OGH 13Os26/82

OGH13Os26/8218.3.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1982 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG., teils in Beteiligung nach § 12 StGB, und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten als Schöffengerichts vom 18.November 1981, GZ 17 Vr 959/81-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, nach Verlesung der Berufung der Staatsanwaltschaft sowie nach Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schirnhofer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die (zu A) verhängte Freiheitsstrafe auf zweieinhalb Jahre erhöht. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.November 1960 geborene, zuletzt beschäftigungslose Manfred A (zu I und II) des Verbrechens nach § 12 Abs 1

SuchtgiftG., teils als unmittelbarer Täter, teils durch Beteiligung in der dritten Täterschaftsform des § 12 StGB, sowie (zu III) des Verbrechens nach § 14 Abs 1 SuchtgiftG., (zu IV) des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z. 2 SuchtgiftG., (zu V) des Vergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels, begangen durch sonstigen Tatbeitrag, nach § 11, 35 Abs 1, 38

Abs 1 lit a FinStrG., (zu VI) des Vergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1

lit a FinStrG. und (zu VII) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er (zu I) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen in Verkehr gesetzt, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, und zwar (zu 1) von Mai bis Oktober 1980 in St. Pölten Cannabisprodukte nicht mehr bestimmbarer, jedoch beträchtlicher Mengen durch Verkauf, (zu 2) im Mai 1981 in Wien, St. Pölten und Judenau etwa 300 Stück LSD-Trips im Ankaufswert von 20.000 S durch Ankauf und großteiligen (etwa 200 Stück umfassenden) Verkauf, (zu 3) im Juli 1981 in St. Pölten etwa 100 Gramm Cannabisharz durch Ankauf und Verwahrung und (zu 4) im April oder Mai 1981 in St. Pölten gestrecktes Heroin im Wert von 7.000 bis 10.000 S durch Ankauf und Weitergabe an Ernst B und Beate C; weiters hat er (zu II) im Februar oder März 1980 in St. Pölten durch übergabe von 10.000 S an die abgesondert verfolgten Horst D und Walter E zum Zweck der Einfuhr von etwa 170 Gramm Cannabisharz aus Amsterdam zur Ausführung des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. beigetragen, wobei D und E den bestehenden Vorschriften zuwider das genannte Suchtgift in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine GEfahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, einführten und durch teilweisen Verkauf in Verkehr setzten; ferner hat er (zu III) im Frühjahr 1981 in St. Pölten mit mehreren, teils abgesondert verfolgten, teils unbekannten Personen sich zur Begehung solcher strafbarer Handlungen verabredet, wobei die Verbindung und Verabredung auf gewerbsmäßige Begehung dieser Straftaten abzielte; des weitern hat er (zu IV) über das zu I genannte Ausmaß hinaus nicht mehr bestimmbare, jedoch beträchtliche Mengen an Suchtgiften, nämlich Heroin, Kokain, Cannabis und LSD, unberechtigt zum Eigenbedarf erworben und besessen; darüber hinaus hat er (zu V) durch das zu II genannte Verhalten im Februar oder März 1980 in St. Pölten zum Vergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG. beigetragen; überdies hat er (zu VI) von Mai 1980 bis Mai 1981 (vorsätzlich) Cannabisprodukte in nicht mehr bestimmbaren, jedoch beträchtlichen Mengen, sowie LSD zum Ankaufswert von etwa 30.000 S und gestrecktes Heroin im Wert von etwa 7.000 S, hinsichtlich welcher Sachen ein Schmuggel begangen worden war, gekauft und gewerbsmäßig durch Weiterverkauf verhandelt; schließlich hat er (zu VII) nachgenannte Sachen durch Einbruch und Einsteigen gestohlen, und zwar (zu 1) am 24.Dezember 1980 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Otto F dem Ernst G Schmuck und Münzen im Wert von etwa 12.000 S, sowie (zu 2) am 18.Jänner 1981 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Reinhard H der Maria I ein Paket Milch und ein Stück Wurst unbekannten Werts.

Mit seiner auf den Grund der Z. 5, ihrem Inhalt nach jedoch auch auf den der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte nur den Schuldspruch (zu III und VI) wegen Verbrechens nach § 14 Abs 1 SuchtgiftG. und wegen Vergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG.

Er macht zunächst geltend, die Feststellungen des Erstgerichts über die finanzielle Unterstützung durch seine Mutter sowie über seinen Verdienst bis zu 7.000 S monatlich als Gelegenheitsarbeiter (S. 235) stünden im Widerspruch zur weiteren Urteilsannahme, wonach er über kein entsprechendes Einkommen verfügt und sich daher veranlaßt gesehen habe, seinen Suchtgiftkonsum mit dem Gewinn aus dem Handel mit Drogen zu bestreiten (S. 236). Dem ist entgegenzuhalten, daß das Erstgericht nur von der fallweisen Unterstützung des Angeklagten durch seine Mutter und einem fallweisen Verdienst aus der Verrichtung von Gelegenheitsarbeiten ausging (S. 235 unten). Der behauptete Widerspruch liegt daher nicht vor, beträfe zudem aber auch keine entscheidende Tatsache, weil selbst ein regelmäßiges, legales Einkommen einer Absicht, sich darüber hinaus fortlaufende Einkünfte durch die wiederkehrende Begehung gegenständlicher Delikte zu verschaffen, nicht entgegenstünde (Leukauf-Steininger2, § 70 StGB, RN. 5). Im übrigen kommt es - den weiteren Beschwerdeausführungen zuwider - auf die Zahl und den mengenmäßigen Umfang der (zu III) konkret in die Wege geleiteten oder (zu VI) bereits tatsächlich durchgeführten Suchtgiftgeschäfte nicht an:

