Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.August 1958 geborene Staplerfahrer Gerold A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1
lit a WaffenG. schuldig erkannt, weil er in Wien 1.) am 19.Juni 1981 Marion B durch Abgabe von drei gezielten Schüssen aus kürzester Entfernung aus einer Pistole Kal. 22, Nr. 707590, von denen Marion B in das Herz, in die linke Lunge, in die Leber und in die Milz getroffen wurde, vorsätzlich getötet und 2.) in der Zeit von zirka Juni 1978 bis zum 19.Juni 1981 die zu 1.) bezeichnete Faustfeuerwaffe besessen und geführt hat.
Die Geschwornen hatten die beiden im Sinne der Anklage gestellten Hauptfragen 1 und 2 (jeweils stimmeneinhellig) bejaht; demzufolge unterblieb die Beantwortung der auf die Verbrechen des Totschlages nach § 76
StGB und der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs 1, 86 StGB lautenden Eventualfragen 3 und 4.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer von ihm auf die Z. 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Für unrichtig im Sinne des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes erachtet der Beschwerdeführer die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung deshalb, weil darin zwar die Tatbestände des Mordes und des Totschlages richtig dargestellt, der Unterschied zwischen diesen Delikten aber nicht erörtert worden sei; daß die Geschwornen durch diese Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung über die für ihren Wahrspruch wesentlichen Rechtsbegriffe irregeleitet worden seien, ergebe sich aus der Niederschrift der Geschwornen, wonach 'die Tötung der Marion B gewollt und geplant' gewesen sei. In der den Geschwornen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung wird jedoch zur Eventualfrage 3 ausdrücklich dargelegt, daß Totschlag ein besonderer (privilegierter), durch die besondere Gemütsbeschaffenheit des Täters charakterisierter Fall der vorsätzlichen Tötung ist, für den die Ausführungen zur Hauptfrage 1 über den Vorsatz und das Deliktsobjekt gelten (vgl. S. 7 und 9 der Beilage 6 zum Hauptverhandlungsprotokoll, Band III, ON. 71 d. A.). Hiedurch wurde in einer auch für Laien verständlichen Weise klargestellt, daß Totschlag ebenso wie Mord einen auf die Tötung eines Menschen gerichtete Tätervorsatz voraussetzt und der Unterschied zwischen diesen beiden Tatbeständen ausschließlich in der besonderen Gemütsbeschaffenheit des Täters zur Tatzeit liegt. Die Erwägungen, von denen sich die Geschwornen leiten ließen (§ 331 Abs 3 StPO), gehören nicht zum Wahrspruch; ein Widerspruch zwischen diesem und der Niederschrift der Geschwornen vermag daher keine Nichtigkeit zu begründen (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO, Nr. 11 ff.
zu § 331). Davon abgesehen kann im vorliegenden Fall aus dem Inhalt dieser Niederschrift ein Widerspruch zum Wahrspruch, der es allenfalls erfordert hätte, den Geschwornen die Verbesserung ihres Wahrspruches (§ 332 Abs 4 StPO) aufzutragen, gar nicht abgeleitet werden; wurde doch durch die in der Beschwerde zitierte Passage der Niederschrift von den Geschwornen ersichtlich nur zum Ausdruck gebracht, daß sich der Angeklagte ihrer überzeugung nach nicht in einer heftigen Gemütsbewegung zur Tötung der Marion B hat hinreißen lassen, sondern mit Vorbedacht und nicht bloß im Affekt gehandelt hat (vgl. auch Band II, S. 467, 471 d.A.).
Ausführungen zur Z. 12 des § 345 Abs 1 StPO läßt die Beschwerde gänzlich vermissen. Da ihr sohin nicht zu entnehmen ist, inwiefern die der Entscheidung zugrundeliegende Tat durch unrichtige Gesetzesauslegung einem darauf nicht anzuwendenden Strafgesetz unterzogen worden sein soll, mangelt es insoweit überhaupt an einer gesetzmäßigen Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB
zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Es nahm bei der Strafbemessung das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen, die einschlägigen Vorstrafen, die Begehung des Mordes aus besonders verwerflichen Gründen, nämlich aus Hass und Rache, und den Umstand, daß sich der Angeklagte auf hinterhältige Weise unter Mißachtung des Gastrechtes an das Mordopfer herangemacht hatte, als erschwerend an, als mildernd dagegen wertete es das vor der Polizei abgelegte reumütige Geständnis.
