OGH 10Os67/82

OGH10Os67/828.6.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Elfriede A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11. März 1982, GZ 2 d Vr 6336/81-40, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Pernkopf und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über die Angeklagte verhängte Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elfriede A des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147

Abs 3 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Helma B durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorgabe, sie könne über ihren Arbeitgeber Bargeld mit einem Zinsenertrag von teils 25, teils 30 sowie teils 36 % anlegen, zur übergabe von (1.) 61.000 S am 4. September 1980, (2.) 35.000 S am 2. Oktober 1980 und (3.) 28.000 S am 5. November 1980 verleitete, welche die Genannte um (nach Abzug zweier Rückzahlungen verbleibende) insgesamt 108.250 S am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Ersichtlich im Bestreben darzutun, daß sie bei der ersten Geldübernahme nur 25.000 S erhalten habe und daß es sich bei der Differenz zu dem in Beilage ./A von ihr quittierten 61.000 S um den ihr beim zweiten Mal übergebenen Betrag von 36.000 S handle, auf den die dazu ursprünglich vorgesehen gewesenen (und von ihr in Beilage ./B als übernommen bestätigten) 35.000 S noch im Verlauf dieser übergabe aufgestockt worden seien, sodaß sie insgesamt um 35.000 S weniger erhalten habe (und der Schaden demnach nur 73.250 S betrage), beschwert sie sich (Z 5) über die Nichterörterung einiger Verfahrensergebnisse, indessen zu Unrecht.

Daß die handschriftlichen Berechnungen oben auf der Quittung ./A bereits bei deren Erstellung (und nicht erst später) angebracht worden wären, ergibt sich aus ihnen keineswegs; wohl aber hat die Zeugin B eindeutig bekundet, daß sowohl diese Urkunde als auch die Bestätigung ./B an den darauf bezeichneten Tagen, nämlich ./A am 4. September 1980

und ./B am 2. Oktober 1980, ausgestellt sowie von ihr jeweils am selben oder am folgenden Tag datiert wurde. Die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe die aus der Vornahme der relevierten Berechnungen schon bei der Errichtung der Quittung ./A und die aus dem Fehlen einer 'eindeutigen Zuordnung der zeitlichen Abfolge' in der Aussage der genannten Zeugin resultierenden Konsequenzen übergangen, geht demnach fehl.

Die Verantwortung der Beschwerdeführerin aber, die in Rede stehende Quittung sei erst bei der zweiten Geldübergabe, und zwar nach der Erstellung der (durch eine Aufstockung des ihr übergebenen Betrages auf 36.000 S überholten) Bestätigung ./B, abgefaßt worden, hat das Schöffengericht ohnedies erörtert, indem es sie als durch die Angaben der Zeugin B in Verbindung mit den vorgelegten Urkunden widerlegt ansah. Alle übrigen Einwände der Angeklagten hinwieder richten sich ausschließlich gegen die Aussagekraft dieser Beweismittel, ohne eine in der Nichtberücksichtigung wesentlicher Ergebnisse des Beweisverfahrens gelegene Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe aufzeigen zu können, erschöpfen sich also der Sache nach in einer im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigen Bekämpfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung.

Gleichermaßen versagen auch die (zum Teil im Rahmen der Mängelrüge ausgeführten) Rechtsrügen.

Der tatsächliche Eintritt einer Bereicherung des Täters ist zur Tatbestandsverwirklichung nach § 146 StGB gar nicht erforderlich, einen Bereicherungs- (und Schädigungs-) Vorsatz der Beschwerdeführerin aber hat das Erstgericht im Hinblick auf jene Feststellungen, wonach sie die für ihre Verhältnisse hohen Geldbeträge herauslockte, um damit Schulden abzudecken, obwohl sie im Hinblick auf die Höhe dieser Verbindlichkeiten, auf die seit langem gegen sie laufenden Exekutionen und auf die Pfändung ihres Einkommens bis aufs Existenzminimum wußte, sie werde die vereinbarten Rückzahlungstermine nicht auch nur annähernd einhalten können, rechtsrichtig angenommen; soweit sie diese Konstatierungen (S 187-190) übergeht, bringt sie den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund (Z 9 lit a) nicht zu einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Einer Bereicherungsabsicht (§ 5 Abs 2 StGB) hinwieder bedarf es nicht; eine Absicht der Angeklagten dagegen, die übernommenen Geldbeträge irgendwann einmal zurückzuzahlen, würde die Annahme ihres Bereicherungs- und Schädigungsvorsatzes nicht in Frage stellen, sondern wäre bloß auf eine (tatbestandsirrelevante) nachträgliche Schadensgutmachung gerichtet, sodaß Feststellungen darüber sowie über ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten zu einer derartigen Rückzahlung entbehrlich waren; auch insoweit sind demnach Feststellungsmängel (Z 9 lit a) nicht unterlaufen.

Schon im Hinblick auf die finanzielle Lage der Beschwerdeführerin jetzt und zur Tatzeit vollkommen verfehlt ist bei einer (auch hier) gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die weitere Auffassung, durch den Zuspruch eines Entschädigungsbetrages im Urteil werde der Eintritt eines Schadens bei der Getäuschten (und damit - der Sache nach - die Deliktsvollendung) ausgeschlossen (inhaltlich Z 10). Die Behauptung einer rechtsirrigen Annahme der strafsatzbestimmenden Wertgrenze (des § 147 Abs 3 StGB) schließlich ist mangels jeglicher Substanzierung einer Erörterung nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte die Angeklagte nach § 147 Abs 3 StGB zu sechzehn Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es ihr weitgehendes Geständnis und die Rückzahlung eines Betrages von 20.250 S als mildernd, ihre beiden einschlägigen Vorstrafen und die Wiederholung des Betruges dagegen als erschwerend.

Der Berufung, mit der die Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Zwar hat das Schöffengericht die Deliktswiederholung, also die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art, mit Recht als erschwerend gewertet, zumal es keineswegs um einen einzigen 'Geschäftsfall des fortgesetzten Ausleihens', sondern um das wiederholte Herauslocken von Bargeld zum (vorgegebenen) Zweck einer jeweils besonders günstigen Anlage durch immer neue Täuschungshandlungen geht, und auch eine als mildernd wirkende drückende Notlage wurde der Berufungswerberin zutreffend nicht zugute gehalten. Wohl aber muß dieser eingeräumt werden, daß die Realisierung des Betruges durch eine besondere Leichtgläubigkeit ihres Opfers erheblich begünstigt wurde (§ 32 Abs 3 aE StGB). Dementsprechend sowie unter Bedacht darauf, daß der Schaden (zumal nach seiner teilweisen Erstattung) die strafsatzbestimmende Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB nicht allzusehr übersteigt und (insbesondere) die Angeklagte bisher noch kein Strafübel erlitten hat, erschien dem Obersten Gerichtshof die Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafe auf die nach ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) vertretbare, der Strafrahmenuntergrenze entsprechende Dauer von einem Jahr als gerechtfertigt.

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