Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 180 (einhundertachtzig) Tagessätze, für den Fall der Uneinbringlichkeit 90 (neunzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 15.Dezember 1937 geborene Filialleiter Walter A (zu I) des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1
und 2 Z. 1 StGB sowie (zu III) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in Innsbruck (zu I) am 21.Mai 1980 in Gesellschaft des Mitangeklagten Kunibert Ernst B als Beteiligter im Kaufhaus C drei Uhren im Wert von 2.145 S gestohlen und (zu III) Ende März 1981 eine gefälschte Urkunde, nämlich ein von ihm selbst auf einer Fotokopie des Briefpapiers des Rechtsanwalts Dr. Heinz D verfaßtes und mit 'Heinz D' gefertigtes Schreiben durch Absendung an Kunibert Ernst B zum Beweis seiner anwaltlichen Vertretung verwendet. Gegen diese beiden Schuldsprüche richtet sich die auf die Z. 4 und 9 (lit a) des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A.
Rechtliche Beurteilung
In Bekämpfung seines Schuldspruchs wegen Diebstahls (I) rügt er als Verfahrensmangel (§ 281 Abs 1 Z. 4 StPO) die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung des Josef E zum Beweis dafür, daß erst dieser ihn auf die ihm bis dahin unbekannt gebliebene Verhaftung des Mitangeklagten B aufmerksam gemacht habe (Band II, S. 29). Das Schöffengericht hielt diese Beweisaufnahme deshalb für entbehrlich, weil der beantragte Zeuge über die Tatbegehung selbst nichts auszusagen vermocht hätte und zudem im Urteil als für die Konstatierung der gemeinsamen Tatbegehung irrelevant ausdrücklich offenblieb, ob A die Verhaftung des B selbst beobachtet oder durch einen anderen von ihr erfahren hat (Band II, S. 51, 72 f.). Damit erübrigte sich aber die begehrte Zeugeneinvernahme. Als rechtsirrig (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO) bezeichnet der Beschwerdeführer seinen Schuldspruch wegen § 223 Abs 2 StGB (III), weil das inkriminierte Schriftstück keine Urkunde sei; ferner deshalb, weil wegen der Primitivität der Fälschung das Schreiben absolut untauglich sei, den Anschein der Echtheit hervorzurufen, und schließlich, weil durch dessen Gebrauch eine rechtlich erhebliche Maßnahme des Empfängers nicht bezweckt worden sei.
Auch die Rechtsrüge versagt. Zwar kommt der unbeglaubigten (einfachen) Fotokopie einer Urkunde kein Urkundencharakter (§ 74 Z. 7 StGB) zu, sodaß die Verfälschung einer derartigen Ablichtung bzw. ihr Gebrauch im Rechtsverkehr keine Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs 1
StGB darstellt (SSt. 47/22 = LSK. 1976/173). Hier geht es jedoch nicht um die (einfache) Fotokopie einer Urkunde, sondern um ein Schreiben, bei dem zunächst lediglich in Vorbereitung der Fälschung ein Papier mit dem Briefkopf des Rechtsanwalts Dr. Heinz D durch (teilweise) Ablichtung eines Originalbriefs hergestellt worden war. Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte A diese Fotokopie nämlich unter Abdeckung eines auf Originalpapier verfaßten Brieftexts bei freibleibendem Briefkopf angefertigt und sodann die Fotokopie in Maschinschrift mit einem irreführenden Text versehen, in welchem gegen angebliche Erpressungsversuche des Empfängers Stellung genommen wird (Band I, S. 217; Band II, S. 54 f.). Einem derartigen Schreiben, das nicht bloße Reproduktion einer Erklärung des angeblichen Verfassers ist, kann aber Urkundencharakter nicht abgesprochen werden. Denn die Ablichtung allein schuf erst die Grundlage zur anschließenden Herstellung des Schriftstücks, das den im Briefkopf angeführten Rechtsanwalt als Urheber der darin zum Ausdruck gebrachten Erklärung vortäuscht und sohin die Kriterien einer falschen Urkunde erfüllt. Auch eine absolute Untauglichkeit dieser Urkunde zur Täuschung muß verneint werden. Kann doch keine Rede davon sein, daß mit diesem Falsifikat die bezweckte rechtserhebliche Verwendung unter keinen Umständen möglich wäre, die Urkunde also generell ungeeignet ist, im Rechtsverkehr den Anschein der Echtheit hervorzurufen (EvBl 1978/200 = LSK. 1978/174 u.a.). Der Briefkopf des an den Angeklagten B übersendeten Schreibens war nämlich keineswegs für jedermann sofort als in Ablichtung hergestellte Fotokopie erkennbar, weshalb auch nicht gesagt werden kann, daß das Fasifikat als productum oder instrumentum sceleris nach § 223 StGB überhaupt nicht in Betracht kam. Obzwar es sich um eine eher plumpe Fälschung handelt, weil der maschingeschriebene Text zahlreiche orthographische und stilistische Fehler aufweist, die die Herkunft aus einer Anwaltskanzlei objektiv unwahrscheinlich machen, und das Schreiben überdies auch keine eigenhändige Unterschrift des angegebenen Briefverfassers trägt, so konnten doch Personen vom Bildungsgrad des Angeklagten oder im Verkehr mit einem Rechtsanwalt unerfahrene oder in ihrer Denk- und Kritikfähigkeit krankheitsbedingt reduzierte Personen, wie etwa der Mitangeklagte B als Briefempfänger (Band I, ON. 12 und 26), dieses gefälschte Schriftstück durchaus für echt halten und über dessen Authentizität getäuscht werden.
