OGH 12Os75/82

OGH12Os75/821.7.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Juli 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 1 Z. 1, 148 zweiter Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 8.März 1982, GZ. 11 b Vr 1333/81-47, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Steiner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.September 1958 geborene Kraftfahrer Walter A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach § 146, 147 Abs 1 Z. 1, 148

zweiter Fall StGB (eine Subsumtion auch unter die Bestimmung des § 147 Abs 2 StGB ist rechtsirrig unterblieben) schuldig erkannt, weil er in der Zeit von März bis August 1981 in Wöllersdorf mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im einverständlichen Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Tankwarten der Tankstelle B, Angestellte der Firma C GesmbH., bzw. der Firma X AG. unter Verwendung von falschen Urkunden, nämlich von Euro-Shell-Lieferscheinen, auf denen die Tankwarte Dieseltreibstoffmengen eintrugen, welche gar nicht getankt worden waren und die Walter A mit dem Namen 'F' unterschrieb, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von ca. 80.000 S verleitete, welche die Firma C GesmbH. oder die Firma X AG. mit diesem Betrag am Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Insoweit die Beschwerde ins Treffen führt, für die Annahme eines gewerbsmäßigen schweren Betruges (§ 148 zweiter Fall StGB) genüge es nicht, daß die Schadenssumme der vom Täter getätigten (mehreren) Betrügereien (gemäß § 29 StGB) insgesamt 5.000 S übersteige oder daß (in irgendeinem Fall) eine Qualifikation zum schweren Betrug (wie hier jene des § 147 Abs 1 Z. 1 StGB) vorliege, vielmehr müsse jede einzelne wiederkehrende Begehung für sich allein ein schwerer Betrug sein, übersieht sie, daß abgesehen davon, daß als Anlaßtat unter Umständen schon ein einziger schwerer Betrug ausreichen kann (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN. 6 zu § 70), vom Schöffengericht die Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger (schwerer) Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, festgestellt hat, wobei es zwar nicht annahm, daß er wiederkehrende Betrügereien mit einem im Einzelfall jeweils 5.000 S übersteigenden Schaden verüben wollte, wohl aber (jeweils) beabsichtigte, weiterhin (durch Verwendung falscher Urkunden und demzufolge) nach § 147 Abs 1 Z. 1 StGB qualifizierte (schwere) Betrugstaten zu begehen (vgl. Liebscher, im Wiener Kommentar, RZ. 5 zu § 148 StGB).

Mit dem weiteren Beschwerdeeinwand hinwieder (nach § 147 Abs 1 Z. 1 StGB zum schweren Betrug qualifizierte Tathandlungen lägen deshalb nicht vor, weil die Urkundenbenützung für den Schadenseintritt 'nicht kausal' gewesen sei, ignoriert er die insoweit maßgebenden Urteilskonstatierungen. Denenzufolge hat der Angeklagte unter Verwendung einer von ihm zurückbehaltenen Euro-Shell-Servicekarte, die für das dem Martin F zugewiesene Fahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen N 53.594 bestimmt war, getankt und die bezüglichen zur Verrechnung mit der Fa. C GesmbH. bestimmten Lieferscheine, in die überhöhte Treibstoffmengen eingesetzt worden waren, mit dem Namen 'F' unterschrieben, sohin falsche Urkunden benützt, 'damit die Manipulationen nicht bemerkt würden' (S. 367).

Zum Teil hat der Angeklagte im Zusammenwirken mit dem jeweiligen Tankwart, ohne überhaupt zu tanken, Treibstofflieferungen auch zur Gänze fingiert und die betreffenden Lieferscheine mit 'F' unterfertigt (S. 361-364, 367).

Die Vortäuschung des Betankens des von Martin F gefahrenen Fahrzeuges mit dem Kennzeichen N 53.594 durch falsche Urkunden war somit - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - sehr wohl Ursache für den bei Angestellten der Firma C GesmbH. hervorgerufenen Irrtum, der zum Schadenseintritt, nämlich zur Bezahlung tatsächlich nicht bezogener Treibstoffmengen, führte (anders als in dem der Entscheidung 9 Os 16/82 = ÖJZ-LSK. 1982/59 zugrunde liegenden Fall liegt daher hier kein Befugnismißbrauch i.S.

des § 153 StGB sondern Betrug vor). Da bei der rechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes stets vom konkreten Tatverhalten des Täters auszugehen ist, bleibt für (der Beschwerde zu entnehmende) hypothetische überlegungen dahin, ob der Täter im Einzelfall durch eine strafrechtlich minder qualifizierte Begehungsform den (strafrechtlich verpönten) Erfolg hätte gleichfalls herbeiführen können, kein Raum.

Fehl geht aber auch der weitere Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe Feststellungen über die Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, unterlassen und insbesondere seiner Verantwortung, 'er habe gedacht, er mache es noch eine Weile, solange es nicht auffalle, und höre dann auf' (S. 301), keine Bedeutung beigemessen. Die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (die das Strafgesetzbuch auch beim Betrug vorsieht) setzt gemäß § 70 und 148 StGB die Absicht des Täters voraus, sich durch die wiederkehrende - nicht bloß gelegentliche und fallweise - Begehung (gleichartiger) strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme (in der Bedeutung eines wiederkehrenden Mittelzuflusses) zu verschaffen. Eine diesen Kriterien entsprechende Absicht des Angeklagten stellte aber das Erstgericht vorliegend der Behauptung des Angeklagten zuwider ausdrücklich fest, und begründete diese Annahme durchaus schlüssig mit dem Hinweis auf das Geständnis des Angeklagten (vgl. S. 366 in Verbindung S. 352), ferner mit dessen (Gegenstand des Verfahrens 9 E Vr 912/80, Hv 177/80 des Kreisgerichtes Krems/Donau bildendes) Verhalten vor den gegenständlichen Taten, sowie damit, daß seine finanziellen Schwierigkeiten noch in das Jahr 1981 reichten (S. 367, 368). Soweit sich der Angeklagte über diese Urteilsannahmen hinwegsetzt, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund (Z. 10), dessen Vorliegen auch bei der Behauptung von Feststellungsmängeln nur durch einen Vergleich des im Urteil tatsächlich als erwiesen angenommenen (vollständigen) relevanten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz dargetan werden kann, nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu vierzehn Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es das reumütige Geständnis, welches wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug, als mildernd, zwei einschlägige Vorstrafen und den raschen Rückfall (der Angeklagte setzte seine deliktische Tätigkeit trotz der am 12.Mai 1981 erfolgten Verurteilung durch das Kreisgericht Krems a.d. Donau zum AZ. 9 E Vr 912/80 wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen fort) hingegen als erschwerend. Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung und die Anwendung des § 43 StGB anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Daß Milderungsgründe übersehen oder Erschwerungsumstände zu Unrecht angenommen worden wären, wird vom Berufungswerber gar nicht behauptet. Ausgehend von den sohin gegebenen Strafzumessungsgründen wird aber die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe im Rahmen des zum Tragen kommenden höheren (zweiten) Strafsatzes des § 148 StGB der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) durchaus gerecht.

Zur Gewährung bedingter Strafnachsicht nach dem (sohin allein in Betracht kommenden) Absatz 2 des § 43

StGB aber fehlt schon auf Grund des Vorlebens des Angeklagten jedenfalls eine dazu erforderliche, aus besonderen Gründen gegebene Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten.

Es mußte darum auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Der Kostenausspruch beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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