In der von ihm gleichfalls erhobenen Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe (zwischen zehn und zwanzig Jahren) an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Dem Angeklagten ist zwar darin beizupflichten, daß die vom Geschwornengericht erwähnte Motivation zur Tat (Hass und Rache) nach Lage des Falles den Erschwerungsgrund des § 33 Z. 5 StGB nicht verwirklicht; sie vermag gerade in Fällen der gegenständlichen Art (einseitige Beendigung einer intensiven Liebesbeziehung durch einen Partner, der sich zur gleichen Zeit einem Anderen zuwendet) nicht unbedingt den Abscheu eines rechtstreuen Menschen hervorzurufen und kann demnach nicht als erschwerend im Sinne der zitierten Gesetzesstelle gewertet werden. Allerdings ist dieser Erschwerungsumstand aus anderen Gründen gegeben; denn es hat sich der Angeklagte - wie das Geschwornengericht zutreffend erkannte - unter Mißbrauch des Gastrechtes eines anderen (der Corinna C) an sein Opfer herangemacht und dieses vor der Gastgeberin und einem Kleinkind in einer Weise getötet, die den vom Gericht gezogenen Vergleich mit einer 'Hinrichtung' durchaus rechtfertigt. Hat doch der Angeklagte der B unmittelbar vor der Tat angekündigt, daß er sie jetzt 'umlegen' werde, anschließend zwei (weitere) Besucher zum Verlassen der Wohnung der Corinna C genötigt und sodann Marion B mit drei gezielten Schüssen aus kürzester Entfernung vor C und ihrem Kind - der Ausdruck liegt bei dieser Vorgangsweise nahe - 'liquidiert'. Dazu kommt noch, daß die gegenständliche Tat - was das Geschwornengericht bei der Strafzumessung außer Acht gelassen hat - sozusagen den Höhepunkt einer Reihe von Mißhandlungen bildet, die der Angeklagte an seinem Opfer schon während des aufrechten Bestandes der Beziehung begangen und nach der Abgabe der Schüsse fortgesetzt hat, indem er mit der Waffe auf die bereits Schwerverletzte einschlug.
Unzutreffend ist der Vorwurf des Berufungswerbers, das Gericht habe den Umstand, daß er sich nach der Tat selbst stellte, nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt.
Richtig ist diesbezüglich nur, daß das Geschwornengericht die Selbststellung mangels Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen der Z. 16 des § 34 StGB nicht als eigenen Milderungsgrund wertete; wohl aber erwähnte das Gericht die Tatsache, daß sich der Angeklagte nach dem zu dieser Zeit bereits intensiv gefahndet wurde, aus freien Stücken bei der Polizei stellte, als Indiz dafür, daß er seine Tat bereute und an deren Aufklärung mitzuwirken gewillt war. Bei diesen Strafzumessungsgründen erachtete auch der Oberste Gerichtshof, insbesondere in Berücksichtigung des Charakters und des Vorlebens des Angeklagten, der schon einmal einen Menschen durch Stiche in die Herzgegend schwer zu verletzen versucht (5 Vr 312/74 des Jugendgerichtshofes Wien) und im Frühjahr 1978 seiner damaligen Verlobten Martina D gegenüber ein Verhalten an den Tag gelegt hatte, das auffallende Parallelen zu den im gegenständlichen Verfahren zu Tage gekommenen Verhaltensweisen zeigt (siehe dazu 20 U 986/78 des Strafbezirksgerichtes Wien), aber auch bei Bedachtnahme auf den Umstand, daß sich der Angeklagte zur Tatzeit in einem durch die Streitigkeiten mit Marion B bewirkten psychischen Spannungszustand befand, in dem er infolge seiner - bei der Beurteilung der personalen Täterschuld zu beachtenden - ungünstigen charakterlichen Veranlagung (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 7 zu § 32 StGB) zu Aggressionen neigt, die vom Geschwornengericht verhängte lebenslange Freiheitsstrafe als eine der Schuld des Täters und dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechende Sühne, weshalb die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe nicht in Betracht kam. Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu erkennen. Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)