OGH 12Os58/82

OGH12Os58/821.7.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juli 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon. Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Liselotte A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 (letzter Fall) StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 4. Februar 1982, GZ 13 Vr 1264/81-33, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.

Prof. Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hahmann und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 21. Oktober 1959 geborene Hausfrau Liselotte A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3

letzter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt, weil sie in der Nacht zum 2. Juni 1981 in Pinsdorf Bier und Zigaretten dadurch, daß sie diese (zum Teil) konsumierte und (zum Teil) als Geschenk annahm, an sich brachte, wobei es sich um Sachen handelte, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, und wobei die mit Strafe bedrohte Handlung, aus der die Sachen stammten, nämlich ein Einbruchsdiebstahl des Manfred A und des Ewald B in derselben Nacht in Gmunden zum Nachteil des Josef C, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht, welche Umstände Liselotte A bekannt waren. Daneben erging ein (unangefochten gebliebener) Teilfreispruch.

Den Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 3, 4, 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch hat sie Berufung ergriffen. Da jedoch der derzeitige Aufenthaltsort der Angeklagten nicht bekannt ist, sodaß ihr die Ladung zum Gerichtstag nicht zugestellt werden konnte, wurde der Gerichtstag in sinngemäßer Anwendung des § 232 Abs. 4 StPO auf die Verhandlung und Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde eingeschränkt.

Rechtliche Beurteilung

Als einen Nichtigkeit nach der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO bewirkenden Verfahrensfehler rügt die Beschwerdeführerin, daß in den Gründen des angefochtenen Urteils auch die nach der Hauptverhandlung erfolgte Vernehmung des (abgesondert verfolgten Mitangeklagten) Werner D durch den Untersuchungsrichter vom 19. Februar 1982 (ON 36 d.A) erwähnt wird; da diese dem Gericht bedeutungsvoll erschienene Vernehmung nicht im Hauptverhandlungsprotokoll aufscheine, sei das Urteil wegen Verstoßes gegen § 271 StPO nichtig. Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, daß mit Nichtigkeit nach der eingangs angeführten Gesetzesstelle wegen Verstoßes gegen die Vorschrift des § 271 StPO nur das gänzliche Unterbleiben der Aufnahme eines Protokolls über die Hauptverhandlung, nicht aber die allfällige Unvollständigkeit oder sonstige Mangelhaftigkeit der (ohnedies erfolgten) Protokollierung bedroht ist (Mayerhofer/Rieder StPO Nr 51 zu § 281 Abs. 1 Z 3). Darüber hinaus bewirken Nichtigkeit im Sinne des von der Beschwerdeführerin behaupteten Grundes nur in der Hauptverhandlung erfolgte Verletzungen oder Vernachlässigungen von Vorschriften, sodaß auch deshalb die - allerdings unzulässige - Verwertung eines dem erkennenden Gericht bei Schöpfung des Urteils noch gar nicht bekannten Vorgangs in der schriftlichen Urteilsausfertigung keine Nichtigkeit nach dieser Gesetzesstelle bewirken kann, sondern nur allenfalls nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO (Mayerhofer/Rieder, aaO, E Nr 117 zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO). Vorliegend ist aber auch keine Nichtigkeit nach letzterer Gesetzesstelle gegeben, da die im Urteil (S 331) 'nicht unerwähnt gebliebenen' Angaben des Werner D nach der Hauptverhandlung ersichtlich nur illustrativ angeführt worden sind und der Vollständigkeit und Schlüssigkeit der übrigen Begründung der den Schuldspruch tragenden Feststellungen keinen Abbruch tun. Einen Verfahrensmangel nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO ersieht die Beschwerdeführerin in der Abweisung ihres in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf 'Gegenüberstellung von Manfred A, Ewald B der Angeklagten und Andrea E' zum Beweis dafür, daß die Angeklagte vom Diebstahl der Sachen vor deren Konsum nichts gewußt und einen Großteil der Nacht geschlafen habe (S 304).

