OGH 12Os60/82

OGH12Os60/8219.5.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderen strafbaren Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30.Juli 1982, GZ 4 d Vr 8138/79-58, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Beck und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf dreieinhalb Jahre herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 31.Oktober 1943 geborene Karl A zu I./ des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z. 1 und 2 StGB, zu II./ A./ des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB, zu II./ B./ des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB

(richtig: zu II./ A./ und B./ des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 3, 148

zweiter Fall StGB) und zu II./ C./ des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien I./ im Zusammenwirken mit seiner mitverurteilten Ehegattin Gertrude A, gegen die das Urteil in Rechtskraft erwuchs, als Schuldner mehrerer Gläubiger 1.) in der Zeit von Oktober 1977 bis Frühjahr 1978

fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeiführte, daß sie mit einem Eigenkapital von nur 3.000 S einen Kleinhandel mit Möbeln eröffneten, unverhältnismäßig Lieferantenkredite benutzten und nicht über die erforderliche kaufmännische Ausbildung und kaufmännische Fähigkeiten zur Führung eines Gewerbebetriebes verfügten;

2.) vom Frühjahr 1978 bis Beginn des Sommers 1979

in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger insbesondere dadurch vereitelten, daß sie neue Schulden in der Mindesthöhe von ca. 668.000 S eingingen und die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens oder des Konkurses nicht rechtzeitig beantragten;

II./ A./ und B./ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, in der Zeit vom 30.Juni 1978 bis April 1979 sowie vom Jänner 1980 bis zum 2.Februar 1981 in insgesamt 29 Fällen teils durch die Vorgabe, für die übernommenen Geldbeträge Möbelbestellungen und -lieferungen durchzuführen, teils durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Käufer zu sein, die Getäuschten zur übergabe von Geldbeträgen und zur Ausfolgung von Waren in einem Gesamtbetrag von 483.560 S verleitete, wobei er in den vom Jänner 1980 an begangenen Fakten (Gruppe B./) gewerbsmäßig handelte;

II./ C./ im Oktober 1979 dadurch, daß er ein zur Konkursmasse gehörendes Schachbrett im Wert von 600 S verkaufte, einen Bestandteil seines Vermögens veräußerte und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger schmälerte.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte, und zwar dem Inhalt seiner Ausführungen nach nur wegen des Schuldspruchs zu II./ A./ und B./ wegen Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 10 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Eine Nichtigkeit nach der erstgenannten Gesetzesstelle erblickt er in der Unterstellung der Schädigungshandlungen, zu Lasten von Georg B, Erwin C, Johann D sowie Ernst und Gertrude E nicht nur unter das Tatbild der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z. 1 und 2 StGB, sondern auch das des Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB Diese Personen hätten ihre Forderungen gegen den Angeklagten im Konkursverfahren angemeldet; diese lägen daher der Feststellung des Gesamtschadens im Faktum I./ 2.) mit zugrunde. Mit der Verurteilung wegen fahrlässiger Krida nach § 159 Z. 1 und 2 StGB sei daher der Unrechtsgehalt dieser Schädigungshandlungen voll erfaßt, die zusätzliche Bestrafung wegen Betruges in denselben Fakten rechtsirrig.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Vorbringen kann sich der Sache nach im Hinblick auf die Tatzeit der Kridahandlungen nach § 159 Abs 1 Z. 1 StGB nur auf das Zusammentreffen der genannten Betrugsfakten mit dem Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z. 2 StGB beziehen. Insofern ist ihm jedoch zu erwidern, daß grundsätzlich die Tatbilder des Betruges und der fahrlässigen Krida auch eintätig zusammentreffen können; Täuschungshandlungen eines Kridatars im Sinne des § 159 Abs 1 Z. 2 StGB sind nämlich, sofern sie mit Schädigungsvorsatz und in Bereicherungstendenz gesetzt wurden, gesondert (und zwar im Verhältnis des Angeklagten zum jeweils von ihm Betrogenen) als krimineller Betrug zu beurteilen; Tatzeitidentität steht dem nicht entgegen (LSK. 1976/331; Leukauf-Steininger2, RN. 65 zu § 146 StGB; Kienapfel, BT. II, RZ. 49 zu § 159 StGB). Wie Liebscher (WK. RN. 2 und 3 zu § 159 StGB) hiezu überzeugend hervorhebt, liegt der Unterschied zwischen den Tatbildern nach § 159 und 146 StGB

ausschließlich in der subjektiven Tatseite: Beim Betrug hat der Täter über das (auch bei fahrlässiger Krida denkbare) Täuschungsgehaben hinaus den zumindest bedingten Vorsatz, den Gläubiger zu schädigen und sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, während er im Falle des § 159 StGB die Schädigung fahrlässig herbeiführt (EvBl 1977/47).