Wie das Erstgericht richtig erkannte, hat der Angeklagte A die in Rede stehende Urkunde, mit der er das Bestehen einer anwaltlichen Vertretung und die Tatsache einer Information an den betrauten Rechtsanwalt vortäuschen wollte, mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten B zu erschüttern und seiner eigenen Behauptung einer von B und dessen Lebensgefährtin Erna F an ihm begangenen Erpressung Nachdruck zu verleihen, sohin zum Beweis einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung, gebraucht (Band II, S. 55, 67 f.). Als Gebrauch im Rechtsverkehr ist nämlich jede mit Rücksicht auf den Inhalt der Urkunde rechtserhebliche Verwendung zu verstehen, wozu gehört, daß zwischen dem Gebrauch der Urkunde und ihrem Inhalt ein Zusammenhang besteht (LSK. 1976/333, 1978/386 u.a.). Diesem Erfordernis entspricht die Handlungsweise des Beschwerdeführers, der mit Hilfe dieser Fälschung den gegen ihn gerichteten Verdacht einer Tatbeteiligung am Diebstahl (I) zu entkräften suchte, weil durch den Inhalt des Schreibens vorgetäuscht wird, daß er dem angeblichen Urkundenverfasser Informationen über diesen Diebstahl und eine im Zusammenhang damit an ihm begangene (durch Tonband nachweisbare) Erpressung gegeben hat.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über Walter A nach § 28, 127 Abs 2 StGB in Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Tagen.
Den Tagessatz bestimmte es mit 200 S. Dabei waren erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen und die mehreren einschlägigen Vorstrafen, mildernd hingegen ein Teilgeständnis (zur Urkundenfälschung) und die objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung der gestohlenen Uhren.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte A eine Herabsetzung der Geldstrafe an, die er (der Sache nach in der Anzahl der Tagessätze) für unangemessen hoch erachtet, dies vor allem deshalb, weil seine - im Vergleich zu der des Mitangeklagten, der unter Mitführen des nötigen Werkzeugs die Diebstat ausgeführt hat - bloß untergeordnete Rolle beim Diebstahl zu berücksichtigen wäre.
Die Berufung ist berechtigt.
Das Schöffengericht hat (gemessen an der Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Tagen) zwar nicht einmal die Hälfte des bis zu einem Jahr reichenden Strafsatzes (§ 127 Abs 2 StGB) ausgeschöpft und überdies in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB die Freiheits- in eine Geldstrafe umgewandelt. Damit ist jedoch dem ganz eindringlich für den Angeklagten sprechenden Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen worden, daß - abgesehen von einer nicht sonderlich ins Gewicht fallenden Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung aus dem Jahr 1979 (AZ. 10 U 956/79 des Bezirksgerichts Innsbruck) - angesichts einer letzten Verurteilung am 16.August 1967 (AZ. 16 Vr 981/67 des Landesgerichts Innsbruck) die Resozialisierung des zuvor kriminell stark in Erscheinung getretenen Berufungswerbers bereits sichtlich gelungen war und der nunmehrige Rückfall offensichtlich auf den kriminogenen Kontakt mit dem Komplizen zurückgeht. Es wurde daher die Geldstrafe auf 180 Tagessätze und die Ersatzfreiheitsstrafe demgemäß auf 90 Tage ermäßigt. Eine weitergehende Reduzierung der Geldstrafe ist angesichts des (wenn auch weit zurückliegend) schwer belasteten Vorlebens des Angeklagten (Band I, S. 195) allerdings nicht vertretbar.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)