Der Beweisantrag ist vom Schöffensenat im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen worden, daß eine önderung der (bereits dreimal wiederholten) Angaben des Zeugen Ewald B auch bei einer Gegenüberstellung nicht zu erwarten sei (S 305). Im Urteil wiederholte und ergänzte das Erstgericht diese Begründung noch dahin, daß Andrea E in dem gegen sie geführten Strafverfahren als Beschuldigte (11 Vr 907/81, S 434 ff in ON 60) dezidiert angegeben hat, daß bei der Rückkehr von Manfred A und Ewald B mit Zigaretten und Bier alle davon getrunken und geraucht und daß die beiden Täter im Zuge des Zusammensitzens erzählt haben, daß sie diese Sachen am Minigolfplatz gestohlen hatten (S 323 f). Wurde der Beweisantrag somit schon wegen offenkundiger Aussichtslosigkeit der angestrebten Beweisaufnahme zu Recht abgewiesen, so war die begehrte Beweisaufnahme darüber hinaus auch deshalb entbehrlich, weil die Beschwerdeführerin in der (vertagten) Hauptverhandlung am 17. Dezember 1981 selbst zugegeben hat, daß sie beim Zurückkommen ihres Ehegatten Manfred A und des Ewald B wach gewesen war und gesehen hatte, daß diese 'ziemlich viel Zeug' mithatten (S 282). Sie hat sich somit gar nicht darauf berufen, zur Zeit des für ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit entscheidenden Vorgangs geschlafen und diesen nicht wahrgenommen zu haben. Zur Beantwortung der die subjektive Tatseite betreffenden Frage aber, ob die Angeklagte wußte, daß die Sachen gestohlen waren, hätte die begehrte Gegenüberstellung deshalb nichts Relevantes beitragen können, weil es den beantragten Zeugen nach Lage des Falles naturgemäß nur möglich gewesen wäre, hierüber Vermutungen zu äußern. Soweit die Beschwerdeführerin außerdem eine Vernehmung des Karl F vermißt, weil diese zur vollständigen Klärung des Sachverhalts erforderlich gewesen wäre, hat sie keinen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt und ist daher zur Rüge einer in dem Mangel der Vernehmung des Zeugen allenfalls liegenden Unvollständigkeit der Beweisaufnahme nicht berechtigt.

Zu ihrer Mängelrüge bezeichnet die Beschwerdeführerin das Urteil als unvollständig und teilweise widersprüchlich begründet. Eine Unvollständigkeit erblickt sie vor allem darin, daß in den Urteilsgründen, obgleich diese wiederholt auf das zu 11 Vr 907/81 des Kreisgerichtes Wels geführte Verfahren Bezug nehmen, keine Feststellung darüber enthalten ist, daß in diesem Verfahren Karl F und Andrea E (von der parallelen Anklage der Hehlerei) freigesprochen worden sind. Der Verfahrensausgang in dem genannten Parallelverfahren stellt jedoch keine entscheidende Tatsache dar, weil das erkennende Gericht - das im übrigen ohnedies auch im gegenständlichen Verfahren zu einem Teilfreispruch gelangte - daran nicht gebunden ist, sondern über die Schuld der vor ihm angeklagten Beschwerdeführerin nach eigener überzeugung auf Grund der in freier Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen zu entscheiden hat. Darüber hinaus läßt sich der in erster Linie auf der Verneinung der subjektiven Tatseite beruhende Freispruch der Angeklagten Karl F und Andrea E zu 11 Vr 907/81 des Kreisgerichtes Wels mit der Bejahung der Schuld der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren durchaus vereinen. Soweit die beiden erkennenden Schöffengerichte hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen Ewald B zu widersprüchlichen Wertungen gelangten, setzt sich das angefochtene Urteil zudem auch mit der Beweislage in dem anderen Verfahren, in dem Ewald B nicht geglaubt wurde, auseinander und kommt den Denkgesetzen entsprechend zur Feststellung, daß diesem Zeugen gleichwohl auf Grund seiner nunmehr abgelegten, mehrfach präzisierten Aussage voller Glaube zuzubilligen sei (S 327). Von einer Unvollständigkeit der Urteilsgründe in bezug auf eine entscheidende Tatsache im Sinne des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO kann daher nicht die Rede sein.

Die von der Beschwerdeführerin behauptete Widersprüchlichkeit des angefochtenen Urteils soll anscheinend in der im Urteil (aktengetreu) erfolgten Wiedergabe der ihrer Ansicht nach widersprüchlichen Aussage des Zeugen Ewald B bestehen, womit jedoch naturgemäß noch kein Urteilswiderspruch aufgezeigt wird. Da die angeblichen 'Widersprüche' auch sonst in keiner Weise präzisiert werden, ist nicht weiter darauf einzugehen. Die Frage, wieviel Päckchen Zigaretten von Manfred A und Ewald B tatsächlich in die Wohnung der Andrea E gebracht worden sind, mit der sich die Beschwerdeführerin sodann des längeren beschäftigt, betrifft abermals keine entscheidende Tatsache, ist doch nur relevant, daß sie vom Diebsgut, bei dem es sich ihrer eigenen Darstellung nach um 'ziemlich viel Zeug' (S 282) handelte (an anderer Stelle - S 300 - spricht sie von etwa zehn Päckchen Zigaretten) jedenfalls ein nicht näher festgestelltes Quantum an sich brachte.

