Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26. März 1955 geborene, zuletzt beschäftigungslose Bernhard A des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143
1. Satz 2. Deliktsfall StGB schuldig erkannt, weil er am 7. Feber 1982 in Graz mit Gewalt unter Verwendung einer Waffe dem Michael B Bargeld im Gesamtbetrag von S 100,-- und einen Silberring im Wert von S 400,-- mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch Zueignung dieser Gegenstände unrechtmäßig zu bereichern, indem er Michael B mit einer Bierflasche gegen den Kopf schlug, dreimal mit einem Messer gegen dessen Oberkörper stach und sein Opfer anschließend am Boden festhielt.
In ihrem diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Wahrspruch hatten die Geschwornen die an sie gerichtete - anklagekonforme - Hauptfrage I stimmeneinhellig bejaht, womit sich eine Beantwortung der für den Fall der Verneinung dieser Hauptfrage gestellten Eventualfrage II in Richtung des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) erübrigte.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde stützt sich (ziffernmäßig) auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO
Unter Anrufung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes macht der Angeklagte der Sache nach allerdings eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte im Sinne der Z 5 der erwähnten Gesetzesstelle geltend, welche er in der Abweisung seines Antrags auf Durchführung eines (weiteren) Elektroencephalogramms 'unter Alkoholschock, und zwar im Rahmen von ca 2 %o' (Blutalkoholgehalt) erblickt, wodurch unter Beweis gestellt werden sollte, daß bei solcher Alkoholbelastung Störungen seines Nervensystems und als deren Folge ein der Volltrunkenheit entsprechender Rauschzustand eintreten würden und sein 'Verantwortungsbewußtsein' (gemeint: die strafrechtliche Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit) zum Tatzeitpunkt ausgeschlossen werden könne (S 297 und vso).
Die Verfahrensrüge schlägt jedoch nicht durch: Daß das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen, der für die Tatzeit eine volle Berauschung des Angeklagten - auch im Sinne eines pathologischen Rauschzustandes - mit dem Hinweis auf das nach Zuführung einer standardisierten Alkoholmenge normal verlaufene Elektroencephalogramm (S 294 2. Abs), auf die Schilderung des Verhaltens des Angeklagten zur betreffenden Zeit durch die Zeugen, insbesondere durch Michael B (S 295 oben), und auf das Unterbleiben pathologischer Alkoholreaktionen bei früheren (dem erlittenen Schädelhirntrauma zeitlich nähergelegenen) Anlässen (S 295 unten) ausgeschlossen hat, Mängel aufweist, welche im Sinne der § 308 Abs 1, 248 Abs 1, 125 StPO Anlaß zu dessen Ergänzung nach Aufnahme des vom Angeklagten beantragten zusätzlichen Befundes geben könnten, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun. Die von ihm in diesem Zusammenhang erwähnte öußerung des Sachverständigen, wonach ein Elektroencephalogramm eine pathologische Reaktion des Angeklagten zum Tatzeitpunkt beweisen, aber auch ein anderes Ergebnis bringen könne (S 295), ist nicht als Ausdruck von Zweifeln des Sachverständigen an der Richtigkeit seines einen pathologischen Vollrausch des Angeklagten ausschließenden Gutachtens zu verstehen; sie bezieht sich ersichtlich nur auf die grundsätzliche Eignung einer derartigen Befundaufnahme für die Feststellung einer pathologischen Anfälligkeit dieser Art, ist aber keineswegs als Abschwächung des Gutachtens in dem Sinne aufzufassen, daß erst nach Ergänzung des Befundes durch Aufzeichnung eines weiteren Hirnstrombildes unter den im Beweisantrag angeführten Bedingungen eine tataktuelle volle Berauschung des Angeklagten mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnte.
