OGH 12Os31/82

OGH12Os31/8215.4.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1982 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gheorghe A und Eugen B wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (1. Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Eugen B sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend beide Angeklagte gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 9.Dezember 1981, GZ. 20 n Vr 7031/81-28, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Bachmann und Dr. Hämmerle sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 7.Mai 1959 geborene beschäftigungslose Gheorghe A und der am 26.Oktober 1953 geborene beschäftigungslose Eugen B - zwei rumänische Flüchtlinge - des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster Anwendungsfall) StGB schuldig erkannt.

Die Geschwornen hatten die beiden im Sinne der Anklage gestellten Hauptfragen 1 und 4 (hinsichtlich Gheorghe A stimmeneinhellig, hinsichtlich Eugen B mit 5:3 Stimmen) bejaht, womit eine Beantwortung der Eventualfragen 2, 3, 5 und 6 wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 und Abs. 2 StGB entfiel, sowie (jeweils stimmeneinhellig) die Zusatzfragen 7 und 9 in Richtung § 11 StGB verneint; demnach blieben die auf Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 StGB lautenden Eventualfragen 8 und 10 folgerichtig ebenfalls unbeantwortet.

Die den Angeklagten Eugen B betreffende Hauptfrage 4 lautet: 'Ist Eugen B schuldig, in der Nacht zum 30.Juni 1981 in Wien in Gesellschaft des Gheorghe A als Beteiligten (§ 12 StGB) dem Franz C mit Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, nämlich indem sie ihn würgten, niederschlugen und mit den Worten:

'Wenn du nicht alles hergibst, bringe ich dich um' Geld forderten, mindestens 79 S Bargeld und eine Armbanduhr, Marke 'Nation', im Wert von zirka 400 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern?' Das seitens des Angeklagten Gheorghe A unbekämpft gebliebene Urteil wird vom Angeklagten Eugen B mit einer auf die Z. 6 und 9 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung angefochten. Die Staatsanwaltschaft bekämpft den beide Angeklagten betreffenden Strafausspruch mit Berufung.

Einen den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Mangel der Fragestellung macht der Beschwerdeführer mit der Behauptung geltend, aus der Hauptfrage 4 gehe ebenso wie aus der Gheorghe A betreffenden gleichlautenden Hauptfrage 1) nicht hervor, welchen Anteil er und welchen der Mitangeklagte Gheorghe A an der Tatbildverwirklichung gehabt und welche Ausführungshandlungen jeder von beiden gesetzt haben soll. Da insbesondere die Drohworte 'Wenn du nicht alles hergibst, bringe ich dich um' nur einer der Tatbeteiligten gesprochen haben könne, sei der Wahrspruch auch in sich widersprüchlich und sohin gemäß der Z. 9 des § 345 Abs. 1 StPO nichtig.

Dieses Vorbringen hält jedoch einer Überprüfung nicht stand.

Rechtliche Beurteilung

Für die Verübung eines Raubes in Gesellschaft von Beteiligten (§ 143 erster Anwendungsfall StGB) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/235 u. a.) lediglich das Einverständnis der Raubgenossen über die Begehung eines Raubes, das Zusammenwirken hiebei und eine gewisse Ortsanwesenheit wesentlich. Die einzelnen Beteiligten müssen daher weder, wie in der schriftlichen Rechtsbelehrung dargelegt wurde (vgl. S. 5 der Beilage B zu ON. 27 d.A.), jeder das gesamte Tatbild verwirklichen, noch überhaupt unmittelbare Täter sein, also selbst typische Ausführungshandlungen setzen.

Es genügt vielmehr, wenn ein Beteiligter mit der Tatausführung durch den anderen einverstanden ist und unter der Voraussetzung gleichzeitiger Anwesenheit im Tatortsbereich die Tatbegehung in irgendeiner Weise (im Sinne eines sonstigen Tatbeitrages /dritte Alternative des § 12 StGB /) aktiv fördert, wozu auch eine in der unmittelbar beim Tatgeschehen zum Ausdruck kommende Entschlossenheit zu einem helfenden Eingreifen, eine Aufpaßfunktion oder eine Bestärkung des unmittelbaren Täters in seinen Tatentschluß durch Begleiten zum Tatort oder Verweilen dortselbst hinreicht (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN. 76 zu § 127 StGB und die dort zitierte Judikatur).

