Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 15.Oktober 1955 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Aushilfskellner Johann A wurde des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z. 1 StGB (I) und des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB (II) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Wien (zu I) Renate B durch Gewalt und durch gefährliche Drohung mit einer auffallenden Verunstaltung, nämlich am 10. Juni und 16.Oktober 1981 durch Versetzen von Schlägen mit der Hand gegen den Hinterkopf sowie Reißen an den Haaren sowie durch die Äußerung, sie werde ein Leben lang an ihn denken, wenn sie sich in den Spiegel schaue, ferner am 16.Oktober 1981 durch die Äußerung, sie werde ihr ganzes Leben in Angst verbringen und sie werde nicht in den Spiegel schauen können, wenn sie seine Geldforderungen ablehne, zur Ablieferung ihrer Einkünfte aus der Prostitution genötigt und dadurch am Vermögen geschädigt zu haben, um sich unrechtmäßig zu bereichern; überdies (zu II) zwischen 10.April und 16. Oktober 1981 seinen Unterhalt zumindest zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Renate B durch deren Ausbeutung zu gewinnen gesucht zu haben, indem er ihr - teilweise durch die oben (zu I) angeführten Handlungen - insgesamt einen Betrag von rund 60.000 bis 100.000 S von ihren Einkünften aus der Prostitution abnahm.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch in keinem Punkt Berechtigung zukommt.
Unter Anrufung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrunds - soweit die rechtliche Tragweite des Begriffs der Ausbeutung releviert wird, jedoch in Geltendmachung einer Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO - führt der Angeklagte zum Schuldspruch wegen Zuhälterei (II) aus, Renate B habe ihm vom 10.April 1981 bis 16.Juni 1981 einen Betrag von 60.000 S als Lebensgefährtin freiwillig überlassen, sodaß von Ausbeutung (während dieser Zeit) keine Rede sein könne. Mangels einer Feststellung über die Höhe des von Renate B in dem genannten Zeitraum verdienten Betrags - so führt der Angeklagte in seiner nun ausdrücklich auf die Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge weiter aus - könne nicht beurteilt werden, ob er der Genannten durch sein Tatverhalten die Einkünfte aus der Prostitution zur Gänze bzw. fast zur Gänze abnahm, was für die Annahme 'rücksichtslosen Ausbeutens' im Sinn des § 216 StGB jedoch erforderlich sei.
Die Rüge versagt.
Tatbildlich nach § 216 StGB handelt, wer seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person durch deren Ausbeutung zu gewinnen sucht.
Als Ausbeutungsdelikt zählt das Vergehen der Zuhälterei gerade zu jenen strafbaren Handlungen, bei denen vom Täter in der Regel mit (von Willensmängeln freier) Einwilligung des durch die Strafdrohung Geschützten in dessen vitale Interessen eingegriffen wird. Das Tatbild wird daher auch verwirklicht, wenn der Täter mit Zustimmung des Opfers, ja sogar auf dessen Andringen handelt und sohin eine die freie Willensentscheidung des Opfers beeinträchtigende Nötigung nicht stattgefunden hat. Selbst eine Lebensgemeinschaft (zwischen dem Täter und der Prostituierten) im Sinn des § 72 Abs. 2 StGB schließt daher eine strafrechtliche Haftung nicht aus (LSK. 1979/265).
Entscheidendes Kriterium für den Begriff des 'Ausbeutens' im Sinn des § 216 StGB ist, daß die Prostituierte durch den Zuhälter im Weg einer Verletzung ihrer vitalen Interessen rücksichtlos ausgenützt wird. § 216 StGB setzt - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - aber nicht voraus, daß der Täter der ausgebeuteten Person den ganzen oder doch den überwiegenden Verdienst wegnimmt und diese durch das Verhalten des Zuhälters in wirtschaftliche Bedrängnis gerät. Schmarotzertum auf der einen und die Notwendigkeit, sich in der Lebensführung fühlbar einzuschränken, auf der anderen Seite bilden das Wesen der Ausbeutung (EvBl. 1978/135).
