OGH 13Os69/82

OGH13Os69/8217.6.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Juni 1982 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kral, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführers in der Strafsache gegen Heinz Jürgen A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 18.Februar 1982, GZ. 1 c Vr 3005/81-76, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Taussig und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Ersten Generalanwalts Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldausspruch, am 3.September 1980

in Wien den Personenkraftwagen Marke Opel Kadett, polizeiliches Kennzeichen W 629.266, im Wert von ca. 54.700 S dem Roland B mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem Heinz Jürgen A mit dem Hildegard C entwendeten PKW-Schlüssel das Fahrzeug aufsperrte und das Zündschloß betätigte, somit durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel (A 1), ferner in der rechtlichen Unterstellung des Diebstahls auch unter die Bestimmung des § 129 Z. 3 StGB und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Heinz Jürgen A hat am 3.September 1980 in Wien ein Gut in einem 5.000 S übersteigenden Wert, das ihm anvertraut worden ist, nämlich den PKW. Marke Opel Kadett, polizeiliches Kennzeichen W 629.266, im Wert von ca. 54.700 S sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.

Er hat hiedurch das Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2, erster Fall, StGB begangen und wird hiefür und für das ihm weiterhin zur Last fallende Delikt des Diebstahls nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129

Z. 1 StGB (A 2 und B) nach § 28, 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Die Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und über die Verweisung der Privatbeteiligten Roland B und Bundesländersicherung mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg (§ 366 Abs. 2 StPO) werden aus dem Ersturteil übernommen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Juni 1945 geborene beschäftigungslose Heinz Jürgen A des Verbrechens des schweren Diebstahls (durch Einbruch) nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 3

StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien mit Bereicherungsvorsatz am 3.September 1980 (zu A 1) mit einem der Hildegard C entwendeten, sohin widerrechtlich erlangten Schlüssel einen durch sie von Roland B gemieteten Personenkraftwagen im Wert von 54.700 S und (zu A 2) der Hildegard C eine Geldbörse in nicht mehr feststellbarem Wert mit 1.000 S Bargeld und dem Dkfm. Franz E einen Aktenkoffer mit Büchern und Briefmarken in ebenfalls nicht mehr feststellbarem Wert sowie (zu B) in der Nacht zum 27.April 1981 dem Georg F durch Aufbrechen einer Tür zu dessen Gasthaus verschiedene Zier- und Gebrauchsgegenstände, Zigaretten und Bargeld im Gesamtwert von (mindestens) 10.850 S weggenommen. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Verfahrensmangel (§ 281 Abs. 1 Z. 4 StPO) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seiner Anträge auf (neuerliche) Vernehmung des Zeugen Roland B zum Nachweis dafür, daß der Beschwerdeführer den Personenkraftwagen nicht gestohlen habe und auf Einvernahme des Portiers und eines Taxilenkers, bei denen der Angeklagte eine auffallend große Menge von 5-Schillingstücken gewechselt, bzw. zur Zahlung gebraucht haben soll.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge fehlt es zum Teil an den notwendigen prozessualen Voraussetzungen. Denn ein Antrag auf Vernehmung der letztgenannten Personen ist nach dem Inhalt des Protokolls in der am 18. Februar 1982 wegen Zeitablaufs gemäß § 276 a StPO wiederholten Hauptverhandlung gar nicht gestellt worden.

Die neuerliche Vernehmung des Zeugen Roland B aber ist lediglich zum Nachweis dafür beantragt worden, daß die Rückstellungsmodalitäten hinsichtlich des von Hildegard C in der Firma dieses Zeugen angemieteten Personenkraftwagens in seiner Gegenwart besprochen wurden (S. 327). Die Rüge geht daher schon deshalb fehl, weil das in der Beschwerde relevierte Beweisthema dem im abgewiesenen Antrag in keiner Weise entspricht. Abgesehen davon verweist das Erstgericht zu Recht darauf, daß Roland B zur Frage der Entlehnungsbedingungen bereits vernommen wurde und erklärte, ein Gespräch sei möglicherweise durch den Zeugen G geführt worden, der sich hieran aber auch nicht mehr erinnern könne (S. 328).

In der Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) bringt der Beschwerdeführer vor, die Schlußfolgerung des Schöffengerichts, die Zeugin Hildegard C habe schon mehrmals Personenkraftwagen bei der Firma B gemietet und diese ordnungsgemäß zurückgestellt, sodaß auch im vorliegenden Fall nicht anzunehmen sei, daß sie das Fahrzeug für sich behalten habe, sondern eben die Täterschaft des Beschwerdeführers angenommen werden müsse, sei nicht zwingend; im übrigen könne nicht ausgeschlossen werden, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern ein Zufallsbesucher der Zeugin C deren Geldbörse mit Inhalt, den dem Dipl.Kfm. Franz E gehörigen Koffer mit Büchern, die Briefmarken und den Schlüssel gestohlen und sich auch den Personenkraftwagen zugeeignet habe.