Schon eine an sich nicht schwerwiegende Einzeltat kann unter Berücksichtigung ihrer Begleit- und Nebenumstände die für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit essentielle Tendenz des Täters klar, sinnfällig und unmißverständlich zum Ausdruck bringen (siehe insbesondere SSt. 46/52).

Rechtliche Beurteilung

Als unzutreffend erweist sich auch der Vorwurf, die Feststellung einer solchen Tendenz des Angeklagten sei im angefochtenen Urteil unzureichend begründet worden. Stützen sich doch die bezüglichen Urteilsannahmen unter anderem auch auf das Geständnis des Angeklagten, der sich zur Anklageschrift, aber auch zur in der Hauptverhandlung ausgedehnten Anklage, ohne Vorbehalte hinsichtlich der subjektiven Tatseite schuldig bekannte (S. 227, 228, 235 und 239).

Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, es fehle eine Konstatierung darüber, ob der Vorsatz des Angeklagten bei der ihm (zu VI) angelasteten Abgabenhehlerei auch die Herkunft der Suchtgifte - insbesondere der LSD-Tabletten -

aus einem Schmuggel umfaßt habe, wird der Sache nach ein materiellrechtlicher Feststellungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO geltend gemacht. Diesem Einwand kommt jedoch gleichfalls keine Berechtigung zu. Das Erstgericht hat zwar den Vorsatz des Angeklagten, Schmuggelware zu verhandeln, nicht ausdrücklich konstatiert, ist jedoch - wie aus seinen Ausführungen zur Beweiswürdigung (S. 239) hervorgeht - auch hier dem umfassenden und vorbehaltslosen Geständnis des Angeklagten gefolgt, der in der Hauptverhandlung die an sich einleuchtende Argumentation der Anklagebehörde, wonach die gegenständlichen Drogen kaum in Österreich hergestellt werden, also ersichtlich eingeschmuggelt worden waren, und diese Herkunft (dem selbst bereits mit Suchtgiftschmuggel befaßt gewesenen) Angeklagten bekannt gewesen ist (S. 135), in keiner Weise bestritten hat. Unter diesen Umständen bedurfte es der vom Beschwerdeführer nunmehr vermißten ausdrücklichen Feststellungen in bezug auf die subjektive Tatseite nicht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über Manfred A (zu A) nach dem § 12 Abs 1 SuchtgiftG. unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ferner (zu B) nach dem § 38 Abs 1 lit a FinStrG. unter Anwendung des § 21 FinStrG. eine Geldstrafe von 25.000 S, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Monat und verpflichtete den Angeklagten (zu C) nach dem § 12 Abs 4 SuchtgiftG. und dem § 19 Abs 1 und Abs 3 FinStrG. zur Zahlung eines Wertersatzes von 35.000 S; im Fall der Uneinbringlichkeit desselben verhängte es eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht erschwerend das Zusammentreffen strafbarer Handlungen verschiedener Art und die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, als mildernd hingegen sein umfassendes und reumütiges Geständnis sowie sein Alter unter 21 Jahren.

Inhaltlich seiner Berufung wendet sich der Angeklagte bloß gegen die über ihn verhängte Freiheitsstrafe und strebt deren Herabsetzung und bedingte Nachsicht an. Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung eine schuldangemessene Erhöhung ebendieser Freiheitsstrafe. Der Berufung der Staatsanwaltschaft, nicht aber der des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Der Anklagebehörde ist beizupflichten, wenn sie dem Geständnis des Angeklagten die Reumütigkeit abgesprochen wissen will, wenngleich seine Aussage dessen ungeachtet als wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung gelten kann.

Dennoch wird aus der wiederholt manifestierten ablehnenden Einstellung des Angeklagten zu dem gegen ihn geführten Strafverfahren (S. 6, 7, 50) seine bemerkenswert negative Haltung zu sozialrelevanten Werten erkennbar, die im Zusammenhang mit seiner bekundeten Arbeitsscheu eine nur ungünstige Prognose stellen läßt. Dazu kommt, daß er durch die Verleitung der jugendlichen Beate C (S. 159, 161, 209), aber auch des Ernst B (S. 191) zum Drogenmißbrauch ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das die ihn als in der Suchtgiftszene tätigen Händler (S. 61, 62) treffende, gravierende Schuld in entscheidender Weise erhöht. Der Oberste Gerichtshof vermeint daher, daß nur eine empfindliche Freiheitsstrafe den gebotenen präventiven Effekt erzielen kann, weshalb in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft die Freiheitsstrafe zu erhöhen war.

Der Angeklagte war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

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