Ein solches einverständliches Zusammenwirken der Tatbeteiligten bei der Verübung eines Raubes unter gleichzeitiger Ortsanwesenheit haben die Geschwornen aber im vorliegenden Fall durch ihr Verdikt Eugen B habe in Gesellschaft des Mitangeklagten Gheorghe A und umgekehrt jener in Gesellschaft des Angeklagten Eugen B als Beteiligter gehandelt, feststellend zum Ausdruck gebracht. Damit wurde von ihnen, wie sich bei einer prüfenden Interpretation ihres Wahrspruchs ergibt (vgl. SSt. 44/13), als erwiesen angenommen, daß beide Angeklagten, von einem auf ein gemeinsames Ziel - dem Franz C mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben Bargeld und Wertgegenstände wegzunehmen oder abzunötigen - gerichteten Vorsatz geleitet, gleichzeitig am Tatort tätig geworden sind. So gesehen entsprachen aber die an die Geschwornen gestellten Hauptfragen durchaus den im § 312 Abs. 1 StPO normierten Erfordernissen einer hinreichenden Tatindividualisierung und - konkretisierung (vgl. EvBl. 1975/120).

Eine erschöpfende Beschreibung der Tat durch Anführung sämtlicher Tatumstände, welche die Annahme eines einverständlichen Zusammenwirkens im dargelegten Sinn begründet, war nicht geboten (vgl. Mayerhofer/Rieder, III/2, Nr. 30 ff. zu § 312 StPO). Demgemäß bedurfte es auch keiner Feststellungen im (fragekonformen) Wahrspruch der Geschwornen darüber, welche Ausführungshandlungen jeder der beiden Angeklagten zur Erreichung des gemeinsamen Zieles gesetzt hat, ob er demnach bei der Deliktsverwirklichung auch selbst als unmittelbare Täter oder nur in der Erscheinungsform eines sonstigen Tatbeitrages tätig geworden ist und worin der (am Tatort geleistete) persönliche Tatbeitrag jedes einzelnen Angeklagten im Detail bestanden hat.

Aus diesem Grund stellt es auch keinen dem Wahrspruch der Geschwornen anhaftenden inneren Widerspruch dar, wenn nach dessen Inhalt dahingestellt blieb, welchem der beiden Angeklagten - nach den übereinstimmenden Beweisergebnissen war dies der Angeklagte A - die Drohworte zuzuordnen sind, weil beide den durch ihr gemeinsames Tatverhalten angestrebten und bewirkten gesamten Deliktserfolg in vollem Umfang zu verantworten haben.

Da sohin keiner der vom Angeklagten Eugen B geltend gemachten Nichtigkeitsgründe vorliegt, war seine Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Beide Angeklagten wurden nach §§ 41, 143 StGB, Gheorghe A zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren, Eugen B gemäß §§ 31 und 40 StGB zu dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.September 1981, GZ. 2 e Vr 8411/81-44 (mit diesem Urteil wurde der Angeklagte B wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 15 StGB - Tatzeit 14. September 1979 bis 16.Juni 1981, Schadensbetrag über 5.000 S - zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt, der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen) zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren verurteilt.

Bei der Strafbemessung nahm das Erstgericht bei beiden Angeklagten als erschwerend die Vorstrafe, als mildernd das Geständnis, das Zustandebringen der Beute im Sinne der objektiven Schadensgutmachung und die Alkoholisierung, bei B ferner auch, daß er in untergeordneter Weise beteiligt war, an.

Eugen B begehrt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der über ihn, die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der über beide Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen unter Ausschaltung des außerordentlichen Milderungsrechtes.

Die Berufungen sind nicht berechtigt.

Das Geschwornengericht hat bereits hinreichend die geringere Beteiligung des Angeklagten B bei der Tatausführung berücksichtigt. Zu den festgestellten Strafzumessungsgründen kommen bei B als erschwerend noch das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen (unter Berücksichtigung des zitierten Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.September 1981) und bei beiden Angeklagten die allerdings nur leichte Verletzung des Tatopfers Franz C hinzu. Hingegen wurde das teilweise Geständnis mit Recht als mildernd gewertet. Der Aktenlage kann nicht entnommen werden, ob die beiden Angeklagten, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung vermutet, aus Arbeitsscheu in Österreich keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sind oder ob sie bei der Arbeitsmarktlage in Österreich als Ausländer keine Beschäftigung fanden. Die durch den Rauschzustand bewirkte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit fällt als mildernd nicht ins Gewicht, denn sie wird durch den Vorwurf aufgewogen, den der Genuß des Alkohols den Umständen nach begründet.

Allerdings ist beiden Angeklagten noch als mildernd zuzurechnen, daß der Wert der Beute äußerst gering war, welchen Umstand das Erstgericht übersehen hat. Bedenkt man ferner, daß nach dem Milieu es sich um keine schwere Raubtat handelt, die Schuld der Täter daher als nicht allzu hoch zu beurteilen ist, wurden die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung zu Recht angenommen und angemessene Strafen verhängt.

Den Berufungen war daher der Erfolg zu versagen.

Die den Angeklagten B betreffende Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

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