Seine überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten im Faktum F begründe das Schöffengericht mit dem Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführer seinem Freund H Einzelheiten über den Diebstahl erzählt und seine Hotelrechnung mit 5-Schillingstücken (die aus dem bei F gestohlenen Pistazienautomaten stammten) bezahlt hätte. Auch diese beiden Schlußfolgerungen seien nicht zwingend; die Einzelheiten, die H über den Diebstahl mitgeteilt worden seien, hätte der Beschwerdeführer auch durch Gespräche im Gasthaus F erfahren können und die vielen 5-Schillingstücke müßten nicht ausschließlich aus dem Diebstahl stammen.

Damit wird, wie die zusammengefaßte Darstellung des Vorbringens zeigt, aber kein formaler Begründungsmangel des Urteils dargetan, sondern bloß unzulässig und damit unbeachtlich die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft. Dieses hat seine überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten nicht bloß auf die in der Nichtigkeitsbeschwerde willkürlich aus dem Zusammenhang gerissenen Indizien gestützt, sondern für seine Feststellungen noch zahlreiche weitere, aus dem Akteninhalt abgeleitete überlegungen - insbesondere durch Hinweise auf die mehrfach gewechselte Verantwortung des Angeklagten -

ins Treffen geführt (S. 341-348), die in ihrer Gesamtheit schlüssig sind und durch das nicht dem Gesetz entsprechende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde, die sich ausschließlich auf dem ihr verschlossenen Gebiet der Beweiswürdigung bewegt, nicht erschüttert werden.

Im bisher besprochenen Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zu verwerfen.

Mit Recht behauptet jedoch der Nichtigkeitswerber, auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützt, daß die ihm zu A 1 des Urteilssatzes angelastete Tathandlung dem Tatbestand der Veruntreuung (§ 133 StGB) zu unterstellen sei.

Nach den Urteilsfeststellungen nahm Hildegard C den Angeklagten am 3. September 1980 nach der Rückkehr von einer gemeinsamen Fahrt nach Innsbruck in ihre Wohnung auf. Als sie im Lauf des folgenden Vormittags mit der Fa. B über die Rückgabe des Mietfahrzeugs ein Telefongespräch führte, machte sich der Angeklagte, der dieses mitangehört hatte, erbötig, 'für die Rückgabe des Fahrzeuges alles zu erledigen' (S. 338), womit Hildegard C, die den Autoschlüssel auf dem Schreibtisch abgelegt hatte, einverstanden war. Nach diesen Konstatierungen ist damit aber eine überlassung des Gewahrsams an diesem Fahrzeug durch Hildegard C an den Beschwerdeführer mit einer bestimmten Verwendungsverpflichtung, nämlich derjenigen zu dessen Rückstellung an die Fa. B, anzunehmen. Weiterer Vereinbarungen - wie etwa über die Modalitäten der Rückgabe - und einer übergabe der Autoschlüssel bedurfte es im Hinblick auf die unmißverständliche Situation sowie die aktenkundigen persönlichen Beziehungen zwischen dem Angeklagten und C nicht.

Als er daher, während C weiterschlief, die Schlüssel an sich nahm und das Auto entgegen seiner evidenten Verpflichtung nicht an die Fa. B zurückstellte, sondern für sich behielt (und beiseiteschaffte), hat er nicht den Gewahrsam der C an diesem Fahrzeug gegen deren Willen beseitigt, sondern sich den ihm solcherart anvertrauten Personenwagen mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet.

In diesem Umfange war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben.

Die Ausführungen der Beschwerde zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO, das Schöffengericht habe gesetzwidrig die Bestimmung des § 39 (Abs. 1) StGB über die Strafschärfung bei Rückfall angewendet, waren, abgesehen davon, daß sie durch die Kassierung des Strafausspruchs gegenstandslos geworden sind, deshalb unbegründet, weil das Erstgericht diese Bestimmung bei der Strafbemessung überhaupt nicht angewendet hat und die über den Angeklagten vom Erstgericht verhängte zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe im Rahmen des Strafsatzes des § 129 StGB (6 Monate bis 5 Jahre) blieb. Bei der im Hinblick auf die Teilaufhebung des Urteils und den geänderten Schuldspruch erforderlich gewordenen Neubemessung der Freiheitsstrafe, die nach § 28, 129 StGB zu verhängen ist, konnte im wesentlichen von den durch das Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründen ausgegangen werden, wenn auch die Qualifikation nach § 129 Z. 3 StGB nunmehr wegfällt und eine Konkurrenz strafbarer Handlungen verschiedener Art (§ 28 StGB) hinzutritt.

Bei sachgemäßem Abwägen der solcherart modifizierten Strafzumessungsgründe wird die im Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe vor allem im Hinblick auf das kriminell schwer getrübte Vorleben und die Erfolglosigkeit bisheriger Abstrafungen der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten gerecht.

Der in der Berufung konkret angesprochene Milderungsgrund der aufgestoßenen (gemeint wohl verlockenden) Gelegenheit zur Zueignung des Fahrzeugs (Z. 9 des § 34 StGB) muß verneint werden, weil die Gelegenheit in besonderem Maße nahelegen müßte, daß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte (Leukauf-Steininger2, § 34 RZ. 15), wovon nach dem festgestellten Hergang der Tat im vorliegenden Fall aber nicht die Rede sein kann. Mangels einer Kostenentscheidung in erster Instanz konnten, weil unangefochten geblieben, dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht auferlegt werden (§ 390 a Abs. 1 StPO).

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