Da mithin nach der Aktenlage zu einer weitergehenden Prüfung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit kein Anlaß bestanden hat, können Erwägungen über die Zulässigkeit einer solchen (ergänzenden) Beweisaufnahme und deren Verwertung auf sich beruhen, weil - wie ausgeführt - eine derartige Befundaufnahme durch die Beweislage gar nicht indiziert gewesen ist. Ebensowenig ist dem Schwurgerichtshof ein Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 6 StPO bewirkender Verstoß gegen die Vorschriften über die Fragestellung dadurch unterlaufen, daß er die Stellung der vom Angeklagten beantragten Eventualfrage (gemeint wohl: /uneigentlichen/ Zusatzfrage gemäß § 316 StPO) in Richtung eines ohne Verwendung einer Waffe verübten Raubes im Sinne des § 142 Abs 1 StGB (S 299) unterlassen hat; denn dafür, daß der Raub an Michael B ohne Verwendung eines zum Angriff spezifisch geeigneten, bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit im Kampf einer Waffe im Sinne des WaffG gleichwertigen und daher nach der herrschenden Judikatur (EvBl 1976/119 uam) als Waffe im Sinne des § 143 StGB zu wertenden Mittels verübt worden wäre, hat das Verfahren keinerlei Anhaltspunkte erbracht. Ob das konkret verwendete Mittel aber ein Springmesser (S 33, 37, 285) oder ein Taschenmesser mit 10 cm Klingenlänge (Verantwortung des Angeklagten S 49) gewesen ist, bleibt unerheblich, zumal sich die oben beschriebene spezifische Eignung des betreffenden Messers geradezu zwingend schon aus dem Tathergang sowie dem Ausmaß der festgestellten Verletzung des Raubopfers (siehe die lt S 297 in der Hauptverhandlung verlesene, dort allerdings unrichtig mit ON 10
bezeichnete Verletzungsanzeige S 151, ferner S 8 und S 285) ergibt. Im übrigen wäre den Geschwornen gemäß § 330 Abs 2 StPO ohnehin das Recht zugestanden, die ihnen gestellte Hauptfrage nur teilweise (unter Beifügung einer entsprechenden Beschränkung) zu bejahen, worüber sie nicht in der schriftlichen Rechtsbelehrung, sondern im Anschluß daran bei der im § 323 Abs 2 StPO erwähnten Besprechung und überdies durch Anschlag der betreffenden Bestimmung im Beratungszimmer (§ 325 Abs 2 StPO) zu unterrichten sind (EvBl 1955/18; EvBl 1965/176).
Der zum Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Vorwurf, in der Rechtsbelehrung (von der Beschwerde irrig als 'Rechtsmittelbelehrung' bezeichnet) sei schon vorweggenommen worden, daß der gegenständliche Raub durch Verwendung einer Waffe, nämlich eines Messers, qualifiziert sei, ist im Ergebnis gleichfalls nicht berechtigt: Der betreffende Teil der Rechtsbelehrung bezieht sich ausdrücklich darauf, daß nach der Anklageschrift beim Raub ein Messer verwendet worden ist, welches nach ständiger Rechtsprechung dem Waffenbegriff des § 143 StGB zu unterstellen sei und daß gegenständlicher Raub 'daher durch die Verwendung einer Waffe als Verbrechen des schweren Raubes qualifiziert' sei. Damit hat der Schwurgerichtshof zwar den durch § 321 Abs 2 StPO gesteckten Rahmen der schriftlichen Rechtsbelehrung insofern überschritten, als er auf Umstände eingegangen ist, die den konkreten Sachverhalt betreffen und deren Erörterung daher der im Anschluß an die schriftliche Belehrung vom Vorsitzenden abzuhaltenden Besprechung vorzubehalten gewesen wäre. Eine insoweit gegen das Gesetz verstoßende Rechtsbelehrung ist aber nur dann mit Nichtigkeit bedroht, wenn sie durch ein Vorgreifen auf die Lösung der Tatfrage geeignet ist, bei den Geschwornen unrichtige Vorstellungen über die Rechtslage zu erwecken und die Geschwornen - namentlich durch eine richtungsweise fixierte Darstellung rechtlich bedeutsamer Tatsachen - zu einer bestimmten rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zu