Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Edwin A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Edwin A laut dem Punkt I A 1 des Urteilsspruches und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des diesen Angeklagten betreffenden Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Edwin A verworfen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Edwin A auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Edwin A auch die durch den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am 17.Februar 1952 geborene beschäftigungslose Edwin A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128
Abs. 2, 129 Z 1 und 2, sowie 15 StGB schuldig erkannt. Mit seiner Urteilsnichtigkeit gemäß der Z 10, der Sache nach auch nach der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO geltend machenden Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte A seinen Schuldspruch laut dem Punkt I A 1 und den Ausspruch über die Unterstellung der ihm angelasteten Diebstähle auch unter die Bestimmung des § 128 Abs. 2 StGB Zum Urteilsfaktum I A 1 wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, in der Nacht zum 6. Mai 1981 der Ingeborg B eine Tischserviette im Wert von 50 S durch Einbruch und Einsteigen in den Gasthof 'X' in Dornbirn mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Beschwerdeführer zu Recht: Das Erstgericht stellte zwar fest, daß der Angeklagte A in den Gasthof 'X' in der Absicht einstieg, sich durch die Zueignung fremder beweglicher Sachen unrechtmäßig zu bereichern, und eine weiße Tischserviette zum Nachteil der Ingeborg B stahl, welche er bei einem nachfolgenden Einbruchsdiebstahl im Kaufhaus C in Dornbirn am Tatort liegen ließ. Andererseits nahm es auf Grund der Verantwortung des Angeklagten A in der Hauptverhandlung (vgl S 360 d.A - siehe jedoch seine gegenteilige Darstellung im Vorverfahren S 69 d.A) - worauf der Beschwerdeführer, damit ersichtlich einen dem Ausspruch über entscheidende Tatsachen anhaftenden inneren Widerspruch der Urteilsgründe im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1
StPO behauptend, zutreffend hinweist - als erwiesen an, daß der Angeklagte A im Zeitpunkt der Tatausführung sehr stark alkoholisiert war und 'erst später' erfahren habe, daß er 'bei diesem Einbruchsversuch' - bezüglich dessen er im übrigen, soweit er angeklagt war, sein Vorsatz habe sich (auch) auf die Zueignung von Bargeld und anderem Diebsgut gerichtet, freigesprochen wurde - eine Serviette mitgenommen hatte (vgl S 396 d.A).
Rechtliche Beurteilung
Damit wurden im Urteil über den für den Tatbestand des Diebstahls wesentlichen Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz des Angeklagten A Tatsachen als nebeneinander bestehend festgestellt, die nach den Gesetzen der Logik einander ausschließen. Zufolge dieser Nichtigkeit gemäß dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO begründenden inneren Widerspruches war daher das Urteil im betroffenen Schuldspruch aufzuheben und dem Erstgericht insoweit die Verfahrenserneuerung aufzutragen. Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht - im Hinblick auf die schon im angefochtenen Urteil konstatierte sehr starke Alkoholisierung - zudem auf die Frage einzugehen haben, ob sich der Angeklagte im Zeitpunkt der bezüglichen Tatverübung im Zustand einer vollen Berauschung befand.
Der Vollständigkeit halber ist ferner darauf zu verweisen, daß der Versuch eines Diebstahls in dessen Vollendung nur dann aufgeht, wenn neben der Identität der Geschädigten, einem einheitlichen Willensentschluß des Täters, sowie dem zeitlichen (und in der Regel auch räumlichen) Konnex der als Einheit zu beurteilenden Versuchs- und Vollendungshandlungen außerdem die Identität des Angriffsobjektes gegeben ist (vgl ÖJZ-LSK 1981/150). Ein Schuldspruch wegen vollendeten (Einbruchs-)Diebstahls schließt demnach - entgegen der im Urteil zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Erstgerichtes (vgl S 403 d.A) - eine gesonderte Ahndung der Tat als Versuch nicht schlechthin aus, wenn der Vorsatz des Täters noch auf anderes Diebsgut als das tatsächlich erlangte, also auf einen weitergehenden Deliktserfolg gerichtet war. Ein diesbezüglicher Schuldspruch (auch) wegen versuchten Einbruchsdiebstahls ist dem Gericht im erneuerten Verfahren allerdings schon deshalb verwehrt, weil in dieser Richtung ein Freispruch erging, der unangefochten blieb.
