OGH 11Os36/82

OGH11Os36/8214.4.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 1982 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollak als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau als Schöffengericht vom 21. Jänner 1982, GZ 9 Vr 797/81-39, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Krilyszyn und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Presslauer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. November 1950 geborene Gelegenheitsarbeiter Johann A des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der Ablehnung seines Beweisantrages auf Ausforschung des Aufenthaltsortes des Tatopfers Ewald B und Vernehmung dieses Zeugen vor dem erkennenden Gericht (S 224 d.A).

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das Erstgericht wies den Beweisantrag des Beschwerdeführers mit der - zwar entgegen dem § 238 Abs 2 StPO aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung nicht ersichtlichen, allerdings in den Entscheidungsgründen des Urteils (S 236 d. A) zulässigerweise nachgeholten - Begründung ab, daß alle Bemühungen, dem Zeugen Ewald B eine Ladung zur Hauptverhandlung zuzustellen, erfolglos blieben. Die Annahme des Erstgerichtes, daß innerhalb absehbarer Frist eine Ausforschung des Aufenthalts dieses Zeugen nicht zu erwarten und demgemäß seine Vernehmung vor dem erkennenden Gericht nicht zu bewirken sein werde, entsprach nach der Aktenlage im Zeitpunkt der Beschlußfassung den tatsächlichen Gegebenheiten (sh S 1 m, 66, 197 f, 207 sowie S 3 b in ON 6 a), sodaß in der Ablehnung des genannten Beweisantrages eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit des Zeugenbeweises nicht erblickt werden kann (siehe hiezu Mayerhofer/ Rieder, StPO II/2, E Nr 104 zu § 281 Z 4 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die vom Erstgericht für die Richtigkeit der Angaben des Zeugen Ewald B ua angestellte Erwägung, daß dessen Aussagen im Vorverfahren vor der Gendarmerie und vor Gericht widerspruchsfrei gewesen seien. Der Beschwerdeführer behauptet Abweichungen der Aussagen sowie Widersprüche in der Schilderung der Angriffshandlung und des Aufbewahrungsortes des Geldes, ohne jedoch in diesem Zusammenhang einen konkreten Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Die niederschriftlichen Angaben des Ewald B vor der Gendarmerie (S 7 ff d.A) und seine Aussagen vor Gericht (ON 6 a, S 3 ff d.A) stimmen in den Schilderungen des von hinten erfolgten Angriffes und des Sturzes auf den Rücken im wesentlichen überein. Die weiteren Bekundungen des Ewald B über die nachfolgenden Angriffshandlungen, welche vor der Gendarmerie damit umschrieben worden sind, daß sich der Angreifer über ihn gebeugt habe (S 8 d.A), während vor Gericht davon die Rede gewesen ist, der Angreifer habe sich auf ihn gekniet (ON 6 a, S 4, 3 b und 3 b verso d.A), enthalten - soferne damit nicht überhaupt nur mit anderen Worten derselbe Vorgang zum Ausdruck gebracht werden sollte - gegebenenfalls lediglich eine ein keineswegs entscheidungswesentliches Detail betreffende Abweichung, welche im Rahmen einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) keiner gesonderten Erörterung bedurfte. Der Aufbewahrungsort des Geldes vor der Wegnahme wurde von Ewald B vor der Gendarmerie als 'kleine Außenbrusttasche' seines Anzuges (S 8 d.A) und vor Gericht als 'Brusttasche' (ON 6 a, S 4, 3 a verso) bezeichnet, womit ersichtlich ein und dieselbe Tasche gemeint war, sodaß auch hier ein Widerspruch nicht vorliegt.

Mit dem weiteren Vorbringen, das Erstgericht hätte die Feststellung, er sei vor der Tat nahezu mittellos gewesen, näher begründen müssen, vermag der Beschwerdeführer ebenfalls keinen Mangel im Sinn des angerufenen Nichtigkeitsgrundes darzutun, weil einerseits das Urteil des Erstgerichtes in dieser Hinsicht ohnehin eine ausführliche Begründung enthält (S 233 f d.A) und andererseits dem genannten Umstand angesichts der unabhängig von seiner Behauptung, über Bargeld verfügt zu haben, vom Angeklagten selbst eingeräumten Tatsache, mit dem Gedanken einer Wegnahme des Geldes des Ewald B gespielt zu haben (S 211 d.A), keine entscheidende Bedeutung beizumessen ist.

Mit der auf die Z 9 lit a (der Sache nach Z 9 lit b) und auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Qualifikation der festgestellten Tat als Verbrechen des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB und strebt deren Beurteilung als sogenannter 'minder schwerer Raub' nach dem § 142 Abs 2

StGB oder als Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach dem § 131 StGB oder als (mangels Ermächtigung des Verletzten nicht verfolgbares) Vergehen der Entwendung nach dem § 141 Abs 1 StGB an. Dem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, daß eine Privilegierung des Raubes durch die mildere Strafdrohung des § 142 Abs 2 StGB voraussetzt, daß eine Sache geringen Wertes ohne Anwendung erheblicher Gewalt geraubt wird. Davon kann keine Rede sein, wenn die räuberische Gewaltanwendung so weit geht, daß das Opfer von hinten fest gepackt, zu Boden gerissen und festgehalten wird. In einem solchen Fall wird nämlich erhebliche physische Kraft in vehementer Weise eingesetzt, worauf im übrigen auch die Verletzung des Opfers hindeutet (Kienapfel, BT II, RN 103 und 109 zu § 142; Leukauf-Steininger, StGB2, RN 35 zu § 142). Desgleichen erweisen sich die weiteren Ausführungen, die eine Beurteilung der Tat als räuberischen Diebstahl oder Entwendung reklamieren, als nicht zielführend, weil sie von der eine Gewaltanwendung anläßlich der Sachwegnahme leugnenden Verantwortung des Angeklagten ausgehen und solcherart nicht den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleichen, sodaß die betreffenden Rechtsrügen nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt sind.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Johann A nach dem § 142 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die 'mehreren einschlägigen Vorverurteilungen' des Angeklagten 'wegen Gewalttätigkeitsdelikten', den raschen Rückfall und die leichte Verletzung des Opfers als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber die Verstandesschwäche A als mildernd.

Den Strafausspruch bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit Berufung. Während Johann A die Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, begehrt die Anklagebehörde, die Strafe schuldangemessen zu erhöhen.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht stellte die Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend fest und wertete sie ihrem Gewicht nach richtig. Auch wenn man neben den Gewalttätigkeitsdelikten die von A bisher begangenen Vermögensdelikte, da ebenfalls auf der gleichen schädlichen Neigung beruhend, als zusätzlichen Erschwerungsgrund wertet, entspricht das in erster Instanz gefundene Strafmaß durchaus dem Verschulden und der Täterpersönlichkeit des Angeklagten sowie dem objektiven Gewicht seiner strafbaren Handlung, deren Unrechtsgehalt, was nicht übersehen werden darf, bezogen auf den Deliktstypus relativ gering ist. Da andererseits auch seitens des Angeklagten keine wesentlichen Umstände vorgebracht wurden, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen, besteht für eine Korrektur des schöffengerichtlichen Strafausspruches sohin in keiner Richtung ein Anlaß.

Den beiderseitigen Berufungen war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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