beeinflussen (SSt 45/9). Eine solche Eignung kommt dem oben wiedergegebenen Teil der Rechtsbelehrung jedoch nicht zu, weil darin - auch für die Geschwornen ersichtlich - nur eine rechtliche Beurteilung des der Anklage zugrundegelegten Sachverhaltes vorgenommen und den Geschwornen die übernahme der überzeugung der Anklagebehörde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keineswegs aufgezwungen, insbesondere ihre Beweiswürdigung nicht vorweggenommen oder beeinflußt wird (abermals SSt 45/9). Daß die Rechtsbelehrung daher im aufgezeigten Umfang den ihr nach dem Gesetz gesteckten Rahmen überschritten hat, konnte demnach vorliegend keinen für den Angeklagten nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung durch die Geschwornen haben. Was den weiteren aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 8
des § 345 Abs 1 StPO erhobenen Einwand einer unrichtigen Rechtsbelehrung über den Waffenbegriff im Sinne des § 143 StGB betrifft, so wird zwar die lapidare Belehrung, ein Messer sei nach ständiger Rechtsprechung dem Waffenbegriff des § 143 StGB zu unterstellen (S 3 der Rechtsbelehrung) dem differenzierten, auf die spezifische Eignung der Waffe zum Kampf und die entsprechende Verwendung im konkreten Fall abstellenden Standpunkt der Judikatur (siehe die obigen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund nach der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO) insofern nicht gerecht, als Ausnahmefälle denkbar sind, in welchen ein beim Raub verwendetes Messer die nach herrschender Auffassung für den Waffenbegriff des § 143 StGB maßgeblichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Inhalt der Hauptfrage in Richtung schweren Raubes enthält jedoch keinerlei Anhaltspunkte für eine solche exzeptionelle Fallgestaltung, sodaß die in der Rechtsbelehrung enthaltene vereinfachende Darstellung der (generellen) Waffeneigenschaft von Messern, die bei Begehung eines Raubes zur Gewaltanwendung verwendet werden, vorliegend nicht geeignet sein konnte, einen dem Angeklagten abträglichen Irrtum der Geschwornen herbeizuführen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 143 1. Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die zahlreichen, einschlägigen Vorstrafen, die Zufügung leichter Verletzungen und das Vorleben des Angeklagten an, wertete hingegen als mildernd die Zustandebringung eines Teils der Raubbeute.
Die Berufung des Angeklagten, welche Strafherabsetzung begehrt, ist begründet.
Zwar liegen die vom Berufungswerber reklamierten zusätzlichen Milderungsgründe nicht vor. Unbesonnenheit und verlockende Gelegenheit sind weder der Aktenlage noch dem Gutachten des Sachverständigen zu entnehmen. Ein Spontanentschluß zur Tat, wie dies der Sachverständige nicht ausschließen will, kann nicht als mildernd gewertet werden;
ebensowenig die bestandene Alkoholisierung im Sinn des § 35 StGB, weil dem Angeklagten der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Begehung strafbarer Handlungen durch wiederholte Abstrafungen deutlich vor Augen geführt wurde. Hingegen kann allgemein der Lebenswandel des Angeklagten im Sinne einer Lebensführungsschuld neben dem Erschwerungsgrund des § 33 Z 1 StGB nicht gesondert als erschwerend gewertet werden und fällt zusätzlich noch der geringe Wert der Beute als mildernd ins Gewicht. Unter Berücksichtigung der insoweit korrigierten Strafzumessungsgründe, der inhaltlich nicht allzu gravierenden Vorstrafenbelastung und des Tatunwertes schlechthin ist eine Reduzierung des Strafausmaßes wie im Spruch noch vertretbar und tatschuldangemessen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO
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