Im übrigen erweist sich jedoch die Beschwerde als unbegründet. Nach den zum Urteilsfaktum I A 2 getroffenen Konstatierungen erbeutete der Angeklagte A bei dem von ihm in der Nacht zum 6. Mai 1981 in Dornbirn zum Nachteil des Anton C verübten Einbruchsdiebstahl Waren, die einen Einkaufswert von 81.412 S und einen Verkaufswert von 133.446,40 S repräsentierten. Das Erstgericht legte seiner Wertberechnung den Gesamtverkaufspreis der gestohlenen Handelsware zugrunde und bejahte demnach die Voraussetzungen für die Annahme der Qualifikation des § 128 Abs. 2 StGB Gegen diese Ansicht des Schöffengerichtes wendet sich der Beschwerdeführer aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO mit der Argumentation, eine solche Wertberechnung widerspreche dem Postulat einer Gleichbehandlung der Geschädigten und stelle den Geschäftsmann besser als den Privatmann; gehe man von dem Grundsatz aus, daß es auf die objektive Verminderung im Vermögen des Bestohlenen und nicht auf den individuellen Wert der Sache für den Bestohlenen, ebensowenig wie auf entgangenen Gewinn oder etwaige Begleitschäden ankomme, so sei nicht einzusehen, warum beim Diebstahl von Handelsware der (höhere) Verkaufspreis maßgebend sein solle. Da aber bei Zugrundelegung der Einkaufspreise der Gesamtwert des Diebsgutes (aus sämtlichen inkriminierten Diebstählen) 100.000 S nicht übersteige, sei die Qualifikation des § 128 Abs. 2
StGB zu Unrecht angenommen worden.
Diese Beschwerdeausführungen bieten jedoch keinen Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl ÖJZ-LSK 1976/194, 1975/174 = SSt 46/44 ua) und der auch im Schrifttum einhellig vertretenen Ansicht (Leukauf-Steininger, Komm z StGB2, RN 23 zu § 128; Foregger-Serini, StGB2, Erl III zu § 128; Kienapfel, BT II, RN 31
ff zu § 128 StGB; Bertel im Wr. Komm z StGB, RN 9 ff zu § 128; Bertel, Vermögensdelikte, S 23) abzugehen, wonach beim Diebstahl von Handelsware für die Wertberechnung der Verkaufspreis (einschließlich der darin enthaltenen Mehrwertsteuer), der bei redlicher Geschäftsführung erzielt werden kann und auch erzielt werden soll, und zwar je nachdem, ob der Bestohlene Groß- oder Kleinhändler ist, der angemessene Groß- bzw Kleinhandelsverkaufspreis, heranzuziehen ist. Daß der Wiederbeschaffungswert einer Sache bei der Wertermittlung die allgemeine Richtschnur bildet, schließt die angemessene Berücksichtigung opferbezogener Wertfaktoren und individualisierender wirtschaftlicher Gesichtspunkte nicht aus (vgl Kienapfel, Besonderer Teil II, RN 92 ff zu den Allgemeinen Vorbemerkungen und RN 27 ff zu § 128 StGB). Für die Berechnung des Wertes einer gestohlenen Sache ist demnach ihre Funktion im Vermögen des Bestohlenen wesentlich (vgl Bertel im Wiener Kommentar, RN 8 ff zu § 128 StGB). So gesehen führt die dargelegte Wertberechnung - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - in Wahrheit auch zu keiner sachfremden Ungleichbehandlung der Bestohlenen.
Dem Ausspruch, wonach der Wert des Diebsgutes 100.000 S übersteigt, und der darauf beruhenden Unterstellung der dem Angeklagten Edwin A angelasteten Diebstähle (auch) unter die Bestimmung des § 128 Abs. 2 StGB haftet sohin ein Rechtsirrtum nicht an.
Aus den angeführten Erwägungen war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
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