Ausgehend von den Urteilsannahmen (S. 183), daß der Angeklagte nach seiner Haftentlassung am 10.April 1981
keiner Arbeit nachging, sondern seinen Lebensunterhalt zumindest zum überwiegenden Teil aus den Einnahmen seiner Lebensgefährtin bestritt, und bei dieser - auch unter Berücksichtigung guter Verdienstmöglichkeiten - die Abgabe eines Betrags von (60.000 S bis) 100.000 S während eines (relativ kurzen) Zeitraums von kaum mehr als zwei Monaten unter Beachtung ihrer Stellung im Prostituiertenmilieu (sie war nach der Tätereinschätzung 'verbraucht') eine spürbare Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage zur Folge haben mußte, führte dies zur Subsumtion unter dem Tatbestand des § 216 StPO auf Grund ausreichender Urteilsfeststellungen, und zwar auch bezüglich des Tatzeitraums von 10.April 1981 bis zum 16.Juni 1981 ohne Rechtsirrtum, wobei es - schon wegen der bedeutenden Höhe der hier in Frage kommenden Beträge - der vom Beschwerdeführer vermißten weiteren Feststellungen (über die Gesamteinnahmen B) nicht bedurfte. Soweit der Beschwerdeführer unter Anrufung des Nichtigkeitsgrunds nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO die Unterstellung seines zu I konstatierten Tatverhaltens unter die Bestimmung des § 107 StGB verlangt, weil er dadurch (am 10.Juni und 16.Oktober 1981) nur seinen Weiterverbleib in der Wohnung erzwingen wollte, entbehrt die Rechtsrüge einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, geht sie doch von einer urteilsfremden Tatsache aus. Das Erstgericht stellte nämlich - wie bereits einleitend wiedergegeben - ausdrücklich fest, die Gewaltanwendung und die Drohungen mit einer auffallenden Verunstaltung seien mit dem Vorsatz geschehen, Renate B durch Ablieferung ihrer Einnahmen am Vermögen zu schädigen, wodurch sich der Angeklagte unrechtmäßig bereicherte. Dieser Sachverhalt erfüllt - wie das Erstgericht zutreffend erkannte -
den Tatbestand der schweren Nötigung nach §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z. 1 StGB Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß der Angeklagte selbst unter Zugrundelegung seines in der Rechtsmittelschrift angenommenen Verhaltens (Erzwingung des Verbleibes in der Wohnung B) nicht das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB, sondern das Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB verwirklicht hätte. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 145 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer Delikte und die Wiederholung (der schweren Erpressung) als erschwerend, als mildernd hingegen keinen Umstand.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Er verweist auf sein - erst in der Rechtsmittelausführung abgelegtes - Geständnis im Sinn des § 107 StGB (richtig: §§ 105, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB), das Milieu, in dem die Delikte begangen worden sind, und den Umstand, daß seine Beziehung zu Renate B nunmehr (wieder) als ungetrübt bezeichnet werden könne, weil die Genannte ihn laufend in der Haft besuche und zärtliche Liebesbriefe ausgetauscht werden. Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.
Selbst wenn man eine im Berufungsverfahren in Ansehung des Gewaltdelikts gezeigte Schuldeinsicht und eine Verzeihung des Opfers annähme, erscheint die verhängte Freiheitsstrafe nicht überhöht. Die erhebliche Vorstrafenbelastung und ein rascher Rückfall kennzeichnen den Angeklagten als schwer resozialisierbaren Menschen. Alle seine (zehn) Vorverurteilungen (von denen allerdings zwei zu anderen im Verhältnis des § 31 StGB stehen) gehen auf Eigentums- und Gewalt- (einschließlich Körperverletzungs-) delikte zurück, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen wie strafbare Handlungen, die auch den Gegenstand des angefochtenen Urteils bilden.
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