Die von der Beschwerdeführerin schließlich noch behauptete Aktenwidrigkeit, daß nämlich im Anschluß an die - wie auch sie selbst nicht bestreitet - aktengetreu erfolgte Wiedergabe ihrer Aussage, ihr sei die Sache 'spanisch' vorgekommen, nicht auch noch ihre folgenden Angaben, sie hätte niemandem zugetraut, die Sache gestohlen zu haben (S 303), angeführt wurden, liegt ebenfalls nicht vor. Von einer Aktenwidrigkeit kann einerseits deshalb nicht gesprochen werden, weil eine solche nur vorläge, wenn ein erheblicher Widerspruch zwischen dem im Urteil zitierten Inhalt der Aussage der Beschwerdeführerin und dem Protokoll hierüber bestünde, was nicht einmal nach dem Beschwerdevorbringen selbst der Fall ist. Es liegt aber andererseits im Nichtanführen des folgenden Teils der Aussage auch keine Unvollständigkeit der Urteilsgründe, weil das Gericht in seiner sehr ausführlichen Beweiswürdigung insgesamt von einer leugnenden Verantwortung der Angeklagten ausgeht und darüber hinaus - bei Erörterung der Strafzumessungsgründe - auch den auf das zitierte Zugeständnis der Angeklagten unmittelbar folgenden Widerruf erwähnt (S 331).

Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Angaben des Zeugen Ewald B anlangt, so wird damit vollends keine Aktenwidrigkeit aufgezeigt, sondern lediglich der im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Versuch unternommen, die durchaus sorgfältig und schlüssig begründete Beweiswürdigung des erkennenden Schöffensenates nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO bringt die Beschwerdeführerin gegen die Annahme des Grundtatbestandes der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB vor, daß die Konsumation der Zigaretten (wobei sie allerdings den vom Erstgericht weiters angenommenen Konsum von Bier und die geschenkweise Annahme zusätzlicher Zigaretten vernachlässigt) bei richtiger Feststellung vor der Kenntnisnahme des Diebstahls erfolgt sei. Damit weicht sie jedoch von den der Rechtsrüge zugrundezulegenden und mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichenden Urteilsfeststellungen ab und bringt ihr Rechtsmittel somit insoweit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Der vom Erstgericht festgestellte (zumindest bedingte) Vorsatz der Angeklagten in Ansehung der Herkunft des Biers und der Zigaretten aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen (vgl S 329 - 331) rechtfertigt den Schuldspruch wegen (vorsätzlicher) Hehlerei und steht gleichermaßen auch einer allfälligen von der Beschwerdeführerin - im Rahmen der Rechtsrüge nach Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO -

des weiteren reklamierten Beurteilung des ihr angelasteten Tatverhaltens als Vergehen des fahrlässigen Ansichbringens von Sachen nach § 165 StGB im Wege.

Die Nichtigkeitsgründe der Z 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt die Beschwerdeführerin schließlich in der Unterstellung ihrer Tat unter den Abs. 3 des § 164 StGB, weil zwar festgestellt sei, daß die verhehlten Sachen seitens der Vortäter durch einen Einbruchsdiebstahl an sich gebracht worden waren, nicht aber auch, daß sie von den Einzelheiten der Vortat Kenntnis erlangt hätte. Dieser Ansicht zuwider, reichen jedoch jene Urteilsfeststellungen, wonach die Beschwerdeführerin im Zuge der übernahme der Sachen (durch direkte Mitteilung) von dem Einbruchsdiebstahl in das Buffet des Minigolfplatzes in Gmunden erfuhr (S 329) für eine Tatbeurteilung (auch) nach § 164 Abs. 3 (letztem Fall) StGB völlig aus, zumal der Hehler durchaus nicht über ein detailliertes Wissen über die näheren Umstände der Vortat verfügen muß (vgl ÖJZ-LSK 1980/6 = EvBl 1980/68).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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