Da nun vorliegend die Schädigung der vom Beschwerdeführer genannten Gläubiger in den Fakten II./ A./ 1.), 2.), 3.) und 5.) nach den ausdrücklichen Urteilsfeststellungen vorsätzlich erfolgte, erfolgte die Zurechnung dieser Taten als Betrug rechtsrichtig und war nicht etwa dadurch gehindert, daß diese als betrügerisch zu qualifizierenden Geschäftsabschlüsse gleichzeitig im Rahmen der Beurteilung der Gesamtgeschäftsführung des Beschwerdeführers (auch) als Kridahandlungen erfaßt sind, die geeignet waren, die anderen Gläubiger in ihrer Chance auf Befriedigung ihrer Forderungen zu schmälern. Während bei der Zurechnung der in Rede stehenden Tathandlungen als Betrug die Schädigung der Getäuschten maßgebend ist, wird bei der gleichzeitigen Unterstellung unter das Tatbild der fahrlässigen Krida die Beeinträchtigung der Interessen aller Gläubiger auf Hereinbringung ihrer Forderungen, somit ein anderes Rechtsgut berücksichtigt.

Es liegt daher entgegen den Beschwerdeausführungen nicht Gesetzes- (Schein-) Konkurrenz, sondern echte Idealkonkurrenz zwischen beiden Tatbildern vor.

Auch die weitere, ziffernmäßig auf die Z. 9 lit a (der Sache nach aber abermals auf die Z. 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge versagt:

Wenn der Beschwerdeführer meint, ungeachtet seines vollinhaltlichen Geständnisses im Sinne beider Anklageschriften wäre auf die Abgrenzungsproblematik zwischen § 133 und 146 ff. StGB einzugehen gewesen, weil das (vorliegend in der Verlesung des wesentlichen Akteninhaltes bestandene) Beweisverfahren ergeben hätte, daß er die ihm übergebenen Werte 'nicht durchwegs' von vornherein in Betrugsabsicht übernommen habe, so geht diese Rechtsrüge nicht, wie es ihre gesetzmäßige Darstellung erfordern würde, von dem festgestellten Urteilssachverhalt aus, wonach der Angeklagte die ihm angelasteten Betrugshandlungen (und zwar entgegen seinem Geständnis nicht bloß 'bedingt', sondern unbedingt) vorsätzlich begangen hat (siehe S. 28 f./Band II). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch vorbringt, auf Grund des Beweisverfahrens wären, im Gegensatz zu seinem Geständnis, teilweise andere Feststellungen zu treffen gewesen, vermag er den vom Erstgericht tatsächlich getroffenen (gegenteiligen) Konstatierungen anhaftende Begründungsmängel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht darzutun, weil er es hiebei unterläßt, jene Umstände (substantiierend) zu bezeichnen, die von seiner Rüge betroffen sind, und jene Beweisergebnisse zu spezifizieren, welche diese Rüge begründen könnten (vgl. RZ. 1981/13). Das bezügliche Beschwerdevorbringen entbehrt daher sowohl unter dem Aspekt des Nichtigkeitsgrundes der Z. 10 als auch dem der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO einer gesetzmäßigen Ausführung dieser Nichtigkeitsgründe. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zur Gänze zu verwerfen.

Karl A wurde gemäß § 147 Abs 2 StGB, § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei Karl A als erschwerend die zahlreichen, sogar die Rückfallsqualifikation des § 39 StGB erreichenden Vorstrafen, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die Wiederholung der betrügerischen Handlungen beim Faktum II A, das mehrfache überschreiten der Wertgrenze von 100.000 S, die Verleitung der bisher unbescholtenen Zweitangeklagten Gertrude A, den raschen Rückfall und damit im Zusammenhang insbesonders den Umstand, daß die betrügerischen Handlungen, welche im Punkt II B angeführt sind, während eines laufenden Strafverfahrens gesetzt wurden und auch den Umstand, daß der Angeklagte vor Gericht bereits eine Hauptverhandlung hatte, diese Hauptverhandlung vertagt wurde, und es ihm klar war, daß dieses Strafverfahren in keiner Weise abgeschlossen war, was ihn nicht abhalten konnte, neuerlich in schwerster Weise straffällig zu werden und als mildernd, das doch abgelegte volle Geständnis. Der Angeklagte begehrt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Die Berufung ist berechtigt.

Ausgehend vom Schuldspruch des Erstgerichtes hat der Angeklagte verschiedenen Personen vorsätzlich einen Schaden in der Höhe von fast einer halben Million Schilling zugefügt. Wenn auch die Strafbemessungsgründe vom Schöffengericht richtig und vollständig erfaßt wurden, ist doch die verhängte Strafe überhöht. Bei der Schadenshöhe und dem Vorleben des Angeklagten, der zwar mehrfach, aber doch nur wegen relativ geringfügigen Straftaten verurteilt wurde, erscheint eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren angemessen.

Der Berufung war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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