S 112 d. A), dessen Ablehnung durch das Erstgericht er unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO rügt, war - wie der Beschwerdeführer hervorhebt - nicht auf die Feststellung eines Schuldausschließungsgrundes (§ 11 StGB), sondern darauf gerichtet, daß der schlechte Gesundheitszustand des Angeklagten mit ein Grund für die Taten gewesen sei, somit einen 'erheblichen Milderungsgrund' darstelle.

Dieser Beweisantrag betraf damit aber keine für die Schuld des Angeklagten, die rechtliche Subsumtion seiner Tat oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidungswesentliche Tatsache, sondern einen Umstand, der bloß für die - innerhalb des gesetzlichen Strafsatzes nur mit Berufung anfechtbare - Strafbemessung von Bedeutung sein kann.

Die Verfahrensrüge versagt deshalb, und es war die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Zur Rechtsrüge:

Als nichtig nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO rügt der Angeklagte die Annahme der Qualifikation gewerbsmäßigen Betruges nach dem § 148 (ersten Fall) StGB Insofern kommt der Nichtigkeitsbeschwerde Berechtigung zu:

Gewerbsmäßig handelt ein Täter, wenn er die strafbare Handlung in der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB). Gewerbsmäßigkeit kennzeichnet also eine auf wiederkehrende Einkünfte - nicht notwendig in der Form von Geldzuwendungen, sondern auch in der Verschaffung von zur unmittelbaren Befriedigung von Lebensbedürfnissen dienenden Sachwerten oder Leistungen (LSK 1977/8; 12 Os 149/78, 12 Os 52/80, 11 Os 34/81, 9 Os 50/81; vgl auch LSK 1979/65) - zielende innere Tendenz des Täters, wobei nicht erforderlich ist, daß er die strafbare Handlung schon wiederholt begangen hat, sofern nur seine aus der - wenn auch allenfalls erstmaligen - Tat erkennbare Absicht, sich durch Wiederholung der Straftat eine fortlaufende, zumindest für längere Zeit wirksame, der Sicherstellung zumindest eines Teiles seines Unterhaltes oder eines zusätzlichen Aufwandes dienenden Einkommensquelle zu erschließen, gegeben ist (SSt 46/16 ua).

Ob nun die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Angeklagten darauf gerichtet war, sich durch Tatwiederholung eine fortlaufende Einkommensquelle zu verschaffen, läßt sich jedoch aus den Urteilsfeststellungen nicht mit der nötigen Eindeutigkeit beantworten:

Das Urteil, in dessen Spruch die gewerbsmäßige Begehung bloß durch

das Wort 'gewerbsmäßig' ausgedrückt wird, enthält in seinen Gründen

an einschlägigen Konstatierungen tatsächlicher Natur nur die

Feststellungen: '... A setzte die Betrugshandlungen gewerbsmäßig, da

die ihm auf diese Weise erbrachten Leistungen mit zur Bestreitung

seines Lebensunterhaltes dienten (S 130 d.A)... Die wiederkehrende

Begehung des Einmietbetruges diente der Deckung des Wohnbedürfnisses des Angeklagten und somit der Bestreitung seines Lebensunterhaltes; durch die übrigen wiederholten Betrugshandlungen erschloß sich der Angeklagte eine der Sicherstellung eines zusätzlichen Aufwandes, nämlich Fahrten mit dem Taxi, dienende Einkommensquelle, wobei der Angeklagte seine Angriffe gegen fremdes Vermögen über einen längeren (?) Zeitraum setzte. Auf Grund dieser genannten Tatsachen sowie des Umstandes, daß der Angeklagte ansonsten über keine wie immer geartete Erwerbsquelle verfügte, ergibt sich daher, daß der Angeklagte die Betrugstatbestände in der Absicht verwirklicht hat, sich auf diese Weise durchzubringen und so seinen Lebensunterhalt zu finanzieren ...' (S 133 f d.A).

Damit wird indes lediglich zum Ausdruck gebracht, daß der mittellose Angeklagte die urteilsgegenständlichen, tatsächlich - allerdings nur über einen Zeitraum von wenigen Tagen - wiederholten Betrügereien zur unmittelbaren Befriedigung von Lebensbedürfnissen beging, nicht aber die für den strafrechtlichen Begriff der Gewerbsmäßigkeit essentielle, zum charakterologischen Schuldelement zählende innere Tendenz des Angeklagten, solcherart wiederholt und fortlaufend, d h für längere (unbestimmte) Zeit seinen Lebensaufwand auf betrügerische Weise (etwa wie gegenständlich durch Erlangung von Sachwerten und Leistungen) zu decken.

Zufolge dieses Feststellungsmangels ist das Ersturteil in Ansehung der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit mit Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behaftet.

Da sich zeigt, daß zu diesem Beschwerdepunkt die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO - gleichfalls in nichtöffentlicher Sitzung -

wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Mit seiner durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Strafausspruches gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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